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erscheinen ließ und welche der Stellung eine» französischen Residenten nicht würdig war. Triumphtrend schreibt Rochefort: „Die Geschworenen haben die Männer, welche Franzosenblul für Geld fließen machten und auf Leichen Millionen stahlen, gebrandmarkt, wie sie gebrandmarkt werden mußten. Ihr Spruch sagt. daß die Regierung ihre Schuldigkeit nicht gethan. daß ich sie aber gethan. Ich werde darin fortfahren *
Italien.
Rom, 17. Dez. Die Nachricht von der Abberufung de» französischen Botschafter» beim päpstlichen Stuhl. Deiprez, ist unrichtig; derselbe glaubte dem neuen Minister de» Seußern seine Demission geben zu sollen; dieselbe ist aber bi» jetzt nicht angenommen worden, die Regierung bestand vielmehr auf seinem Verbleiben.
TagesNeuigkeiten.
Ulm, 16. Dez. Der Direktor des Ulmer Stadttheater«, Timanrky. hat eine Vorstellung zu Gunsten der Wiener gegeben. Die .Ulmer Schnellpost" beklagt den schwachen Besuch. Direktor Timansky hat die ganze Brutto - Einnahme, welche 255 73 -M belrug, mit 256 übergeben — Gestern betheiligte Generallieutenant Graf v. Gneisenou sich an einer Besichtigung de« StadlthealerS. das entschieden zu denen gehört, bei welchen am wenigsten eine Gefahr für das Publikum zu fürchten ist.
Niedlingen, 15. Dez Bei der heutigen StadUchultheißenwahl haben von 390 Wahlberechtigten 367 abgestimmt. Rathsschreiber Hagele erhielt 194, Verwallungsaktuar Alson« Mayer i83 Stimmen. Somit ist die Entscheidung der K Regierung odzuwanen.
— Dem „Schwab. Mekur" wird geschrieben: Bekanntlich sind unsre
Demokraten prinzipielle Gegner der indirekten Steuern und heben in ihrem Piogramm gerne hervor, daß sie das Brod der armen Mannes nicht ver- theuern wollen. In der Praxis verhalten sie sich indeß ganz anders. Und so hat denn auch der demokratische Stadtrath in Mannheim mit großem Stimmenmehr die Forierhebung des Oktroi auf Brod und Mehl wieder beschlossen, wobei namentlich ein demokratischer Stadtrath hervorhob, daß tn Heidelberg das Brod nicht bester und nicht billiger sei als in Mannheim, obgleich man dort kein Oktroi habe. „M>t dem Bedauern über die Nothwendigkeit der Maßregel" läßt der Mannheimer Stadlrath immer wieder die ergiebige Oktroiquelle fließen. (Ps. B )
Augsburg. Mit Bezug auf die Rückerwerdung Helgolands ,ür bas deutsche Reich schreibt man der „Augsb. Allg Ztg " aus Mitteldeutschland Folgendes: „Die Frage der Erwerbung Helgolands sü: das deutsche Reich scheint jetzt wieder mehr in den Vordergrund des Tagesinleresses zu treten. Sv har sich neuerdings, wie schon früher der Contreadmirat a. D. Werner, auch der Vizeadmiral a. D. Henk zu Gunsten der Wiedererweckung jenes bis 17t4 den Herzogen von Schleswig-Holstein-Gottorp gehörigen FeiseneilandS ausgesprochen, und zwar nicht bloß vom strategischen Standpunkte aus, sondern auch im Interesse des deutschen Seehandels. Der deutsche Botschafter tn London, Gras Münster, soll sich kürzlich ge- spiächsweise dahin geäußert haben, daß ein aus Avlretung Helgolands gc- richtetrr Wunsch keineswegs vuf einen unüberwindlichen Widerstand Englands stoßen würde. Es gewinnt also den Anschein, daß die Angelegenheit bereits Gegenstand diptommischer Erörterungen gewesen ist." Dem gegenüber versichert der Berliner diplomatische Korrespondent der „Köln. Ztg ", daß in Berlin nichts von derartigen Erörterungen, überhaupt nichts von irgend einer Anregung dieser Frage bekannt sei.
— In dem Jagdschloß zu Königs-Wusterhausen entwickelte sich am Montag Abend ein reges Leben. Gegen 6 Uhr traf dort der Kaiser ein; ui seiner Begleitung befanden sich der König von Sachsen, der Kronprinz, der Großherzog und Erbgroßheizog von Sachsen-Weimar, die Prinzen Karl, Friedrich Karl, Wilhelm und Prinz August von Württemberg, der Herzog von Sachsen-Menburg und Herzog Georg von Sachsen. Nachdem sich die Jagdgesellschaft in den Zimmern d.s Kaisers versammelt, um von da Einzug in den historischen Saal zu halten, begann das Diner. Lus Wunsch des Kaisers, dessen körperliche F.ilche allgemein überraschte, konzertirte während des Diners in unmittelbarer Nähe des Speisesaals das Kaiser-Kornel-Quartett (Kammermusiker Kosleck, Lenz, Gerlach und Finsterbusch), und enthielt das Programm vorherrschend Nummern, die sich aus Jagd und Waid beziehen, deßgleichen Armeemärsche für mittelalterliche
Trompeten und Pauken re. Nach Beendigung de« Konzert« begab sich der Kaiser und die übrige Jagdgesellschaft nach dem Rauchzimmer, wo die historischen langen Thonpseisen angezündet und nach hergebrachter Sitte au« Steinkrügen Bier getrunken wurde.
— Die Hofjagd bei König«»Wusterhausen ergab eine Strecke von 29 Schaustern. 148 Stück Damwild und 123 meist sehr groben Sauen. Hiervon streckte der Kaiser 7 Schaufler, 14 Wild, 18 Schwarzwild.
Wien, 15. Dez. Heute Vormittag begann die Vernehmung de» Theaterdirektor» Jauner vor dem Untersuchungslichter LandgerichlSrath Lanser. Jauner wird vorläufig noch nicht als Beschuldigter vernommen, da sich das Gericht erst über den objektiven Thatbestand Klarheit verschaffen will, um feststellen zu können. wen in subjektiver Beziehung ein Verschulden an der Katastrophe trifft. Die Untersuchung wird nicht vor 3 Monaten beendet werden können. — Herr August Göltet, welcher vor einigen Tagen der N. Fr. Pr. einen Betrag von 10,000 fl. für die Verunglückten übergeben, hat neuerlich 125,000 fl, in Papier- und Goldrente bei der Kreditanstalt zu demselben Zwecke angewiesen. Herr Göttel hatte für den Abend der Katastrophe eine Loge im Ringthealer bestell», durch einige Bekannte aufgehalten verzögerte sich sein Abgang dorthin und kam er beim Ringlheater an, als dasselbe in Flammen stand. Hr. Göttel kam in hohem Grade erregt in sein Hotel zurück. Der Gedanke, baß er ein Opfer der Katastrophe hätte werden können, ließ ihn nicht zur Ruhe kommen und er glaubte seinem günstigen Geschick nicht in besserer Weise danken zu können, als durch einen seinen Kräften angemessenen Beitrag zu den öffentlichen Sammlungen für die Hinterbliebenen der Opfer. Hr. Göttel ist ein geborener Rheinländer, und zwar aus Aachen, und j tzt etwa 49 Jahre alt. Mehrere Jahre lebte er m England und tn Amerika und soll naturalisirter Amerikrner sein; er steht mit den beiden Ländern noch fortwährend in geschäftlichen Verbindungen. Hr. Göttel soll über ein bedeutendes Vermögen verfügen, doch nehmen seine Bekannten an, daß die Spende, welche er den Verunglückten widmete, einen nicht unbedeutenden Theil seiner Güter repräsentiren dürste. Hr. Göttel hat nicht einmal den Dank des Delegirten des Gemeinderaths entgegennehmen wollen, welcher zu diesem Zwecke im Hotel vorsprach.
Wien, 16. Dez. In der heutigen Gemeinderathssitzung wurde der Bericht des Stadtdauamtes über die Thäligkeit der Feuerwehr bei dem Brande des Ringtheaters verlesen. Der Bericht konstatirt, daß die Feuerwehrmänner trotz der Meldung, die Theaterbesucher hätten sich rechtzeitig sämmtlich gerettet, sogleich die energischesten Anstrengungen machten, um in den Zuschauerraum zuggelangen; in einem Zeiträume von einer Viertelstunde seien 120 bis 130 Personen durch das Sprungtuch und durch die Schubleiter gerettet worden. Das Vordringen aus den Treppen sei nur langsam möglich gewesen. da Qualm und Stickluft die Fackeln auslöschten. Die Stiegernäume seien mit einem starken Rußübeizuge bedeckt gewesen, da die große Rauchmaffe vor dem Durchbruch des Plaionds keinen Ausweg !ge- funden habe und daher über die Sliegenräume abziehen mußte. Die Vehemenz der nrespiroblen Gase sei durch den Tod der mit den Ausgängen vertrauten Billeteure erwiesen. Die enorme Ausbreitung des Brandes vor der Ankunft des Löschzuges s-i, abgesehen davon, daß die Sicherheüsvor- k-hrungen im Theater nicht gehandhabl wurden, auch der verspäteten An- z ige zuzuschreiben, welche nicht durch den im Theater ausgestellten, mit der Centrale der Feuerwehr direkt kommunizirenven AUarmapparat, sondern in der bekannten Weise erfolgt sei.
New-Jork, 8. Dez. Ter Postdampfer „Neckar" aus Bremen langte gestern m Nerv-Jork in stark beschädigtem Zustande an. Der Dampfer verlor einen Matrosen, 6 Boote, die Kommandobrücke und das ganze Deckhaus. Der Dampfer hat ein Leck, auch die Maschinerie ist beschädigt und das Haus des Steuermanns wurde zertrümmert. Der Dampfer har die schwersten Stürme übeistanden. Die Passagiere, worunter Jefferson Davis sich b efand, bl ieben qesund und wohl __
Handel und Verkehr.
— Stuttgart, 17. Dez Die Möbel messe hat am ersten Tage (Donnerstag) einen so guten Verlaus genommen, daß die Behörde der Bitte insbesondere hiesiger Schreiner und Händler stattgeben zu müssen glaubte und diesen Therl der Messe um emen Tag (Montag) verlängerte.
auch schon in den Händen gehabt hatte, erblickte Er begleitete den Herrn höflich hinauf und bat oben um die Erlaubniß, Nachsehen zu dürfen, ob sein Herr auch roch nicht zu Bett liege.
Richard lag aus dem Sopha und schl es Seine Träume schierun nicht freudig zu sein. Schwer hob sich seine Brust, die Lippen zuckten, die Fäuste ballten sich —. Friedrich berührte ihn sacht.
Wild fuhr der junge Mann in die Höhe und warf die Blicke suchend umher. „Was isi's? W-s willst Du?" fuhr ec den Diener an.
„Gnädiger Herr, draußen ist —"
Doch nicht meine Fron? Friedrich, Friedrich, um Gotteswillen, laß sie nicht zu mir, ich habe genug >üc heute, ich habe genug —"
„Nein, nein, gnädiger Herr, der Crtminalrath Müller," beschwichtigte ihn Friedrich. Richard sank ermattet in das Sopha zurück
„Laß ihn hereinkommen. Lieber die ganze heilige Justiz, als —sie!"
Der Rath trat ein, Richard bemerkte es nicht. Er war in dem träumerischen Zustande, der oft einer furchtbaren Aufregung folgt, gleichgültig gegen Ort, Zeit und Personen. Der Rath betrachtete ihn mit durchdringenden Blicken; eine tiefe Trauer legte sich nach und nach auf sein wohl- ^ -- wollend freundliches Gesicht, denn der Mann, welcher hier vor ihm saß, apathisch, wie zum Tode gehetzt und in einer Geistesabwesenheit, die eine« furchtbar liefen Grund haben mußte, der Mann war nicht unschuldig!
„Guten Abend, von Moorhagen," sprach er ernst. Verwirrt sprang Richard aus und reichte ihm mit gewaltsam erzwungenem Lachen die Hand.
„Guten Abend , Criminalralh. Ihr habt wohl im Kasino auf mich
gewartet?" entgegnete er.
Der Rath sah ihn kopfschüttelnd an. Der junge Mann verwechselte die Tage merkwürdig Sie waren am Tage zuvor zur gewöhnlichen Whist- panhie im Kasino gewesen und trafen sich nur alle acht Tage dort.
„Ich dächte wir hätten uns gestern Abend im Kasino versammelt!" sagte er bedeutungsvoll.
Richard sah ihn an und strich mit der Hand über die Stirn. „Ja, gestern, richtig! Ich habe soviel gedacht seit gestern, daß mir Zeit und Stunde verflogen ist." flüsterte er, noch immer zerstreut und halb abwesend. „Setzen wir uns —"
Der Rath griff nach der Uhr. „Es ist spät, gleich zehn Uhr, aber setzen wir uns."
Jetzt wurde Richard aufmerksam.
„Zehn Uhr? Was veranlaßt Sie denn zu einem so späten Besuche, etwas Wichtiges, Criminalrath?" fragte er gefaßter.
„Vielleicht!" entgegnet« der Beamte lakonisch. „Eigentlich will ich Sie nur fragen, wo Sie gegen Abend gewesen sind?"
Richard zuck-e sichtlich zusammen. „Fragen Sie nicht, fragen Sie nicht! Sie erinnern mich an die unglücklichste Stunde meines Lebens I" ries er heftig.
„Sie haben Unglück gehabt?" examimrls der Rath ganz gel ssen.
„Unglück? Nein! aber Berger! Ich habe Demüchigungen erfahren; o, o. lassen Sie Alles ruhen! Es ist nun vorbei; ich gehe nach Amerika, um Ruhe zu finden. Vielleicht gehe ich nicht allein, doch davon später."
(Fortsetzung folgt.)