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neue Stiftung verdanken wir dem milden Sinn der ff Fräulein Jäger: ein Haus mit der Bestimmung. verschämten armen Familien als billiges Asyl zu dienen. Der Bau desselben ist bereits in Angriff genommen.
— Heilbronn, t5. Sept. Gestern Abend trafen die Theilnehmer an dem Kongreß des deutschen Weinbauvereins hier ein. Nachdem um 7 Uhr im Rathhaursaal eine Sitzung des Ausschusses stattgefunden hatte, vereinigten sich die Kongreßtheilnehmer in der „Harmonie" zur gegenseitigen Begrüßung. Heute Vormittag um 10 Uhr fand sodann die erste Kongreßsttz- ung statt. Die Versammlungen sollten im Haimoniesaal abgehallen werden, der Theilnehmer erschienen jedoch so viele, daß mansden Sitz in die. Turnhalle verlegen mußte. Zuerst begrüßte Oberbürgermeister Wüst im Namen der Stadt Heilbronn den Weinbauverein aus's herzlichste, indem er insbesondere unsere engen Beziehungen zu dem Weinbau heroorhob. Hierauf hieß im Namen und Auftrag Sr. Majestät des Königs der Präsident der Centraistelle für Landwirthschaft. v. Werner, die Versammlung willkommen, ferner auch im Namen der württembecgischsn Staatsregierung, welche den Bestrebungen und Verhandlungen des Vereins volle Anerkennung und Aufmerksamkeit schenke. Oberbürgermeister Wüst forderte nun zur Wohl des Vorstandes und des Bureau auf. Aus Vorschlag des Oekonomic- ralhs Mühlhäuser, wurden durch Akklamation der Gutsbesitzer und Reichs- ragrabgeord. Dr. Armand Buhl aus Deidesheim als erster Präsident, Dr. Frhr. Dael v Koeth, Gutsbesitzer in Sörgenloch bei Mainz, als Vizepräsident, und 3 Schriftführer gewählt. Der erste Präsident trat, die Wahl dankend annehmend, seine Funktion sofort an. — Es wurde nun in die Tagesordnung einzetreten. Die einzelnen Berathungi-Gegenständs des ganzen Kongresses waren folgende: 1) Kultur der Reben, 2) Krankheiten und Feinde der Rebe. 3) Weingewinnung. 4) Verwerthung der Rückstände der Weinbereitung, 5) Weinkultur überhaupt.
— Pforzheim, 15. Sept. Ein neues Prachtstück der hiesigen Go'd- industrie. ein Diamantdiadem, für I. Gr. Hoheit die Prinzessin Viktoria bestimmt, erregt in der Aussteuer-Ausstellung in Karlsruhe besonders Interesse. Die „Karlsr. Ztg." schreibt darüber: „Das prachtvolle, strahlenförmig gefaßte Diamantendiadem, von Hin. G. Majer rn Pforzheim angefertigt, entzückt das Auge ebensosehr durch die stilvolle Form und meisterhafte Arbeit, wie durch die wundervolle» Steine; es kann auch in ein Halsband umgewandelt werden S. K. H. der Großherzog hak dadurch, daß einem Pforzheimsr Fabrikanten die Anfertigung dieses fürstlichen Schmuckes anvsrtraut wurde in ehrender Weise den Aufschwung anerkannt, den die dortige Industrie in den letzten Jahren genommen hat Dieser Brautschmuck reiht sich würdig ähnlichen Arbeiten au. welche wir in den letzten Jahren bei den Vermählungen in Berlin zu bewundern Gelegenheit hatten. Es verdient diese Tharsache in weiten Kreisen bekannt zu werden." Wir wollen nur wünschen, daß P orzhsims Erzeugnisse auch im Norden in immer weiteren Kelsen Anerkennung und Absatz finden.
— Pforzheim, 16. Sevt. Aus allen Theilen des Großheczogthums Neffen Berichts über die Vorbereitungen für die kommende Festeswoche ein; nach den bis jetzt bekannten Programmen sinder überall am 20. September Festgottesdienst statt; in größeren und kleineren Städten schließen sich an denselben Festessen, Umzüge, Voiksspiele, Bankette u. s. w. an. Viele Gemeinden und Korporationen senden eigene Abordnungen nach der Residenz, um Glückwünsche. Adressen und Geschenke darzubringen.
— Baden. 15. Sept. Die deutsche Kaiserin ist gestern Abend mit Extrazug von Koblenz kommend glücklich hier eingstroffen. und zwar ganz so still und unbemerkt, wie die hohe Frau es gewünscht hatte. Ihre Majestät verließ I 0 V 4 Uhr in Oos angekommen, ihren Salonwagen, durchschritt, kaum unterstützt, ganz leicht den Bahnhof und Wartsaai uns begab sich in Begleitung einer Hofdame in ihrem zwsispännigcn Coupv nach Baven, wo Ihre Majestät l«-^ Uhr, von Niemand beobachtet. im Hofe des Mlßmer'schen Hauses anfuhr. Das Gefolge war mit dem Extrazug bis Boden gefahren und 10 Minuten vor Ihrer Majestät angekommen. Der kaiserliche Leibarzt, Geheimrath Dr. Velten, hat Ihre Majestät von Koblenz hierher begleitet.
— Dortmund. 14. Sept. Durch den Scharfrichter Krauts wurde heute 6 V 2 Ulr früh der „Fm Ztg." zufolge der A örder P 0 t t h 0 s f ent
hauptet. Potthoff hatte am 21. Februar die Frau Budde 'aus Westönnen ermordet.
— Dortmund. 16. Sept. Dis „Westphälische Zeitung" meldet: Auf der Zeche „Zollern" fand gestern Nachmittags eins Explosion schlagen- der Wetter statt, wobei 4 Bergleute todt, 7 schwer und 10 leicht verwundet wurden.
— Dortmund. 16 Sept. Eine Massenvsrungiückung hat gestern auf der dem Westfälischen Grubenverein gehörigen Zeche „Zollern" bei Kirchlinde stattgesunden; 18 Bergleute sind wieder dem tückischen Feinde des Bergbaues, den schlagenden Wettern, zum Opfer gefallen. Um 11 Uhr erfolgte tn dem Flötze 7 genannter Zeche eine Explosion, die 5 brave Arbeiter sofort tödtete; die übrigen 13^wurden verbrannt, mehrere so schwer, daß sie vielleicht jetzt ihr Leben schon ausgehaucht haben Wie das ja immer der Fall, schreibt man der „Fr. Ztg.", so sollen auch jetzt die Arbeiter selbst die Katastrophe herbeigeführt haben, und zwar durch verbotswidriges Wegthun von Sprengschüssen. Wer dies liest, der wird sagen: Mein Gott, wie können aber die Bergleute so unvorsichtig sein l Derjenige, welcher die Verhältnisse nicht kennt, hat ja auch ganz recht, in Wirklichkeit liegt aber die Sache doch anders, und dem Bergmanns ist sein Leben ebenso lieb, wie jedem andern Menschen. Die Sachs liegt so: Wenn an einem Orte schlagende Wetter stark auftreten, so erläßt die Zechenverwaltung einfach ein Verbot, an betreffender Stelle zu schießen, unterläßt jedoch gewöhnlich die dadurch bedingte Erhöhung der Akkordsätze. Wenn der Arbeiter ordentlich verdienen will, ist er aber genölhigt, zu sprengen; die Geschichte geht 99 Mal gut, beim 100. Schüsse tritt aber die Katastrophe ein und der Arbeiter verunglückt, die Verwaltung trifft dann natürlich keine Schuld, hat sie doch das Verbot erlassen. Es ist noch so Manchss'zu ändern im hiesigen Bezirke. Erwähnt muß werden, daß unsere Bergbehörde ganz energisch vorgeht, wenn es gilt, Vorsorge für die Sicherheit des Lebens der Arbeiter zu treffen. — Ueber den Unglücksfall wird noch weiter gemeldet: Von den Verunglückten sind noch vier gestorben, so daß zusammen 9 Todte zu verzeichnen sind. Acht Leichlverwundeie sind wieder arbeitsfähig.
— Dortmund, 16. Sept. Von der verunglückten Zeche „Zollern" sind außer den vier gestern gemeldeten Todten w.'ttere fünf gestorven; die acht Leichtverwundeten sind wieder arbeitsfähig. Die vermuthlichs Explo- sionsursachs war, laut der „Westfälischen Ztg.", Schießen vor Ort. wo das Schießen ausdrücklich verboten ist. Die Beamten trfft nach decgamt- Ucher Untersuchung keine Schuld.
Passau, 12. Sept. In einer Wirlhschast der Innstadt, welche der Tanzmusik halber am gestrigen Sonntag außergewöhnlich stark besucht war, entstand Abends aus unbekannter Ursache zwischen Cwil und Mil tär plötzlich heftiger Streit, an dem sich bald an 50 Personen detheiligten uno der im Nu in Thätlichkeiten der schlimmsten Sorte ausartete. Dis Soldaten zogen blank und fuhren mit ihren Aatagans dergestalt darein, daß 5 Personen schwer verwundet wurden. Em Polizeisoldar. welcher die Vermittlerrolle übernommen, wurde zur Treppe hmabgestürzt und wird wahrscheinlich, da er eine Gehirnerschütterung erlitt und noch nicht zum Bewußtsein zu- rückgekehrt ist, sein Leben lassen müssen.
Den „Basl. Nachr." telegraphier man am Mittwoch Nachmittag aus Elm: Oberbauinspektor Satrs. Professor Heim. Stadtingenieur Bürkli von Zürich und dis kantonalen Experten erklären übereinstimmend, daß die Spalten im Tschingel noch fernere Stürze befürchten lassen AUmäliges Abrutschen bei gutem, plötzliches bei schlechtem Wetter. Sie ralhen der Bevölkerung, vis nach der Schneeschmelze im Frühjahr nicht ms Dorf zurückzukehren.
Bei Frsiburg verschüttete eine vom Regen erweichte große Eidmasse den bewohnten Theil einer Sägmühle. Alle Personen konnten entfliehen. mit Ausnahme eines vierjährigen Töchterchens, welches löst unter den Trümmern aufgesunden wurde.
London, 14. Sept. Ein entsetzlicher Doppelmord wurde gestern Morgen in einem Hause in Lancing Streek, unweit Euston-Square, im Nordwesten Londons, verübt. Ein dort wohnhafter Schriftsetzer, Namens Emmett. ermordete während der Abwesenheit seiner Frau seine zwei Kinder im Alter von 4 Jahren, resp. 18 Monaren, indem er ihnen mit einem
Erstaunen zu unterdrücken, als sie ein Glas Eis von der lieblichen Dienerin empfing. Jetzt trat sie dem Grafen näher, und forderte ihn durch eine leichte Venuigung ouf, von den Delikatessen zu wählen. Aber George verstand diese Aufforderung nicht, starren Blicks sah er das junge Mädchen an, er schien seine Umgebung darüber zu vergessin.
„Grus, was ist Jgnea?" fragte Henriette, die vor Zorn am ganzen Köiper zitterte. „Das Schwanken des Bootes greift Ihre Nerven an."
George raffte sich gewaltsam zusammen. Bebend ergriff er einen Teller, der mit den Stücken eines zerlegten Huhns gefüllt war. Die ganze Gesellschaft brach in ein lautes Lachen aus, als man sab, wie der zerstreute Georgs sich des Zanzcn G-flügeivorrathes bemächtigte, anstatt mit der Gebet ein Stück davon zu nehm n
„Die Seeluft hat dem Grasen Appetit gemacht!" ries Darnliy höhnend. der diese Gelegenheit benutzte, um seinem lang gehegten Grolle Luft zu machen. „Die hübsche Bänrin hat Vorrath Ach. mein Kind. hieher, uns will er bester geziemen, über Dein schmuckes Gesicht zu staunen!"
Mit diesen Worten umschlang er die Taille Margarelhe's und zog sie. als ob er Rücksicht für die Marquise nähme, nach dem Hinterthetle der Bootes zurück George begriff, daß er eine große Unvorsichtigkeit begangen, indem er den Eindruck vsrrathen. den eine Aehnlichkeit Margarethe's mit' Ameiy hervorgebrachr. Zornig über sich selbst, warf er den Teller in das Meer.
„Georgs, was beginnen Sie?" flüsterte ihm Henriette zu, die sich ihrer Situation schämte. „Sie machen sich zum Gegenstände des Gelächters."
„Das hübsche Kind ist gefährlich!" ries der Lord. „Aus Rücksicht für die Frau Marquise, setzt uns an das Lai-.d, Alter!"
„Mylord, Sie sind ein Unverschämter!" fuhr Georgs auf.
„Herr Gras, erinnern Sie sich. daß ich nachsichtig bin , wenn es sich um eine Wechselschuib handelt. Beleidigungen lasse ich durch meine Jockei's rächen".
Der Graf erbleichte vor Zorn; emen Augenblick saß er wie erstarrt aus seinem Platze, die L:ppen zitterten und dis Hände bullten sich krampfhaft zusammen. Dann erhob er sich und versetzte dem Lord eins laut schallende Ohrfeige.
„Auch diese?" fragte er mit vor Wuth bebender Stimme.
„Auch diese!" antwortete nach einer Pause der Lord. „Eine englische Hetzpeitsche ist geschmeidig genug, um einen brutalen Abenteurer zu züchtigen,
Dis Damen werden es mir Dank wissen, daß ich sie nicht zu Zeugen einer Dressur mache. Nach dem Lande!" befahl er dem Steuermann.
Ein peinliches Schweigen herrschte in dem Boote, das seinen Lauf nach dun Strande zurücknahm. Die Marquise verhüllte ihr Gesicht; George stand aufrecht. den Nucken der Gesellschaft zugewendcl. Margarethe saß neben ihrem Vater, sie hielt ihre weiße Schürze vor d'.e Augen und schien still zu weinen. Lord Darniey lächelte ruhig vor sich hin, und richtete von Zeit zu Zeit einige Worte an seinen Nachbar. Vater Tecmöylen beeilte sich, das Land zu erreichen, das man nach einer Viertelstunde schon betrat, da der Wind günstig war. George reichte der Marquise den Arm. Zögernd nahm sie ihn an. Die Gesellschaft trennte sich nach einer kurzen und kalten Begrüßung. An der Treppe des Landhauses schied George von Henrietten. (Forts, folgt.)