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Rußland.

St. Petersburg. 13. Sept. DerRegierungsbote* meldet: Gestern um 4>/r Uhr Nachmittags sind der Kaiser und die Kaiserin, der Thronfolger und die Großfürsten Georg. Wladimir und Alexei auf der DachtAlexandria" in Pelerhof wieder eingetroffen.

Türkei

Konstantinopel, 12. Sept. Beim Brand der kaiserlichen Stall­ungen wurden 4 Personen durch durchgehende Pferde getödtet, viele Equi­pagen verbrannten. Der Schaden wird auf zweihunderttausens türkische' Livres geschätzt. Alle Journale erhielten Befehl, bezüglich Aegyptens nichts zu veröffentlichen.

Amerika.

Longbranch, 13. Sept. Der Präsident verließ gestern zum erstenmal das Bett und brachte eine halbe Stunde im Lehnstuhl ohne Er­müdung zu; es soll di<s täglich wiederholt werden, so lange der Zustand günstig ist. Tie Lungenaffektion verschwindet.

Longbranch. 13 Sept., Früh. Die Heilung der Wunde Gar- fields schreitet günstig fort; der allgemeine Zustand ist befriedigend. Dr. Bliß erklärt die Befürchtung der Eiterbildung in der Lunge für beseitigt und ist überzeugt, daß die Kugel j-tzk völlig eingesackt ist. Von halb ll Uhr Abends wirs gemeldet: Der Präsident schlief ruhig und hatte keine Fiebersymptome.

Longbranch, 14 Sept. Bulletin von LO/s Uhr Morgens. Gar- field verbrachte eine gute Nacht und scdlief genügend. Er »st heute munter und heiler und ißt Früchte mit Appetit. Puls 100, Körperhitze 98.04, Athemholen 19.

Washington. 11. Sept Wie schon gemeldet schoß der Artillerir- sergeant Mason auf den Attentäter Guileau durch das Fenster seiner Zelle. Die Kugel streifte den Kopf Guiteau's und bohrte sich alsdann in dis Wand der Zelle. Mason wurde sofort verhaftet. Er erklärte, er hätte ks für seine Pflicht gehalten den Mann. welcher den Präsidenten beinahe ermordet, zu tödten. Las in Port Huron (Michigan) gebildete Hilfs- komite hat die verheerten Ortschaften ju den Distrikten Huron und Sa­nitär besucht und berichtet, daß 200 Opfer der Waldbrände bereit« beerdigt worden und täglich wehr Leichen gefunden würden. 1500 Familien, bestehend aus tO.eOO Seelen, haben ihre ganze Habe verloren, und Viele wüsten der Kälte und dem Hunger erliegen, falls ihnen nicht rasch Hilfe geleistet wird.

New - Dork, 12. Sept. Ein östlicher Orkan brachte der atlantischen Küste große Neg enschauer. Auch in den Weststaaten scheint die Dürre beendet.

Tages Neuigkeiten.

Böblingen, 13. Sept. In letzter Woche entfernte sich ein Bahn­wärter mit fernem Kind und dem Vermögen seiner Frau im Betrag von ca. 4o0o Derselbe reiste in die Schweiz, wurde jedoch durch die Be­hörden veranlaßt, wieder umzukehren. Das Geld.halte er bei einem Bank­hause in Zürich deponirt.

Stuttgart, 13. Sept. Der württembergische Bäckerverband, wel­cher am <9 Juli d. I. ins Leben getreten ist, hielt gestern in der Lieder- halle seinen ersten Verbandstag ab, welchem r50 Mitglieder aus allen Orten Württemberg» beiwohnten. Die Versammlung setzte die Dauer der Lehr­zeit für die Bäcker aus zwei Jahre im Minimum fest; ebenso beschloß man die Einführung des Germaniabuches für Gemüsen auf Antrag des Referen­ten. Die Errichtung von Innungen in allen bedeutenderen Städten wurde empfoh'en, desgleichen auch die Errichtung von Fortbildungsschulen für Lehr­linge und Gehilfen nach hiesigem Systeme. Auch über die nach den Be­stimmungen der Reichsgewerbeordnung und Aufhebung der früheren M- Nisterialversügungen durch Erlaß des Ministers des Innern von >877 »och zulässige polizeiliche Kontrole wurde gesprochen und als Ort des nächst­jährigen Verbanditage» Heilbronn gewählt.

Von der Tauber. 12 Sept. M't dem prophezeiten Kometen­

Wein, d. b. einer vorzüglichen Güte, gleich der anno 1865, wird es nichts. Denn die Traubenreise hat Fortschritte nicht gemacht, wie man sie Ende Juli erwartet hatte. Der August hat sie nicht gekocht und der September kann sie nicht braten, denn wir haben nun 7 Wochen bedeckten Himmel, so daß die Sonne nur selten ihr Antlitz zeigen konnte und fast jeden Tag Regen Das Oehmd mußte dabei sozmagen nach Hause gestohlen werden, und die Kartoffeln, welche sich beim Eintritt des Regens erhalten hatten, sind nun in Folge der Nässe auffallend schnell abgestanden.

Gaildorf. 12. Sept. Mit Gründung eines Verschönerunge­vereins hat unser unermüdlicher LandtagSabg. O.A.-Pfleger H a a s den Anfang gemacht, indem er aus seinem Terrain beim Tunnel einen Aus­sichtspunkt zur allgemeinen Benützung Herrichten ließ Gestern, am Geburtsseste I M der Königin, fand die Einweihung dieses Platzes als Vergnügrmgspunkt statt Der Eigenthümer der Anlage hieß die zahl­reich Versammelten aus dem Aussichtspunkt willkommen, welchem der Name Olgahöhe" unter Ausbringung eines dreifachen, weithin schallenden Hochs auf unsere in Ehrfurcht geliebte Königin gegeben wurde.

Pforzheim, 14. Sept. Wir sind heute in der Lage, unserem gestrigen Berichte, speciell der Beschreibung der Serenade an der Post, er­gänzend nachzulragen, daß nach Absingung desKirchleins" von Becker eine Deputation, bestellend aus dem Hrn. Oberbürgermeister Groß, den Stadt- iälhen Werner, Korn, Otto Ungerer und Franzmann und dem Stadtver­ordneten Wilh Stahl (die beiden Letzteren in Feuerwehr-Uniform) zu S. Königl. Hoheit sich begab, wo Herr Oberbürgermeister Groß in kurzer wohl­durchdachter Ansprache den Großherzog, namens der Stadt begrüßte und d.melden herzlich willkommen hieß. S. Königl Hoheit dankten in beredten Worten, reichten dem Herrn Oberbürgermeister, sowie jedem Mitglieds des Fest-Comiies tief bewegt die Hand, der Stadt Pforzheim für ihren fest­lichen Empfang die allerhöchste Anerkennung aussprechend.

Mit dem 15 September tritt der für den Sommerdievst eingestellte Wittagsschnellzug nach und von Wildbad außer Betrieb. Ferner ist auf der Strecke Pforzheim-Calw zu berücksichtigen, daß der Mit­tags i Uhr 7 Min. von hier abgehends und 3 Uhr 25 Min. von Calw (resp. Teinach) zurückkehrende Personenzug künftig nur noch an Sonn- und bürgerlichen Feiertagen kursieren wird.

Frankfurt, 13. Sept. Aus der allgem. disch. P a t e n t - und M u st e r s ch u tz - A u s st e l t u n g F r a n k s ur t a. M. 1881 hier erhielten die Firma C. D. Magirus in Ulm und I. A. L t o tz in Siuttgarl goldene Medaillen.

Dresden, 10. Sept. Zu den Tagesereignissen gehört der Ansenl- halt des ehemaligen kgl. sächsischen Hofkapellnieistcrs Richard Wagner in Dresden. Seit Montag weilt derselbe zum ersten Male wieder in unserer Stadt, seitdem ihn die 1849er Mai-Ereignisse dem hiesigen Wirkungskreise entrissen haben. Mit irgend einer Kunst- dezw. Theaterangelegenheü hängt zwar sein Besuch nicht zusammen er hat vietmehr nur die Hüffe eines American ckontisl, des vr. JenkinS. in Anspruch nehmen wollen, bevor er eine Reise nach Griechenland unternimmt doch ließ er die vorgestiige Aufführung seinesFliegenden Holländers" im Altstädker Hoslhemec nicht vorüvergehsn, ohne ihr oeizuwohnen. DerFliegende Holländer" gelangte am^2. Januar 1843 in Dresden zu seiner erstmaligen Aufführung und zwar unter der eigenen Leitung des Componisten. Damals fühlte sich das Publikum derart enttäuscht, daß die Oper geradezu durchfiel. Heute ist es bereits das 86. Mal, daß derHolländer" über uwere Bühne gegangen ist. Von den übrigen Musikwerken Wagners, die im hiesigen Hoftheater bisher zur Aufführung gelangt sind, wurden gegeben:Rienzi" 123mal (zum ersten Mal am 20. Okt. 1842);Tannhäuser" i56mal (zum ersten Mal am 19. Okr. 1845);Lohsngrin" 128mal (,um ersten Mal am 6. August 1859) undTie Meistersinger" 57mal (zum eisten Mal am 21 Jan. 1869). Im Ganzen hat demnach Dresden vis jetzt 550 Wagner-Abende im The­ater gehabt.

Der Lichter Christian Friedrich Scherenberg ist gestorben. (Friedrich Christian Lcherenberg, geboren 1.98 zu Stettin, war seit 18 »9

bäuerlichen Vorsaale. Der Greis öffnete eine Thür, und man trat in ein Zimmer, das mit künstlichem Luxus ausgestaltet war. Wäre die niedere Decke nicht gewesen, nichts hätte an ein holländisches Bauernhaus erinnert. Henriette öffnete ein Fenster. Es bol sich eine prachtvolle Aussicht über das Meer, dessen User in kurzer Entfernung begann Tann zog sie den Geliebten zu dem gegenüberliegenden Fenster, das sie öffnete. Ein reizen­der Garte:- breitete sich ous bis zu einem eleganten Landhause.

Dort sind meine Zimmer!" flüsterte Henriette lächelnd.Wir kön­ne» unbeobachtet eine Carrespondence unterhalten. Sie sehen» daß ich bei der Wahl Ihrer Wohnung ein wenig eigennützig versah en bin."

Henriette, wie soll ich Ihnen danken!"

Dadurch, laß Sie Ihre Genesung beschleunigen, und die Mor­gengabe Ihrer Frau nicht vergessen."

Der Graf unterdrückte einen Seufzer , lächelte und küßte die Hand der Marqaise, dieselbe Hand, die ihn so künstlich sür dar ganze Leben ge­fangen genommen hätte. Wäre sein Herz frei gewesen. er hätte sich glück­lich preisen muffen. Denselben Tag noch bezog er das Haus Termöhlen's, eines Schiffers, der einige Boote zur See hatte. Die folgende Zeit ver­floß dem Grasen im Li.-nste der Marquise. Man sah beide täglich in den Promenaden und pries das Glück des Grafen, der Erwählte der reichen und schönen Wittwe zu sein. George fand einige Zerstreuung in demLust- borkeiten, die der belebte Badeort boi, und selbst Henriette, die sich bemühte, seine Melancholie zu verscheuchen, gewann in seinen Augen onLübenswür- digkeir. Um diese Zeit räderte sich Lord Darnley der Marquise wieder, und wenn sie auch mir dem Takte der sein gebildeten Dame seine Aufmerk­samkeit empfing, so feierte George dennoch den Triumph, sich von heyr eng­lischen Krösus, der ihm vor kurzer Zeit noch mir dem Schuldgesängniß ge­

droht, beneidet zu sehen- Der Lo.d erinnerte ihn an Dermont. u:.d Der- mont mahnte ihn an die Pflicht, die er der Freundschaft zu e> füllen hatte. Trotzdem aber wich das Bild Amely's nicht aus seiner Seele, uno jemehr er sich Mühe gab, sie zu vergessen, jemehr muße er um ihnen Verlust trauern.

Der Monat Juni war verflossen. Da schrieb ihm Dermont von Brüs­sel aus, daß er seine ungebetene Lfferin fast täglich spreche und in seinen Bewerbungen glücklich zu sein glaube. Er wußte keine Worte zu finden, um dem Freunde seinen Dank und sein Glück auszusprechen. Awely schil­derte er als einen Engel, der in menschlicher Gestalt zur Erde herabgestiegen sei. Dieser Brief erschwerte dem armen George die Bemühungen, seinen vorigen Gemüthszustand wieder herzustellen, jo daß er nur eine geringe Genugthunung in den Zärtlichkeiten Henriettsn's fand, die stets auf neue Zerstreuungen sür ihren Geliebten saun. So hatte Sie einst eine Spazier­fahrt aus dem Meere veranstaltet. Vater Termöhlen. rüstete ein leichtes Boot dazu aus. und er selbst übernahm dis Führung desselben. In der Gesellschaft, die dazu ungeladen war, befand sich auch Lord Darnley. Gegen Abend bestieg man das elegant und bequem ausgerüstete Boot, und damit Nichts sehle, hatte der Holländer auch für Erfrischungen gesorgt, die seine Tochter den Gästen präsentirte Margarethe befand sich tm Hinter- theile d.es Boots neben ihrem Vater, der das Steuerruder in der Hand hielt. "Sie trug die Kleidung der reichen Holländerinnen: eine weiße Mütze mit Goldfpangen, die sich eng den Schläfen änschmtegten. ein schwarzes Sammetmieder mit kleinen silbernen Knöpfen nnd ein Röckchen von blauem Thrbet. Den niedlichen Fuß bekleideten schneeweiße Strümpfe und leicht Zrugschnhe.

(Fortsetzung folgt )