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Politische Nachrichten

Deutsches Reich.

Nach derTrib." wäre der plötzliche Entschluß des Contre-Admirals Mac Lean, den Feierlichkeiten, die in Kiel bei dem Besuch der englischen Flotte veranstaltet wurden. aus dem Wege zu gehen, nur aus einer Eti­kettenfrage zu erklären. Es soll sich nemlich gelegentlich der Vorstellung bei dem Herzog v Edinburg um den Vortritt der Frauen gehandelt haben, so­fern die (adelige) Gemahlin des Kipilän-Lieutenants Graf Haugwitz den Vor­tritt verlangte vor der (bürgerlichen) Gattin des Contre-Admirals Mac Lean.

Schweiz.

Der deutsche Gesandte in Bern . General v. Röder, der eine Ein­ladung zum Freiburger Schützenfest angenommen hatte, soll seine Zusage zurückgezogen haben.

Die Seidenfabrikation an den U'ern des Züricher See'S nimmt einen neuen Aufschwung, weil die Seidenstoffe, längere Zeit durch wollene nnd baumwollene Gewebe in den Hintergrund gedrängt, wieder größere Beliebtheit erlangen. Die Fobrikationsmethode ist in neue Bahnen gelenkt; die Schweizer Fabrikanten haben sich sofort auf dieselbe eingerichtet.

Frankreich.

Zur Vorgeschichte der Ausweisung des Don Carlos theilt ein Pariser Korresp. der Mg Z ein neues, interessante» Moment mit; er schreibt: In Folge zahlreicher Privatklagen sah die Regierung mehr und mehr die Nothwendigkeit herankommen, Don Carlos wegen Ordens­schwindeleien vor das Zuchtpolizeigericht zu stellen. Es war dies schon so weit gekommen, daß zwei geprellte Private von ihrem Recht Ge­brauch machen wollten,, auf ihre Gefahr und Verantwortlichkeit hin, Don Carlos unmittelbar vor das Zuchtpolizeigericht zu laden, wo es dem Staats­anwalt unmöglich wäre, die Verurtheilvng des Beklagten nicht zu verlangen. Aus der Geschichte des Goldenen Vließes weiß man, daß die Vermögens- Verhältnisse des spanischen Prätendenten, welcher seine persönlichen und un- eingestehbaren Auslagen nicht zu beschränken weiß, nichts weniger als glän­zend sind. Hier umgab er sich mit einem Gsneralstab von Geschästsagenten, deren Spezialität es ist, reichen Gecken und Dummköpfen Orden und Adelr- diplome zu verschaffen. Don Carlos operirte mit idnen, indem er als König von Spanien" die Orden und Diplome, wofür eine Nachfrage be­stand, verlieh und Unterzeichnete. Man darf es glauben, daß er selbst zu­letzt am meisten geprellt wurde. Denn jene Agenten verkauften die Waare schließlich zu sehr herabgesetzten Preisen, die sie mit dem Ocdensverleiher nicht iheilten. Auch entlockten sie größere Geldbeträge gegen Versprechungen, welche sie nicht erfüllen können. Mehrere Ausländer. welche hier ansässig sind, strengen die Bstrugsklage an, daß ihnen gegen ihr schweres Geld un­echte Orden und falsche Diplome geliefert wurdrn. Gelangen alle diese Prozesse ans Tageslicht und in die Oeffentlichkeit der Presse, so muß Don Carlos dabei als schwer belasteter Zeuge und als Mitschuldiger erscheinen Ein solcher Prozeß wäre ein europäisches Aergerniß, das die französ. Re­publik den hochachtbaren Verwandten eines ungerathenen Prätendenten er­sparen möchte. Um sich mit ihm nicht weiter emzulaflen, blieb der Regier­ung nichts übrig, als ihn ein für allemal aus Frankreich auszuweisen. Finden die erwähnten Prozesse doch statt, so wird wenigstens Don Carlos Nicht anwesend fein.

Aus Korsika hat am 17 d. bei der Stadt Corte ein wildes Gemezel stattgefunden. Eine Zigeunerbande von 40 Personen (Männer, Weiber und Kinder) hatte sich 3 km von der Stadt niedergelassen, um ihr Kesselflickgewerbe zu betreiben. Da entstand plötzlich das falsche Gerücht, 2 Einwohner der Stadt seien draußen ermordet worden Sofort zog ein Haufe mit Gewehren bewaffneter Korsen hinaus, überfiel das Zigeunerlager, mordete 3 Männer und eine Frau, mißhandelte aufs gröblichste 13 Männer, Frauen und Kinder, und plünderte das Lager aus. Als Polizei und Militär auf dem Platze erschien, war das Lager leer. Tis Zigeuner waren ins Gebirge geflüchtet. Nur 3 Mörder sind verhaftet worden.

England.

London. 15. Juli. Die Morgenblätter melden: dieLiverpoo - ler Polizei beschlagnahmte am Bord zweier von Newyork angekommener

Dampfer zwölf mit Dynamit beladene und mit einem 6 Stunden geh­enden Uhrwerk versehene H ö llen Maschinen, welche inFässern mit Cement versteckt waren.

London, 26. Juli. (Unterhaus ) Der St. Secr. des Innern Har- court theilte mit: Die Regierung war bereits länger über die Confignation von Höllenmaschinen aus Amerika nach Liverpool unterrichtet und ließ den Dampfer untersuchen und überwachen; sie ist bemüht. Absender und Em­pfänger zu entdecken. Redner glaubt, er sei das die Frucht offen eingestan­dener Anschläge der irisch-frisischen Presse in den Ver. Staaten von Amerika. ' Der Minister glaubt, die amerikanische Regierung sei ebenso wie die eng­lische bereit, Verbrechen zu unterdrücken und deren Urheber zu bestrafen.

London, 19. Juli. Der Kronprinz und die Kronprinzessin der Deutschen Reichs verließen gestern mit ihren Töchtern London und begaben sich über Portsmouth nach Schloß Norris. Cowes, auf der Insel WiM, wo sie einen längeren Aufentbalt zu nehmen gedenken.

Den deutschen Hsrbstmanövern wird von England General Robert» ^

(Besieger der Afghanen) beiwohnen. ^

Vom 3.-9 August findet inLondon ein internationaler Aerzte - s kongreß statt, für den großartige Vorbereitungen gemacht werden. Das j Protokoll wird englisch, deutsch und französisch abgefaßt.

Dublin, 26. Juli. In Longhrea (Grafschaft Galway) wurde gestern ein Polizeiconstabler auf öffentlicher Straße erschossen, die Thäter verhaftet.

Italien. i

DieJtalie" versichert, der Pabst habe den abgehenden Zöglingen der s

OoIIoAii Karmaniei empfohlen. Konflikte mit deutschen Civilbehöcden zu ver­meiden, um das Pacifikationswsrk der Bischöfe nicht zu stören, !

Aus Nom meldet das B. Togdl: Der große Generalstab ist seit einer Woche hier versammelt und beratschlagt über eine eventuelle Schleif­ung der Festung Verona. Die Stimmen sind gespalten. Die Mehr- ! zahl der Generale betont die Wichtigkeit der Festung während der Herr- ' schaft Oesterreichs in Italien, wo die Festung den Rückzug der österretch. Truppen nach Italien gedeckt habe, sowie als Angriffsbasis gegen Italien, und halten deshalb Verona als Vertheidigungsbasis für das ital. Heer ge­radezu gefährlich. Die Schleifung der Festungswerke ist daher wahrschein­lich. Ein definitiver Beschluß ist noch nicht gefaßt. Die Forts um Rom werden eiligst um 6 vermehrt, so daß deren jetzt im Ganzen 18 vor­handen sind.

Türkei.

Ueber das Schicksal des Sultanmörder steht noch immer die Entschei­dung des Sultans aus, und soll dieselbe bis nach dem Bairam-Feste ver­schoben werden Nach denDaily News" hat Midhat Pascha am Dienstag l einen Selbstmordversuch unieinommen, indem er sich mit einer Schesre die Adern öffnete; jedoch wurde sein Vorhaben entdeckt. Er erklärte, daß er > habe zeigen wollen, wie ein Selbstmord auf solche Weise aurgeführt werden könnte. Er wurde später dem Sultan vorgeführt, der Bedauern ausdrückte, ! daß Midhat Hand an sich selber gelegt. Der V-rurtheilie soll erwiedert i haben, sein Leben hätte keinen Werth mehr für ihn und er wolle lieber hin- ^ gerichtet als verbannt werden. Die einzige Gunst, um die er bat, war ! erschossen, statt gehenkt zu werden. In Betreff des Schicksals des Veiur- ^ theilten ist noch nichts bekannt; aber es ist jetzt ein Dekret für die Voll­streckung der Urtheile in Vorbereitung.

Konstantinopel, 26. Juli Die Todesstrafe ist bei sämmtlichen im Sultanmord-Prozeß Verurtheilten in Festungshaft umgewandelt.

Amerika.

Washington. 22 Juli. Präsident Garfield's Befinden ist anhaltend ein günstiges. Geyern wurde aus der Wunde des Präsidenten mit dem Eiter ein Stückchen Tuch zu Tage gefördert. Conkling be­absichtigt, wenn der Newyorker Senatewahlkawps sein Ende gefunden, eine Erholungsreise nach Europa auzulreten. Der Ertrag der heurigen W e i- zen ernte in den Ver. Staaten wird auf 400.000,0-0 Büschel, gegen 480,000,000 Büschel im vorhergehenden Jahrs, veranschlagt. Der In­dianerhäuptling Sitting Bull ergab sich vorgestern mit dem Rest

Warum warst Du das Jahr über in dem Zuchthaufe nicht fleißiger? Gieb her."

Was willst Du mit dem Gelbe?"

Du wirst es erfahren."

Der Alte zog sein lederne» Beutelchen wieder hervor und schüttete den Inhalt in die Hand seines Gefährten Es waren drei Fünfsilbergroschenstücke.

Du bleibst hier," sagte daun der Jüngere zu ihm.Ich hole mein Sperrzeug."

Der Alts fuhr bei dem Worte vor freudigem Schreck in die Höhe.

Sperrzeug l Du hast welches, Herzensjunge? Wie bist Du dazu ge­kommen? Erst gestern hier angekommen? Von der Festung entsprungen? Wo hast Du es?"

Schrei nicht so, Bursche, sondern höre aufmerksam zu. Die Offiziere können spät in der Nacht, sie können aber auch früh zurückkommen. Vor halb zehn Uhr muß Alles vorbei sein. Jetzt ist es schon sieben durch. Mein Sperrzeug liegt wohlvergraben, draußen am Windmühlenberge, schon seit sechs Jahren, so lange als ich sitze. Von hier bis zum Windmühlenberge ist eine halbe Meile. Wollte ich den Weg hin und zurück zu Fuße machen, so würde es zu spät. Darum mußte ich Dein Geld zu einer Droschke haben. Ich fahre gleich hin. Du bleibst unterdeß hier und behältst das Haus im Auge. Giro wohl Acht, ans Alles, was ein und ausgeht."

Unter der Rampe de« Kammergerichis ist ein Hallplatz für Droschken. Ter junge Mann begab sich dahin, stieg in eine Droschke, rief dem Kutscher zu:Nach dem rosenthaler Thor, rasch!" und fuhr davon.

Der Alle begab sich in die Markgrafenstraße zurück und gsng darin auf und ab, bald auf der einen, bald auf der andern Seite, bald in der

Mitte der Straße, aber das Haus Nummer 92 immer im Auge behaltend.

Mil dem Glockenschlage halb neun kam in raschem Trabe von der Commandantenstraße her eine Droschke nach dem Kammergerichke zu heran­gefahren. Sie hielt an dem Haltplatze dort. Eine halbe Minute später waren die beiden Dicbsgefährten wieder vereinigt.

Der Alte war dem Zurückkehrenden ungeduldig mtgegengeeilt.

Hast Du?" fragte er. -

.Ja." !

Alles? Buch Bohrer und Stemmeisen?" s

Für den Nathfall auch die. Vorerst werden Dietriche und Hack-N s au-reichen."

Du hast djss auch? Tu bist ein prächtiger Junge. Ich werde stolz darauf, daß ich Dich angelehrt habe. Ich habe es immer gesagt, aus Dir würde etwas werden, Du würdest Deinen Lehrmeister übertreffen. Ich bin nicht neidisch auf Dich."

Ist Nichts vorgefallen?"

Nichts. Ein paar Mägde gingen ein und aus; das ist Alles."

Ist auch der Bursche nicht zurück?

Nein."

Komm. Aber zuerst folge mir dorthin " Er zeigte nach der Lindenstraßs.

Was willst Du da?"

Du wirst es sehen."

Der Jüngere führte den Alten in die Lindenstraße, und dort in eines der nächstgelegenen Häuser, das einen nicht verschlossene» und nicht erleuch­teten Hausflur hatte. Der Flur war leer. Die beiden. Diebe stellten sich in den dunkelsten Raum hinter der HauSthür. (Fortsetzung folgt.)