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Amerika.

Washington, 6. Juli, 8 Uhr 30 Min. Abends. Das Befinden Garfields ist andauernd günstig. Der Präsident hat den Tag gut verbracht und mehr Nahrung zu sich genommen als gestern.

Ein Eisenbahnarbeiter, welcher äußerte, er wünsche. Garfield möge sterben, wurde von seinen Kameraden todtgeschlagen.

Eingesendet.

Nach der im letzten Wochenblatt Nr. 79 enthaltenen Anzeige des Herrn Peter König aus Pirmasens könnte er scheinen, als dürften die hiesigen Einwohner noch recht froh sein, daß er sie mit seinem gut offor- tirten Schuhwaarenlager auf acht Tage beglückt, und ihr Bedürfniß vollständig zu befriedigen sich gedrungen fühlt.

Bei der großen Zahl hiesiger Schuhmacher mindestens 50 sollte man freilich glauben, das Bedürfniß könnte hinreichend hier gedeckt werden, nur ist es vielen theils unbemittelteren Schuhmachern nicht möglich, bei guter und reeller Arbeit diese billigen Preise bieten zu können, wenn sie ehrlich und redlich mit ihrer Familie durch kommen wollen und es nicht so seicht nehmen, sich ihrer Verbindlichkeiten auf dem nicht mehr ungewöhn­lichen Gantwege zu erledigen, was es ihnen freilich leicht machen würde, ebenso billig zu verkaufen.

Hinsichtlich der Qualität der so billig angepriesenen Waaren findet auch häufig das Wort des Herrn Reuleauxbillig und schlecht" die beste Anwendung, denn es ist selbstredend, daß die Waare bei einem so äußerst billigen Preis auch schlecht sein muß, was sich am besten durch die Reparaturen beweisen läßt, und die alten Sprüchwörter:Darnach Waar", darnach Geld" unddas Billigste ist oft das Theu erste", bleiben ewig wahr!

Unser gegenwärtiges Gesetz gewährt leider dem redlichen Steuer- und Stadtschadenzahlenden Geschäfts- und Handwerksmann wenig Schutz gegen die herumziehenden Hausirer und Händler. mögen aber diese Zeilen bei unfern Mitbürgern und besonders bei den Handwerkern so ausgenommen werden. daß sie soviel Rücksicht beweisen und die hiesigen Schuhmacher nicht zurücksetzen und ihnen den Erwerb nicht entziehen. _ Mehrere Schuhmacher.

Tages Neuigkeiten.

Münster, 8. Juli. An der Kamerz des Hrn. I. Schweizer wurden heute vollkommen reife Trauben (Welsche") geschnitten.

Bietigheim, 7. Juli. Heute Morgen stürzte sich in der Nähe des Enzviaduktes eine hiesige Frau ins Wasser und ertrank. Unglückliche Familienverhältnisse sollen die Ursache zu diesem traurigen Schritte ge­wesen sein.

Heilbronn. Der heurige Maikäferflug dauerte in un­serem Bezirk vom 3. bis 11 Mai. Derselbe war nicht so stark als im Jahr 1878; denn obschon sofort mit dem Auftreten ber Maikäfer am 3. Mai sämmtliche Ortsbehörden die entsprechenden Maßregeln zur Vertilgung er­griffen, deren energische Durchführung durch einen vom Oberamt bestellten Aufseher überwacht wurde, sind im Ganzen doch nur 64,968 Liter Mai­käfer gegen 105,789 Liter im Jahr 1878 gesammelt und getödtet worden. Rechnet man aber den Inhalt eines Liters zu etwa 300 Stück, so sind immerhin 19,490,400 Stück gefangen worden. Der Gesammtkosten- Lufwand für die Gemeinden beträgt 1668 -k> 29 so daß 1 Liter auf etwa 2>/L ^ und 116 Stück Maikäfer auf 1 ^ zu stehen kommen.

Der englische Dampfer Ferret, der spurlos verschwunden war, ist in Melbourne unter anderem Namen wieder aufgetaucht und polizeilich be­setzt worden, da sich Schwindler des Schiffes bemächtigt hatten. Die Hamburger Börsenhalle schreibt darüber: DerFerret" war Eigenthum derHighland Railway Company" in Glasgow. Im Oktober 1880 er­schien dort ein Monn, Namens Walker, um als Bevollmächtigter eines ge­wissen Smith den Dampfer für eine sechsmonatliche Vergnügungsreise zu miethen; das Geschäft wurde abgeschloffen. Ein Schiff-Händler in Glas­gow besorgte für den Ferret eine vollständige Ausrüstung und erhielt seine Rechnung von 1490 L. mit einem Dreimonat-Wechsel bezahlt, der später

nicht eingelöst wurde. Der Dampfer ging dann von der Clyde nach Cardiff, nahm Kohlen ein, für die ebenfalls Wechsel gegeben wurden, und clarirte dann mit Smith und dessen Frau nach Marseille. Einige Tage später passirte Ferret die Straße von Gibraltar nach dem Mrttelmeer und zeigte seine Nummer, umrapportict" zu werden. In der Nacht aber wurde ins Atlantische Meer zurückgesteuert, nachdem einige den Namen Ferret" tragende Gegenstände über Bord geworfen waren, um den Glau­ben an eine Katastrophe zu erwecken. Dann wurde das Schiff neubemalt und nach dem Cap Verde gesteuert, wo es Vorräkhe an Bord nahm, für die wieder werthlose Wechsel gegeben wurden: Auch Walker und Smith hatten ihre Namen geändert: der letztere hieß jetzt Henderson, das Schiff Benton". Um die Besatzung zu beruhigen, erzäylte Smith-Hendersohn er sei ein politischer Flüchtling, der seinen Verfolgern entgehen wolle. Die Leute beruhigten sich leicht, da ihnen erhöhter Lohn zugesichert wurde. Am 21. November traf der Dampfer zu Cap Verde ein und ging einige Tazr später von dort nach Santos und alsJndia" nach der Capstadt, wo er am 29. Januar anlangte und die Ladung für 13-15,000 L. verkaufte. Von da ging es nach Mauritius und am 20. April langte. man zu Mel­bourne an. Hier fand der Schwindel sein Ende. Das Verschwinden der Ferret halte das größte Aussehen gemacht; Rheder und Versicherer hatten den Fall nach allen Häfen telegraphirt. und als dieJndia" in Port Philippbor, einlief, fiel einem Polizisten die Aehnlichkeit dieses Schiffes mit dem vermißten Ferret auf. Er theilte seinen Argwohn der Zollbehörde zu Melbourne mit, welche die Jndia überwachen ließ Bald ergaben sich ver­dächtige Umüände: Kapitän und Mannschaft kamen nie ans Land und die Maschinen blieben stets geheizt, so daß das Schiff schnell unter Damvf gehen konnte. Auf der Schiffsglocke war der Name des Schiffes ausgefeilt und an den Rettungsbojen und Booten durch Uebermalen beseitigt. Das Register war gefälscht und sämmtliche Leute unter falschem Namen einge­tragen. Letztere machten dem sie verhörenden Beamten umfassende Ge­ständnisse; Walker, Smith und dessen Frau wurden ergriffen und hinter Schloß und Riegel gebracht. Ihre Schuld war völlig erwiesen, da­neben aber auch der Verdacht, daß sie Genossen an verschiedenen Punkten der Erde hätten. Unter den Schiffspapieren hatte man einen Chiffernschlüssel für eine telegraphische Korrespondenz mit London entdeckt, ferner eine große Anzahl von Blanquets für Schiffspapiere aus den verschiedensten Häfen, sorgfältig nachgemachte Stempel der verschiedensten Behörden, end­lich ein Journal für das DampfschiffRaven," welchen Namen man der Jndia für die Zukunft geben wollte. Den größten Fang machte die Poli­zei aber mit der Auffindung einer Blechdose, in der sich gegen 174,000 befanden. Die Polizei sucht nun sestzustellen, ob der Schwindel von Walker und Smilh allein oder von einer Betrügerbande angezettelt ist. Smith hatte tn Melbourne versucht, das Schiff zu verkaufen; ein Gebot von 8500 L. hatte er ausgeschlagen und 10,060 verlangt. Ohne die Aufmerksamkeit des Polizisten wäre dieser Versuch wohl gelungen, und die Schwindler entwischt. __

Landw rrthfchaftliehes.

Calw, 9. Juli. Einem Bericht des neuesten Landw. W. B. über über den Stand der Feldfrüchte u. s. w. ist mit Wohlgefallen zu entneh­men, daß in allen Theilen unseres Württemb. Landes die Ernteaussichlen zu den besten Hoffnungen berechtigen. Ueb^M^i hiesigen und die umlie­genden Bezirke lautet der Bericht speciell: ^

Calw-Nagold: Winterfrüchte gut; Sammer-

halmfrüchte ziemlich gut bis gut. theilweise^Mn in Folge der langen Trockenheit. Brochfrüchte: Kartoffeln gut bis recht gut; die Setzwaaren haben unter der Trockenheit sehr gelitten und erholen sich erst in der letzten Zeit. Schotenfrüchte gut. Futterpflanzen: Klee steht durchgehends schön, sehr schön aber sind die auf Empfehlung und nach Vorschrift der landw. Vereine angebauten Kleegrasfelder; von Umpflügen nirgends die Rede. Obstaussichten ziemlich gut bis gut, auf den Höhen besser als in der Ebene, Aepfel schlagen vor.

OberesGäu: Wintergetreide nur weniges ausgewintert, doch ist der Stand im Allgemeinen etwas dünn, Aehren und Stroh kurz. Reps

gehörte, dem er nach seiner Entlassung aus dem Kadettenhause einvrrleibt wurde.

' Allen diesen vortrefflichen Eigenschaften halte er es zu verdanken ge­habt, daß er, nachdem er die erforderliche Anzahl von Jahren im Regiments gedient, zum Lehrbataillon nach Berlin versetzt worden war. Die Lehrkadres der Residenz haben die Bestimmung, der gefammten Armee als Schule für ein uniformes Exerzieren, für uniformen militairischenPli," für unifor­men militairischen Geist, selbst für uniforme militairische Grammatik zu dienen. In letzterer Hinsicht ist die Anekdote über das grammatikalische Examen bekannt, welches ein Rittmeister mit einem seiner Unteroffiziere bei dessen Rückkehr aus Berlin von der Lshreskadron anstellte.

Können Sie auch das mir und mich unterscheiden?" fragte der Rittmeister den Unteroffizier.

Zu Befehl, Herr Rittmeister; im Dienste sage ich mir. außer dem Dienste mich."

Erläutern Sie das."

Wenn ich von einem Kommando oder Urlaub zurückkehre, so sage ich: Herr Rittmeister, ich melde mir. Wenn ich im Wirthshause einen Schnaps fordere, so sage ich: geben Sie mich Enen."

Man sagt, der Rittmeister sei mit den Resultaten des Examens zu­frieden gewesen.

Aus dem Gesagten geht hervor, daß zu den Lehrkadres nur die fähigsten und tüchtigsten Leute der Regimenter commandirt werden. Sie lernen natürlich in Berlin am Besten, und können das Erlernte nachher bei dem Regimente am Besten wieder geltend machen.

So war auch der Lieutenant von Marenstern zum Lehrbataillon nach

Berlin commandirt worden. Er hatte bei diesem zwei Jahre gestanden, und es läßt sich nickt leugnen, daß er bei seiner Rückkehr in seine Garni­son der tüchtigste Offizier des Regiments war. Man war überzeugt. daß er künftig noch der ganzen preußischen Armee zur Zierde gereichen werde.

Das hatte denn etwas Anderes zur Folge, wozu freilich zugleich et­was Anderes beitrug.

Während seines Kommandos zum Lehrbataillon hatte er auch etwas Anderes als den militairischen Geist und Pli kennen gelernt, nämlich die Liebe zu einer schönen jungen Dame. Diese junge Dame war von eben so gutem und altem Adel als er; sie war auch nicht minder geistig befähigt und nicht minder liebenswürdig als er. Sie war aber auch nicht minder arm. Ihr Vater war ein verdienter höherer Offizier Oberst ge­wesen, der aber, bei dem häufigen Garnisonwechsel, dem gerade die ver­dienten Offiziere aurgesetzt zu sein pflegen, freilich auch bei einzelnen Lieb­habereien, die die verdienten Offiziere zu haben pflegen, gute Tafel u. s. w.. nicht im Stande gewesen war, sich ein Vermögen zu erwerben. Bei seinem Tode hatte er seiner einzigen Tochter, deren Mutter schon früher verstorben war, nicht« hinterlasien. als das Andenken eines braven Offiziers und Schulden. Einer seiner Kameraden, General in der Residenz, hatte die Verlassene zu sich genommen. Sie lebte in seiner Familie in Berlin. Die Familie bestand aber au« sehr hochmüthigen und zugleich sehr gefall­süchtigen Töchtern, unter denen die Verlassene die Rolle des armen Aschen­brödel« spielte.

In dieser hatte dsr Lieutenant von Marenstern sie kennen, und sein brave» Herz sie lieben gelernt. Er hatte ihre Gegenliebe gefunden.

(Fortsetzung folgt.)

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