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Donnerstag, den s. September I88O

SS. Jahrgang.

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Die Redaktion und Expedition.

Politische Nachrichten.

Deutsches Reich.

Berlin. 27. Aug. DasTageblatt" meldet: Der Finanzminister Bitter hat an die einzelnen Ressortverwaltungen von Neuem die bestimmteste Aufforderung gerichtet, bei der Ausstellung des Etats sür die nächsten Jahre auf alle irgendwie entbehrlichen Forderungen zu verzichten. Wie es scheint, will dis preußische Regierung unter allen Umständen, auch wenn die Steuer- projekte im Reichstage scheitern sollten, in der Lage sein, im nächsten Jahre Erlasse an den direkten Steuern eintreten zu lassen, offenbar mit Rücksicht auf die im Sommer bevorstehenden Neuwahlen zum Reichstage.

Man schreibt derKöln. Ztg." aus Berlin: Seit geraumer Zeit hat kein Vorgang hier in weiten Kreisen ein so großes Aufsehen gemacht, als die veröffentlichte Entlastung des nunmehrigen Staatssekretärs sür Elsaß-Lothringen. Hofmann, aus seinen bisherigen Aemtern im Reichsanzeiger. Man sucht vergebens nach einem ähnlichen Vorgänge: Entlastung eines Staatsmmisters ohne dessen eigenen Antrag, und man fragt sich, wie es zugehen mochte, daß die Entlassung Hofmanns aus seinen bisherigen Aemtern erst zwei und eine halbe Woche nach seiner Ernennung zu einem neuen Amte erfolgen konnte. Noch überraschender ist dis Ueberuahme des Handels­ministeriums seitens des Fürsten Bismarck; ein dahin gehendes vor einigen Tagen verbreitet gewesenes Gerücht begegnete so lebhaften Zweifeln, daß man allseitig Anstand nahm, dasselbe zu berichten. Man glaubt, dieses neue Amt eines Handelsministers sür Preußen werde Fürst Bismarck nur provisorisch führen, zumal da es heißt, derselbe wolle vor seiner Abreise von Berlin die Angelegenheiten der erledigten Posten, und zwar auch des Leiters des Auswärtigen Amtes erst ordnen

Berlin, 30. August. Es ist die Rede davon das Handelsministe­rium auszulösen und die Geschäfte desselben theils dem Ministerium des Innern, theils demjenigen sür dis Landschaft überweisen. Auch die Aus­lösung des Reichsamts des Innern soll in Frage stehen; auf alle Fälle soll von demselben die Leitung der Geschäfte des Bundescaths abgetrennt werden.

Köln, 30. August. Laut einer am 25. ds. Mts. erlassenen aller­höchsten Kabinetsordre ist die Feier der Vollendung des Domes auf den 15. Oktober, den Geburtstag des verstorbenen Königs Friedrich Wilhelm IV., festgesetzt. Das kaiserlich königliche Haus wird der Feier anwohnen.

Oesterreich-Ungarn DieAllg. Wiener Ztg." meldet: Zum Sammelpunkt des europäischen Flottengeschwaders ist jetzt definitiv Ragusa bestimmt worden; das Ober­kommando wird Viceadmiral Seymour führen. Der Antrag, daß dem Geschwader fürs erste die Anwendung von Gewalt untersagt werde, wurde

verworfen, dieselbe vielmehr lediglich in das Ermessen des Oberkom­

mandos gestellt.

England.

London, 27. Aug. Die ältesten Parlamentsveteranen wissen sich nur noch einer Sitzung zu erinnern (1877) bei Diskussion der Transvaal­frage, die ebenso lange wählte wie die gestrige: von Donnerstag 4 Uhr bis heute Nachmittag 1 Uhr, also volle 21 Stunden. Es war ein förmlicher parlamentarischer Skandal. Nach einigen wenig belangreichen Fragen und Antworten entspann sich die Debatte um die Konstabler in Irland, deren Stärke, Zusammensetzung, militärische Organisation, unkonstitutioneller Charakter, Bewaffnung und Verwaltung von den Homerulern heftig kriti- sirt wurde; diese wußten recht wohl, daß die Regierung unter den gegen­wärtigen Umständen eine so wichtige Institution unmöglich schwächen, ge­schweige denn aufheben könne, aber es galt, den Ministern eine Posse zu spielen und den irischen Landsleuten ein eklatantes Beispiel zu liefern, daß man gegen die verhaßten Organe der öffentlichen Ordnung und Sicherheit tüchtig angekämpft habe. Man sprach von allem Möglichen, verzehrte Eier. Sherry und Porter, ging ad und zu. bis das Tageslicht durch die Fenster blinzelte. Unzählige Anträge auf Fortsetzung der Verhandlungen in nächster Sitzung und Zählung der Mitglieder blieben resultatios. Endlich gegen 1 Uhr wurde zwischen Lord Hartington und Parnell ein Uebereinkommen dahin getroffen, daß die Konstablerangelegenheit am Montag erledigt werden solle. Damit halte die Sitzung ihr Ende.

London, 23. Aug. (Oberhaus.) Staatssekretär Granville verliest folgendes Telegramm aus Quetta vom 27. d.; Eyub mit seiner Armee verließ die Positionen in Front vor Kandahar und zog sich nach Sangiri, 8 Meilen westlich von Kandahar, zurück. General Roberts kam am 24. Aug. in Khelati Gilzai an.

London, 3o. Aug.Standard" meldet aus Chaman, 29. Aug. General Roberts verließ Khelat-i-Ghilzai am 25. Aug. und nahm dis ganze britische Garnison mit, welche das Fort räumte und den Beamten des Emirs überg-ch. General Roberts hofft am 30. Aug. in Kandahar einzutreffen und ags darauf Ajnb Khan anzugreisen.

Türkei.

Aus Konstantinopel wird unterm 1t. August geschrieben: 25 weibliche türkische Sklaven haben im Polizeiamt Zuflucht gesucht und ihre Befreiung verlangt. Es wird behauptet, daß der Polizeiminister die Absicht habe, die Frage dem muselmännischen Gesetz gemäß zu entscheiden, welches die Befreiung eines Sklaven erst dann zuläßt, wenn er 7 Jahre lang Sklavendienste geleistet ha.'

Ragusa, 30. August. Das russische KriegsschiffSt. Anna" mit dem russischen Admiral an Bord ist hier angekommen. Es heißt, Riza Pascha habe sechs Führer der albanesischen Liga verhaften lasten wollen, dieselben seien aber geflohen. Die Einwohner von Dulcigno lagern in Gemeinschaft mit albanesischen Streitkräften bei Mazur, um gegen dis Uebergabe von Dulcigno Widerstand zu leisten ^ reguläre tückische Truppen sraternifiren angeblich mit ihnen.

Feuilleton.

Verloren.

Novelle aus dem Soldatenleben von Max Wenzel.

Ach! Wie so trügerisch Sind Weiberherzen! Ni-oletts.

Auf der letzten Seite in meinem Album erblickst du zwei Photo- grophieen neben einander, zwei Brustbilder: das eine ein kräftiger männ­licher Kops mit vollem Bart und klarer, stolzer Stirn; milder Ernst liegt in den gedankenreichen dunklen Augen, die dir sympathisch entgegen­blicken; das andere ein Mädchengesichi, ein liebliches Oval, fein ge­bogene Nase, frische blühende Lippen, große lebhafte Augen von vollen, Hellen Locken eingerahmt; darunter stehen die NamenRobert" und Angelika "

Wenn du willst, will ich dir ihre Geschichte erzählen.

Robert M. war mein Jugendfreund. Wir waren in derselben Stadt in der Mark geboren, von fast gleichem Alter; unsere Eltern waren be­freundet; wir saßen auf derselben Bank im Gymnasium, welches wir zu­sammen durchmachten, wir lasen die Klassiker gemeinsam, hatten dieselben Lieblinge, wenn wir unsere Ansichten verglichen, bauten Luftschlösser nach demselben Plan, genug, wir waren unzertrennliche Genossen. Er war ein eigener Charakter. Hochherzig, nur für das Edle und Schöne begeistert, erfaßte er Alles, was er trieb, mit einem Erfer, ja mit einer Hartnäckigkeit, daß wir nicht selten in hitzige Wortgefechte genethen, ohne uns jedoch je ernstlich zu entzweien.

Wtr blieben dft besten Freunde.

Nun sollten sich unsere Wege trennen. Während ich meinen Lieb- lingrplan erfüllte und mit stolzen Träumen von Ruhm und Lorbeeren in die Armee trat, um mir die Sporen zu verdienen, ging Jener, obgleich er, wie ich. gleiche Neigung zum Soldatenstanve hatte, zur Universität, um auf Wunsch seines Vaiers, eines geachteten Arzte« unserer Vaterstadt, sich dem Studium der Medizin zu widmen. Anfangs hatten wir uns ge­schrieben, doch ich wurde hin- und herversetzt, das Leben nahm uns in seine strenge Schule, wir kamen in andere Kreise, lernten andere Lebens- onschauungen kennen; die Briefe wurden seltener; und wenn wir uns auch im Heizen nahe standen, allmähltg hörte jede direkte- Verbindung zwischen uns auf. Von Hause erhielt ich hin und wieder durch die Meinigen Nachricht von ihm, daß er nach Avsslvirung seiner Studien und nach glänzend bestandenem Examen, wahrscheinlich noch aus alter Neigung, als Unterarzt in die Armee getreten und irgendwo am Rhein stehe; dann hatte ich ihn ganz aus den Augen verloren.

Lange Jahre vergingen mir unter Studien und Mühen; da kam das Frühjahr 1864 und mit ihm frisches Leben in unsere militärischen Ver­hältnisse. Alle Befürchtungen, alle Hoffnungen, die das deutsche Herz durchbebten-sie sind noch zu frisch, um aus der Erinnerung ent­

schwunden zu sein. Es galt, nach langem, traurigem Frieden, nach schwerem Druck und tiefer Demüthigung vor dem Auslande, zu zeigen, daß das deutsche Schwert nicht eingerostet, daß deutsche Langmuth nicht Feigheit heiße, wie sie Alle, vor Allen aber das kleine hochmüchige Jnsel- volk, meinten. Froh und siegesgewiß zogen die Bataillone und Schwad­ronen hinaus in den Kampf sür die nordischen Brüder, welche deutsche Zaghaftigkeit selber früher geknebelt und dem rachgierigen Danebrog über- istfert hatte. Leider war unser Regiment nicht mit unter diesen Glück-