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Kön. Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Wilhelm von Württemberg aus Anlaß der heutigen Taufe der Prinzen dem Herrn Oberbürgermeister Abel die Summe von Tausend Mart übersendet haben in Begleitung einer huldvollen Zuschrift Sr. Kön. Hoheit de« Prinzen Wilhelm, welche den Wunsch ausdrückte, daß das Glück des eigenen Hauses auch hinausgetragen werde unter die Bedürftigen unserer Stadt, als der Vaterstadt seines Sohnes. Auf heule Mittag wurden nun die bedürftigsten Armen in den Rathhaussaal eingeladen, um die für sie bestimmten Geldgeschenke in Empfang zu nehmen. Abends von 5 Uhr ab wurden die >; bis 8 Jahre alten Kinder der hiesigen Volksschule in der Turnhalle mit Chocolade und Backwert bewirthet und denselben die gebrauchten Tassen und Löffelchen zum Andenken an diesen Tag mit nach Hause gegeben. Die SLüler und Schülerinnen über 8 Jahre erhielten zur Erinnerung an diesen Tag durch die Lehrer je sin kleines Geldgeschenk.
— Ebingen, 26. Lug. Einen seltenen Beweis von Muth und Geistesgegenwart legte dieser Tage eine erst seit kurzer Zeit in Reutlingen ver- heirathete Tochter unserer Stadt ab. Dieselbe, Gattin des Hotelbesitzer Bächle z. Ochsen, wollte sich letzten Montag Nachts in ihr Privatzimmer zurückziehen, als sie daselbst einen wildfremden Menschen vorsand, der ihr alsbald in nicht mißzuvsrstehender Absicht entgegentrat Rasch entschlossen schlug die junge Frau den gefüllten Wasserkriig, den sie in der Hand trug, dem Dieb mit solcher Kraft an den Kopf, daß er zu Boden stürzte, worauf sie hinauseilte und Lärm machte», so daß es gelang, den sich aufraffenden Eindringling noch auf der Stiege zu ergreifen und der Polizei zu übergeben. Wie sich herausstellte, ist der Ertappte ein erst vor wenigen Wochen aus dem Zuchthaus entlassenes Subjekt.
— Tuttlingen, 24. August. Unsere Jäger, die sich auf den 16. Aug. gefreut haben, insofern es von diesem Tage an gesetzlich gestattet ist, auch Hasen zu schießen, haben sich leider ein wenig getäuscht. Allgemein war die Ansicht verbreitet, daß in Folge des entsprechenden Frühjahrs dieser Herbst hasenreicher sein werde, als die vergangenen Spätjahre. Nun sollen aber, wie man dies an etwa einem halben Dutzend aufgefundener Exemplare Nachweisen will, die Hasen an einer raudeartigen Krankheit leiden, so daß sie bis zum Skelett abzehren und verenden.
— Crailsheim, 26. Aug. Ein Fall, der wohl verdient, in weiteren Kreisen bekannt zu werden. hat sich aus der hiesigen Gewerbebank zuge- tragcn. Wie bei anderen Gewerdebanken, so wird auch hier der jedes Jahr erzielte Reingewinn, der beipieisweise bei der letzten Abrechnung 14,985 betragen hat, versteuert Von diesem schon versteuerten Reingewinn wurde nach Abzug von verschiedenen Abzahlungen der Bank noch 10,895 an die Mitglieder der Bank als Dividende verlheilt. Von den Mitgliedern, die diese Dividende erhalten, wird dieselbe dann ebenfalls wieder theilweise versteuert, so daß also für den größten Theil des von der Gewerbebank Crailsheim erzielten Reingewinns s-it Jahren doppelte Steuer bezahlt wirb. Schon vor einigen Jahren hat nun der Kassier der hiesigen Gewerbebank aus Anlaß dieser Doppelsteuer mit dem Steusrkol- legium in Stuttgart verhandelt. Es wurde an dieser Stelle Alles genau geprüft und für richtig befunden, und wird deßhalb der Gewerbebank in Crailsheim in nächster Zeit ein Betrag von über 1000 -/-L zu viel bezahlte Steuer zurückbezahlt. In Zukunft ist ebenfalls dafür gesorgt, daß doppeltes Steuerzahlen nicht Pehr Vorkommen kann; hingegen ist die Gewerbebank in Crailsheim verpflichtet, sich jederzeit der Controlle der Steuerbehörde zu unterwerfen, mas bisher nicht der Fall war. In diesem Jahre zahlt jetzt die Gewerbebank schon üoer 500 „/L weniger Steuer als in den letzt- verflossenen Jahre.
— St. Johann, 24. Aug Daß die Alb reich an Höhlen, Höllenlöchern und Erdfällen ist, ist allbekannt. aber viele sind noch nicht aufgedeckt. Lorigen Sommer brach auf dem in der Nähe befindlichen Höllen- thal auf dem Rutschenfeld mitten in einer Wiese ein Loch ein, welches eine beträchtliche Tiefe hat. Zur Untersuchung dieses Loches kamen gestern einige wißbegierige Studiosen nut Männern von Glems und ließen sich mitielst
Lotterseil und Flaschenzug hinab, wo sie Interessantes, besonders an Gestein. und ein weites Labyrinth gefunden haben wollen.
— München. 26. Aug. Ihre Maj. die Königin Olga von Württemberg ist heute hier eingetroffen und begibt sich morgen zur Besichtigung des Pasfionsspieles nach Oberammergau.
— Kissin gen. 21. Aug. Vorgestern kam e«, wie die Fränk. Z. berichtet, in den beiden Kursälen zu einem Tumulte. Schon seit längerer Zeit herrschte unter dem Badepublikum eine gewisse Erregtheit gegen einander, und zwar zwischen dem Adel und dem Bürgerthume, welche häuplsächlich durch die Einrichtung.besonderer Reunionen für den Adel hervorgerufen wurde. Vorgestern nun war wieder eine solche aoelige Reunion, bei welcher es sehr laut zuging, wodurch sich die im unteren Kursaale befindlichen Bürgerlichen gestört fanden und demnach um Ruhe ersuchten. Darauf entstand ein fürchterlicher Tumult, es schallten Stockhiebe auf den Tischen, Gebrüll, Gejohl und Stampfen füllten die Zwischenpausen aus ; vergeblich suchte der Badelommissär Ruhe zu stiften. Zuletzt gingen beide Theile erbittert auseinander.
— Kissing en. 26. Aug. Fürst Bismarck mit Gemahlin und dem Grafen Herbert Bismarck ist heute Mittag 12 Uhr 50 Min. von hier ab- gereist. Am Bahnhose war ein zahlreiches Publikum anwesend, welches dem Fürsten bei der Abfahrt ein dreifacher Hoch ausbrachte.
— Berlin, 23. August. Die vor einiger Zeit bei der Brief-Annahme des kaiserlichen Hofpostamtes in Verlust gerathenen 700 Stück Wechselstempelmarken im Gesammtbetrage von 21,000 sind bis heutigen TagS nicht wieder zum Vorschein gekommen. Obgleich dem Fiskus im vorliegenden Fall ein eigentlicher Schaden nicht erwachsen ist. da nach Lage der Sache von einem Diebstahl und einer späteren Verwerthung der Marken nicht dis Rede sein kann, vielmehr mit Sicherheit angenommen weiden muß, daß die fraglichen Werthzeichen versehentlich unter die Papierabfälle gerathen und später zur Einstampfung gekommen sind, so ist dennoch vor einigen Tagendem betreffenden Kassenverwalter, Negierungsrath Th., welcher augenblicklich sich auf Urlaub befindet, eine Verfügung seiner Vorgesetzten Behörde zugegangen. nach welcher er für den Lerlust aufzukommen, und den ihm abhanden gekommenen Betrag durch monaftiche Abschlagszahlungen in Höhe von 50 zu decken hat. Gleichzeitig ist dem greisen Herrn Th. mitge- theilt worden, daß er nach Beendigung seines Urlaubes die Geschäfte des Vorstehers bei der Brief-Annahme im Hofpostamt nicht mehr übernehmen könne, sondern anderweitig beschäftigt werden müsse, falls er nicht vorzöge nach nunmehr vollendeter 58jähriger Dienstzeit in den wohlverdienten Ruhestand zu treten.
— Ein Berliner Landgerichtsrath hat in seinen Ferien ein eigenthürn- liches Abenteuer bestanden: Er hatte sich in einem Hotel in der Umgebung Warmbrunns einlogirt und dort die Bekanntschaft zweier Herren gemacht, die sich ihm als Kaufleute aus Berlin vorstellten und mit denen er häufig Parthien unternahm. Aus einer dieser Parthien wurde er plötzlich mit seinen Begleitern verhaftet. Dieselben waren zwei der berüchtigsten Berliner Einbrecher, die dort Quartier genommen hatten und auf nächtlichen Exkursionen ihr „Einbrechei-Teschäft" trieben. Der Landgerichtsrath hatte keine Legirimationspapiere und mußte 3 Tage in Haft zubringen, bis seine Personalien festgestellt waren.
— Ein Berliner Lehrer, der einen sehr guten Ruf genießt, wurde durch gewisse Gerüchte, die in der Nachbarschaft über ihn umgingen, recht unangenehm berührt. Der durchaus nüchterne Mann galt nämlich, so erfuhr er zufällig, in der ganzen Nachbarschaft für einen Gewohnheitssäufer. Eines Tages nun fand die Hausfrau ihr bereits etwas bejahrtes Dienstmädchen in der Küche auf der Erde liegen und ließ, erschreckt durch das heftige Stöhnen desselben, den Arzt holen. Dieser konstatirts hochgradige Trunkenheit und die weitere Untersuchung hat ergeben, daß dis biedere Anna alltäglich Vs Liier Schnaps geholt und auf Konto ihres Herrn, „der nicht arbeiten könne, wenn er nicht schon früh einige Schnäpse trinke" — so sagte sie beim Destillateur —, ausgetrunken hat.
Von diesem Augenblick an wurde ich eben so traurig wie sie. und ich fühlte etwas in mir, was mir sagte: Bleibe bei ihr bis an'S Ende ihrer Tage und behüte sie — das habe ich gethan. — Als ich nach Frankreich zurückkam, bat ich darum, unter Beibehaltung meines Ranges in die Landarmee treten zu dürfen, denn ich haßte die See, weil ich auf derselben unschuldiger Blut vergossen hatte. Ich suchte Laura's Familie auf. Ihre Mutter war todt. Ihre Schwestern, denen ich sie als eine Irrsinnige zuführts, wollten sie nicht aufnehmen und sprachen von Charenton, ich kehrte ihnen den Rücken zu und behielt sie bei mir."-
Als König Friedrich II. einst in seinem Arbeitszimmer des Potsdamer Schlosses saß und einen Blick über den Schreibtisch hinaus in einen der Spiegel warf, welche ihm, ohne daß er an das Fenster zu treten brauchte, die Vorgänge auf der langen Brücke entgegenhietten, bemerkt« er, daß ein Rittmeister des Potsdamer Kavallerie-Regiments über die Brücke ritt und die Straße nach Berlin einschlug. E« war die Zeit der Karnevals, der früher in der preußischen Residenz eine weit größere Rolle spielte als gegenwärtig. Der König wollte nun aus guten Gründen nicht dulden, daß die Potsdamer Offiziere oft nach Berlin gingen, um dort den Vergnügungen des Karnevals nachzujagen; der Dienst, sowie die Geldverhältnisse und der Lebenswandel wurden durch solche Ausflüge in der Regel stark beeinträchtigt. Ec vermuthete nun sogleich, daß jener Rittmeister einen Berliner Maskenball besuchen wolle, den der König für denselben Abend im Opernhaus angesetzt hatte und dem er selbst beizuwohnen gedachte. Einige Stunden später fuhr er nach Berlin und betrat maskirt den Redoutensaal d-s Opernhauses, wo sein scharfer Blick bald seinm Rittmeister als einen edlen Venetianer wieder erkannte. Mit jener Stimme und jenem durchbohrenden Blicke, dem Niemand Stand zu halten vermochte,
fuhr er ihn an: „Maske, ich kenne Dich!" Der Oifiziec erschrack; er wußte, daß ihm im Falle seiner Entdeckung schwere Strafe bevorstand, allein er faßte sich und erwiderte keck: „Maske, ich kenne Dich nicht!" Der König fuhr ärgerlich fort: „Maske, Du bist der Ritlmeister . . I" Der Offizier erwiderte mit einem verzweiflungsvollen Entschluß: „Ja. aber ich
bin ohne Urlaub hier. Also ein H.. wer's weiter sagt!" Der
König biß sich auf die Lippen, dies war ihm doch zu stark, allein er faßte sich rasch und erwiderte. „Auf Ehre, es bleibt unter uns!" Am andern Morgen erschien der Rittmeister pünktlich zum Dienst. Der König hatte schon am frühesten Morgen befohlen, daß sein Regiment um 8 Uhr zur Parade im Lustgarten bereit stehen solle. Mit dem Glockenschlage ritt der König auf seinem berühmten Schimmel zum Schloßthor hinaus und die Fronte des Regiments hinunter, besichtigte Alles scharf, warf dem Rittmeister X, der im Glied« hielt, einen durchbohrenden Blick zu, sagte aber, da er Alles bei der Schwadron in der pünktlichsten Ordnung fand, kein Wort und machte dann mitten vor der Front des Regiments Halt. „Rittmeister X.!" ertönte der Ruf seiner strengen Stimme. In strenger militärischer Haltung ritt der Gerufene vor, überzeugt, nunmehr die Ankündigung einer strengen Strafe zu'vernehmen. „Näher!" rief der König, als Rittmeister in der dienstlichen Entfernung von ihm hielt. Er ritt dicht heran. „Maske, du bist Major!" raunte der König ihm ins Ohr, „aber
ein H.. wer's weiter sagt." „Auf Ehre, Majestät, es bleibt unter
uns!" war die Antwort des Offizier», de« ein Stein vom Herzen fiel. Ein volles Jahr, lang blieb das Avancement (Aufrücken) unenthülltes Ge- heimniß. Der Major versah seinen Rittmeisterdienst nach wie vor. Da erschien am Jahrestage des Ereignisses der Parolebefehl: „Der Rittmeister X. ist zum Major ernannt, mit Patent vom heutigen Latum des vorigen Jahres."