i
Dar Ko^c»- SkM erscheint am Dienstag,Donnerstag n. Sam» tag. Abon- »ementrpreis halbjährlich 1 M L durch die Post bezogen im Bezirk 2 SO sonst in ganz WürttemSerg 2 -L 70 L.
Rm!K- unä Inteüigenzbkaü ^ür lien Kezirö.
FLrTasw «bonnik» »an bei der Redaktion, an»«!rtS bez den Boten odex der »Lchstgelegentn Poststelle.
Die Einrkcknnz«- aebsthr beträgt S ^ für die »ierspaltig» Zeile oder deren Raum.
«ro. 71.
Dienstag, den sr. Juni L88V
55. Jahrgang.
Abonnemenlg-Emklräung
au^ äaL „Eükweo Woctrenökatt."
Mt dem L. Juki LS8üe beginnt «in »enes Aboanemsm aus das „Calwer Wochenblatt", zu welche«! wir hiemit sreundlichst einiadsu mit dem Ersuchen an die auswärtigen Abonnenten, ihre Bestellungen rechtzeitig zu erneuern,, damit in der Zusendung keine Unterbrechung eintritt. Der halbjährige Bbonmmestspreis beträgt tu der Stadt (ohne Trägerlohn) 1 Mark 80 Psfl., durch die Post bezogen (sammL Lieferungsgebühr) iw Bezirk 2 Mark 20 Pfg., sonst in ganz Württemberg 2 MM 70 Pfg.
Die Redaktion und Grnedition des ,.Cskver WachrudLatts."
Dvlrtrsch-s MÄHriehtSR.
D s « t s Z §T k i ch.
Berlin, 18. Juni. Der Referent der KirchenLesetzkommisstv» Abg. Grimm halte seinem Bericht eine ausführliche historische Darlegung über die Entstehung vrr MaiHeietzgeoung und deren Verlauf beigefügt gehabt. Bei der im Schoße der Kommission stattgehabte« Verlesung des Berichts wurde gegen die Aufnahme dieser Darlegung vom Abg. Franz Einspruch erhoben, weil sonst im Plenum sich endlos- Debatten über die gesammte Maigrsetzgeoung eMspinAe» würden; eine objektive, pragmatische Geschichte des kirchenpolittfcherr Kampfes zu liefern, sei in jetziger Zeit überhaupt nicht möglich. Die Kommission trat dem Einspruch des Mg. Franz bei und so unterblieb die Aufnahme dieses Theils in den Bericht. "
— Die bei Gelegenheit der Flucht der betrügerischen Bamerottirer Sachs aus Franksnrt verbreitete Nachricht, daß zwischen dem deutschen Reiche nnd Spanien kein Asslieferungsvertrag bestehe, ist falsch, da rin solcher unterm 2. Mai 1873 geschlossen ist. Wrnn die genannten Personen sich daher wirklich nach Spanien gezüchtet habeik, so kan» man ihrer dort habhaft werden.
Im tyrolischen Landtage z» Jnsbruck wurde ar.r 14. Juni eins Erklärung der drei Bischöfe von Trient, Brixen nnd Salzburg verlesen, worin dieselben gegen die vollzogene Bildung von zwei evangelischen Psarr- gemeindsn protestiren, weil sie widsr den Willen und nute? Verletzung de? heiligsten Gefühle des Tyroler Vorkss erfolgt fei. Sie ersuchen gleichzeitig um Ausnahme ihrer Erklärung im Protokolle des Landtages.
Belgien.
Zn Belgien haben mit der am 15. Juni stattgehadte-r Eröffnung der nationalen Ausstellung dis Festlichkeiten ihren Anfang ge.wmmes. welche
da» Land i« diesem Jahr anläßlich de» 50jähr. Jubiläums seiner Unabhängigkeit feiert. I« Deutschl-'nd, wo die freundschaftlichen Beziehungen zu dem Nachbarstaat« stets aus's Eifrigste gepflegt worden find, darf di« that kräftige, ihre Stellung in der europäischen Völkerfamilie mit berechtigtem Selbstbewußtsei» hütende belgische Nation der innigsten Sympathien und aufrichtigste» Segenswünsche gewiß sein. Ist doch im Laufe der letzte» Jahre in Beltzien immer mehr die Überzeugung durchgsdnmgen, daß diese» Land, wie seise Interesse.« im Wesentlichen «it denjenigen Deutschland» zusammenfallen, stet» gewiß sei» darf, in letzterem einen zuverlässigen Nachbar zu besitzen. Die Nat. Ztg. hebt hervor, daß die nahen Beziehungen, ru welche Belgier: zu dem ostr. Kaiserhaus! durch die Vermählung der Prinzessin Stephanie mit dem Kronprinzen Rudolf zu trete» im Begriffs ist, Gewähr leisten, baß velgien seine s» 4. Oktober 1830 proklamirte Unabhängigkeit a«ch in Zukunft voll und ganz zu wahres im Stande sei» werde. Nicht minder verbürg« die Energie aller liberalen Elemente d§» Lande«, daß die Staatsgewalt aus dem gegenwärtig gegen die klerikale» Anmaßung en gefüh rten Kulturk ampfs siegr eich hervorgrhen werde. _
TageZ-NltmLgkeiteir.
— Stuttgart, 18. Jnni. Gestern Vormittag wurde auf dem hiesige» Lahrchof ein russischer „HaudUsmann^verhasttt. welcher einer nach Frankfurt a./M. abnisrnden Frau aus ihrer äußeren Tasche ein Portemonnaie entwendet hatte. Derselbe machte diesmal keinen ergiebige» Griff, weil dis Frau außer zwsi Fahrbilleten nur mit wenig Geld versehen war. Bei seiner Ergreifung war er gerade noch mit der Vertäuung der Billetts beschäftigt. Er kommt von München und OberamMergav her und reist Allem nach auf Tsschendisberei, jedenfalls als Nebeuartikel. Mit ihm wurde ein anderer junger Mensch als mitverdächtig festgsnommen.
— Göppingen, 17. Juni. Ein junges Mädchen vou vielleicht 20 Jahren, wie man hört, in Bad Voll schon einige Tage vermißt, wollte sich in der Nähr des Schlachthauses vom Schnellzug Nr. 15 überfahren lassen, jedenfalls in einem Anfall von Irrsinn. Die Unglückliche wurde (vis das kam, ist noch unaufgellärt) sou der Lokomotive erfaßt, eine Strecke wert geschleppt und dann über den Lamm geworfe»; sie ist au der Brust und dem Kops schwer verwundet und wurde noch lebend in das Kranksn- hans verbracht. Das Zugspersorrsl sah vs» dem Vorgang nichts; erst auf dem Bahnhofe hier entdeckte man beim Schmieren der Lokomotive a» derselben hängend« Kleidungsstücke des unglückliche» Mädchens.
— Nerseheim, 17. Juni. Diesen Vormittag erschien vor dem hiesigen Amtsgericht der fürstlich Thurn und Taxis'fche Korstwart Schweinls
Feuilleton»
Die Strafe dex Nmeeue,
Crimiualgeschichte von Z. D. H. Trmme.
(Fortsetzung.)
Anna wollte wohl mit einem Gemeinplätze gegen dis Männer Md SN, z« denen in einem solchen Falle auch ein unerfahrenes Mrdchenherz von sechzehn Jahren sich schon berechtigt hält.
„JungferI" rief eine übermüthig befehleude Stimme durch die Thür gegenüber.
Es war die Stimme der Neuvermählten.
Dir Wirthstochter wollte zu ihr eilen.
„Noch ein Wort, Mamsell", hielt dis Baronin sie zurück.
.Was wird denn nun mit der Braut m der preußische» Hsimath werden?"
„Man solle sie Mausen, wen» sie sich meldet, hatte' die junge Frau gesagt. Sie gehe mit ihrem Mann auf Reisen."
Anna wollte gehen. Sie wurde noch einmal sufgehalten.
Der Baron hatte plötzlich einen Gedanken und in demselben Augenblicke eine« Entschluß.
„Mamsell," sagte er, „man kan» doch auch in brr Nacht Extrapost bekommen?"
„Gewiß", antwortete Anna, „zu jeder Stunde."
Die Baronin sah ihre» Man« überrascht, erwartungsvoll an.
Der Baron fuhr fort: „So bestellen Sie dis Pferde für uns, daß präzis« in einer Stunde angespannt ist."
»Sehr Avhl", sagte Anna.
„Was ist ihm eingefallen?" fragte sich die Baronin.
Anna ging.
.War hast D» vor?' fragte die Baronin ihre» Mann.
.Schnell sn's.Werkl" erwiderte er. „Du wirst es sehen."
Sr kehrte in 8i« Stube des Fräuleins zurück.
Sie lag noch in ihrem liefen, festen Schlafe.
unsex
Ihre Gssichtsztzgs harten wieder ihren vollen schönen Ausdruck Eine
stille Traner lag darüber au«gebreitet.
„Ms schön sie ist! sagte dis Baronin. .Die Arme!"
Sie warm Beide an da» Bett der Schlafenden getreten.
„Du Haft wohl Mitleid mit ihr?" sagte höhnisch der Baron Dre Frau antwortete ihm nicht.
.Fassen wir an", sagte er.
Er war on den schweren Koffer des Fräuleins zetreien.
„Der Koffer geht mit uns", sagte er; „tragen wir ihn in Zimmer."
„Und sie?" sagte die Frau, ans die Schlafende zeigend. Wo bleibt
sie?"
„Ich weiß es noch nicht."
S;s trüge» den Koffer in ihr Zimmer.
.Jetzt weiter."
Sie kehrten in die Stube des Fräuleins zurück.
Sie traten wieder an das Bett der Schlafenden.
Der Baron zog seine Schvur hervor, die er schon vorhin zu sich gesteckt hatte.
.Halte ihr den Kopf!" sagte er zu seiner Frau,
Die Varonm beugte sich zn der Schlafenden nieder, um ihr den Kopf zn halten.
Das augenblicklich in dem Innern der Frau erwachte Mitleid war schnell genug aus der Brust der Mörderm wieder verschwunden.
Der Baron beugte sich »eben seiner Frau über dis Schlafende.
Er wollte die Schnur ««legen.
Auf einmal wurde die Schlafende unruhig.
Wen» ein Schlafender scharf und starr angesehen wird, so sieht man unter den geschlossenen Lidern die Pupillen sich hin und her bewegen. E» ist, als wenn die Schärfe und Strenge des Blickes auch die geschloffenen Augen treffe, verletze. Hatte der furchtbare Blick der beide« Mörder die Unglückliche getroffen? Trotz des Schlaftrunkes? »
Von den beiden Mördern hatte sie noch keiner angerührt.
.Teufel!" fluchte der Barön; „sie hat zu wenig getrunken!"
Er sprach es leise. (Forts, flgt.)