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der Streikenden ist nicht mehr eine so ruhige alSt bisher. Man hat eine Truppenabtheilung nach Armentieres (wo sich 10,000 Strikende befinden) schicken müssen auf die Nachricht, daß Brandstiftungen zu befürchten seien, und in Roubaix hat gestern Abend ein Auflauf stattgefunden, den ein von Lille deschiedeneS Kavallerieregiment nur mit Mühe zu zerstreuen vermochte.

Schweiz.

Am 22. Okt. 1876 hielten die liberalen Schützen der Bezirks Mendrisio, Kanton Tesfin, in dem das Jahr zuvor bei den Großrathswahlen die Ultra- montanen den Sieg davon getragen hatten und deßhalb mit den Liberalen auf sehr -gespanntem Fuße lebte» in Stabio ein Schützenfest, Mittags zwi schen 12 und 1 Uhr ging einer der Ultramontanen. Catenazzi mit seinem Vetterligewehr. an einem Cafe des Orts vorüber, tn welchem liberale Schützen saßen. Zwei vom diesen gingen dem Catenazzi nach und wurde einer der­selbe», Pedroni, nach den Zeugenaussagen, durch einen Schuß von Catenazzi nicdergestreckt. Catenazzi flüchtete sich in das Haus Ginella, das sofort von den Liberalen umstellt wurde, um den Mörder nicht entkommen zu lassen. Dabei fielen Schüsse aus dem Hause und gegen das Haus und er wursen im Hause der Büchsenmacher Giorgetti und von den Belagerern Cattaneo und Morest getödtet und Moderrn schwer verwundet. Oberst Mola, der Führer der Liberalen, hielt diese von weiterem Blutvergießen ab, wofür ihm später vom cidgeaöss. Kommissär die Anerkennung Namens der Eidgenossen­schaft ausgesprochen wurde. Zwei volle Jahre ruhte die gerichtliche Unter­suchung dieser Vorgänge. Als aber der Staaksrath inzwischen fast vollstän­dig mit Ultramontanen besetzt war, wurde der Prozeß'wegen Mords an Gior- getti gegen Oberst Mola und seine liberalen Genossen wieder ausgenommen. Neben diesen saß aber auch Catenazü als der einzige Ultramontans auf der Anklagebank, während die Mörder der beiden Liberalen als Zeugen ge­laden waren. Der Präsident des Schwurgerichts und der Staatsanwalt waren ultramontan, ebe«so die Mehrzahl der Geschwornen und so wurde gegen die liberalen Advokaten, sowie gegen die Sachverständigen und Zeugen -Terrorismus ausgeübt, der ohne Gleichen-im öffentlichen Gerichtsverfahren ist und von der Presse auch chte schärfste Verurteilung erfahren hat. Die Verbandiuugen vor dem Geschwornengericht, die mehrere Monate dauerten, da über 200 Zeugen gehört wurden, haben die größte Aufregung der Ge- wüther in der garneu Schweiz hervorgenifen, so daß sich die Bundesbebörds schließlich verenlaßt sah, eine s-arke Militärmacht ins Tessin abzuschicken. Am 14. Mat endlich wurde das Unheil gefällt und wurden sämmtliche Angeklagte, also auch Cottenazzi, freigesprochen.

Stabio, 15. Mai. Gestern sandte ich die Depesche inBetreff der Frie- sprechuug sämmtlicher Angeklagten. Niemand erwartete eine so schnelle Lösung. Reipmi endete seine Rede um -0 Uhr. Rosst verlas dis 35 Fragen, die ge­stellt waren, der Präsident richtete eins kurze Ermahnung an die Geschworene«, vor 11 Uhr zogen sich dieselben in der? Berathungssaal zurück, um 2 Uhr wurde der Wahrspruch verlesen. Der Platz vor der Kirche war von einer Kompagnie Rsgierungssoldat-n besetzt. Man sagt, es seien den zwei konser- vativen Geschworenen, deren Entscheid die Freisprechung herbeigesührt habe, bittere Vorwürfe gemacht worden Der Präfekt Ginella zeigte große Be­stürzung und erwartete nicht einmal das Ende der Verlesung des Wahrspruchs ab. Mola und Genossen wurden von den Delegieren des Bundesrathss be­glückwünscht und von dem zahlreichen Volke, das aus Genestrerio, Coldrerio und Mendrisio gekommen war. mir Begeisterung empfang»» und mit Fahnen und Musik nach Mendrisio geführt, wo eine große Kundgebung stattfand. Ein Zug, mit Nationalrathrpräsident Künzli, Tsgnt, Tardelli an der Spitze, dann die drei Kompagnien Bundestruppen erwarteten die Freigesprochenen am Bahnhof. Der Advokat Stoppani -aukte den Eidgenossen, die so viel zur Freisprechung ^ola's und Genossen beigetragen.

Italic n.

Nom. 17. Mai. Es sind bis jetzt die Ergebnisse von 420 Wahlen be­kannt. Die Linke hat 210 Sitze und Antheil an 70 Stichwahlen, die Rechte 80 Sitze und Antheil an 50 Stichwahlen. Bisher hat die Rechts also etwa 2o Plätze gewonnen. Der Verlust trifft mehr die Koalition als die Ministe­riellen. Die Kammer wird im allgemeinen der früheren sehr ähnlich sein, nur ein wenig gemäßigter.

Amerika

New-Dort, 14. Mai. Wcgen Zuwiderhandelns gegen das die Zahl der Schifftpnssagiere feststellende Gesetz ist gegen die Kapitäne von folgenden Dampfer» Haftbefehl erlassen: Suevia, Amsterdam, Mosel, Viking, Rhein, Baltimore, Hohenstaufen, Ohio, Belgenland, Helvetius (?), Herder, Celtic, Devonia und City of Richmond. Der Kapitän des Rheins ist bereits ver- haflet; de» übrigen soll dies sofort nach ihrer Ankunft widerfahren.

Tagesordnung

des K. Amtsgerichts Calw in den öffentlichen Verhandlungen.

I. am Donnerstag, den 20. Mai 1880, Vormittags 8 Uhr:

Rechtssache zwischen

1) Matthäus DittuS, Schneider in Neuhengstett Kl. und Jakob Talmon Gros, Bauern daselbst Bek!., Benützung eines gemeinschaftliche» EigcnthumS betr.

2) Magdalena Harr, Weberö-Wittwe in Neuweiler KIrin. und Friedrich Schanz. Holz­hauer daselbst, Bekl., Leibgeding belr.

ll. am Freitag, den 2t. Mai, Vormittags 9 Uhr:

1) Friedrich Echwämmle, Bäcker in Calw KI. und Fr. Märkte, Bauunternehmer in Hirsau Bek!., Ansprüche aus einem Pachtvertrag betr.

2) Werner und Langenberg in Halle a. d. Saale Kl. und Fr. Köhler zun. Seifensieder in Calw, Bekl., Waarenforderung betr.

3) Georg uns Friedrich Rentier, Maurer von Altbulach Kl. und Eberhard Ohngemach, Schreiner in Ncubulach Bekl., Forderung aus Werkverdingnng betr.

4) Johanne« Belsch, Sattler in Aithcngstelt Kl. und Bahnwärter Rembold in Calw, Bekl., Verdienst-Forderung betr.

5) Christian Schnaufer, Viehhändler in Unterjeltingen Kl. und Gottlob Hölderlin, Hirschwirth in Deckcnpfronn Vckl., Mandats-Vertrag betr.

6) Heinrich Ayasse in N-uhengstett Kl. und Jakob Weil, Todtengräber in Ottenbronn Bekl., Kaufschillings-Fordernng betr.

7) Ferdinand Eble Engel- in Wcilderstadt Kl. und Friedrich Döttling, Händler in Ottenbronn ct ekl, Darlehens-Forderung betr.

8) I. Brenner, Schlosser in Calw Kl. und W. Bernhardt, Bierbrauer in Calw Bekl. Forderung für gelieferte Arbeit betr. (Beweis-Aufnahme).

9) Rechtssache zwischen Elisabeths Katharina Fuchs und Gen. von Ottenbronn Kl, und Johann DittuS. Schneider von da Bekl., Ansprüche au« unehelicher Schwän­gerung betr. (Eidesabnahme).

10)_Verkündigung des Prioritätsurtheils und der Verweisung in der Gantsache des Ehr. _ Oelschläqer, Spinne rcibesitzers in Hirsau.

Tages Neuigkeiten. 7

Ealw, 16. Mai. Das am 14. Mat im letzten Termins zum Verkauf gekommene Anwesen von Haug und Widmavn im Teinachthale ist um die Summe von 32,750 «iL an Herrn Ingenieur Vaihinger aus Stuttgart überge, gangen und wird voraussichtlich eine theilweiseveränderte Bestimmung erhalten.

Ca iw. 19. Mai Als ein Beweis, wie stark der Zufluß von Fremden in unserer Stadt am Pfingstmontag gewesen, mag die zuverlässige Mitthei- lung galten, daß mit den Abendzügen nach 3.Richtungen hin 2750 Passagiere befördert worden find. Trotz dieses für unsere Verhältnisse kolossalen An­drangs ging die Beförderung ohne den geringsten Unfall, aber auch ohne irgendwelche Verspätung von Statten.

Calw, 19. Mai. Vom herrlichsten Pfingstwstter begünstigt, verlief der IV. Delegirtentag des württ. Kri-gerbundeS, der- unserer vielgerühmten Schwsrzwaldstadt eine Menge von Gästen brachte, wie sie kaum früher bei anderen festlichen Veranlassungen, selbst nicht am Tage unserer Bahneröffnnng hier gesehen wurde. Schon am Sonntag kamen viele Vereine und kam ins­besondere auch der Ehrenpräsident des Bundes, Se. Hoheit der Prinz Hermann zu Sachsen-W-imar, empfangen von den Bezirks- und Stadtbshörden und in die Stadt eingesührt von Hrn. Commerzisnrath Jul. Stälin, bei dem er Wohnung genommen. Der Abend vereinigte schon eins große Menge m Dreiß'schm Saale zu einem Bank-tt, bei dem auch Se. Hoheit der Prinz erschien, mit lautem Hurrah empfangen und begrüßt von dem Vorstande des hiesigen Veteran-n-Lereins, Hrn. Eberhardt. Dis eigentliche Festrede hielt sodann Hr. Paul Zilling, der in warmen patriotischen, von poetischem Schw nge angehauchten Worten ein Hoch ausbrachte auf vsn Württ. Kriezerbund, das der Prinz sodann erwied?rte mit Dankesworten für die ihm durch Hrn. Eber- - Hardt entgegengebrachtL Huldigung und für die schönen patriotischen Worte des Hrn. Zilling. Sein Name sei seit 2 Jahren mit dem württ. Kr-eger- bund enge verwachsen, seit er die Ehre habe, an seiner Spitze zu stehen; er werde demselben aber- auch seine Kräfte leihe», solange derselbe ihm das Ver­trauen schenke und solange die politischen Anschauungen des Vereins mit den seinigen übereinstimmen. Sein Hoch galt dem Veteranen-Verein von Calw. Abwechselnd mit den Vorträgen unserer Stadtmusik, die sich an diesem Abend viel verdienten Beifall errang, toastirte dann noch U-ngeldScomunssär Wie.and mit bekannter, von Begeisterung getragener Meisterschaft auf das große ge­einigte -deutsche Vaterland und in demselben unser geliebtes Württemberg, und Dr. Eberh. Müller, der dis Hörer in das Urgermanenthum zurückführte, dabei - die schöne Sitte der Maiseste pries, die schon die alten Germanen in Wehr und Waffen zusammen geführt habe, und in rasch wechselnden Bildern die wechselvolle Geschichte des deutsche« Volkes an der lauschenden Menge vorüberführte, trank unter lautem Beifall auf den Lebensmuth und die Volkskratt der Germanen. Als der Prinz um 10 Uhr, vom Hurrah der Krieger begleitet, den Saal verlassen, leerten sich rasch die überfüllten Raume, während sich noch bis zu später Stunde die einzelnen Quartiere füllten. (Schl. f.)

Gechingen. Ein hier in Diensten stehendes Mädchen wollte ihre

Angehörigen am Pfingstfest i« Gültlingen besuchen, ging Mittags 11 Uhr hier sott und wurde 2 Kilom. vom Ort vo» einem aus dem Walde heraus­geschlichenen Strolchen hinterrücks angesalle«, zu Boden geworfen und in den Wald geschleppt. Auf die Hilferufe kam niemand und bat das Mädchen unter der heftigsten Gegenwehr, er möchte, sie doch gehen lassen, sie wolle ihm ihr Geld geben. Es gelang ihr die Straße wieder zu erreichen und hier for ­derte der Bursche ihr Geld, suchte ihr das Geldbüchschen mit Gewalt heraus- mreißen und hat so 1 50 L bekommen, worauf er sich wieder in den

Wald zurückzog. Er soll sonntäglich gekleidet gewesen sein und nicht dem Stromerstande angehört haben.

Heute entschlief der letzte Veteran aus den Befreiungskriegen friedlich Brenner 87 Jshxe alt, Inhaber der großen silbernen Medaille, die er sich in der Schlacht bei Jüterbog errvorbe». Er war bis in sein hohes Atter ge­sund und thätig in seinem Beruf. An einem würdigen Letchendegängurß wird es der Veteranen-Verein und die Bürgerschaft nicht fehlen lassen.

In Nürnberg ist ein zweijähriger Junge, der von einem Haushahn

in die Schläfengegend gebissen worden war, nach wenigen Tagen am Starr­krampf gestorben. ,

Stuttgart, 15. Mai. Der Spediteur Hans Moser hatte drs werth-

volle Einrichtung des Malers Zorn, welcher einige Zeit hier wohnte, M ! Aufbewahrung erhalten und hievon den größten Theil um ca. 1200-,1b (nach einer anderen uns zugekomwenen Nachricht handelt es sich um eine bedeutend höhere Summe) in der städtischen Leihanstalt versetzt. Als der Diener des Eiaeuthümers in dessen Auftrag vor einigen Tagen nach den Möbeln sehen sollte, war Moser angeblich verreist, auch der Schlüssel zu dem Magazin, welchem die Möbel ausbewahrt waren, verlegt. De« D«ner fiel dies nalur lich auf und er machte Anzeige auf dem Stadtpolizemmt. worauf vze ttier Haftung Moser's erfolgte. Der Goldwaarensabrrkant Gottlteb Faas m Pforzheim begab sich in diesem Frühjahr mit seinem ga"^n Waareniager im Werthe vo» ca. 20,000 auf die Leipziger Messe, kehrte °b-r nich mehr zurück. Da er in seinen Vermögensverhältnissen schlecht stand, so M dies seinen zahlreichen Gläubigern auf und siemachlendle ^ttaa.s

«mwaltschaft. Diese erfuhr, daß Faas sich nach Hannover begeben hatte, und bewirkte auch daselbst dessen Verhaftung. F-°« konnte ader zuvor noch sene Maaren seinem Sohne Ernst, den er nach Hannover bnefl>cy kommen ließ, übergeben. Ernst Faa« reiste mit dem Waarenkoffer zu seinem Onkel Martin Raas nach Stuttgart und übergab diesem die Maaren zur Aufbewahrung. Da dieser der Sache nicht traute, so ließ er den Koffer durch seine Schw - gerin Johanne Wolf zu einem hiesigen Wirth tragen, welcher ihn tu V Währung nahm. Die Staatsanwaltschaft in Pf°r,hnM bekam Wrnd daß der Koffer hieher verbracht worden war, und beantragte Haussuchung bei Marti

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