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(Eiugrsendet.)

Dt« Ktzte W»chr»bl«kt rnitzslt eium Wahlvorschlag, der offenbar vo» einer mit de» Verhältniffen imbrkaouten Seite kommt, und deßhalb «ine Berichtigung erlfbLdert. D«m der Einsender scheint nicht z« wffsrv, daß Hr. G. Fr. Wagner gesetzlich nicht wählbar ist, weil srio Schwager, Hr. W. Wagner, schon im Gemeinderath ist, älnb Hr. Stadtwerkmeister Kümmerte kann zwar nicht wegen Bertbts durch ein Gesetz, sondern aus allgemeinen Gründen nicht gewählt werden, weil er städtischer Beamter ist. und diese, wie z. G. auch der Stadtpfleger unter der Cvntrvle de» Gemeinderaths stehen. Solche unpraktische Borschläge sollten lieber unterbleiben._

(Eingesendei.)

Die .Norddeutsche Allgemeine Zeitung" bringt in der Abendaus­gabe der Nr. 490 eine merkwürdige Prophezeiung, die auch in viele andere Blätter, z. v. da« Stuttg. N. Tagbl. Vbergegangrn ist. Seit Beginn drr christlichen Zeürechuurig hatten nämlich die Periheuen (Erscheinungen in der Nähe drr Sonne) der vier großen Planeten des Eonnrsstzstrms, Jupiter, Uranus, Saturn und Neptun nicht wehr gleichzeitig stattgrfundrn. Da« ereigne sich aber in der Zeit von 1880 bis 1885 und erschreckliche Plagen, wie sie seit 2000 Jahren kaum dagewesen, werden uns arme Erdenbewotzner treffen. Im 6tcn und 16ten Jahrhundert nach Christus seien in Folge der gleichzeitigen Sonnennähe dieser Planeten die größten und verheerendsten Pestepi­demien aufgetreten und doch seien damals immer nur 3 dieser Planeten in die Sonnennähe gekommen, «ährend diesmal noch ein vierter Bösewicht auf un« losgrlaffm werden soll.

Nun wissen wir aber, daß der Planet Uranus erst seit 13. März 1781 und Neptun gar erst seit 23. Septbr. 1846 für uns Menschen rxistirt, denn vorher hatte man keine Teleskope, um die 396, bezieh­ungsweise 620 Millionen geographische Meilen von der Sonne ent­fernten Himmelskörper zu entdecken.

Wir können nur wünschen, daß es den Lesern solchen Schwindels nicht allzu sehr grusele, und daß sie sich dabei des Sprichworts er- iunern, mit dem wenigstens das N. Tagbl. diese Sensationsnachricht hegleit et:Bange machen gi lt nicht." __

Bietigheim, 20. Nov. Die Bahnstrecke Bietigheim-

Backnang wird ohne Zweifel im Anfang des nächsten Monats dem öffentlichen Verkehr übergeben werden. Bor einigen Tagen wurde auf derselben eine Probefahrt mit drei Lokomotiven und einem Personen­wagen ausgeführt, welche ganz günstig ausgefallen sein soll.

Bon der Jagst, 19. Nov. Aus dem fränkischen Württem­berg und dem angrenzenden Bayern sind jüngst einige Familien, meist einer besonderen religiösen Ansicht huldigend, nach dem Kaukasus gezogen, um sich in der Nähe von Staveropol anzusiedel». Einzelne Glieder der Auswanderer zählen unter 20 Jahren, andere bis zu 60 Jahren. Ihren Weg nahmen sie via Crailsheim-Hof-Breslau, wo sie ihren Sammelplatz haben und von letzterer Stadt aus eine Karawane von ca. 200 Köpfen bilden. Es scheint, daß diese Aus. Wanderung systematisch betrieben wird. Uebr'genS dürste sich den neuesten Nachrichten aus dem Kaukasus zufolge das fernere Schicksal dieser Vatetlandsmüden nicht auf's Beste gestalten.

Mergentheim, 21. Nov. Die Biehpreise gehen immer noch zurück, was großentheils dem immer mehr sich einstellenden Futter. Mangel zuzuschreibc» ist. Daher find auch die Fleischpreise bedeutend gesunken und werden noch mehr herabgedrückt werden durch die immer stärker werdende Konkurrenz. In Mergentheim kostet ein Kilogramm Rindfleisch 80 in Merkelsheim 72, in WeikerSheim 7690, in Laudenbach 92 L. Hammelfleisch wird in Mergentheim verkauft zu 52 L per Kilogramm. Korn ist in den letzten vier Wochen um circa 30 Prozent in die Höhe gegangen und wird heute ein Zentner zu 10 verkauft. Aehnliche Steigerung erlitten auch die anderen Fruchtgattungen. Da da« Brod bisher schon theuer genug war, wird dasselbe, wie vorauszusehen ist, einen unverhältnißmäßigen Preis erreichen, so daß manche, in mittleren Verhältnissen lebende Familien in Noth gerathen werden.

Frankfurt, 20. Nov. Ein sich Rechtskonsulent nennendes Individuum, welches schon vielfach bestraft worden ist, wurde ver- haftet. Derselbe hat eine Menge Prozesse angenommen, sich Vor­schuß -eben lassen und den Leuten Urtheile mitgecheilt, die von den Gerichten deßhalb nicht ergangen sein konnten, weil er keine Klagen aogestellt hatte.

Frankfurt, 21. Nov. Vergangene Nacht wurde aus dem Keller de» im Bau befindlichen Hauses in der Töngesgaffe ein schwer verletzter Polizist Namens Leydecker, herausgezogen und ins Heilig­geistspital verbracht. Nach seiner Angabe will er von zwei vorüber- gehenden Burschen, während er am Haust stand, in den Keller gestoßen worden sein.

-- Offenbach, 17. Nov. Ein Sachsenhäuser Wirth ließ sich

von seinem Zapsjungen dir Offevbacher -Ziehungsliste de» ersten DagrS vorlrscn und fand, daß keines ftiner 10 Loose gewonnen hätte, weßhalh er so über sein Schicksal zürnend er wollte gerne eine schone Zimmereinrichtung Häven die Loose in- Feuer warf. Jetzt erst fand er in der zweiten Liste, daß seine Loose drei Preise gewvmtn haben und will er nun schier darob vergehen.

München, 20. Nov. Aus Paffau schreibt dieDontnr-Ztg.": Soweit die Nachrichten aus dem bay-riscren Walde reichen, hat der Schneestnrm dvih fürchterlich gehaust. An einzelnen Stellen waren die Straßen mit haushohem Schnee überwrht. Die Posten konnten ihren Bestimmungsort nicht erreichen und einzelne Fuhrwerke wagten es, quer über Held den AuSwcg zu suchen, mußten aber auch -alle unterwegs bleiben. Vvn den Telegraphenstangcn ragen stellen­weise nur die Glocken aus dem Boden, und bis an den Kamin eilige- schkeite Häuser gehören nicht zu den Seltenheit-». Bon dem Sturme wurde« auch Bäume entwurzelt und Tele graphrnstan gen umgcworsen, so daß auch diese Verbindung unt-rbrochen war. Schon mit Anbruch des gestrigen Tages wurden zur Freimachung der Bahn alle An­stalten getroffen und mau glaubt, daß der Verkehr heute wieder mög­lich sein wird.

München, 20. Nov. Abgevrdn-tenkammer. Der Antrag Schrls auf Einführung der Klassmlstterie zur Beseitigung des DeficUS im Flnanzctüt wird, nachdem derselbe vom Finanzministcr nachdrücklich bekämpft worden ist, mit großer Majorität abgelchnt; nur 12 Abge­ordnete stimmten für den Antrag.

Landau, 19. Noo. In der heute Nachmittag zum Zwicke der Wahl eines Bürgermeisters und der beide« Adjunkten abgehaltenen Stadtrachesitzung gaben sämmtliche Stadträthe folgende Erklärung ab:Die Unterzeichneten, zu Mitgliedern d:s Stadtraths von Landau erwählt, erklären hiermit, in Anbetracht der Schwierigkeiten, auS ihrer Mitte den Bürgermeister und die Adjunkten zu wählen, ihren Rücktritt von der Wahl." (Folgen die Unterschrift-n sämmtlicher Stadträlhe.

Aus Wattenscheid, 13. Nov. schreibt man dem klerikalen Wests. VotkSbl.: Nach einer Depesche vom Landtagsabg. v. Schor- lewer Alst ist die Petition hiesiger Bürgerschaft um Aushebung der höheren Simultanschule vom Minister v. Puttkamer im Sinne drr Petenten entschi-den. Großer Jubel in der Stadt!

Zwickau, 18. Nov. Als ein bezeichnendes Merkmal des in manchen gewerbetreibenden Gegenden herrschenden Nothstandes kann folgender Vorfall dienen. Vor kurzem erschien vor dem versammelten Gemeinderath zu Müisen St. Micheln, einem Wederdorfe von etwa 1800 Seelen, eine Deputation von Webern, welche erklärte, unter den jetzigen Verhältnissen weder Steuern zahlen, noch ihre Familien ernähren zu können, und dringend Arbeit oder Brod ver­langte. Der Gemeinderath mußte leider die Wahrheit dieser Erklärung vollständig anerkennen, und konnte den Abgesandten nur erwidern, daß Über die Nothlage des Ortes an die Vorgesetzte VerwaltungSbrhörde berichtet werden solle.

Hamburg. 21. Nov. Im Hause 21 d:r Wexstraße brach gestern Nachmittag durch eine Gasexplosion ein h-ftigeS Feuer aus. Zehn Personen werden vermißt, mehrere verkohlte Leichen sind bereits aufgefunden.

Posen, 19. Nov. Nach soeben eingcgangener Nachricht aus Warschau ist wiederum die Rinderpest in Stadt und Kreis Warschau heftig ausgebrochen. In der Alexander-Zitadeüe wurden 8, im Kreise Warschau auf Gut Scuzewicz 120 Stück Rmdvieh sofort getödtet. Im Kreise Sochaczewo grassict die Seuche eben­falls heftig.

AuS Eydtkuhnen, 16. Nov. wird berichtet: Trotz der scharfen Maßregeln an der Greiize wird der Schmuggel-Handel flott betrieben. So ist gestern wieder eine Schmuggler-Karawane mit Seidenwaaren in die Hände der Kosaken gefallen; nur der Hauptan­führer ist entwischt unter Zurücklassung feine« Pferdes; der Werth der Maaren beträgt über 250,000 Rubel, welche der Behörde iu die Hände gefallen sind. 5 Schlepper, welche ergriffen wurden, werden ihrer Strafe in Sibirien wohl entgegensetzen. Rußland gedenkt noch schärfere Maßregeln gegen dieses Gewerbe zu ergreifen.

Zürich, 14. November. Die Gesundheitskommission der Stadt Zürich hat iu 18 Spezeretlädm Pfeffer und Zimmet untersuchen lassen und in den allermeisten .Proben im Pfeffer Mehl, fremde pflanzliche und mineralische Bestandtheile und Sand, im Zimmet Getreidemehl, Mandelkleie» Eisen, Thon, Sand und Ziegelmehl (!) gefunden. Einzelne Krämer wurden, viel zu mild, gebüßt. Iu Zürich treiben Taschendiebe ihr Unwesen. Am meisten haben e» dieselben auf die Brieftaschen der Bauern und auf die Portemonnaie« der Frauen in ihren freilich den Diebstahl geradezu provozirendeu Seitentaschen abgesehen.

Redaktiou Druck uut> Beklag vo« S. Öelschläger i» Eal».