534
— Böblingen, 11. Nov. In der gestern abgehaltenen Haupt- Versammlung des GewerdrvereinS wurde eine Petition an die Direktion der VerkehrSanstalten beschlossen, in weicher u» Einführung eines Güterzuges mit Personenbeförderung gebeten wird, da von Morgens 8 Uhr bis Abends r/z5 Uhr keine Gelegenheit gegeben ist, nach Stuttgart zu kommen. Namentlich leidet der Briefverkehr schwer, da ein um 9 Uhr Morgens ausgegebener Brief erst am andern Morgen in Stuttgart ausgetragen wird. Daß auch für den Personenverkehr ein Bedürfniß besteht, über die Mittagszeit nach Stuttgart zu komme», beweisen die Omnibusfahrten, welche trotz der Bahn noch auSge. führt werden.
— Stuttgart, 12. Nov. Die Einweihung der zweiten katho- lischst» Kirche (Marienkirche) dahier hat am heutigen Vormittag den vom PrSgtüt»S, vokgezeichneten Verlauf genommen. Nachdem die von der katholischen Kirche für die Ktrchweihe vorgeschriebenen Akte und Cerwonien beendigt waren, begann der erste Gottesdienst, an welchem »eben einer zahlreichen Gemeinde Se. Majestät der König, Se. Kgl. Hoh. der Prinz Wilhelm, Ihre K. Hoh. die Prinzessin Auguste von Weimar mit ihrem hohen Gemahl, I. Kais. Hoh. die Herzogin/ Wera, ferner die obersten Hofchargen, sämmtliche Herren Staats- minister, die Generalität, die Mitglieder des geheimen Raths, Stände Mitglieder u. s. w. Theil nahmen. Auch eine große Anzahl hoher Beamter, die evang. Geistlichkeit, die bürgerlichen Kollegien der Stadt, zahlreiche Lehrer rc. hatten sich eingefunden. Die Festpredigt hielt der hochwürdigste Herr Bischof Dr. v. Hefele, nachdem er vorher unter Assistenz der Geistlichkeit die Konsecrotiousakte vorgenommen hotte.
— Stuttgart, 13. Nov. Der Ausschuß des Stuttgarter WirthsvrreinS hatte gestern Nachmittag eine Versammlung bei Herrn Franz Rauh einbcrufen. um über Abgabe einer Neußerung an den Gemeinderath, betr. ein Ortsstatut über die Erthcilong von Wirth« schastskoncessionen» zu berathen. Die Mehrzahl der lautgewordenen Stimmen erklärte sich gegen ein solches Statut, einerseits dexhaib, weil die Hauptkonkurrenz nicht die Wirthe unter sich bilden, sondern vielmehr der freizegebene Flaschenbierverkauf diese in ihren Interessen hauptsächlich schädigt, andererseits weil eine solche Beschränkung verschiedene üble Wirkungen haben könne, z. B. wenn ein Haus, mit dem eine Gastwirthschaft verbunden, vererbt oder verkauft wird u. dergl. Die versammelten Wirthe einigten sich deßhalb dahin, dem Gemeinderath eine Erklärung abzugeben, dahingehend, daß sie gegen die Einführung eines OrtSstatutS, die Beschränkung der Wirthschafts- konzessionen betreffend, seien.
— Oberndorf, 11. Nov. Bei dem in der Nähe von Billivgen- dorf im sog. Frohnwald abgehaltenen Treibjagen wurde der ebenfalls geladene Herr Hauptmann a. D. Lehr, Kgl. Kommissär bei der hiesigen Gewehrfabrik, von eine« Schützen angcschossen, so daß er auf de? Stelle zusammenbrach. Von den drei Schroten, welche ihn trafen, fitzt das eine im Fleische des Oberarms,- das andere im Oberschenkel, und das dritte in der Muskulatur des Kniegelenks, je aus der rechten Seite. Wenn nicht die Verletzung des Knie'» Schwierigkeiten dietet, dürste de? Wiederherstellung des Herrn Lehr bald ent- gegengesehen werden, was um so «ehr zu wünschen wäre, als der unglückliche Nimrod ein ehrenrverlher Bürger Rottweils ist, dem sein Ungeschick ohnehin theuer genug zu stehen kommen wird, und Herr Lehr sich allseitiger Beliebtheit erfreut.
— Tuttlingen, 11. Nov. Zn der Mühle zu Stetten an der Donau ist am Samstag Abend ein schweres Unglück geschehen. Während die Müllersleute am Nachtessen saßen, ertönte von der Mühle her da» Zeichen zum Frischaufschütten. Der Sohn de« Müllers, ein wackerer, wohlgesitteter Bursche von etwa 16 Jahren erhob sich» um das Aufschütten zu besorgen. Während damit beschäftigt war, sprang ein Mühlstein in Stücke und vrrstü^ sie den jungenMenschen gräßlich. Seine Verletzungen hatten den au^ a- blicklicheu Tod zur Folge. Ein Stück des zersprungenen Steins zertrümmerte die Thüre der Mühle und flog bis auf die Straße hinaus.
— Straßburg, 10. Nov. Das „Elf. Journ.* schreibt: Vor einigen Wochen nahm die Polizei bei einer gewissen Anzahl von Kaufleuten unserer Stabt verschiedene zu« Verkauf ausgestellte Artikel au« de« Grunde in Beschlag, weil dieselbe« mit vom Gesetz als aufrührerisch betrachteten Emblemen versehen seien. Eine erste Abteilung von sieben dieser Kaufleute erschien gestern vor der Strafkammer unsere« Landgerichts. Nach einem kurzen Vortrage der Nn- «älte vertagte das Gericht seinen Spruch auf chen 12. November Vormittags. — Am 19. November werden 19 andere Kaufleute au« ähnlichen Gründen vor der Strafkammer erscheinen.
— BreSlau, 8. Nov. Der Berliner Expreßzug Ast heute Nachmittag bei Bahnhof Gaffen entgleist. Die Bahn ist gesperrt. Ein Verlust an Menschenleben ist nicht zu beklagen.
— Wesel. 8. Nov. Hier kommen au» Holstein so viele fette Ochsen as, daß der Preis ganz gewaltig gedrückt wird. Da« fE Vieh kostet jetzt nicht mehr als im Frühjahr das magere.
— Berlin, 10. Nov. Viel wird in den preußische» Zeitungen gegenwärtig von der Summe von 23,900,000 ^ geredet, welche iu dem neuesten Staatshaushalt für 1880/81 dasjenige darstcllt, was Preußen aus dem Reich-Überschüsse aus den »«Neu indirekten Steuern und Zöllen nach Ansicht der preußischen Regierung zukommeu soll. Diese Summe vou nicht ganz 24 Millionen bleibt um, htnttr den gehegten Erwartungrn weit zurück, namentlich wenn man in Betracht zieht, daß aus die Mark hin derselbe Betrag der Matrikular- umlagen in den Etat eingestellt ist, wie voriges Jahr, nämlich 43 641735 vtk Die Blätter fragen: Wenn der RcichSrtat für 1880/81 bereits soweit fertig ist, daß daraus jener Voranschlag von 23,9 Will, entnommen werden kann, warum muß man sich bet den Matrikularbeiträgen mit dem Satz des laufenden Jahres behelfen? Man wird doch anmhmeu müssen, daß die Matrikuiarbeiträge für 1880/81 erheblich geringer sein werden, als diejenigen für 1879/80. Der Abg. Rickert sagte in der ersten Bersthung des Etats: „Heute ist eS ein Ding der Unmöglichkeit, den preußischen Etat zu verstehe», ohne den Reichsetat zu kennen. Der Reichsetat muß vor dem Landes- etat scstgestkllt werden, und ich kann die Regierung nur auffsrdern, dahin za wirken, daß der Reichstag wieder vor dem Landtage zuä sammentkitk'
— Berlin, 10. Noo. Die wirtschaftliche Lage eines großen Theils der Bevölkerung in einigen Kreisen Oberschlesiens erfordert seit dem letzten Sommer besondere Aufmerksamkeit und Fürsorge. Die Kreise Rybnik und Plcß sind von Ende Mai d. I. ab bis zur Ernte fast täglich von schweren, oft wolkenbruchartigen Regengüssen heimgesucht gewesen, welche bei der undurchlassendcn Beschaffenheit de« Bodens die Feld und Wiesenernte schwer geschädigt, sie Kartoffelernte fast vollständig vernichtet haben. In Folge dessen befindet sich der größte Theil der Bevölkerung dieser beiden Kreise in einer wirtschaftlichen Bedrängniß, welcher weder die selbst in ungünstiger Lage befindliche» Gemeinden, noch die Kreise in genügendem Maße werden begegnen können. In welchem Umfange der Staat, rn Gemeinschaft mit der Provinz, auch hier helfend wird cinzutreten haben, darüber finden noch nähere Ermittelungen statt. Inzwischen sind die nöthigeu Einleitungen getroffen, um durch Siraßenbautcn umfassende Arbeitsgelegenheit zu gewähren und einem etwa zu besorgenden Notstände vorzubeugev.
— Berlin, 11. Nov. Die „Köln. Ztg." schreibt über den Besuch des Grsßfürsten-Thronfolger in Wien und Berlin; „Der dop- peite Besuch in Wien und in Berlin ist von größerer Bedeutung, ai- wenn der Cäsarewitsch blss nach Berlin käme. Diesen Besuch allein könnte man ss deuten, als wenn der russische Hof nur seine Familien- beziehungen mit dem preußischen ungestört erhalte« wolle. Der Besuch in Wien und Berlin kann nicht ander« gedeutet werben, als daß Rußland sich entschlossen habe, dilS deutsch-österreichische Büudniß ohne Anstoß hinzunehmeu.
Aus Frankreich wird der „Times" geschrieben: In der Champagne hat sich seit 60 Jahren kem solches Unglück zugetrageo, wie in diesem Jahre. Nicht eine Fische Wem ist eingebrachk worden. Der Verlust ist für den großen Weinbauer furchtbar und beträgt für das ganze Departement 25 oder 30 Millionen Franc« nach oberflächlicher Schätzung. Die Traube ist nicht reif geworden und man hat sie nur abgepflückt, um Eindringlinge nicht zu veranlassen, die Weinberge zu betreten und dieselben zu schädigen. In 8er Champagne lagert augenblicklich ein Vorrath von 72 Millionen Flaschen, wovon 35—40 Millionen sich in den Händen der großen Firmen befinden. Der Rest ist zweifelhaften Ursprungs und außerhalb drS eigentlichen Champagner produzirenden Gebiets gewachsen. Der Export wirklichen Champagners beläuft sich auf 18—20 Millionen Flaschen per Jahr, so daß der augenblicklicve Vorrgth für 1880 und 1881 gerade reiche« wird. Sollte die Ernte des rEchften Jahrs ebenfalls mißrathen, so würden die Häuser, welche echte» Champagner verkaufen, gezwungen sein, um mich des Ausdrucks eines derselben zu bedienen, ihre Bude zu schließen. Der Preis ist jedoch noch nicht gestiegen.
London, 13. Nov. „Reuter meldet aus Malta, 12. Nov.: Admiral Hornby ertheilte seinem Geschwader die Ordre, sich bereit zu halte», um in vier Tagen ostwärts adzusegeln.
H opfenpreiszettel.
— Stuttgart, 10. No». (Hopfenmarkt.) Die Nachfrage war heute eine lebhafte, dir Eigner gäbe« aber nicht ab, da sie auf höhere Preise hielten; nur Wenige« wurde um 140—145 verkauft. Die Zufuhr in alten und neuen Hapfen war in vergangener Woche nicht bedeutend, wird sich aber bessern, sobald die Preise wieder anziehe», was z« erwarten ist.
Redaktion Druck uud Verlag von S. OelschlLger tu Sal».
(Hiezu Rro. 46 de- Unterhaltungsblatt-.)