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Aohlevberglente befindet, schon sehr häufig böswillige Freuet verübt wordm, baß der Wunsch nach schärferer Ueberwachung immer lauter sich geltend macht.
- 7 - Berlin, 3. November. Gestern Abend wollte die Frau eines hiesigen Rentiers einen Rinnstein in der Königgrätzerstraße überschreiten; dabei blieb sie mit dem Stiefelabsatz des rechten Fußes an dem Rande der die Gosse einfassenden Trottoirsteine hängen; sie stürzte vornüber auf den Straßendamm und fiel so heftig auf das Pflaster nieder, daß sie die Besinnung verlor und von einigen Vorübergehenden in eine herbeigerufene Droschke getragen werden mußte. Zu Hause fand der herbeigeholte Arzt Verletzungen an beiden Kniescheiben, die zu ernster Besorguiß Anlaß geben.
— Da« „Berliner Tageblatt* druckt vr. Sofka's Wetterprophe« zeiung für November au« Nr. 513 der D.-Z. ab und knüpft den Wunsch daran, daß der himmlische Wettermacher sich nicht an dieselbe kehre und sie vielmehr über den Haufen werfe, wie er die» mit den Wetterprophezeiungen i« Allgemeinen zu thun pflege. — Wir theilen den Wunsch nach besserem Wetter als dem prophezeite» vollständig, leider aber hat vr. Sofia für die erste Novemberwoche Recht behalten.
— Berlin, 5. Noo. Berlin scheint sich gegenüber der Adelina Patti recht gründlich blamiren zu wollen. Die Sängerin ist dort, wie das „Fremdenbiatt* mittheilt, Gegenstand der Aufmerksamkeit von einer Seite, wo ihr die« am wenigsten erwünscht ist, nämlich von Seiten der Bittsteller. Wer würde es für möglich halten, daß sie über 100 Briefe täglich bekommt? „Netten Sie mich,* schreibt der Eine, „und verkaufen sie eine einzige Stunde Schlackwurst in meinem Laden!* — „Sie find so reich*, schreibt eine Andere wörtlich „und wessen, was Liebe ist. Schenken Sie un« einige hundert Mark, dann können wir heirathsn und ewig dankbar sind Ihnen . .* Unzählige Fabrikanten bitten sie, irgend ein Erzeuguiß zu prüfen, zu benutzen, damit sie eS nach ihr taufen können. Wie beneidet wird jener Schmink» sabrikant, der ihren Namen al» Reklame für seine Fettschminke benutzen darf.
— Berlin, 5. November. De« preuß. Abg.Hause ist da« Kommunalsteuergcsetz zugegangen; dasselbe- gleicht fast überall dem im vorigen Jahr vorgelegten gleichnamigen Entwürfe und berücksichtigt an manchen Stellen die oarjährtgen Lommissionsbeschlüsse des Abg.» Hause«. Beibehalten ist u. a. wieder die Befreiung der Beamten von den Gemeiudeabgaben und die Heranziehung der Dienstgrundstücke der Geistlichen, Elementarschullehrer und Kirchendiener.
— Berlin, 6 . No». „Der Mop« ist verspeist und läßt grüßen* — so lautete vor einiger Zeit der Inhalt einer Postkarte, mit welcher dem Portier des Hauses Königgrätzerstraße 78 in Berlin mitgrtheilt wurde, daß ein dem daselbst wohnenden Prinzen Reuß XXIl. g estohlener Mops den Weg des Bratens gewandelt sei. Jener Mops hat inzwischen in d:r Hundewelt viele Leidensgefährten gefunden. In vielen Berliner Familien herrschte in neuer Zeit Trauer über das Verschwinden der Lieblingshunde. Je fetter der Teckel, je runder der Mops, desto größer erschien die Wahrscheinlichkeit seines Verschwindens, wenigsten« wurden fette Hunde in großer Zahl bei der Polizei als verloren gemeldet. Des Räthsels Lösung sollte nicht lauge auf sich warten lassen. Am 5. ds. erwischte man mehrere junge Strolche dabei, wie sie gerade einen besonders fetten Dachshund sich aneignete». Ihre Geständnisse ermöglichten es der Polizei, i« Ganzen sieben Burschen im Alter von 18 bis 20 Jahren dingfest zu machen, welche den Hundediebsiahl seit einiger Zeit systematisch betrieben. Besonders schöne Exemplare wurden nach außerhalb geschafft und verkauft» die andern geschlachtet und Fleisch und Fett verwerthet. Der zuletzt gestohlene Hund befand sich am 5. d». gewissermaßen al« „Zeuge* im Gewahrsam der Kriminalpolizei. In lautem Bellen jauchzte er seinen Dank dafür aus, der «»freiwilligen Berwandeluvg in einen Sonntagsbraten noch glücklich entgangen zu sein.
— Berlin, 7. Nov. Seitens der preußischen Finanzverwaltung wird» nachdem der Gesetzentwurf über die Verwendung der dem Staat aus Reichssteuer» zufließendeu Ueberschüsse dem Abgeordneten- Hause zugegangeu, uun demnächst auch der Entwurf über die Schank- steaer, sowie der Entwurf über die Besteuerung der Waoderlager eiugebracht werden. Bekanntlich haben diese beides Gesetze die gemeinsame Bestimmung, daß die durch sie erzielten Einnahmen den Gemeinden überwiesen werden sollen.
— St. Blasien, 4. Nov. In der hiesigen Kirche geschah vergangene Woche ein gräßliches Unglück. Der vicrundzwanzigjährtge Emil Thoma von Rrnoldbach fiel von der obere» Gallerie der Kirche auf den Steinboden herunter und blieb sofort todt.
— Basel, 4. Nov. Da« Centrum de» Gotthard Tunnels ist erreicht! Am 31. Oktober, Morgens 8 Uhr 15 Minute» hat der nördliche Bohrer seine Hälfte von 7460 Metern überwältigt. Die in vielen schweizerischen Zeitungen kurstrenden Gerüchte, daß auf den
Steixckti«! Druck und Verlag von S.
1. Januar da« Zusammentreffen beider Richtstillen ermöglicht sei, beruhen aus falsche» Hypothesen. Da« Zusammentreffen wird im günstigsten Falle Ende Januar, wahrscheinlicher erst Anfang Februar 1880 erfolgen. Am letzten Samstag Abend war noch ein GebirgS. kern von 717 Metern zu bewältigen, rechnet man 50 Meter auf die Woche, so ist die gänzliche Durchbohrung im lauftnden Jahre nicht mehr möglich.
London, 5. November. Der Bischof von Manchester hat angeorduet» daß am 13. Nov. in der Kathedrale von Manchester ein Buß- und Bettag zur Abwehr des nationalen Lasters der Unmäßigkeit begangen werde.
8 »ndon, 6 . Nov. De» Reuter'schen Bureau wird au« Koostantinopel vom 6 . gemeldet: Da der türkische Botschafter in London dem Marquis von Salisbury die Ausführung der von Eng. land geforderten Reformen zugesicherl hat, so hat da- nach Burla entsandte englische Geschwader Gegenbefehl erhalten und wird in Malta bleiben. Die Pforte ist bereits mit Berathuag der dem- nächstigeu Ausführung der Reformen beschäftigt.
London, 6 . November. Bezüglich der afghanischen Frage sollen, wie in Londoner politischen Kreisen verlautet, Spaltungen im Kabinet existireu. Ein Theil der Minister, an deren Spitze der Premier steht, soll eine Annexion des Lande« begünstigen, während der andere Theil darauf dringt, daß die indische Regierung den künftige» Emir wähle und durch die Besetzung militärischer Posten in Afghani» stan ein britisches Protektorat hrrstelle. — In einer Rede, welche der frühere Minister Lowe neulich in Gcamham gehalten, theilte er seinen Zuhörern mtt, daß die Summe von sOOO Pfd. St.» welche dem britischen Museum jährlich zum Ankauf von Büchern votirt wurde, behufs Bestreitung der Kosten des afghanische^ «Kd anderer Kriege der Anstatt entzogen worden ist. Der Umstand, daß Lowe einer der Kuratoren de« britischen Museums ist, bürgt für die Ge> vauizkeil der Mitiheilung.
Vermischtes.
Ein junger Ehemann aus Leipzig, welcher mit seiner AuSer- wählten sich auf der Hochzeitsreise befindet, har bei der Vorüberfahrt am Lorcleyfelsen einen B-llerschuß, wie sie dort des Echo^s wegen abgefeuert werden, sehr theuer bezahlen müssen. Als nämlich der Schuß krachte, fiel die junge Frau in Ohnmacht und zwar in eint auf dem Verdecke des Schiffes neben ihr stehende Kiepe mit Heidelbeeren. Dieser Unfall kostete ihrem Gatte« 7 M. 20 Pfg. für die zerquetschten Beeren, 90 M. für das gänzlich verdorbene Kleid, 4 M. für ein Paar gelbe Handschuhe, 50 M. für eine Pariser Spttzentasche mit darauf gesticktem kleinen Amor» 8 M. 50 Pfg. für Wiederherstellung des Paletots und 20 M. für einen neuen Hut, indem der alle von dem zur Rettung herbeieitendeu Besitzer der Heidelbeeren zertreten wurde. Der Schuß kostete den Neuvermählten demnach 179 M. 70 Pfg. und als Zugabe hatte er auch noch den Schreck.
Zum Kapitel der Dankbarkeit. Einem Berliner Blatt geht von einem Arzte eine heitere Schilderung zu. „Vor mehr als zwei Jahren, so schreibt derselbe, wurde Nachts um 1 Uhr an meiner Klingel gerissen und polternd kommen in meine Wohnung zwei angetrunkene Herren, die einen vollständig betrunkenen Postassistenten führten und mich baten, demselben den Oberarm zu reponiren, den er sich durch einen Fall ausgerenkt hatte — bei einem Betrunkenen ohne Assistenz immerhin keine angenehme Aufgabe. Ich reponirte de« Arm und erlaubte mir nach einem Jahre eine Rechnung einzusesden, nach l'/s und 2 Jahren wieder, und da ich durchaus keine Antwort er« hielt, ließ ich vor 6 Wochen unter Ander» auch an diesen Herrn schreiben: wenn er jetzt nicht zahle, sei ich gezwungen, zu klagen. Nun erhalte ich jetzt von dem inzwischen versetzten Herrn ein Schreiben, welches an Unverfrorenheit jedenfalls seine« Gleichen sucht. Besagter Herr schreibt wörtlich: „Nach einem längeren Kranksein bin ich erst heute in die Lage gesetzt, ein in Ihrem Aufträge an mich gerichtetes Schreiben, vom vorigen Monat datirt, beantworten zu können. Die darin ausgesprochene Drohung befremdet mich sehr; doch würde fit, fall» sie wirklich zum Austrage käme, Ihnen von wenigem Nutze» sein, da ich nicht unterlassen würde, sofort Widerspruch zu erheben. Seinerzeit hatte ich Ihnen keinen Auftrag gegeben, mich z« behandeln f derselbe ist vielmehr von denjenigen Herren ausgegangen, die mich am bewußten Abende zu Ihne» gebracht haben und die Sie eventuell belangen können * — Wir sind gespannt auf den Ausfall heS ProzeffeS. EinS aber steht fest: Wenn die Entscheidung nicht einem preußischen Gerichtshöfe, sondern einem morgenländischen Kadi unterbreitet würde, so würde sie laute», daß der Arzt de« unzufriedenen Patienten den Arm wieder auSzurenken habe. -