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«ärtige Feuerwehren, welchen es gelang, des Feuers Herr zu werden und den großen wohlhabenden Ort vor gänzlichem Verderben zu retten. Aber 29 Haupt- und Nebengebäude wurden vollständig ein Raub der Flammen und haben die Abgebrannten bei der furchtbaren Verwirrung beinahe nichts gerettet. Ueber Entstehungsursache verlautet noch nichts.
— Biberach, 28. Juni. Ein braver Metzgerbursche aus der Gegend von Günzburg gebürtig und schon drei Jahre hier in Arbeit, ritt gestern Abend das Pferd seines Meisters zur Schwemme in der
'Mhe der Riedmühle in die Riß. Das Pferd gerieth plötzlich in eine Vertiefung und versank mit seinem Reiter. Erstens wurde gerettet, der brave Bursche aber fand seinen Tod in den Wellen.
— Würzburg, 27. Juni. Der Stadtmagistrat zu Wörzburg hatte im Jahre 1877 mehrfache Maßnahmen gegen die Verfälschung und Verschlechterung der Lebensmittel in Erwähnung gezogen und unter Anderem auch die Frage der Zulässigkeit der Bierpumpen einer Prüfung unterzogen. Nach dem Gutachten auswärtiger Sachverständigen find die Bierpumpen unschädlich, wenn ihnen nur reine Luft zuge- führt und sie selbst stets reinlich erhalten werden. Die aus Aerzten und Professoren bestehende Kommission sprach sich aber dahin auS, daß diese beiden Voraussetzungen meist nicht zutreffcn, da die Bier- pumpen die Luft meist aus dem Keller, aus Küchen und Hausgängen bezögen und die Rohre erfahrungsmäßig rasch großen Unrath ansetzten und sehr schwer, häufig nur durch Dampf zu reinigen seien und dem Bier ekelerregende Bestandtheile zugeführt würden. Der Stadtmagistrat zu Würzburg hat, wie früher mitgetheilt, deßhalb die Bier» pumpen ortspolizeilich verboten und der Regierungspräsident Graf Luxburg demnächst auf die eingelegte Beschwerde von 22 Würzburger Bierwirthen hin nach Einholung eines neuen Gutachtens seitens des unterfränkischen Kreis-Medizinalkomites das Verbot bestätigt.
— Mainz, 28. Juni. Auf telegraphische Requisition hin wurde der „Franks. Ztg." zufolge gestern Abend in einem hiesigen Tasthause ein eben zugereister 43jähriger Bäckergeselle mit seiner Geliebten verhaftet, sec drmzend im Verdacht steht, den an den Eheleuten Marx Glaser in Würzburg dieser Tage verübten Raubmord vollsührt zu haben. Unter ausreichender Bedeckung wurde das Pärchen heute Vormittag bereits der Staatsbehörde in Würzburg überliefert.
— Straßburg, 28. Juni. Wie die „Allg. Eo. Lukh. Kirchen- .zeitung" mittheilt, ist der der Synagoge zu Straßburg angehörige Rabbiner Gerstenkraut zum Christenthum übergetreten, nachdem er, um Line Widerlegung der Lehren des Christenthmns zu geben, dem ihm erthnlten Rathe folgend, die Schriften des neuen Testaments gelesen hatte. Ec hatte in. der Lukaskirchr zu Edinburg, wohin er sich begeben hatte, um etwaigen Demonstrationen seiner bisherigen Glaubensgenossen zu vermeiden, die Taufe empfangen.
— Hannover, 27. Juni. Die hies. G-richtssäle werden jetzt fleißig von fremden Richtern besucht, die das hies. Prozeßverfahren, die Grundlage des deutschen Reichsverfahrens, aus eigener Anschauung kennen lernen wollen.
— Berlin, 28. Juni. Die Tabaksteuerkommission hat heute ihre Arbeiten beendigt. Es erübrigt nur noch die Anfertigung des Berichts, womit Buhl betraut ist. Derselbe will am Dienstag Abend den Bericht in der Kommission festftellen. Gestern Abend wurde noch folgender wichtige Antrag Buhl angenommen: Den Eingang des Z 2. zu fassen wie folgt: »Der innerhalb des Zollgebiets erzeugte Tabak unterliegt vom 1. April 1880 an der Besieurung nach Maßgabe dieses Gesetzes. Di: Steuer beträgt für das Jahr 1880 20 für das Jahr 1881 30 vom 1. April 1882 ab 45 für 100
— Berlin, 30. Juni. Von einem Kinderraub, der die Polizei in Bewegung erhält, wird aus Spandau Folgendes berichtet: Die 6 Jahre alte Tochter des Arbeiters Dittmann, welche mit ihrer jüngeren Schwester am Dienstag Nachmittag in der Nähe der elterlichen Wohnung spielte, folgte den Verlockungen eines des Weges kommenden Mannes und ging, da derselbe ihr versprach, ihr in Gatow Kirschen kaufen zu wollen, mit demselben, ihre jüngere Schwester zurücklassend. Bis jetzt ist das Kind zu seinen Eltern noch nicht zurückgckehrt, und da der Mann der Beschreibung nach ein Strolch gewesen, so wird das Schlimmste befürchtet. Die Polizeibeamten durchforschen eifrigst die benachbarten -Forsten bis an die Glienicker Forst, ohne daß es bisher gelungen ist, -en Verbleib des Kindes zu ermitteln.
— Wien, 27. Juni. Vor Kurzem starb in Wien ein Sonderling Namens Balitauff, welcher ein Vermögen von 200,000 fl. hinterließ, welches einer Verwandten Namens Sophie Cebelka zufallen würde, wenn man deren Aufenthaltsort wüßte. Besagte Sophie Cebelka hat sich vor Jahren von ihrer Mutter, einer in der Wiener Josefstadt wohnhaft gewesenen Wittwe, getrennt und als Gouvernante ihr Fortkommen gesucht. Sie wäre die Einzige, die dieses bedeutende Erbe Beanspruchen könnte, wenn sie überhaupt noch am Leben ist, denn mehr als ein Jahrzehnt hat sie nichts von sich hören lassen. Wenn sich -besagte Cebelka nicht meldet,, so fällt — wie dir »Wiener Ztg." be
merkt — das reiche Erbe, da keine anderen Verwandten des Sonder» lings existiren, dem Staate zu.
— Wien, 30. Juni. Von verschiedenen Seiten wurde gemeldet, daß es in der jüngsten Zeit fraglich geworden sei, ob der Fürst Alexander von Bulgarien nach Konstantinopel gehen werde, um seinen In- vestititurberat abzuholen. Der Sultan äußerte neulich den Wunsch, Fürst Alexander möge die Reise nach Konstantinopel unterlassen; der Jnvestiturberat «erde ihm nach Rustschuk durch einen besonderen Bevollmächtigten nachgesandt werden. Der Grund davon war'angeblich, daß der Sultan besorgte, die Anwesenheit des Fürsten könnte zu großbulgarischen Kundgebungen mißbraucht werden. In Wahrheit ist der Sultan verstimmt darüber, daß der Fürst zu allerletzt nach Konstantinopel kommen wollte, und daß er vor Erhalt des JnvestiturberatS sich allen Kabinetten als Fürst oorgestellt. Fürst Alexander richtete nun das förmliche Ansuchen nach Konstantinopel, es solle ihm gestattet werden, den Berat persönlich abzuholen. Wenn gegen seinen Aufenthalt tu der türkischen Hauptstadt irgend welche Bedenken vorwalten, so erkläre er sich bereit, den Boden von Konstantiuopel gar nicht zu betreten. Der Berat solle ihm auf dem Schiffe, mit welchem er ankomme, überreicht werden, und unmittelbar hernach solle bas Schiff seine Reise nach Bulgarien fortsetzen. Die Entscheidung des Sultans hierüber war sehr zweifelhaft. Die neuesten Nachrichten melden jetzt aber, der Sultan habe einzewilligt, daß Fürst Alexander von Bulgarien doch nach Konstantinopel komme. Der Fürst wird den neuesten Bestimmungen gemäß vor dem großherzoglichen Palais landen, sofort nach seinem Eintreffen den Jnvestiturberat entzegennehmen und ohne weiteren Aufenthalt seine Reise nach Varna fortsetzen.
England. Telegraphische Berichte, welche die Untersuchung über den Tod des Prinzen Napoleon betreffen, bestätigen, daß die Begleitung in wilder Flucht davonrannte, ohne daß für den Prinzen irgendwelche Fürsorge getroffen worden war. Der Prinz hatte Aufsitzen besohlen, konnte aber selbst nicht in den Sattel gelangen. (Als Gegenstück des Verhaltens des Kapitäns Carey wird von deutschen Blättern folgende Thatsache erwähnt. Der verst. General v. Schmidt ritt in den Tagen vor dem Treffen von Spichern mit seinem Adjutanten recognosziren. Man stieß auf französ. Infanterie, bekam Feuer und mußte umkehren. Da gar keine Nothwendigkeit vorlag, sich bet solchem Anlässe todtschießen zu lassen, ritten beide Herren im Galopp. Hierbei bekam das Pferd des Adjutanten einen tödtlichen Schuß, so daß es sofort zusammenbrach. Die französ. Infanteristen drangen vor, um sich einen werthoollen Gefangenen zu holen. Als General Schmidt dies Alles bemerkte, wandte er im Jnfanteriefeuer sein Pferd, ritt zu seinem unter dem tobten Pferde liegenden Adjutanten zurück, nöthigte ihn, sich hinter den General, also zu zweien, auf's Pferd zu setzen — und nun gings im Galovp. So handelt ein Soldat, der von der wahren militärischen Ehre beseelt ist; man läßt seinen Kameraden nicht im Stich, ohn: Alles aufgeboten zu haben, um zu helfen. Selbst wenn man davon absieht, daß der Begleiter Prinz und Gast der Armee war, kann das Verhalten des Kapitäns Carey nicht einmal eine Erklärung, geschweige denn eine Entschuldigung finden.)
London, 27. Juni. Am 27. Juni wurde das Testament des Prinzen Louis Napoleon in Gegenwart des Prinzen Murat, des Herzogs von Mouchy, des Vicomte d'Aquado, des Baron Daoilliers- Labedoyerr. des Herzogs von Bassano und der Herren FranceSchini, Pietri, Rouher und der Kaiserin geöffnet. Das Testament enthält bloß Bestimmungen über das persönliche Vermögen des kaiserlichen Prinzen und einige Bemerkungen über die Lage der bonapartistischen Partei; die Ecbfolgefrage wird in demselben nicht erörtert.
Madrid, 23. Juni. König Alfons von Spanien hatte zu Ehren seiner Gäste, des österreichischen Kronprinzen und des Prinzen von Bayern, am 21. Juni eine Heerschau vor Madrid gehalten. Ais di- Truppen in der Straße von Alcale einmarschirten und vor dem Könige und seinen fürstlichen Gästen defilirten, bäumten sich plötzlich viele Reitpferde und Maulthiere der Artillerie, gingen durch und warfen ihre Reiter ab, von denen einige den Tod fanden — und in demselben Augenblicke entzündete sich ein Packet Granaten und explodirle unter furchtbarem Krach in der dichtgedrängten Menge von Zuschauern. Biele Leute wurden getödtet und zertreten in dem gräßlichen Wirrwarr. Drei Minuten vorder hatten an der Stelle der Explosion der König und seine Gäste gehalten. Viele Leute lasten es sich nicht nehmen, daß es auf sie abgesehen gewesen sei, zumal da die Polizei schon in der Nacht vorher Petarden in derselben Straße gefunden und beseitigt hatte.
Alexandrien, 26. Juni. Die Civilliste des abgefrtzten Khedive Ismail Pascha soll 50,000 Pfund (1 Mill. M.) betragen, jeder seiner Söhne erhält 12,000 Pfund. Mit Ismail fiedeln auch Prinz Hassan und der Finanzmintster nach Konstantinopel über.
Afrika. Es mehren sich die Anzeichen, das der Krieg in Süd»