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Mädchen in die Metzig nach Fleisch, während dessen die Frau sich Bettelei auf den begangenen Wegen sich sehr lästig gezeigt habe.- aber

in den Keller begab, um ein Getränk zu Holm. Als sie wieder vom Keller zurückkam, trat ihr aus der Küche barfuß ein Mensch entgegen, welche? sie mit den Worten:Ich will lein Geld von Dir, aber hin mußt Du sein! mit einem Todlschläger derart über den Kopf» die Augen, Wangen und Brust schlug, daß die Frau sofort wie todt niederstürtzte und kein Lebenszeichen wehr von sich gab. Vorher hatte der Verbrecher die Hausthäre geschlossen und geriegelt und ging nun an die Erbrechung der Kommode und des Sekretärs, wozu er sich eines in der Küche geholten Beiles bediente. Aus den erbrochenen Behältern nahm er alles vorhandene Geld, sowie Werthgegenstände. Mittlerweile war zwar die Magd aus der Metzig gekommen, konnte aber nicht herein. Als ihr endlich nach dreimaligem Läuten die HauS- thüre geöffnet wurde, glitt ein junger Bursche von kaum 20 Jahren mit ziemlich sauberer Kleidung an ihr vorbei und suchte das Weite. Die Magd fand nun die Frau leblos am Boden liegend und da» Gesicht mit Lumpen und Papier zugedeckt und neben ihr den blutigen Todtlchläger und das Beil. Es wurde nun sofort Lärm geschlagen. Sogleich theilte nun das Mädchen den anwesenden Personen mit, daß seit einigen Tagen der betreffende Bursche sich in der Nähe des Hauses herumgetrieben und auch sie schon mehrfach über die Familie Lorch anSge- fragt habe. Da eine ziemlich genaue Personalbeschreibung, wie es scheint gemacht werden konnte, dürfte man de» ThäterS wohl habhaft werden. Der Untersuchungsrichter war heute Abend 7 Uhr, nachdem die Frau wieder zum Bewußtsein gekommen war, anwesend, um ein Ver­hör oorzunehmen. Ob die Schwerverletzte am Leben erhalten werden kann, ist nicht zu sagen.

Vaihingen auf den Fildern» 30. Mai. Eine 74jährige SchusterSwittwe, bei welcher sich schon seit einigen Wochen Spuren von Schwermuth zeigten, hat sich heute früh mit dem Rasirmesser ihres Sohnes deo Unterleib durchschnitten, so daß die Eingeweide heraushingen. Sie wurde in diesem Zustande ganz ruhig im Bette liegend getroffen und erklärte den Umstehenden auf die Frage, warum sie das getha» habe» sie sei froh, einmal sterben zu können. Bei der guten Behandlung, welche die Verstorbene bei ihrer Familie hatte, ist einzig Lebensüberdruß als Motiv der That allzusehen.

Ellwaugen, 28. Mai. Gestern Nachmittag entluden sich

über Stadt und Markung zwei schwere von Süden her ziehende Ge­witter. DaS zweite sollte nicht ohne bedeutenden Schaden vorübergehen. Etwa um 5Vs Uhr fielen mächtige Hagelkörner und zwar in solcher Menge, daß binnen weniger Minuten die Straßen der Stadt mit

einer ziemlich dicken Eisschichte bedeckt waren. Am meisten haben

die Gartengewächse und die Obstbäume gelitten. Mit Wehmuth sieht man zu den zerfetzten Bäumen auf, deren Blüte sich in den letzten Tagen in seltener Fülle und Pracht entwickelt hatte. Was für ein Ertrag nun noch zu hoffen ist, nachdem der Hagel die Blüten theils massenhaft zu Boden geschlagen, theils mehr oder weniger beschädigt hat, läßt sich bis jetzt kaum übersehen; so viel aber ist gewiß, daß

auch da, wo das Unwetter am übelsten gehauSt hat, doch noch einiger

Ertrag sich ergeben dürfte.

Neuenstein, 27. Mai. Heute Nacht wurde in das hiesige Rath- hau» eingebrochen. Die Diebe stiegen auf einer Leiter im Hofe in den zweiten Stock, sprengten das Amtszimmer des Stadtschultheißen und erbrachen den in demselben stehenden verschlossenen Pult; aus demselben entwendeten sie ein Packetchen mit 18 M. und auS einem Kästchen im Nebenzimmer 12 M. In dem Kanzleizimmer wurde gleichfalls der Stehpult erbrochen und alle Kästen nach Geld durch- wühlt. Zum Glück waren ca. 400 M.» die Nachmittags eingegangen, vom Stadtschultheißen, der durch die Diebstähle in Oehringen und Weinsberg aufmerksam gemacht war, Nachts 9 Uhr noch abgeholt und sicher aufbewahrt worden.

Pforzheim, 1. Juni. Ein beim K. Kreisgerichtshof in Stuttgart anhängig gemachter Prozeß macht hier in betheiligten Kreisen ziemliches Aufsehen. Elmhiesiger Goldwaarenreisendrr, welcher seine Waare um eine Summe von 28,000 M. bei der Gesellschaft »Helvetia' in Stuttgart versichert hatte, wurde nämlich in Amsterdam bestohlen. Obgleich der Betreffende jede Vorsicht beobachtet hatte und der Lagerbestand genau nachgewiesen werden konnte, verweigert nun die genannte Gesellschaft die Auszahlung der Versicherungssumme an die in Gmünd und Pforzheim ansäßigea Eigeuthümer.

Einem Artikel des Pf. Beob., der von dem Ausschwärmen der Pforzheimer in den Pfingsttagen und ihren Erfahrungen dabei, z. B. bezüglich der Absperrung des Kurplatzes in Baden-Baden und der Kontrole darüber erzählt, entnehmen wir folgende, für unser Zavelstein nicht sehr schmeichelhafte Notiz, die vielleicht zu einiger Abhilfe in der beklagten Richtung beiträgt: »Stark besucht waren auch die Vergnügungsorte des Enz-, Würm- und NagoldthaleS; allein auch hier erhoben sich z. B. in Zavelstein Klagen darüber, daß die

auch sogar die ohne Zweifel berechtigte Steuerschraube, wie das Zahlen beim Besteigen des Aussichtsthurm es, soll ungebührlich angezogen worden sein, indem von Besuchern beim Besteigen, aber auch beim Verlassen des ThurmeS erst von einem Manne »Entree', dann von einer Frau »Sortie' erhoben wurde. Der Straßen bettel soll, ganz befremdend in Württemberg, bei Zavelstein in der That so stark ge­wesen sein, daß ein Verbot des Oberamtes sich als wünschenswerth erweisen würde.'

München, 28. Mai. Der Bayer. Kurr. schreibt: Wir haben aus der Münchener Korresp. die Nachricht entnommen, daß der jugendliche Sohn eines höheren Offiziers, des Obersten Frhr, v. F. in Bamberg dreimal auf seinen Vater geschossen habe, und von diesem mit dem Säbel schwer verwundet worden, auch der Verletzung bereits erlegen sei. Von authentischer Seite wird uns nun mitgetheilt, daß die ganze Erzählung von Anfang bis zum Ende rein erfunden ist.

Berlin, 29. Mai. Bei der 2. Lesung des geplanten Güter­tarifgesetzeg im Sonderausschuß des Bundesraths sind vielfach die bisherigen Einsprüche Oldenburgs, Sachsens und Württemberg» aufrechterhalten worden. DaS Zustandekommen des ursprünglichen Entwurfs ist fraglich.

Berlin, 30. Mai. Der Bundesrath hat heute das Sperr­gesetz nach den Reichstagsbeschlüsscn angenommen; die Publikation deS Gesetzes gilt für unmittelbar bevorstehend.

Berlin, 31. Mai. Der Reichsanz. veröffentlicht das Sperr­gesetz und eine Bekanntmachung des Reichskanzlers, wonach der Ein- gaugszoü für Roheisen, Brucheisen und Abfälle aller Art Eisen mit IM. pro 100 Kilo in vorläufige Hebung gesetzt wird.

Zu den Arbeiten des Sonderausschusses des Bundesraths für da» Gütertarifwesen bemerkt die Siat.Z.: die große Eile, mit welcher vorgegangen wird, macht uns nachdenklich. Sollte man die Absicht hegen, den Gegenstand noch in der gegenwärtigen Session an den Reichstag zu bringen? Es kann als wahrscheinlich gelten, daß Zolltarifs Tabakssteuer und Brausteuer nicht vor der dritten Juliwoche die drei Lesungen passirt haben; über jenen Termin hinaus den Reichstag in beschlußfähiger Anzahl zusammenzuhalten, erscheint uns fast als un­möglich. Einer Lesart, derzufolge der Reichstag am 1. Juli über die beiden Hundsmonate vertagt werden sollte, um dann am 1. Sept. mit erfrischten Kräften an die Berathung der Zoll- und Steuervor- lagen zu gehen, vermögen wir noch keinen Glauben beizumessen.

Berlin, 31. Mai. Man hofft, die Post der gesunkenen »Pommerania' bergen zu können. Taucher find bis zu der Post­kajüte vorgedrungen. Wenig Hoffnung ist, denGroßen Kurfürst" zu heben, da das Gewicht desselben zu groß ist (130,000 Ctr.).

Anders lautet dagegen folgende Nachricht im N. Tgbl. »Von der Firma Leutner u. Co. in London, welche nach dem mit der deutschen Regierung abgeschlossenen Kontrakte die Hebung des »Großen Kurfürsten' übernommen hat, erfährt dasB. T.' , daß die Vor­arbeiten für die Hebung in den ersten Tagen des Mai energisch in Angriff genommen worden sind. Auf dem schnellen Dampfer der Firma werden die Taucher von Dover auS nach dem Wrack geführt. Ihre Aufgabe besteht daria, das den Schiffskörper umgebende verworrene Tauwerk, welches fast ausschließlich aus Drathseilen besteht, zu zer- schneiden und zu entfernen, um dadurch den zweiten Theil der Arbeiten zu ermögliche», welcher darin gipfelt, die Oeffnungen und die Löcher im Schiffe luftdicht zu verschließen, damit das Wasser ausgepumpt werden kann. Trotz des unausgesetzt schlechten Wetters sind die erst erwähnten Vorarbeiten in vollstem Gange und werden in so erfreulicher Werse gefördert, daß alle Aussicht vorhanden ist, das Programm auch weiter pünktlich ausführen zu können. Die großen eisernen Schilde zur Verschließung der Riesenlecke liegen bereit und die Herren Leut­ner u. Co. hegen die zuversichtliche Hoffnung, die Hebung deS »Großen Kurfürsten' in den Tagen zwischen dem 10. und 25. Juli ausführcn zu können. Details über die Lage der Dinge im Schiffe können im Augenblicke nicht gegeben werden. Die See ist so unruhig, daß die Taucher in der Tief« nicht viel sehen können; doch ist konstatirt worden, daß die Lage des Schiffes sich bisher fast gar nicht geändert hat und nur eine Seite um wenige Zoll gesunken ist. Die Taucher sind unaufhörlich um da« Schiff beschäftigt."

Berlin, 3. Juni. Seine Majestät der Kaiser ist gestern in Babelsberg im Zimmer ausgeglitten; er fiel auf die Kniescheibe. Die Anschwellung ist nicht bedeutend, der Kaiser schlief die Nacht sehr gut.

P o s en, 30. Mai. In dem Schubiner Kreise zwischen Bartschin und Labischin zeigten sich Schwärme von Wanderheuschrecken, deren Flugrichtung nach dem Kreise Wongrowitz ging.

Wien, 1. Juni. Die Wiener Zeitung veröffentlicht die zwischen Oestreich-Ungarn und der Türkei am 21. April 1879 abgeschlossene Konvention in Betreff Bosniens, der Herzegowina und Novibazars.

Siedaktion Druck und Verla- von S. Oelj chlLger in Calw.