— M ünchen, 29. Nov. Bei einer Hochzeit in SeeShaupt (am " Starnbcrgersee) hak ein Bahnbedjmsteker eine ausgrhöhlte Cigarre mit
einer Dynamitpatrone gefüllt, selbst angezündrt und einem Gaste zum Rauchen gegeben, in besten Munde die Patrone platzte. In Folge dieses ganz heillosen Witze« hate der Unglückliche bereits ein Luge verloren. Strafrechtliche Untersuchung ist eingelritet.
— München, 25. Noo. In Nürnberg wurde ein Bäcker wegen Feilhaben mindergewichtigen BcydeS m eine Geldstrafe von 36 genommen, in dir Kosten verurthrilt und zugleich die Einziehung des zu leichten Brodes zu Gunsten der Armenkaste ausgesprochen.
— Berlin, 25. Nov. Dem Wucher, der in allen Kreisen heillos wuchert, will man zu Le>be steigen. Herr v. Schorlemer-Alst, einer der Führer des CeatrumS, hat in der preuß. Kammer di- erste Lanze in Gestalt folgender Interpellation gegen ihn eingelegt: Ist di- Regurung geneigt, gesetzgeberische Maßregeln gegen den Wucher zu ergreifen, und zwar solche, die 1) auf Wiedereinführung von Zinsbeschränkungen, 2) Wiedereinführung von cimlrechtlicher Unverbind- ltchkeit wucherischer Rechtsgeschäfte und Strafbarkeit des gewerbsmäßigen Betriebs, sowie der Verschleierung solcher Geschäfte, 3) Beschränkung der allgemeinen Wechselfähigkeir 'gerichtet sind? 82 Centrumsmänner und nur solche haben die Interpellation unterschrieben.
— Berlin, 26. Nov. Dtr Kronprinz hat eine Notabilitätm- Kommission eingesetzt, welche unter dem Vorsitz von Moltke die Vorschläge zur Verwendung der WilhelmSspende erwägen und formuliren soll.
— Berlisn, 28. Nov. Der „ReichSonzeiger" veröffentlicht eine auf Grund des Z. 28. des Sozialistengesetzes mit Genehmigung des EundeSratbeS für die Dauer eines Jahres erlassene Bekanntmachung des preußischen Staats Ministeriums vom heutigen, wonach für Berlin und Umgegend der sog. kleine Belagerungszustand mit einigen Ein schrävkungen verhängt wird. Danach kann Personen, von welchen die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu besorgen ist, in der Stadt Berlin, den Stadtkreisen Charlottenburg und Potsdam, den Kreisen Teltow, Niederbarnim und Osthavelland der Aufenthalt versagt werden kann. Auch sind damit Beschränkungen in Betreff des Verkaufs von Sprenggeschossen und des Waffentragens verbunden.
— Berlin, 29. Noo. Wie die Abendzeitungen vernehmen, sind heute Mittag etwa 40 hervorragenden Mitgliedern der Sozialdemokratie, darunter auch Hasselmann und Fritzsche, durch das Polizeipräsidium Ausweisungsordres zugestellt worden.
— Berlin, 30. Nov. Der Kaiser hat auf Antrag des evangelischen Oberkirchenraths genehmigt, daß zur Feier Seiner Wiedergenesung in allen evangelischen Kirchen am 8. Dezember ein Dankgottesdienst stattfinde.
Wien, 27. Nov. Gestern Abend explodirte vor dem Ofener Minister-Palais eine Petarde, zertrümmerte die Fensterscheiben des selben und beschädigte das nahegelegelle Haus deS Erzherzog« Joseph. Andrgffy, sowie mehrere Delegtrte befaüden sich in diesem Augenblick als Gäste Tisza's in dem Mmister-PalaiS, in welchem auf einem benachbarten Gange eine mit Dynamit gefüllte Sprevgmaschine aufge. fanden wurde. Der Vorfall erregt ungeheure Sensation. Der Urheber des Verbrechens ist noch nicht entdeckt. -
Wien, 29. Noo. Das Fremdenblätt meldet von verläßlichster, volles Vertrauen verdienender Seite, die anläßlich des Attentates auf den König Humberi in verschiedenen Hauptstädten gepflogenen Unter- suchungen lieferten schwerwiegende Anhaltspunkte für daS Bestehen eines internationalen Komplots zur Ermordung der gekrönten Häupter Europa'«. Offizielle Stellen bestätigen die Richtigkeit hievon..
— Dover, 26. Nov. Vergangene Nacht um Mitternacht sti-ß der Hamburger Postdampfer „Pommerania" unweit Folkestone mit einem andern Schiffe zusammen. Die „Pommerania" sank nach 10 Minuten. Das Schiff hatte New-Aork am 14. Nov. mit 37 Paffagieren erster, 16 Passagiere zweiter und 95 der dritten Klaffe verlassen. 4/ Passagiere wurden in Plymouth und Cherbourg gelandet. 5 weitere Passagiere hatten sich in Plymouth nach Hamburg eingrschifft. Die Zahl der zur Zeit deS Zusammenstoßes an Bord befindlichen Personen, incl. Schiffsmannschaft, ist noch nicht bekannt»; nach den bisherigen Meldungen wurden 172 gerettet, 50, darunter der Kapitän, der 2 und der 3. Schiffsoffizier, der Arzt, der erste Ingenieur, der erste Wärter und zwei Wärterinnen sind ertrunken.
Der Zusammenstoß fand bei Nebel 13 km südwestlich von Folkestone statt, nach einem Londoner Korrespondenten der „Frank. Zig." genau an der Stelle, wo de: „Große Kurfürst" sank. Die Barke, mit welcher die „Pommerania" zusammenstieß und welche stark beschädigt ist, aber flott blieb, heißt „Moel Elian" und war auf dem Weg von Rotterdam nach Cardiff.
London, 27. Nov. Unweit Boulogne find zwei Rettungsboote der „Pommerania" ausgefischt und nach Boulogne gebracht. Die Barke „Moel Elian" ist so ernstlich beschädigt, daß ihre Reparatur in Dover sich als unmöglich herausstellt. Mit der „Pommerania"
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gingen 20,000 Dollars verloren, die verschiedenen Passagieren ge« hörten. Die deutsche Post ist verloren gegangen. Die Zahl dev Unlrrgegangenen wird nunmehr auf 48 seslgestelll, 172 sind gerettet» Unter den Geretteten ist auch eia Sohn des Partikulier Stroh in Nagold, Heinr. Stroh.
— Hamburg, 27. Nov. Ein Telegramm des Lloyd aus Maas- luis (Südhoüand b-i Rotterdam) meldet» daselbst sei dir Ankunft des Dampfers „City of Amsterdam" mit dem Kapitän der Pom» mcrania Schwensen an Bord erfolgt. Schwensen sagt, daß ein anderer Dampfer in der Nähe der KollisionSstelle gewesen sei, welcher, wie er glaubt, etwa sechzig Personen gerettet habe. Es ist ein eigcnthüm« iicheS Geschick, daß Kapitän Schwensen erst vor Kurzem, das Jubiläum seiner glücklich zurückgrlegtrn 125. Fahrt über den Ozean feierte. Schwensen war der älteste Kapitän der Gesellschaft, die „Pommerania" das schönste und wrrlhvollste Schiff derselben.
Madrid, 27. Nov. Der höchste Gerichtshof vrruriheilte Olivay Moncasi zum Tode.
Rom, 28 Nov. Die Untersuchung im P.ozeß Passavante ist beendigt, die Aktenstücke find heute dem Keneraianwalt zur weiterest Verfügung zugestellr worden. Der Prozeß gegen die verhärtetest Internationalisten wird in Neapel fortgesetzt Die Verhaftungen voll Internationalisten dauern an mehreren Orten fort; viele Dokumente sind in Beschlag genommen. Man versichert, einer von Len tu Florenz. Verhafteten habe wichtige Geständnisse gemacht.
Der letzte Kurier aus Mexiko hat die Nachricht vo , einem unerhörten Attentat gebracht, dem eine sehr große Anzahl von Protestanten in der Ortschaft Atzala (Staat Puebla) zum Opfer gefallen ist. Die Wiedcrerwählung eines Proiestanten, Trinidad Certrs, zum Alkaden von Atzala hatte . e Kati^ol-ke.i dieses OrteS und die Nachbarschaft wüthrnd gemacht. Eine Gruppe von Fanatikern hatte sich bei Herrn Soza versammelt, aber cs erschien die bewaffnete Macht: und führte viele in's Gefängniß. Nun ergriffen alle Katholiken die Waffen, befreiten die Gefangenen und begannen die Metzeleien. Mehr als 200 mir Hacken, Dolchen und Gewehren bewehrte Menschen stürzten mit dem Rufe: ,,Es lebe die Religion! Tod den Protestanten!" auf das Stadthaus zu Der Made u»d die Munizipalräthe waren, die ersten Opfer; ihre Leichen wurden in tausend Stücke zerrissen». Die Mörder theillen sich jetzt in mehrere Banden, plünderten die Häuser der Protestanten und massakrirlen Alles, was nicht entfliehen konnte. Der Tempel wurde geplündert, die Bibeln und Einrichtungsstücke verbrannt und dann, nachdem diese» Blut« ^rntz Zerstörungswerk' geschehen, kehrten die Katholiken in ihre Wohnungen zurück. Mehrere Protestanten wurden in die Berge als Geangene abgefüdrt.
Vom afghanischen Kriegsschauplatz^
Die Engländer rücken, fast ohne Widerstand zu finden, auf den 3 Straße» vorwärts, auf denen sie in das Gebiet res Emirs einge« erungrn find. Die Khyberkolonnc hat Dakka erreicht, das 2 Meilen jenseits des Passes gelegen ist, die Kuruwkolon.ne ist in den Besitz des Kurumforts gelangt, endlich die von Quettah aus opertrende Kolonne hat Pischin, an der Grenze von Beludschiston und Afghani« stan besetzt. In London gibt man sich unter diesen Umständen schon sehr sanguinischen Hoffnungen hin. Der unerwartet schwache Widerstand, so heißt es, lasse darauf schließen, daß die Afghanen, wenn sie auch vielleicht an sich nichts von ihrer alten Kampflücktigkcit einge» büßt haben, jetzt doch nur mit halbem Herzen bei der Sache sind und so den Emir nöthigen werden, früher dm englischen Forderungen sich zu fügen, als sich Anfangs von ihm erwarten lüß.
Am 1. Dezember rc. vollendet die deutsche 8 eben « verst ch r r u n g S-Ges e ll schaft in 8ü b e ck, die älteste auf Actieu gegründete Lebensversicherungs-Gesellschaft in Deutschland das 50te Jahr ihrer GeschäftSthätigkctt. Die Gesellschaft halte am Schluss« de» Jahres 1877 einen VeisicherungSbcstand von 37797 Personen mit 112,575,019.34, Veisicherungskapital. Seit ihrem Bestehen hat die Anstalt bis zu diesem Zeitpunkte in 9973 Sterbefällen 29,682,450 Versicherungssumme zur Auszahlung gebracht. Die Anstalt hat sich durch eine solide, aber zugleich coulante GeschäftSleitung und offene Rechnungslegung daS Vertrauen ihrer Versicherten und des Publikums erworben und gewähren die angesammelten Fonds von 21 Millionen Mark für die Erfüllung ihrer Verpflichtungen die unzweifelhafteste Garantie. Die Versicherten nehmen an dem Geschäftsgewinne der Gesellschaft zu 75o/<> Theil und ist der dem einzelnen Versicherten zukommende Gewinnanthril in Folge der von der Gesellschaft ange« nommenrn Verthrilungswetse ein mit dem Alter der Versicherung steigender. Zu den etwa sich ergebenden Verlusten bcizutragen, sind die Versicherten in keiner Weise verpflichtet. Die Anstalt kann allen denjenigen, welche ihre resp. Leben versichern wollen, besten»- empfohlen werben.
Stedattian, Dru< nnd Verlag »»» S. Oelschliger in Sal».