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Calw, 8. Nov. Vorgestern wurde der letzte der hiesigen Veteranen aus den Freiheitskriegen von 181315, Gottfried Schnaufer, beerdigt. Derselbe hatte sein Alter auf 84 Jahre ge- bracht und erfreute sich bis in die letzte Zeit einer für dieses Alter ungewöhnlichen Rüstigkeit. Seinem öfters ausgesprochenen Wunsche gemäß erwies ihm der hiesige Kriegerverein die letzte militärische Ehre am Grabe.

Heute Nacht um 1»/^ Uhr brachte ein Feuerreiter die Nachricht

von ernem in Deckenpsronn ausgebrochenen Brande. Derselbe ersparte den schnell auf die Beine gekommenen Bürgern das Nachfragen nach dem Brandorte, indem er denselben überall mit lauter Stimme aus- rief. Nach der neuen Bezirks-Feuerlöschordnung hatte die hiesige Feuerwehr nicht auszurücken, und wurde daher auch nicht allarmirt. Dem Vernehmen nach ist ein Haus und zwei größere Scheuern abgebra nnt._

Theater-Notiz.

(Eingesendet.)

Die seit einiger Zeit hier weilende Theatergesellschaft des Hrn. A. Wagler erfreut sich eines zunehmenden Besuches und hat sich namentlich durch die Aufführung des Preislustspiels von Kneisel: die Tochter der Hölle* am letzten Mittwoch aufs beste empfohlen. Die glänzenden Erfolge dieses Abends sind zum größten Theile dem ausgezeichneten Spiele des Frl. Bürger und des hier noch im besten Andenken stehenden Hrn. Clement und seiner Frau zuzuschreiden. Mögen die Anstrengungen des Hrn. Direktors, dem Publikum nur Gutes zu bieten, die verdiente Anerkennung finden.

Nach einer Bekanntmachung des evangel. ConfistoriumS sind 18 Lelks-

schullehrer für hervorragende Treue und Leistung in der Schule mit einem PrLmium bedacht worden, darunter: Schullehrer RooS in Calw.

Ellwangen, 5. Nov. Gestern Mittag erhielt der Bauers, sohn Johann Winter von Dalkingen auf der Jagd in einem Walde nahe bei Schwabsberg einen Schrotschuß in den Oberschenkel, welcher nach einer Stunde seinen Tod zur Folge hatte. Einige Schrote von demselben Schuß trafen den Krämerssohn Anton Bux von Dalkingen in den Unterleib, bei diesem voraussichtlich ohne Gefahr für das Leben. Der Schuß kam aus dem Gewehr des Bauers Schmid von Weiler. Schmid und fünf andere Bauern hatten einer Rchgeise nachgestellt und solche durch mehrere Schüsse erlegt. Alle waren jagdberechtigt, da aber jedem gehört, was er schießt, so stritten sie sich darüber, durch wen das Reh erlegt worden sei und wem es ge. höre. Während sie einander das Reh zu entreißen bemüht waren, und hin und herzerrten, gieng der verhängnißoolle Schuß Uos. Daß das Gewehr absichtlich abgefeuert wurde, ist nach Allem, was erhoben worden ist, nicht anzunehmen. Die Entladung muß vielmehr unwillkürlich geschehen sein. Ebenso wenig hat die eingeleitete Untersuchung aber irgend einen Beweis dafür erbracht, daß dem Besitzer des Gewehrs, welcher dasselbe unter dem Arm trug, eine Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann. Die nächste Ursache der Entladung konnte über­haupt nicht aufgeklärt werden; wahrscheinlich wurde bei dem Gedränge um das Reh durch gewaltsame Einwirkung eines dritten, vielleicht des Verstorbenen selbst, welcher nach der Angabe des Schmid an dem Gewehrlauf gerissen haben soll, der Hahnen erfaßt und zurückgezogen, worauf er dann auf den Zündkegel vorgeschnappl ist.

GundelSheim, 5. Nov. Vergangene Nacht ist in dem Tunnel zwischen hier und Böttingen, wo Tag und Nacht gearbeitet wird, eine Strecke, ca. 30 Meter lang, eingestürzt. Die Arbeiter Hallen noch Zeit, sich zu retten. Der Tunnel, auf der Strecke Jagstfeld- Eberbach, macht der badischen Bahnbauverwaltung viel zu schaffen.

Frankfurt, 5. Nov. Wie man erzählt, soll der von dem flüchtig gewordenen Postasfistenten Goldmann, dessen definitive An- stellung bei der Post erst am SamStag das Amtsblatt meldete, oer übte Defekt ca. 20,000 Mark betragen.

Frankfurt, 5. Nov. DasFr. I.* schreibt: Der Ge sangoereinTonkunst" wollte am Sonntag in derConcordia* eine Abendunterhaltung veranstalten; da dessen Mitglieder aber wie eS scheint, Sozialdemokraten sind, so wurde die Unterhaltung auf Grund des Sozialistengesetzes verboten. Dasselbe Blatt schreibt: Nach einem in der Stadt umlaufenden Gerüchte soll ein Prokurist eines Bank geschäftS sich Unredlichkeiten bis zum Betrag von 40,000 -^4 zu Schulden haben kommen lassen. (Es wird nett in Frankfurt a. M.)

München, 6. Nov. Der Stadtmagistrat Aschaffenburg hat eine ortspolizeiliche Vorschrift erlassen, laut welcher der Gebrauch von Bterpressionen, die Beimischung von Kartoffelmehl, Brod rc. zu Wurstwaaren verboten wird.

Berlin, 4. Nov. Die 16. Millionen Thaler des WelfenfondS, um deren Herausgabe zu Gunsten des Herzogs vom Cumberland (Kron­prinzen von Hannover) es sich gegenwärtig handelt, liegen wohlver­wahrt in einem Keller des k. Schlöffe- in Berlin; sie wurden vor 10

Jahren in 4prozentiger preußischer Staatsanleihe angelegt und später­hin in 4i/zprozcntig: unkündbare Rente umgetauscht. Der damalige Kurs war 97'/z, der heutige ist lOch'/^. und bei der großen Summe will diese Differenz etwas bedeuten.

Wie das B:rl. Tagebl. hört, sind die preuß. Behörden von dxx Zentralstelle vor Kurzem ausgffordert worden, den gesammten Umfang der LeuchtgaSpioduktion in Preußen möglichst genau festzu- stellen. Bei dieser Aufstellung sollen genau geschieden werden die Antheile am Verbrauche des Gases, welche auf öffentliche Geleucht» ungSzwecke und auf Privatbedürfnisse fallen. Es soll das Verhältniß klargestellt werden, in welchem die Gemeinden selbst und die Privat» industrie an der Gaserzeugung betheiligt ist, ferner die Gaspreise, welche die Privaten bezw. die Gemeinden an einzelnen Orten zu zahlen haben, die Produktionskosten tm Verhälmiß zu diesen Preisen, sowie die etwaige Kommunalbesteuerung der Gaskonsumtion und ihre Veranlagung nebst Erträgen. Man vermuthet, daß es sich um eine Landes» oder Reichasteuer auf Gas handle.

Zürich. 5. Nov. Das im Jahr 1874/75 von Hrn. Archi» tekt Schmid Kerez in so äußerst gelungener Weise erweiterte Gast« Haus auf dem Uetliberg, seither durch seine unvergleichlich schöne Lage unter dem NamenRestauration Utokulm" weltbekannt, ist gestern Abend ein Opfer der Flammen geworden. Der Grand ent­stand im alten Haus auf dem Windeboden. wie man vermuthet, m Folge der schlechten Feuereinrichtung. Bei dem Mangel an Wasser und der sehr leichten Bauart war an ein Löschen nicht zu denken. Die Löschmannschaften von Wiedikon, Stallikon, Enge und Zürich hatten sich theils unter der Benutzung der Bahn rasch eingefnndcn. Ihrer energischen Thätigkeit ist es zu danken, daß das meiste Mobiliar noch gerettet werden konnte. Der Verlust der schönen beliebten Säle ist auch für die Stadt Zürich sehr zu beklagen.

Paris, 5. Nov. In diesen Tagen ist in Paris der gewiß seltene Fall vorgekommen, daß ein Droschkenkutscher beim Reinigen seiner Droschke unter den Kissen nicht nur ein Portemonnaie mit einem baren Inhalt von über 60 FicS., sondern auch alle Urkunden fand, die zur Erhebung einer Erbschaft von l^/z Millionen Francs ausgestellt und von einem sehr zerstreuten Fahrgaste vergessen waren.

Paris, 5. Nov. Der gefesselte Ballon der Tmlerien hat am Sonntag seine letzte öffentliche Auffahrt gemacht. Etwaige spätere Ausfahrten werden nur wissens.raitlichen Zwecken dienen. Die Einnahmen, welche sein Besitzer, Giffard, bisher machte, belaufen sich auf über 500,000 Fr., d. h., es sind alle Kosten gedeckt und Hiffard macht noch einen beträchtlichen Gewinn, ganz abgesehen von der Sum­me, welche der englische Käufer des Ballon ihm zu zahlen hat, und abgesehen davon, daß siimmtliche Maschinerien sein Eigentbum bleiben. Zu den letzten Thellnchmerii an der Auffahrt gehörte Gambetta.

Paris, 6. Nov. Die Griechen haben eine hohe Verehrung für die franz. Republik im Allgemeinen und für Gambetta rm Besonder«. Sämmlliche Athener schneuzen sich in Taschentücher mit Gambetta's Bildniß und sämmlliche umwohnenden Bauern würden das Gleiche lhun, wenn sie überhaupt ein Taschentuch zu dev Operation gebrauchten. So meldet der athenische Korrejp. dev Republique Franyaise, des Blattes Gambettas.

St. Petersburg, 5. Nov. Der RegierungSbote meldet aus Lioadia den 4. Nov.: Großfürst Sergej reiste am 2. Noo. mit der Aackt Lioadia nach Odessa ad. In Folge dichten Nebels und heftigen Südwinds aerieth die Lwadia auf den Grund. Der Groß» fürst, dir Offiziere und die Mannschaft wurden wohlbehalten an'» Land gesetzt; die Mcht- durch Wind auf Klippen geworfen, befindet sich in nahezu hoffnungsloser Lage.

Bukarest, 2. Nov. Das ganze Land blickt heute mit der größter» Spannung nach der Dobrudscha hin, des Augenblickes harrend, in welchem der Einmarsch der rumänischen Truppen in diese neue, mit dem Nomen TranedanubianischcS Rumänien bezeichnete Provinz Er­folgen werde. Wie versichert wird, wird dieser Einmarsch erst dann erfolgen, wenn die Abgrenzung des neuen Gebietes entsprechend dem Berliner Vertrag durch die europäische AbgrenzungSkommission durch­geführt und das erwähnte Gebiet eben durch diese Kommission an Rumänien übergeben sein wird; dieser Apparat dürfte, wie man hier annimmt, in etwa 20 Tagen vollendet sein.

New-Aork, 6. Nov. Bei den Kongreßwohlen waren die Repu­blikaner in folgenden Staaten siegreich: New'N^rk, New-Jcrsey, Connect cut, Illinois, Massachusetts, Michigan, Minnesota, New- Hampshire, Pcmish.'vanien, Rhode-Jsland, Wiskonfin, Kansas und Nebraska; die Demokraten siegten in den Staaten; Arkansas, Ala- bama, Delaware, Florida, Georgia, Kentucky, Louisiana, Maryland, Mississippi, Missouri, Nord- und Süd Carolina, Tennessee, Texas, und Birginien. Die Republikaner haben eine große Anzahl Kongreß­sitze gewonnen.

Ne»»tti«», Druck uu» »erlag o«a L. Ocls chliger m Cat«. (Hiezu Nr«. 4b des Unterhaltungsblatts.)-

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