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— In Frankfurt a. M. wurde am Dienstag ein Bierbrauer in das hl. Geisthospital verbracht, welcher nicht weniger als 20 Liter Bier auf einmal konsumirt hatte. Die Wirkung konnte natürlich keine andere sein, als daß er am andern Morgen seinen Geist aufgab. Eine Wette soll die Ursache dieser That gewesen sein.
— Frankfurt, 18. Sept. Gestern zogen 130 Jäger zur Jagd-Eröffnung hinaus in den Stadtwald. Die Beute bestand in einem einzigen Rehbock, der für 25 v/L am Abend an einen Wildpret- Händler verkauft wurde (Kommt auch anderwärts vor.)
— Franfurt a. M., 20. Sept. Ein hi.-siger Agent ist plötzlich irrsinnig geworden. Derselbe kaufte in den letzten Tagen eine große Menge Häuser zu fabelhaften Preisen zusammen, z. B. auf der großen Bockenheimer Gasse allein acht, bis man auf seinen Geistes« zustand aufmerksam machte und ihm eine Ruhestätte in der Feldstraße bereitete.
— In Steglitz wird die heimliche Entfernung eines angesehenen Mannes aus seiner Familie lebhaft besprochen. Ein' bereits bejahrter Privatgelehrter, welcher dort Familie, Haus und Hof besitzt, ist, wie aus einem hinterlassenen Brief hervorgeht, zu dem sonderbaren Ent schluß gelangt, eine Reise in das Innere Afrikas unternehmen zu wollen. Die ganze Ausrüstung, die der Schwärmer mit sich nahm, bestand in einem Hemd, einem Paar Strümpfen, einem alten Ueberzieher und einigen Geldmitteln.
— München, 18. Sept. In der Nacht vom 11. auf 12. September stießen zwei Aufseher der Zollschutzwache in Eslarm im Staakswalde des Reviers Eslarm, unweit der böhmischen Grenze, auf bövmiiche und bayerische Schmuggler, welche im Begriffe standen. 150 Stück böhmische Ochsen nach Bayern einzuschmuggcln. Die angerufenen Schmuggler suchten gewaltsam durchzubrechen und schossen sofort mit Revolvern noch den Aufsehern, welche das Feuer erwiderten. Die Schmuggler suchten sich durch die Ochsen zu decken, wobei ein Ochse getödtet, mehrere erwundet wurden. Die Schmuggler mußten sich zurückziehen; einer derselben (aus Böhmen)-ist verwundet; zwei angeschossene Ochsen mußten geschlachtet werden. Das Schmuggeln kleiner Parthien von Ochsen an der Grenze wird stark betrieben.
— München, 20. Sept. Von der bayerisch böhmischen Grenze wird gemeldet: Nach einer vorausgegangenen sehr kalten Witterung hat es am 15. ds. anhaltend geschneit. Die Leute tragen bereits die Winterkleider. Dieser Tage hat man an den Grenzorten auch Wildenten streifen stehen.
— In Krön w i nk el (Niederbayern) wurden unlängst zwei freche Einbruchs, und Diebstahlsversuche verübt, jedoch die Lumpen von der Bäuerin versprengt. Ergrimmt darüber, kamen sie bald darauf wieder und schossen zum Fenster hinein auf die Bäuerin. Diese jedoch schoß sogleich einen der Gauner nieder, der andere packte den Ge« troffenen auf einen Schubkarren und fuhr ihn fort.
— Berlin, 18. Sept. In dem Postwagen des Güterzuges, welcher heute früh 3 Uhr von Magdeburg nach Berlin abgeiasien wurde, entstand während der Fahrt zwischen Biederitz und Gerwitsch, in so weit bis jetzt ermittelt ist, durch Selbstentzündung eines im Postwagen befindlichen, Flüssigkeiten enthaltenen Pakets Feuer, durch welches der ganze Inhalt des Postwagens in wenigen Sekunden er« griffen war. Der im Postwagen beschäftigte Postschaffner mußte sich durch das Fenster retten und das Personal des schleunigst zum Stillstand gebrachten Zuges sich darauf beschränken, den brennenden Wagen zu isoliren. Gerettet wurden 15 Pakete. Sämmtliche Briefe und 800 Pakete find ebenso wie der Wagen, in so weit solcher nicht aus Eisen bestand, völlig verbrannt.
— Berlin, 18. Sept. Der Verein Berliner Gaflwirthe hat sich Namens des Verbandes deutscher Gastwirthe an den Reichstag mit einer Petition gewandt, welche die Bitte ausspricht, der Reichstag wolle die §§. 13, 16, 17 und 20 des Sozialistengesetzes dahin wydisiziren und amendiren, daß den Gastwirthen im gegebenen Falle nur durch richterliches Erkenntniß die Konzession entzogen oder ander- weite Strafen auferlegt werden können. In der sehr ausführlichen Motivirung bemühen sich die Petenten um den Nachweis, daß gerade die gedachten Paragraphen die Gastwirthe aus's Erheblichste bedrücken und namentlich Z. 16 viele Mitglieder voraussichtlich erwerbslos und heimathSloS machen würde.
— Berlin, 19. Sept. Von der Verwilderung der Berliner weiblichen Schuljugend gibt eine Beschwerde ein Beispiel, welche ein Sekretär auS dem Finanzministerium bei dem Polizeipräsidium eingereicht hat. Der Mann beklagt sich darüber, daß täglich Schulmäd« chen im Alter von 11—12 Jahren an seinem Fenster vorüberziehen und dabei schamlose Lieder singen. Unter 'Anführung eines solchen Liedes hat der Herr um Abhilfe gebeten. Das Polizeipräsidium hat sofort geantwortet, die Beschwerde sei an die Schuldeputation abgegeben worden und es werde unverzüglich Vorsorge getroffen werden, daß die
Ausbrüche der jugendlichen Schamlosigkeit ferner nicht mehr in Er» scheinung treten können.
^— Berlin, 20. Sept. Bismarck, der noch am Dienstass Abend spät, nach seinem Auftreten im Reichstag von nicht unerheblichem Un» Wohlsein befallen worden, hat in den letzten Tagen das Bett gehütet. Die Krankheit wird in einigen Blättern als Nesselfieber bezeichnet. Am Dienstag Abend erfolgte Gallenerbrechen. Jetzt soll der Zustand sich etwas gebessert haben.
— Aus Marburg (im Oesterreich) schreibt man: Im hiesigen Bahnhofe ereignete sich dieser Tage eine grauenhafte' Szene. Die mit dem Agramer Zuge anlangenden türkischen Gefangenen wursen hier auswaggonirt, um gespeist zu werden. Während dieselben nun in Reih und Glied ausgestellt waren, stürzte plötzlich ganz unser«- sehens einer der Gefangenen, ohne daß eine äußere Veranlassung dazu gewesen wäre, auf einen Soldaten von der Begleitungsmannschaft, warf denselben zu Boden und begann ihn an der K.hle zu würgen. Sofort stürzten einige andere Soldaten herbei und versuchten zuerst, den Türken von dem Soldaten hinwegzuziehen; doch dieser ließ sein Opfer nicht los, und trotz der Bajonnekstiche, die ihm an Arm und Füßen versetzt wurden, würgte er dasselbe so lange fort, bis der unglückliche Soldat vollsrändig todt war. Die ganze schreckliche Szene hatte keine 2 Mmuten gedauert; der Türke über und über blutend, wurde sofort auf einen freien Platz nächst dem Bahnhofe geführt und dort angesichts seiner Mitgefangenen erschossen. Vor seinem Tode erklärte er, daß er habe sterben wollen; ehe er jedoch in's Jenseits ging, wollte er noch einen Giaur um's Leben bringen; jetzt sei er befriedigt.
London, 12. Sept. Die neuesten Nachrichten, welche aus Eypern im Kriegsministerium eingelangt sind, bestätigen, daß die Zahl der unter den Soldaten am Fieber Erkrankten noch immer im Steigen begriffen ist und bereits über 25 Prozent der gesammten auf Cypern anwesenden Truppen beträgt; die Sterblichk eit hat indeß abgenommen.
Vom Kriegsschauplätze
— Wien, 20. Sept. (Offiziell.) Generalmajor Rheinländer meldet aus Zavalje 19. Sept, 7 Uhr Abends, daß die Festung Bi- hatsch heute kapitulirt hat. Die kaiserlichen Truppen besetzten um 4 Uhr Nachmittags die Festung, sie fanden 5 Geschütze vor, darunter 4 schweren Kalibers, ferner sonstigen Waffen- und Munition»vorrath. Von dem regulären türkischen Militär befanden sich in der Festung ein Stabsoffizier und die Geschützbedienung.
— Wien, 20. Sept. Laut Telegramm des FML. Jovanovie vom 19. d. ist die Pazifikation der Herzegowina in der Hauptsache als durchgeführt zu betrachten. Jovanooic brach am 11. d. mildem größten Theile seiner Division von Mostar auf und unternahm einen Zug nach den wichtigsten Ortschaften bcr östlichen Herzegowina, um auch hier die Pazifikation durchzuführen. Ueberall sind die Behörden der politischen Verwaltung organisirt. Es wird auf längere Zeit die Aufgabe der kaiserlichen Truppen sein, die Bevölkerung vor herumstreifenden Banden zu schüzen, die Autorität der eingesetzten Behörden zu unterstützen und die Repatriirung der Flüchtlinge durchzuführen.
Ein Pester Korrespondent der „N. Fr. Pr." beklagt sich über Censurstriche, welche seine Telegramme zu leiden haben, obgleich in Pest dieselben Nachrichten durch alle Zeitungen veröffentlicht werden. So stehe im „Közvelemeny" ein Bericht über den Sturm auf Bihac, es sei da erzählt, daß die Regimenter Airoldi und Jellacic (deren Oberste sofort nach jenem verhängnißvollem Sturm zur Disposition gestellt wurden) in Folge des Nebels aus einander schossen und sich die stärksten Verluste beibrachten, so daß die Zahl der Tobten und Verwundeten 964 betrug. Nach Wien habe er aber davon nichts berichten dürfen.
In Serajewo finden nach den KriegSkorrespondenten der „Köln. Ztg." Hinrichtungen von unvorsichtig in der Stadt zurückgebliebenen Mitgliedern des JnsurrektionskomiteS statt. Ein neulich Erschossener — F.Z.M. Philippovich pflegt jetzt alle zum Strang Verurtheilten zu Pulver und Blei zu begnadigen —, ein reicher ehemaliger Jnsur- gentenfvhrer, erbot sich nach seiner Verurtheilung 20,000 Dukaten sofort zu zahlen, wenn man ihm das Leben lasse. ES wurde ihm indeß bedeutet, sein Testament zu machen; und er bedachte das mo- hamedanische Waiseninstitut mit obiger Summe, welche der österreichischen Kriegskasse au ch gut bekommen wäre.
Obstpreise.
— Stuttgart, 21. Sept. Der Obstmarkt war heute mit über
600 Säcken Obst befahren. Remsthalobst kostete pr. Etr. 4 50—80 L, hessisches 4 20 L pr. Ctr. Verkauf rasch.
— Brackenheim, 20. Sept. Aepfel 5 »IL 50 L pr. Ctr.,
Zwetschgen 2 20 L pr. Sri., Hopfen 70 — 1 Weinkauf
pr. bl 40
Redaktion, Druck und Verlag v»n S. O e l sch l ä ger^n^Ealw?