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Bei der in letzter Zeit abgchalteneu Prüfung von Kandidaten de« realist. ischen Lehramtes ist u. A. zur Anstellung auf einer Reallebrstelle für beflhigt erkannt worden: Ferdinand Riviniu«, Hilfslehrer an der Realanstalt in Ulm.

Tübingen, 15. Juni. Gestern früh,; 6 Uhr fand mqn in einem tiefliegenden Brunnen den Leichnam eine« Mädchen«; dasselbe litt an epileptischen Krämpfen, weßhalb ein Unglvcksfall vorltegen mag.

Schorndorf, 20. Juni. Ein eigenthümliche» Mißgeschick f in dm letzten Tagen einen seit einigen Jahren hier sich aufhalten« den Maler. Derselbe wollte heirathrn und wendete sich um eine »nt sprechende Urkunde über di: erfüllte Militärpflicht an den Civilvor sitzenden der Ersatzkommission Nun ergab sich, daß er sich bloS ein mal vor den Ersatzb.hörden gestellt hatte. Sofort wurde er als un sicherer Heerespflichtiger verhaftet außerterminlich gemustert und in das Militär auf 3 Jahre eingestellt.

Frankfurt, 17. Juni. Von Herrn August Bebel erhält die Franks. Ztg.' folgende Zuschrift, die wir, da die betreffende Notiz auch in unserem Blatte reproduzirt wurde, nachstehend folgen lassen: Soeben lese ich in Ihrem Abendblatt vom 13. ds. die der »Lcipz Bolkrzeitung* entnommene Notiz, daß ich dort au« einem Lokal, dem sog. .Siebenmännerhaus*,auSgetrieben worden sei; diese Mitkheilung ist falsch; es ist mir in keinem öffentlichen Lokale Leipzigs Derar tiges begegnet.

Köln, 17. Juni. Man schreibt dem »Fr. I.*: Am 1. Juli, nachdem die Feste mit dem Peter« und Pauls Tag vorüber sind und die sogenannte sestlose Zeit für die Katholiken beginnt, also außer« gewöhnliches Geläute nicht erforderlich ist, wird der Eingang durch den südlichen Dom Thurm dem Verkehr entzogen. Alsdann wird man damit beginnen, die Kaiser Glocke in ihren Stuhl hinaufzusördern. An eine Einweihung, bezw. Einsegnung des Erz Kolosses ,st bis da hin nicht zu denken, da sich dazu Niemand, auch der Weihbischof nicht, autorifirt halten darf, nachdem der Erzbischof abgesetzt wurde. Mit dieser Absetzung erloschen nämlich gemäß den Maigesetzen auch die von demselben ertherlten Vollmachten. Dieses geht soweit, daß seit mehreren Jahren die sonst jährlich stattfindende Ertheilung des Sakra wents der Firmung nicht mehr vollzogen worden ist. Bevor die Saiser'Glocke nicht eingeweiht worden, darf sie zu gottesdienstlichen Zwecken nicht geläutet werden.

Breslau, 18. Juni. Mit Rücksicht auf die gegenwärtige Zeit ist das fünfte allgemeine deutsche Turnfest, welches vom 28. bis 30. d. statt finden sollte, auf Beschluß des CentralauSschuffeS für dieses Jahr aufgehoben und auf das nächste Jahr verschoben worden.

Berlin, 17. Juni. Dem Chef der Admiralität find für die auf dem Großen Kurfürsten Verunglückten 28,909 überreicht worden, darunter 10,000 von Krupp in Essen und eine gleiche Summe von der Aachen»Münchener FeuerversichrrungSgesellschaft. Diese Gaben find der Marienstlftung Frauengade in Berlin«Elberfeld zur Verwen­dung im Sinne der Wohlthäter überwiesen worden.

Berlin, 17. Juni. Die Forschungen nach der gesunkenen Panzerfregatte .Großer Kurfürst*, welch: bisher von englischen Tauchern oorgenommrn worden, sollen ergeben haben, daß die Ueberreste de« Schiffes geborsten und daher rettungslos verloren seien. Dir Ad« miralität will sich indessen hierbei nicht beruhigen, und e« ist deßhalb rin deutscher Taucher und ein kaiserlicher Marine-Ingenieur nach Folkestour geschickt worden, um die Untersuchung zu wiederholen.

Berlin» 18. Juni. Die Nerzte de« Kaisers veröffentlichen heute folgende Mittheilung: Die Unterzeichneten halten sich zur Er­gänzung der von ihnen über das Befinden Sr. Maj. deS Kaisers und Königs auSgrgebenen Bulletins zu folgender Aeußerung verpflichtet, um mancherlei umgehenden, unrichtigen Auffassungen entgegenzutreten: Durch Gotte- gnädige Hilfe ist der Verlauf der Verletzungen und des gesammten durch da« so tief beklagenSwerthe Errigniß hervorgrrufenen KrankheitSzustandeS Sr. Majestät bisher ein fast über Erwarten günstiger g-wesen. Die einzelnen Momente dieses Verlaufs find in den mitgethellteu Bulletins verzeichnet. Hieraus ward nun in hoffnungs voller Frrude vielfach gefolgert, daß die Genesung Er. Majestät in -ster Nähe bevorstehe. Unter den obwaltenden Umständen ist die Erfüllung diese- gewiß in aller Herzen lebenden Wunsches jedoch vor- auefichtlich leider nicht zu erwarten. Sr. Majestät haben außer zeit welligen Schmerzrmpfindungen nicht nur unter der durch die Gebrauchs Unfähigkeit beider Arme bedingten Unbehilflichkeit viel zu leiden, sondern das Ziel der gänzlichen Wiederherstellung kann auch nur nach längerer Zelt erreicht werden, und auf dem Wege dazu können manche Schwierig­keiten liegen, welche, unter ÄotteS Beistand hoffentlich wie die bis- hengen, glücklich, aber nicht ohne Beschwerden für den hohen Patienten zu überwinden sein werden. Dr. v. Lauer. Dr. v. Langenbeck. Dr. WilmS.

Berlin, 20. Juni. Bulletin Vormittag» 10 Uhr. Der gestrige Tag ist für Se. Majestät den Kaiser in der günstigsten

Weise verlaufen. In Folge einer sehr ruhigen Nacht ist der Kräfte- zustand ein erwünschter. Seit gestern sind die ersten Gehversuche mit Erfolg angrstelll worden.

Der Gesundheitszustand de« Attentäters Nobiling hat immer noch keine wesentliche Veränderung zur Besserung genommen, an eine Wiederherstellung der Geisteskräfte desselben dürfte, wie man der .Trib.* brrichtet» kaum zu denken sein.

Der bei dem Attentate verunglückte Kutscher Richter befindet sich, uns die ,N. A. Z.* weidet, schon soweit in der Besserung, daß ihm brr Strellveibond gestern abgenowmen werden konnte. Die Füße kann er in die Höhe heben, dagegen sich im Bette noch nicht aufrichten.. Schmerzen har er wenig mehr. Auch der Appetit scheint sich bei ihm zu mehren. Dir Aerzte des AuguflahospUalS hoffen den- Patienten ganz wiederherzustcllen.

Die Besserung im Befinden de« Lndenwirths Holtfeuer schreitet in erfreulichster Weise fort. Am Sonntag vermochte der Verwundete bereits eine Stunde außerhalb de« Bettes zuzubringen, am Montag, sogar schon vier Stunden, und am Dienstag konnte er, durch ununter­brochenen Schlaf während der Nacht gestärkt, das Bett bereit- Morgen« verlassen.

D>e zwei geheimnißvollen Fremden, die sich in Bornslebt bei Potsdam, wo der zweite Sohn deS Kronprinzen, Prinz Heinrich» wohnt» nach demselben sehr genau erkundigten und in welchen eiy- Berichterstatter des .Berl. Fremden-Blatt«* zwei grausige Attentäter -)er» muth'te, haben sich glücklicherweise als sehr harmlose Leute entpuppt. Man war, so schreibt jetzt das genannte Blatt, so glücklich, die ver­dächtigen Gestalten festzustellen zu saifiren zu vernehmen. Letz­teres war nicht leicht, da sie nur sehr gebrochen deutsch sprachen. Beide gehören zum Haushalt des englischen Botschafters, der in der Manenstraße zu Potsdam, nahe bei Dornstedt, eine Villa gemiethet: hat. Lady Ruffell bewohnt gegenwärtig dieselbe. Sie sind mit dem Kammerdiener de« Prinzen Heinrich befreundet und warteten auf ihren Kameraden,« um ihn mit nach der Stadt zu nehmen. Leicht Erklär« lich ist rS darum» wie ihnen daran gelegen war, zu wissen, wann der Prinz auSgehrn würde, oder ob er schon ausgrgangen sei, und nicht minder natürlich unter diesen Umständen ihre Aeußerung. daß sie ihn wohl kriegen würden, wenn sie ihn auch im Momente verfehlt hätten. Das ist der wahre, durch die Behörde festgestellte Sachserhalt. (ES ist dieß wieder einer von den vielen Beweisen dafür, in welcher Weise manche größere Blätter aufregende Neuigkeiten machen.)

Heber den Verlauf der Montagssitzung des Kongresses bringen die Blätter allerlei, zum Theil widersprechende Nachrichten, lieberem» stimmend wird gemeldet, daß die bulgarische Frage auf der Tages­ordnung stand, aber nicht zum Abschluß gebracht wurde; dieselbe könne vielleicht noch mehrere Sitzungen in Anspruch nehmen. Der »Frkf. Ztg ' zufolge wäre e« in der Sitzung ziemlich stürmisch zugegangen. .Sowohl England als Oesterreich opponirten gegen die weitgehenden Vorschläge Rußlands in Betreff der Konstituirung Bulgarien».*

Die »N. Fr. Pr." berichtet, ein .Diplomat, welcher neben dem, Fürsten BiSmark auf dem Kongresse die hervorragendste Stellung einnimmt,* habe die Situation vor der zweiten Kongrrhfitzung mik folgenden Worten gekennzeichnet:Bis zur Stunde hat sich noch nicht« von der Stelle gerührt, und sind wir noch um keinen Schritt weiter gekommen. Alle Welt will den Frieden machen, aber r« läßt sich- nicht verkennen, daß bei jedem Schsitt dir Schwierigkeiten gleichsam au» der Erde wachsen.*

Berlin, 18. Juni. Nach dem .Tagblatt* erzählte Androffy an der Tafel Karolyi, daß bei einem Spazierritt im Thiergarten ein» ige Strolche leere SchnapSflaschen nach ihm geworfen hätten, ohne ihn zu verletzen.

Zürich, 13 Juni. Beim letzten Sängerfest in Kloten (bei, Zürich) hat eine allgemeine Vergiftung stattgefunden. Mehr als 300 Theilnehmrr am Feste sind erkrankt; die Sanitätsdirektion hat: besondere Abgeordnete zur Untersuchung d:s traurigen VvrkommnisseS- ernannt. Die Krankheit äußerte sich in akuter Magenentzündung- mit Fieber. Der Professor der Klinik, vr. Hugucein, hält sie für einen Typhus, herrührend von dem Genuß de« Fleische- von einem kranken Thier. Zwei Metzger, welche mit Umgehung der Fleischschau dem Festwirih kranke Kälber verkauft haben sollen, sind verhaftet. Weitum herrscht Trauer und Schrecken.

Ragusa, 15. Juni. Zwischen Türken und Montenegrinern ist e« heute zu offenen Feindseligkeiten gekommen; man hat sich den, ganzen Tag geschlagen. Details fehlen noch.

Fortgesetzte Versuche der Russen, die Türken zur Räumung von Schumla und Varna zu bewegen, blieben bisher erfolglos. Die Türken bleiben hartnäckig. Die Bevollmächtigten erklären, daß die Türkei ruhig ausharren und abwarten könne, wie sich die Ereignisse entwickeln

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