-cr Revision nam»ntzjg> ,i» dm Kleinstaaten za den überraschendsten Resultaten in unerfreulichstem Sinne geführt. Die strengste Anweud- >Mg der Sttasbestimmungen wird, wir man hofft, bald den hervorge- Iretenen Uebelständen für die Zukunft Vorbeugen.

Berlin, 2. Sept. Im Herbst d. 3 -, etwa Anfangs No­vember, wird der deutsche Handelstag wieder zusammentreten. AIS Gegenstände für die Berqthung find in Vorschlag gebracht: Dir Re­form der Gesetzgebung über die Aktiengesellschaften; Reichseisenbahn, tarif eventuell Reichseisenbahnfrage; dieReichSsleuern (Stempelsteuern); Reform der Gewerbeordnung (LehrlingSwesrn); die vorgeschlagene Un­tersuchung über die Lage der deutschen Industrie; die Bildung ge­werblicher Vertretungen (Gewerbekawmern); Aufnahme von Wechsel­protesten durch Postbeamte.

Bingerbrück im Aug. Wohl wenig Plätze bieten mehr Gelegenheit, sich von den immer größer werdendm WallfahrtSzügeu noch Marpingen zu überzeugen, als gerade unsere Eisenbahnstation, die zu jeder Tages- und Nachtzeit von frommen Pilgern überfüllt ist. Männer und Frauen, von de« militärpflichtigen Jünglinge und dem noch die Schultasche tragenden Mädchen an bis zu dem hochbetagten Greise und der filberhaarigen Matrone, Leidende und Krüppel in jeder Form und jeden Alters, ihren Anzügen nach zu uriheilen, größtentheils der unbemittelten Landbevölkerung angehörend, füllen die geräumigen »Sääle unseres Stationsgebäudes und aus ihren stumpfen Gesichtern kann man die Lehre ziehen, daß die Predigten der Aufklärung an die­sen Leuten ohne Spur und Wirkung verhallen werden. Jeder von ihnen hat seine Blechkanne mit dem wunderthätigen Wasser in seiner Nähe und mit ArguSaugen bewacht er seinen Schatz, der nach seinem unumstößlichen Glauben von jetzt ab alle Krankheiten und Gebrechen von seinem» Hause und seiner Familie ferne halten wird. Daß cs bei diesen Karawanen an Schaaren langberockter Priester nicht fehlt, bedarf wohl keiner besonderen Erwähnung. Bedauernöwerth bleibt e» immer­hin, daß Männer, welche vermöge ihrer Schulbildung und ihrer Kenntnisse berufen sein sollten, das beschränkte unwissende Volk zu be­lehren und vor diesem wahrhaft eckelerregenden Schwindelgebahrcn zu warnen, sich nicht entblöden, mit Hilfe der Kanzel und auch in privater mündlicher UeberredungSgabe die Menge immer mehr zum Besuche des Gnadrnortes anzuspornen. Wie lange wird es noch währen, bis Mittel und Wege gefunden werdm, um diesem verwerflichen Treiben ein Ende zu wachen?

Weimar, 30. Aug. Ein zeitgemäßes Verbot hat die hiesige Polizei erlassen, indem sie, veranlaßt durch die rücksichtslose Unser- droffevheit, mit der dort bei offenen Fenstern Klavier gespielt wird, jedes Musiküben in dieser das Publikum nnd die Nachbarschaft belä­stigenden Weise bei 2 -UlL Strafe in jedem einzelnen Kontraventions- falle untersagte.

AuS Thüringen, 28. Aug. In dem nahe bei Gerstungen gelegenen Dorfe Obersuhl (zur Provinz Hessen gehörig) ist der sehr tüchtige Bürgermeister Mohr vorgestern Abend, als er in Ausübung seines Amtes einer Tanzgesellschaft Feierabend geboten, von einem Strolche überfallen und auf dem Platze erstochen worden.

Basel, 31. Aug. Letzten Mittwoch wurde in der Birs, wenige Meter von der Grenze der nackte, noch frische, verstümmelte und schreck- lich zerfleischte Leichnam einer Frauensperson ohne Kopf und Hände entdeckt. Die aus der Stadt und Landschaft requirirte Polizei fand sich bald an Ort und Stelle ein. In dem sehr niedrigen Wasser wurden später die fehlenden Hände, ferner ein Büschel von braunen und grauen Haaren nebst einem Haarnetzchen gefunden. Es wurden nachher die Gebüsche auf beiden Seiten der Birs, ebenso die Hardt­waldung, in welcher am frühen Morgen des gleichen Tages ein ver­dächtiger Mann mit blutiger Blouse war gesehen worden, durch Mann- schaft mit Hunden durchstreift, jedoch bis jetzt ohne Erfolg. Die zahlreich vorhandenen Wunden sprechen vom Gebrauch eines schneiden- den starken Instrumentes, welches mit großer Gewalt gehandhabt worden ist. Die in der Hardt gesehene verdächtige Persönlichkeit wird beschrieben als ein mittelgroßer älterer Mann mit kurzem schwarzem Bart, schwarzen Augen, schwärzlichem, unreinlichem Gesicht, blauer, in der Bauchgegend mit Blut befleckter Blouse, grauen, in den Stiefeln steckenden Hosen, ohne Kopfbedeckung. Eine Prämie von 300 Frcs. ist von der Polizeidirektion Liestal auf Entdeckung des Thäters gesetzt.

Paris, 4. Sept. Die Zeitungen melden: Thiers ist gestern Abend um 6 Uhr plötzlich in St. Germain en Lahe bei Paris gestorben.

Paris, 31. Aug. Herr Gambetta hat heute der Vorladung vor den Untersuchungsrichter Folge geleistet. Als er, begleitet von dem Geranten derRepublique franyaise", seinem Sekretär, Herrn Sandrique, in dem Hofe de la Saint-Chapelle aus dem Wagen stieg, wurde er von etwa zweihundert Personen, die dort seiner harrten, und unter denen sich viele Advokaten in ihrer Amtstracht befanden, mit Hochrufen begrüßt. Er betrat allein das Kablnet des UntersuchungS- "" Aedrktüm, DruS u:rs Verlag von

lichter« Ragon; als er dann dasselbe mach einer kurzen Audienz wieder verließ, wurde er auf Umwegen an eine kleine Hinrerthüre geführt, , wo sein Wagen Befehl erhalten hatte, ihn abzuholen, und «ährend eine zahlreiche Volksmenge am Ouai und auf dem Boulevard du Bläi» sich ! anschickte, ihm bei seinem Erscheinen eine Ovation darzubringen, führ ! er unbemerkt davon. Rings um den Hustizplatz und in den Höfen > desselben wimmelte eS von Polizriagenten, und die inneren Wachtposten waren verstärkt worden.

AuS Bordeaux kommt die Nachricht, baß am 20. August Abends 8 Uhr eine Cyclone (Wirbelwind) mit fast unglaublicher Gewalt über der Stadt wüthete. Der angerichtete Schaden ist sehr beträchtlich, die Zahl der durch denselben verursachten Unglücksfällt ungehmer. Im Hafen haben glücklicher Weise nur unbedeutende Ha­varien stattgefunden, dagegen sind in Arcachon mehrere Leichen an- getrieben. Etwa 200 Fahrzeuge sind in Stücke zerschlagen, oder ver­schwunden, wobei zahlreiche Personen ums Leben gekommen sind. - Die berühmten Austernparks von Arcachon find überschwemmt, die Bassin« zerstört worden.

Als der Papst von den Niederlagen der Russen hörte, äußerte ir sich, wie der römische Korrespondent derGazetu Narodowa" berichtet, ' folgendermaßen:Ich freue mich stets unaussprechlich, so oft ich davon höre, daß dir Russen geschlagen wurden, und ich hoffe zu Golk, daß dieselben auch endgültig besiegt werden. Ich verrichte heiße Ge­bete. damit Letzteres sich bewahrheite". Hierauf unterhielt sich der Pabst über die Ehrenhaftigkeit der Türken und meinte:Würden nur alle Christen so ehrlich sein wie die Türken!'

Nordamerika. Nach einem Telegramm der. Daily News au« New-Jork vom 29. d. ist Brigham Joung, der Mormonenhäuptling, am Mittwoch Nachmittag in der Salzseestadt nach Otägiger Krankheit an einer Unte rleibsentzündung gestorben. _

Dom Krieg«.

Der russische Verlust seit 20. August wird folgendermaßen be­ziffert: Auf der Linie Rustschuk-RaSgrad 600, dei Eski-Djuma, Pop- kiöi und Ajazlar 3000» zwischen Osman-Bazar und Tirnowa 1500 Mann. Beim Schipka-Paß, wo die Russen insbesondere dei den Stürmen zur Wiedereroberung der russischen Positionen sehr große Verluste hatten, 8000 Mann, in "den Gefechten mit OSman Pascha und bei Rekognoszirungen der Kavallerie auf der rechten Flanke 1200, zusammen 14,300 Mann; mit den Kranken soll die Armee in dem Zeitraum von zehn Tagen bei 20,000 Mann verloren und kampfun­fähig haben.

St. P et e r » b u r g, 2. Sept. Am 31. Aug. Morgens verdräng­ten 8 türkische Bataillone aus Rustschuk unseren Vortrab aus der Stadt Radikoi, wurden aber von dort durch angekommene Verstärk- » ungen wieder vertrieben. Der Kampf am 31. d. bet Plewna hatte ^ folgenden Verlauf: 6 Uhr Morgens verdrängte türkische Kavallerie > unsere Vorposten, gegen 8 Uhr entfaltete der Feind Infanterie und ^ Artillerie» wobei eine Kanonade begann. Später erfolgten mehrere ! Angriffe auf Sgalewitza und Owrag (zwischen Sgalewitz und Pelischat). Letzter Punkt gieng mehrmals von Hand zu Hand über. Nachdem alle Angriffe zurückgeschlagen worden, ergriffen wir die Offensive und wiesen endgtltig die Türken zurück, deren Zahl gegen 25,000 Mann betrug. Nachm. 4 Uhr war der Kampf beendigt. Unser Verlust betrug gegen 600 Mann.

Konstantinopel, 2. Sept. In dem Kampfe am Freitag bei Pelischat (vor Plewna) verloren die Russen 1500 Mann. Bei der am Donnerstag vor Rustschuk unternommenen Rrkognoszirung wur­den die Russen bei Radikoi geschlagen und verloren 400 Mann. Die Türken machten eine ausgedehntere Rrkognoszirung in der Umgebung > von Resrowa. Bei Rasgrad wird ein Zusammenstoß erwartet. Vom > Schipkapaß nichts neues. Beiderseits find die Verluste groß. !

Wien, 4. Sept. Die russischen Verstärkungen treffen in gro­ßen Abteilungen und mit mehr Beschleunigung als seither ein. Die russischen Positionen am Schipkapasse sind derart besetzt und befestigt, ^ daß sie für uneinneh mbar gelten. _ _^

Vermischtes.

(Hochentwickelter Geschäftssinn.) Vor einiger Zeit hatte ein am ! Niagarafallc wohnender Mann das Unglück, von der nach Goat Is­land führenden Brücke hinabzustürtzen. Sofort wurde er an den Rand des furchtbaren Abgrundes ^ gerissen. Hier gelang es ihm, sich au einer Klippe festzuklammern und eine halbe Stunde auszuhalten, bis ihn das unausbleibliche Schicksal ereilte. Eine mitleidige und erregte Menge stürtzte an das Ufer und in das Haus, wo die unglückliche Frau dem Todeskampfe ihres rettungslos verlorenen Mannes zuschauen j mußte, denn hier war die beste Aussicht auf die Szene des Entsetzens. . Die brave Gattin besaß so viel Kaltblütigkeit, daß sie diese seltene Gelegenheit zumGeldmachen" nicht vorübergehen ließ, sondern von !

jedem der Anwesenden einen Dollar Fenstermiethe einsammelte..

S. Oelsüläger in Calw.