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EMtorxvuttuiu.
Dovnerstag, den 15. März, Abends 7 Uhr,
Wird der Afrikareisende Herr Hofrath vr. einen Vortrag halten über'
„Seine beiden ersten Reisen in Afrika, (nach Marokko «nd in die Oasen Draa, Cafiket und Cuat.)"
EintMskarten zum Preise von 1 für Erwachsene, von 50 ^ M Schüler sind zu haben in der Buchhandlung von E. Geo»,ti.
Mit Beginn des Vortrag«, 7 Uhr, wird das Gebäude ge- schloffe n. _
Sonntagsdilder «u» London.
NrO nie hat ein Vortrag in unserem Georgenäum eine so zahl» reiche Versammlung zusammengeführt, wie derjenige, den Hr, Helfer Häring »m letzten Freitag Abend unter obigem Titel gehalten und mit dem .sich derselbe den ungetheilten Beifall und Dank der in athern- loser Stille an seinem Munde hängenden Zuhörer erworben hat. Wir haben aber auch selten einen Vortrag gehört, bei dem die anmuthigc, von feinem Humor belebte Form und der höchst ansprechende und zugleich belehrrnde Inhalt, verbunden mit der äußerst gewinnenden und gewandten freien Redeweise in gleichem Maße den Eindruck der vollendetsten Harmonie hinterlassen hätte. Es ist nicht möglich, die in rascher Folge an dem Zuhörer voriibergeführten lebensvollen Bilder wiederzuHrben, die Hr. Häring mit meisterhaftem Griffel und mit frischen, sprechenden Farben von dem Londoner Sonntagsleben zu ent. werfen »erstand; nur eine magere Skizze möge wenigstens den Gedanken feiner Bilder reproduciren. Und so fahren wir denn mit ihm an einem schönen Septembertage, an einem Samstage, auf einem der unzähligen Omnibusse durch die Oxfordstraße in London, von Ost nach West der City zu, in der sich recht eigentlich der gewaltige Ver- lehr der Riesenstadt zusammendrängt. Dort ist das Rathhaus, die Bank, das Oberpostamt, der Temple (Justizpalast), dort ist der Mittelpunkt, von dort aus gehen die Pulsschläge des Welthandels. Wir begegnen einem gewaltigen Menschenstrvme, der sich aus der City heraußdrängt, und die Antwort auf unsere Frage, was dieß bedeute? belehrt uns: „es ist Samstag." Es ist zwar erst 4 Uhr) allein die Geschäfte werden heute ein paar Stunden früher geschlossen, und mit freudestrahlendem Gesichte, die unvermeidliche Zeitung vor den Augen, ziehen sie alle hinaus aus der dumpfen Luft der Comptoirs und Magazine in die frische Natur der Vorstädte, heim zu ihren Lieben. In dem Worte „Samstag" liegt für den englischen Geschäftsmann eine ganze Welt voll Glück, und es ist ein schöner Ausdruck dieses Gefühls, daß er sich auf dem Heimwege mit Blumen versieht zum Schmucke seiner Häuslichkeit.
Bon der Bank kommen wir hinab zur Londom Bridge, diesem verkehrsreichsten Themse-Uebergang mit seinen 4fachen Wagenceihen, durch die der Fußgänger nur mit Mühe und Noth sich ungefährdet durchwinden kann. Und wie still dieß alles vor sich geht, trotz des gewaltigen Gewühles! Begreiflich. Denn der praktische Engländer verzichtet auf den Lärm, der ihm keinen Nutzen bringt. In einer halben Stunde bringt uns die Bahn vollends in das Südost-Ende der Stadt, wo unser Quartier ist und wo wir erst wieder frische anfathmen. Wir freuen uns dort auf den freundlichen Empfang unserer Gast, freunde, aber auch auf unsere Briefe; denn morgen am Sonntag wer- den keine Briefe ausgetragen. Der Sonntag ist der Tag der Ruhe, die zuerst überraschend auf den Fremden wirkt, aber unendlich wohl- thätig ist mit all den kleinen Annehmlichkeiten und Freundlichkeiten, die sie im Gefolge hat, von den obligaten Blumensträußchen an bis zu den Wochenblättern, die am Samstag erscheinen.
Am Sonntag Morgen erwachen wir beim schönsten, Hellen September'Sonnenschein, den kein Schornsteinrauch mehr verdunkelt; denn alle Schornsteine feiern heute. Nach den beim Frühstück üblichen Redensarten fragt man unS: wen wir heute hören wollen, und man führt nnö zum Byptistenprediger GplirKv«»« Schon die Reise >>ahin 'steine! eins Sonntagsbild; denn die Züge gehen nicht wie sonn in rascher Fol^e. sondern in g ößeren Zu.i> .-mau .-cn. Ein Th st d:S Wegs ist noc, zu Fuß zurüu-z.'legen und die i.nme uhr wachsende Menge der Fußqänzer zeigt uns, daß wir nicht mehr weit entfernt sind vom Saale 8H»»irKe«i»8 Ob wir auch Platz be- kommen ? Wir kaufen unS einen Platz, wie Alle thun, und kommen glücklich hinein. In dem großen Saale mit seinen 3 Gallerieen haben 5—-6000 Personen bequem Platz und täglich 2mal füllt sich dieser große Raum. 8p», Kv«ir ist keine imponirende Erscheinung, er hat keine bedeutenden Züge; daß er aber ein bedeutender Charakter ist, fühlt man erst, wenn er zu reden angefangen hat. Er gebietet über eine prachtvolle Stimme und eine außerordentlich natüxliche Aktion. Er spricht nicht im Amtsklride, sondern im alltäglichen Gewände.
I Seine Sätze sind kurz, schlagend, seine Bilder treffend, vom Anfangs ' bis zum Ende weiß er zu spannen und er entwickelt eine außerordentliche Kennlniß des menschlichen Lebens. Er ist, wie ein Mann beim Hcrausgehen vollkommen bezeichnend sagte, ein Mann von explosivem Charakter. Das Herausgehen geschieht ganz ruhig, ohne Geräusch. Das Heimgehen ist jedoch nicht so leicht, wie das Herkommen, da tue Züge erst am Abend wieder gehen, und so kommt man henn zu einem hübschen Spaziergang, der einen herrlichen Appetit macht.zpm Dinner. Dieses Dinner hal aber heute einen ganz andern Anstrich, als an den andern Tagen ; es ist ja heute so recht ein Tag der Familie, die heule ihren Vater ganz bat, der sich mit ihr erfreut im traulichen Heim, wie draußen im grünen Park, wo die Kinder ihre unschuldigen Spiele treiben» und die Sage von der Londoner Kirchhofsstille des Sonntag» sinkt angesichts dieser herzlichen Fröhlichkeit zur Fabel herab. Frei- lich ist der Londoner Sonntagsspaziergang nicht der kürzeste Weg zum Wirthshaus, sondern er ist ein Aufleben in Gottes schöner Natur, ein tiefes Aufathmen in der frischen Luft nach den dumpfen, rauch« geschwängerten W ochentagen. _(Schluß folgt.)
— Calw, 12. März. Auf nächsten Donnerstag ist uns schon wieder ein höchst interessanter Vortrag angekündigt: von Herrn Hof» rath vr. Gerhard Rohlfs über seine beiden ersten Reisen in Afrika. Afrika ist bekanntlich seit einigen Jahrzehnten das Schmerzenskind de» Forscher und trotz der unermüdlichen Ausdauer der Männer der Wis« senschaft und trotz der schmerzlichsten Opfer, die schon viele dieser Männer mit ihrem Leben an die Wissenschaft bezahlt haben, sicher» wir heute noch mit unserem Wissen über das Innere Afrikas vor einem ungelösten Räthsel. Hr. vr. Rohlfs ist einer der muthigen Forscher, die selbst um den Preis ihres Lebens dieses Räthsel zu lösen mitvcrsucht haben, und ist es schon an und für sich interessant, von berufener Hand den Schleier heben zu sehen, der für uns Alle noch auf diesem Land der Mythe liegt, so muß für uns noch ein ganz besonderer Reiz darin liegen, daß wir Gelegenheit haben, einen der Pioniere der Wissenschaft persönlich vor uns zu sehen, und aus seinem eigenen Munde von den Leiden und Gefahren zu hören, mit denen jeder Schritt vorwärts in jenen unbekannten Ländern , in denen schon so manche Hoffnung der Wissenschaft begraben liegt, verbunden ist. Möge ein recht zahlreicher Besuch Hrn. vr. Rohlfs den Beweis liefern, daß er nicht fehlgegangen ist, als er seine Schritte nach Calw lenkte.
— Calw. Von befreundeter Seite wird uns eine interessante Zusammenstellung von Stadtschadens,Umlagen in einer Reihe von wärt- tembergiscken Städten mitgetheilt, woraus erhellt, daß, wenn auch Calw in den letzten 10 Jahren hauptsächlich in Folge des Bahnbaus eine sehr empfindliche Steigerung seines Stadtschadens erfahren hat, wir doch nicht am härtesten angelegt sind unter dm Städten von ähnlicher Größe. Nach der Größe der Umlage rangiren die Städte in folgender Weise: Es kommt auf 1 Mk. Staatsstener:
in Rottenburg (5,984Einw.) bei28,000c^ Stadtschaden— 1,24
Ebingen
(5,000
)
. 15,000 „
E,
— 1,46
Biberach
(7,009
)
, 39.500 .
— 1,61
Tübingen
(9,313
)
„ 47,000 „
— 1,84
Ravensburg (7,666
)
, 60,000 „
-2,00
„
Calw
(4,58-
)
„ 32.500 „
E,
— 2,14
Hall
(7,700
)
„ 51,500 „
— 3,07
Heidenheim (5.900
*
)
„ 41.000 „
— 3,60
Göppingen (8,600
„
)
., 91,600 „
-3,66
Gmünd
(10,100
)
„ 125,000 „
— 4,05
Aalen
(5,392
)
„ 56,000 ,
-4,76
Frmdmstadt (4,900 Einw.) mit 7000 Mrg. Gemeindewald gibt eine jährliche Bürgerqabe von 50—60 ebensowenig kennt Rott- weil (4,200 Einw ), das 50,000 Capitalvermögen, 4000 Mg. Wald und 3 Hofgüter mit 700 Mg. hat, die stnnehmstchkeit einer Stadtsc dadens -Umlaqe.
— Stuttgart. In Uebereinstimmung mit dm von den Königreichen Preußen, Sachsen und Baiern wegen der Rinderpest erlassenen Verboten der Einfuhr von Vieh über die russische und österreie"-ungarische
! Grenz: w rd das gl'ich: Verbot der Einfuhr nach und durch Wärttemb rg 'über Sn Pod-nse unter Sm Aafüg-.u c iaffen, du: sich das Einfuhrverbot eichreckt: 1) ans alle Arten von Bich mit Aus .a'u-- d-rPf"::, Maultiere nun Esel; 2) auf die von Wiederkäuern stammenden thic- rischen Theist in frischem oder trockenem Zustande mit Ausnahme van Butter, Milch und Käse; 3) auf Dünger, Rauchsutter, Stroh und andere Streumatcrialicn, gebrauchte Stallgeräthe, Geschirr und Lederzeuge; 4) auf unbearbeitete (bezw. keiner Fabrikwäsche unterworfene) Wolle, Haare und Borsten, gebrauchte Kleidungsstücke für dm Handel und Lumpen. Heu und Stroh, sofern es lediglich als Verpackung«» mittel verwspdet ist, unterliegt dem Einfuhrverbote nicht, muß jedoch am Bestimmungsorte vernichtet werden.
— Stuttgart, 10. März. Gestern Abend nach ^9 Uhr braitz