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mm LuxuSmöbeln, doch werden auch einfachere Möbel zum Export in tie westlichen Staaten gemacht.

Außerordentlich ausgebildet sei sodann die Wagenfabrikation, welche Wagen von höchster Eleganz und Leichtigkeit herstelle. Hie und da sehe man auch bei uns solche Wagen mit den hohen, auf's Feinste ausgearbeileten Rädern, die bei jedem Stoße brechen zu müssen scheinen, des vortrefflichen Holzes wegen aber äußerst dauerhaft seien.

Höchst ausgedehnt und schon sehr alt sei die Textilindustrie in Baumwolle; ein einziges Etablissement habe z. B. 130,000 Spindeln und 3700 Webstühle. Ebenso die Kattunsabrikation. Ex­port sei aber nicht möglich wegen des zu hohen Preises der Waaren. Merkwürdig sei die Anwendung der Baumwolle überall da, wo wir Leinen anwenden; selbst die Segel seien von Baumwolle und zeichnen sich durch ihre weiße Farbe aus, ebenso vielfach Taue, Stricke, Bind- faden. Flachs werde in Amerika nur wenig gebaut. Die Corsett- fabrikation mit mechanischen Webstühlen habe den europäischen Import gänzlich verdrängt. Die Wollindustrie sei besonders bedeutend für die Fabrikation von Flanellen als unentbehrlichem Ve- kleidungSstoff und von Teppichen, die sich in jedem Hause finden, so daß derjenige für besonders arm gelte, dessen Zimmer und Hausflur nicht mit Teppichen belegt seien. Im Allgemeinen excellire Amerika in solchen Geweben, die hauptsächlich Gegenstand der Maschinenfa­brikation seien und nicht noch besondere Handarbeit oder Hantgeschick- lichkeit erfordern.

Die Papierfabrikation, Truck und Buchbinderei, seien hoch ausgebildet und amerikanische Papiere gehören zu dem Schönsten, was man in diesem Artikel sehen könne. (Amerikanisches Papiergeld ist ohne Zweifel das dauerhafteste, das existirt.)

Merkwürdig entwickelt sei die S ch uh fa b ri ka ti o n, die fast allgemein nur im Großen getrieben werde und vortreffliche und zu­gleich billige Waare liefere; ein paar gute Fabrikstiefel kosten z. B.4, Handarbeit aber 1314 Doll. Tie L e d er f a b r ikati o n sei aber auch eine vortreffl. und das ausgez. amerik.Hemlockledcr (müder Rinde der Schierlingstanne gegerbt) mache jetzt schon vielfach dem deutschen Fa- brikate eine empfindliche Concurrenz. Was diesen Artikel in Deutsch­land theilwOse in Verruf gebracht habe, das sei nur schlechtes Fabri­kat. In welcher Weise der amerikanische Geschäftsgeist eine Sache praktisch ergreife , dieß sehe man z. B. daran, daß Gerbereien oft mitten im Walde errichtet werden, einzig und allein der Rinde wegen. Wenn der Redner dann noch bei Gelegenheit der Concurrenz, die das Hemlockleder dem deutschen Leder mache, den deutschen Gerbern den Rath gab. wenn ein Artikel nicht mehr rentabel sei, sich auf einen andern zu werfen, so haben hiezu wenigstens die Calwer Gerber etwas ungläubig den Kopf geschüttelt.

Nachdem der Redner endlich noch von einem Ausflug in die Oil-City, die Oelstadt erzählt, wo jährlich für 20 Millionen Doll. Petroleum gewonnen werden und wie da, was er selbst gesehen, ein Theil der äußerst leicht von Holz gebauten Stadt oder gar ein ganzer Ersenbahnzug mit einigen tausend Oelfässern bis auf die eiser­nen Räder der Waggons total verbrennen könne, ohne daß man viel Aufhebens davon mache, faßte er den Houptunterschied zwischen Amerika und Deutschland etwa darin zusammen, daß drüben unverhältnißmäßig viele große Etablissements bestehen, und daß man eine besondere Vorliebe für alles Neue habe; insbesondere sei das Specialisiren des Gewerbe­betriebs sehr ausgebildet und Vieles werde im Großen fabricirt, was bei unS der Kltinindustrie angehöre. Die Werkzeuge seien rasfinirt gute; alle Arbeiter müssen ihre eigenen Werkzeuge haben und bei dem hohen Lohne wolle Jeder mit dem lüsten Geschirr arbeiten. Die eisernen Geräthe seien alle sehr elegant, vernickelt, was sie sehr lange schön erhalte. Von Europa aus seien Gescl äfte allein noch in Sachen zu machen, die eine gewisse Phantasie oder Handarbeit erfordern. Reuleaux's Worte: »billig und schlecht" seien nicht so bös gemeint gewesen Wir fabriciren zwar in Württemberg billig, aber gewiß nicht schlecht; verwerflich sei nur. daß noch Manches gemacht werde, was nicht zu gebrauchen, sondern nur zu verkaufen sei. Leider sei eben das Publikum so, daß es häufig nur nach dem Billigsten greise, wenn es auch nicht sein Vortheil sei.

Schließlich machte der Redner noch darauf aufmerksam, daß er für die Sammlung der K. Centralstelle manchfache Einkäufe gemacht habe, die er jedem, der sich dafür interesfire, mit Vergnügen zu zeigen bereit sei, und es ist nach der vielseitigen Umschau, die Herr Diefen­bach in Amerika gehalten hat und von der vorstehender obwohl magerer Bericht gewiß einen vollgültigen Beweis liefert, mit Sicherheit anzu- nehmen, daß strebsame Gewerbsleute daraus reichen Nutzen schöpfen können, weshalb alle diejenigen, welche dem Vortrage nicht angewohnt haben, hierauf noch besonders aufmerksam gemacht sein sollen.

Möchte dieser lehrreiche Vortrag nicht der erste u. letzte sein, dem unser Georgenäum in diesem Winter seinen Hörsaal geliehen hat. Möchten

aber auch diejenigen, welche durch ihr Spätkommen den Vortrag so- vielfach gestört haben, endlich lernen, was die Rücksicht auf den Red­ner und das Publikum gebieterisch fordert, n-mlich Pünktlichkeit Das einzige Schutzmittel gegen solche Störungen bleibt schließlich das Ab­schließen des Saalcö nach dem Beginn des Vortrages oder wenigstens das Bufstellen des Dieners vor der Thüre, der allen Spätlingen de» Eintritt verwehrt. Eine mildere Praxis könnte sich probeweise viel­leicht auch mit dem Schmieren der abscheulich knarrenden Thür­angel begnügen.

Redaktion, Drück und Leüag von S. Oelschlüger in Ealw

Cannstatt, 1. Febr.. Endlich nach 8 Wochen und 5 Tagen ! hat man das Stuttgarter Ladenmädchen, welches sich unterhalb der Cannstatter Eisenbahnbrücke vor den Augen Lcr mit der Pferdeeisen­bahn Vorüberfahrenden in den Neckar stürtzte, gefunden. Die nach unserem letzten Bericht durch die Hosener Förger im Neckar aufge­fangene Leiche ist erwiesenermaßen jenes Ladenmädchen, Friederike Walz von Steinheim, O.A. Morbach. Verwandte erkannten sie und die Visitenkarten mit ihrem Namen lassen keinen Zweifel. Sie wird auf unserem Friedhofe beerdigt werden.

Tübingen, 1. Febr. Ein Leichevzug so großartig, wie unsere Stadt noch keinen gesehen, folgte heute den Särgen, welche die wenigen Ueberreste der verunglückten Feuerwehrmänner, des Wagners Weimer und des Güterabfertigungsgehilfen Kieß, enthielten. Um 11 Uhr trafen vor der Stadtkirche die aus zwei entgegengesetzten Stadttheilen kommenden Trarerwagen zusammen, und von da aus setzte sich der Zug in Bewegung. Niemand wollte Zurückbleiben, wo es galt, den wackeren Bürgern, welche ihr Leben für ihre Vaterstadt gelassen, die letzte Ehre zu erweisen. Der Trauermusik und den Leichenwagen folgten mit umflorten Fahnen die hiesige Feuerwehr, die Rottenburger Feuerwehr, eine Deputation der Reutlinger und Lustnautr Feuerwehr, der hiesige Turnverein und Vertreter auswärtiger Turn­vereine (Karlsruhe, Heilbronn, Stuttgart, Maulbronn, rr.) und das Stadtreiterkorps. Universität, Gerichtshof und Offizierkorps waren zahlreich vetreten. Die ganze Studentenschaft, die Verbindungen in ihren Farben, nahmen Theil am Zuge. Bezirksbeamte, die bürzer- lichen Kollegien und die gesummte übrige Bürgerschaft schloffen den Zug. Derselbe war so groß, daß die von ihm gebildeten Spaliere vom Gottesacker bis an die Wühelmssiraße reichten. Nach der von Dekan Frank gehaltenen Leichenrede und dem von Oberhelfer Sand­berger gesprochenen Schlußgebete drückte Stadtschultheiß Gös mit be- wegter Stimme und in ergreifenden Morten den für das Wohl ihrer Mitbürger Gestorbenen den Dank der Bürgerschaft für ihre opfer­willige Hingabe aus und legte Namens der bürgerlichen Kollegien und der Gemeinde den wohlverdienten Lorbeerkranz auf ihre Gräber. Wei­tere Kränze wurden niedergelegt Namens der Reutlinger Feuerwehr, vom ältesten Mitglied der Rottenburger Feuerwehr und vom Reut- linger Turnverein. Der hies. Turnverein, der an Kieß eines seiner eifrigsten Mitglieder verliert, hatte den Sarg desselben mit einem Lorbeer geschmückt. Gesang u. Trauermusik schlossen die ergreifende Feier.

Vom Fedcrsee, 31. Jan. Ein orkanartiger Sturm, der sogen.Federsee-Föhn", hat gestern Abend an den Häusern aller See­orte nicht unbedeutenden Schaden angerichtet. Heute schneit und weht es den ganzen Tag, unterbrochen von einzelnen Regengüssen, so daß die Wagen kaum durchkommen können.

Karlsruhe, 31. Jan. Ein frecher Diebstahl wurde in der Nacht vom 28. aus 29. Jan. in der isolirt gelegenen Filialkirche Degerndorf bei Branncnburg verübt. Ter Dieb holte sich bei dem zunächst gelegenen Bauernhöfe eine Leiter, stieg damit durch ein Fenster der Kirche, erbrach den Tabernakel mkd entnahm demselben den s. g. Kreuzpartikel. Beim Heraussteigen verlor er die Reliquie, die dann der Gendarmerie-Kommandant von Fischbach fand. Gleich­zeitig entwendete der Dieb dem Muttergottesbilde die silberne Krone, wobei er eine starke Schraube, womit dieselbe befestigt war, abbrechen mußte. Ein Versuch, den Opferstock zu erbrechen, und von der Kirche aus in die Sakristei zu dringen, ist bemerkbar, nicht aber geglückt. Bezüglich der Täterschaft ist noch nichts bekannt.

In Egeln (Baiern) brach dieser Tage ein Bassin, das 15,000 Ctr. Syrup enthielt. Die ausstrvmende Masse riß ein Haus fort und 50 Schafe, die in den süßen Strom geriethen, ertranken.

Berlin, 1. Febr. Wegen Revision des deutsch-östreichischrn Handelsvertrages finden in Berlin jetzt Konferenzen statt. Seitens des Reichskanzleramts nimmt Geheimrath Huber, seitens Preußens der Generaldirektor der indir. Steuern Hassrlbach und Finanzrath Jähn- igen, seitens Sachsens der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Finanz­rath Wahl daran Theil.

Berlin, 2. Febr. Die Einberufung deS Reichstags ist jetzig für den 22. d. M. in Aussicht genommen. Ob man an diesem Termine definitiv festhalteu wird, läßt sich augenblick lich nicht sagev^