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Der landrvirthschaftiiche Kezirksverein
empfiehlt seinen Mitgliedern und sonstigen Freunden populärer land- wirthschaftlicher Belehrung das landw. Wochenblatt von Fr. Möhrlin: „Der Bauernfreund" aufs angelegentlichste. Das Blatt zeichnet sich vor allen andern landw. Blättern durch seinen gediegenen, alle Zweige der Feld- vnd Hauswirthschast berührenden Inhalt und durch seine höchst ansprechende gemeinsaßliche Sprache ans und empfiehlt sich ganz besonders durch seinen billigen,Preis von 70 Pf pr. Halbjahr. Das. selbe wird vom Verein franco befördert und nimmt Erstellungen mit Vorausbezahlung des Betrags entgegen
Der Vereinssecretär
_____ E. Ho rl ach er.
— Weil der Stadt, 27. Dez. vr. meck Burkhard Stotz wurde heute Vormittag KP/- Uhr, als er eben den Morgenbesuch bei seinen Kranken abstatten wollte, von einem Blutsturz überrascht und verschied bald darauf im Alter von 58 Jahren in den Armen seiner schwer heimgesuchten Angehörigen. Groß ist die Trauer um den nicht nur hier, sondern in der ganzen Gegend allgemein bekannten und hoch, geachteten Arzt und Freund. Es werden wohl viele den anspruchs- losen liebenswürdigen und hochgebildeten vertrauten Rathgeber ver. missen, der seine Praxis trotz eigener leidender Gesundheit mit voller Hingebung bis an sein zu frühes Ende ausübte. Besonders für die hiesige Stadt ist das Ableben dieses verehrten Mannes, der mit den wechselvollen Geschicken so vieler Familien vertraut war» um so empfindlicher, als derselbe das ihm in so vollem Maße entgegengebrachte Vertrauen in jeder Beziehung zu würdigen verstand. Auch in weiteren Kreisen wird der Verstorbene, bekannt als Vorsitzender des Kepler- Denkmal-Komites. durch seinen Hingang viele ausrichtige Theilnahme erwecken und wird ihm gewiß überall ein ehrenvolles Andenken sicher sein.
— Besigh'eim, 27. Dez. Die Nachbargemeinde Pleidelsheim wurde am heil. Christfeste in einen nicht geringen Schrecken versetzt. Pfarrer Schober, ein Bruder des bekannten Rechtsgelehrten f Adolf Schober, betrat an diesem Festtage Morgens um l/z10 Uhr die Kanzel. Kaum hatte er das Eingangsgebet zum Gottesdienste gesprochen und wollte noch „Amen" sagen, da sank er zusammen- ein Schlag machte seinem Leben ein Ende.
— Ulm, 27. Dez. Der Güterzug mit Personenbeförderung, welcher um 4 Uhr 20 Min. in Geislingen abfährt und um 6 Uhr hier ankommen soll, erlitt auf der Geislinger Staige einen Unfall und dadurch eine Verspätung von anderthalb Stunden. Es brach eine Achse und ein Theil des Zuges rutschte die Steige wieder zurück, ohne weitere Beschädigungen anzurichten.
— Biberach, 24. Dez. In der Nacht vom 24. auf den Montag (Christfest) den 25. d. M. wurde der Wundarzt B. in Masel- heim, diess. Bez., nach Mettenbery gerufen. Auf dem Rückwege wurde er in dem Walde zwischen Mittenberg und Laupertshausen von einem Mann, welcher einen etwa 13 Jahre alten Sohn bei sich hatte, räuberisch angefallen. Der junge, kräftige Wundarzt setzte sich zur Gegenwehr, bemeisterte den Strolchen und nahm solchen nach Maselheim zum dortigen Schultheißenamte zur Aufnahme des nöthigen Protokolls.
— Flensburg, 24. Dez. Letzten Mittwoch den 20. Abends begann, wie es scheint, auf der ganzen Halbinsel und nach ganz Dänemark und Schweden hinein ein Schneesturm und Schneewetter, das in kürzester Frist alle Verbindungen unterbrach. Gleich am Abend noch blieben zwischen Schleswig nnd Rendsburg zwei Züge stecken, am andern Tag hatte überhaupt jede Verbindung nach Norden und nach Süden aufgehört und erst Freitag Abend kam wieder ein Zug von Süden her. Auch gestern, Samstag, blieben die Züge wieder stecken und es war wieder wie in alten Zeiten, wo die Post nur alle paar Tage kam. Auf dem Bahnhof drängten sich allstündlich Leute, die auf Angehörige warteten, welche mittlerweile abenteuerliche lieber- nachtvngen durchmachten. Was die Post zu thun hat, wenn 2—3 Tage Weihnachtssendungen zusammrntreffen, kann man sich denken.
— In Neustadt a. d. H., wo man vor einigen Tagen Miene machte, eine Genossenschaftsschlächrerei zu errichten, ist der Preis des Kalbfleisches, auf diese drohende Conkurrenz hin, auf 20 sage zwanzig Pfennig, hrrabgesunken. (In München kostet es 28 L.),
— Im M>ü ncbener Centralbahnhofe hat man in einer Holz, kiste eine sehr große Dynamit-Patrone gefunden.
— In Henau (Oberpfalz) wurde eine Ktrchendiebin aus der That betroffen. Die Frauensperson, welche gut gekleidet ist und ganz anständig ausfieht, war eben daran, den Inhalt eines Opferkastens herauszufischen, als sie ertappt und sofort arretirt wurde. Bei der Untersuchung stellte sich nun heraus, daß die Diebin vollständig ausgerüstet war mit Allem, was zur Entleerung der Opsrrstöcke paffend ist. In ihrem Kleide hatte sie eine eigene Tasche, in welcher sich Fischbein.
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stöcke von verschiedener Länge befanden. In ihrem Besitze fanden sich auch mehrere kürzere und längere Drahtstäbe, sowie mehrere Schlüssel, ein langes, im Griffe feststehendes Messer war in einer eigenen Tasche der Joppe.
— Berlin, 25. Dez. Die türkische Verfassung, obgleich seit Midhat Paschas Ernennung zum Großvezier erwartet, hat natürlich Aufsehen gemacht. Die belgische oder englische ist kaum liberaler, aber sie haben den Vorzug in Wirksamkeit zu sein, was der türkischen vielleicht nicht so bald begegnen wird. Das Wichtigste wäre die in der Verfassung verheißene Dezentralisation für die provinzielle Ver- waltung, welche das Konferenzprogramm für die aufständischen Pro- vinzen verlangt. Niemand kann der Türkei verwehren, sie auch in dem ganzen Reich einzuführcn. Aber für die Balkangrenze verlangt Europa Garantien, und es fragt sich, ob die Türkei sie gewähren wird. Der Gang der Dinge wird durch die Verfassung schwerlich aufgehalten werden. An der Spitze der Verfassung steht die Untheil- barkeit des Reiches. Die politische Autonomie einzelner Theile, welche England übrigens noch nicht zugchanden, auch schwerlich zugestehen wird, ist damit zurvckgewiesen.
— Metz, 26. Dez. Der vor der hiesigen Kathedrale gelegene große Platz bot heule ein bunt bewegtes Bild dar. Nach einem aus dem Mittelalter stammenden Gebrauche kommen nämlich alljährlich am zweiten Weihnachtsfeiertage die Knechte und Mägde aus einem Theil Lothringens zusammen, um sich auf's Neue zu verdingen. Ebenso erscheinen die Dienstherrschaften, um sich nach langem Wählen und Feilschen ihren Bedarf an Dienstboten auszusuchen. Der heutige „Markt" war sehr zahlreich besucht, was wohl daher rühren mag, daß in Folge der andauernden Geschäftsstockung viele Arbeiter ge;wun- gen sind, sich wieder der Landwirthschuft zuzuwenden. Da die Zahl der Dienstsuchenden die der D.enstherrschaften bedeutend überstieg, so sanken gegen Schluß des Marktes die Löhne bedeutend. Außer den auf ca. 500 geschätzten Dienstboten beiderlei Geschlechtes hatte sich auf dem Platze noch ein zahlreiches, aus hiesigen Einwohnern zusam- mengesetztes Publikum eingefunden, für welches die jeden Augenblick wechselnden -Szenen ein interessantes Schauspiel boten.
Petersburg, 28. Dez. General Nikitin sagte in Belgrad zu dem Offizierkorps: In acht Tagen, hoffe ich, werden Sie wieder Gelegenheit finden, Ihre bewährte Tapferkeit vor dem Feinde zu zeigen.
Petersburg, 26. Dez. Offiziös wird gemeldet: Die Resultate der Vorkonferenz wurden den türkischen Bevollmächtigten^ als feste, einstimmige Wünsche Europas mitgetheill. Die Pforte schwankt zwischen der Furcht vor dem unzufriedenen Europa und der Ohn- mächti gkrit, ihre eigene Bevölkerung zufr iedenzustellen.
Vermischtes
Leichte Röcke im Dienste zu tragen ist jetzt den Beamten der Post und Telegraphie gestattet, welche mit dem Publikum nicht in Verkehr treten. Der „Merseb. Korresp." plaidirt nun auch für die Briefträger durch folgendes Eingesandt:
O theurer Stephan, denke billig,
Sei menschlich, hilfreich, edel, gut,
Laß Deine Boten gehen in Drillich,
In Anbetracht der großen Gluth,
Wenn Du so rennen solltest, feste,
Trepp' auf, Trepp' ab, Haus ein, Haus aus Du zögest sicher Rock und Weste Und was weiß ich, noch weiter aus.
In Cincinnati ist es Mode geworden, Blut zu trinken, ge, rade wie man anderwärts Milch oder Sodawasser trinkt. Des Nach- mittags kann man viele elegant gekleidete Damen und Herren in die Schlachthäuser treten sehen, wo sie das Glas in der Hand, den Augenblick erwarten, da der Kopf eines kräftigen Stiers durch einen einzigen Hieb des Schlächters vom Rumpf getrennt wird. Sobald das Blut aus den Adern hervorsprudelr, wird Glas um Glas gefüllt und den Herrschaften gereicht, die den blutrothen Trank nicht ohne Vergnügen zu schlürfen scheinen, um selber Blut zu bekommen und riesen- stark z u werden.
— Die Herren O.<Postmeister Bacmeist e>r, Postmeister Nieder- höfer undBa reiß in Stuttgart, die im v. I. diehauptsächlichsttn Bestimmungen Uber den Postverkehr im Lande und außer Landes in einem bei jeder Poststelle für 60 Pf. zu habenden Heftchen zusammengestellt haben, habm nun auch als Ergänzung hiezu eine große tabellarische Ueberstcht über alle Brief- und Fah rposttaxe« für de» Verkehr innerhalb Württembergs, sowie mit dem deutschen Reichspost- gebiete, Baiern und den außerdeutschen Ländern, nebst Telegraphen- und Wechsel-Stempel-Steuer-Tarif herausgegeben. Da diese Tabelle, welche bei jeder Poststelle für 80 Pfg. zu haben ist, die neuesten Bestimmungen in klarer Ueberstcht enthält, sollte dieselbe in keinem Ge» schäftslokale fehlen.
S. O elschläger in Calw. (Hiezu Nro. S3 des UnterhaltungSblattsZ