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irr CirkuS sich in der Borstadt Berg beim Neuner'schen Bad, die folgenden 4 Tage wieder in Cannstatt auf dem Volksfestplatz. Stau- ttensmerth ist die acht amerikanische Schnelligkeit und Eleganz, womit das ganze Lircusgebäude bald, hier, bald dort aufgebaut, abgebrochen und wieder ausgebaut wird. Heute Berg, morgen Cannstatt der ganze Circus wandert herüber, hinüber, und wenn er in Berg wieder abgebrochen sein wird, ersteht er in wenigen Stunden neu in Cannstatt.

Stuttgart, 25. Sept. Die gestrige zweite Vorstellung des Circus Myer (in Berg beim Neuner'schen Bade) war ebenfalls gut besucht und hat sehr gefallen. Es wurde in rascher Folge sehr viel geboten, insbesondere excellirten die gymnastischen Leistungen. Für ocht komische Intermezzi sorgen die trefflichen Clowns. Die Ele- chhanten sind meisterhaft dressirt und außerordentlich zahm. Auch die Produktion mit den Löwen am Schlüsse fand vielen Beifall. Der Umzug durch die hiesige Stadt, welcher gestern noch nicht genehmigt wurde, fand heute Vormittag um 11 Uhr mit großem Gepränge statt.

Zur Beruhigung unserer Banknoten besitzenden Leser thcilen wir mit, daß die badische Bank gleich der württembergischcn vor» erst auch noch nach dem 1. Oktober ihre Noten einlöseu wird.

Bei der Hundeausstellung in Baden-Baden sind folgende erste Preise nach Württemberg gekommen: für Ulmer Doggen A. Mann in Stuttgart; für Hatzrüden: Boppel in Heilbronn; A. Mann in Stuttgart; für Leonberger: Jlg zum Bären in Stuttgart; Baß zum Engel in Calw; für kleine Spitzer: Photograph Boppel in Heil­bronn; für Affenpinscher: Burger zur Rose in Leonberg; für Wach­telhunde (King Charles): Gottl. Autenrielh in Stuttgart; für Wind­spiele (afrikanisches G. Schmitt in Stuttgart. Da die Herren Specht, Jäger und Hettich von Stuttgart Preisrichter waren, konnten ste keine Preise erhalten. Die Leonberger Hunde erhielten nur zweite Preise.

Ein Erlaß des preußischen L)andelsministers vom 19. laufenden Monats macht die Errichtung von Eank-Commanditen in Karls­ruhe und Mannheim bekannt.

Am 12. Oktober wird in München eine großartige Feier, die Enthüllung, des dem verewigten König Maximilian gestifteten Denk­mals stattfinden. Dasselbe kommt in die Maximiliansstraße, in der Nähe des Maximilian-Museums zu stehen.

München, 20. Sept. Bei Landshut, der Hauptstadt Nieder- baiervs, ist wieder eine Räuberbande aufgetaucht, welche ihre Thätig- keit damil eröffnete, daß sie in zwei Nächten 3 Einbrüche, einen eben solchen am Hellen Tage und dann eine Stunde von Landshut einen Mordanfall auf den Bauer Haunberger von Beutelhofen ausführte.

Schon früher wurde daran gedacht, die Salzsteuer durch eine Börsensteuer und eine Tabakssteuer zu ersetzen. Aber die Erwägung, daß zu diesen jletzten Steuern ein ziemlich verwickelter Apparat der Ueberwachung nöthig sei, hat wohl ihre Einführung gehindert, kaum ins Leben der Vorberathung eingetreten, wurden auch diese Projekte emer Rcichsbesteuerung bald wieder begraben. Nunmehr ist die Börsensteuer wieder lebendig geworden und soll zusammen mit der Brausteuer die Einnahmen des Reichs vermehren. Aber,nicht die Salzsteusr soll abgeschafft werden, sondern es gilt einer Ermä­ßigung der Matrikularbeiträge. Da können wir uns nun von Her­zen freuen, einen für die Kttiistaaten äußerst dringend gewordenen Wunsch erfüllt zu sehen, aber wie die Sache angefaßt ist:, werden gerade die Kleinstaaten und die ärmeren unter ihnen am meisten den Kürzeren ziehen. Die Matrikularbeiträge sind nothwendig, dos steht fest und gegen die Sache als solche gibt es nicht das mindeste ein- zuwenden; aber die Art und Weise wie sie erhoben werden in Form einer Kopfsteuer, die wurde längst als unbillig bezeichnet und als die Quelle'des finanziellen Ruins der Kleinstaaten. Die Einführung von Reichssteuern wird schwerlich eine Minderung der Landessteuern zur Folge haben und demnächst stände eine neue Belastung des Geldbeu­tels vor der Thür. Doch es wird niemals so heiß gegessen wie ge­kocht. Für'das Jahr 76 hat das Reich noch einen Ueberschuß von 32 Millionen Mark zur Verwendung; die Einnahmen für das Jahr 75 sind nach den Voranschlägen gering, die Ausgaben jedenfalls höher Lemeffen als sie in der That sein werden. Auch der Jnvalidenfonds, der im Jahr 74 schon 3 Millionen Mark Ueberschuß gehabt hat, wird in nicht ferner Zukunft eine Einnahmequelle werden, vorausgesetzt, daß wir nicht so bald wieder Krieg zu führen haben. Und so dürfen wir denn hoffen, daß auch die neugeborenen Steuerprojekte im bevor­stehenden Herbst fröhlich begraben werden.

Die Schntzzöllner und die Freihändler in Deutschland liegen einander einmal wieder arg in den Haaren, beide möchten die Reichs- regierung für sich gewinnen. Die Schutzzöllner wünschen möglichst hohe und viele Eingangszölle zum Schutz des Handels und der In­dustrie und werden von den Freihändlern, den Gegnern solcher Zölle, bekriegt. Zu den Freihändlern gehören besonders die Seehandelsplätze, welche unter den Schutzzöllen viel zu leiden hätten, da diese sowohl

die Ausfuhr als Einfuhr verringern. Dieselben haben zahlreiche Abge­sandte zu vertraulichen Berathungen nach Berlin abgeschickt.

In E lsa ß-L othring en wird mit dem 1. Januar 1876i gleichfalls die neue Reichswährung eingeführt und die Franken außer Kurs gesetzt. Doch werden die letzteren vom Reiche als nicht von ihm herstammend nicht eingelöst.

1 Seit man sich in El s a ß-Lor h r i n gen durch den Augenschein überzeugt hat, daß das verrufene Gespenst der Militärpflicht noch keinem von Denen, die sich zur Ableistung derselben bei der Fahne einstellen ließen, den Hals umgedreht, kehren fortwährend flüchtig gewordene Militärpflichtige aus dem Auslande in ihr Vaterland zurück. Allein rm Kreise Zabern haben sich vom 1. August bis 10. September 31 solcher Flüchtlinge zur Leistung ihrer Militärpflicht bei den Be­hörde» gemeldet. 24 von ihnen kamen ans Frankreich und 7 aus Amerika.

Frankreich. Paris.Figaro" erfährt,der kaiserliche Prinz sei entschlossen, eine Reise um die Welt zu machen, erstens um seine Erziehung zu vervollständigen und zweitens um sich dem ungeduldigen Einfluß seiner Anhänger zu entziehen."

Jesuiten, und Priesterarme scheinen noch gefährlicher zu sein als Frauenarme- Fürst Gortschakoff wenigstens, der russische Kanzler, ein Kenner von beiden warnt die Franzosen dringend davor, sich m die Arme der Pfaffen zu stürzen, wie sie bereirs angefangen haben. Er hat ihnen dieß zwar nicht in einer Depesche geschrieben man gibt in solchen Liebeshändeln bei Leibe nichts Schriftliches von sich aber er hat seinen Rath Herrn Thiers anvertraut, der ihm in Vevey in der Schweiz einen Besuch gemacht und mit ihm Uber Frank­reich geplaudert hat. Da Herr Thiers nahe an die Achtzig ist, so konnte Gortschakoff sicher darauf rechnen, daß Thiers das Gespräch ausplaudern werde und er hat es auch gethan, aber zum Wohle seiner Landsleute, wenn sie ihn hören. Er hat ihnen in den Zeitungen er­klärt, Rußland halte die Herrschaft der Geistlichkeit in der Regierung und in der Kammer Frankreichs für eine Gefahr Eurvpa's. Thiers sagt weiter: Alle Staatsmänner, die ich gesprochen, erklären, daß nur die Befestigung der gemäßigten Republik in Frankreich eine Bürg­schaft für den Frieden Frankreichs und Eurvpa's sein werde. Er veröffentlicht Uber seine politische Unterhaltung mit Gortschakoff! als dessen Ausspruch u. a. Folgendes:Ein einziger schwarzer Punkt bleibt am Horizont: der Clerikalismus, der sich im Kriegszustände mit der deutschen Reichsregierung, mit der russischen und italienischen Regierung befindet, in heiklen Verhältnissen mit dem österreichischen Hof und im stillen Kampf mit der Meinung der österreichisch-ungarischen Kammern. In den Augen der Kabinett von Petersburg , Berlin, Wien und Turin hat der Clerikalismus nur den Kopf ui Rom, das Geld aber, den Arm und das Schwert in Frankreich. Europa ist ernstlich be­sorgt, daß sich Frankreich in ein Kricgslager des Ultramonlanismus verwandelt."

Von der österreichisch-bosnischen Grenze wird gemeldet, daß seit langem kein solcher Erntesegen in Bosnien, Türkisch-Croaticn, ja selbst in der Herzegowina gewesen sei, wie in diesem Jahre. Das Getreide stand dicht und hoch, der Mais trägt in 89 Schuh hohen Halmen schwere Kolben, die Obstbäume brechen unter ihrer Last. Nirgends aber ist ein Stück Vieh zu sehen, nirgends sind Arbeiter zur Ein- heimsung der Ernte sichtbar. Das Getreide fault in Garben auf dem Felde, überall wuchert Unkraut, statt der Hütten und Häuschen sieht man nur Brandstätten und Trümmer. In den sonst so belebten Thälern der Nizas, Sana, Gomjonica, Ubas rc. herrscht die Oede trostloser Verwüstung. Die Insurgenten, in unwirthlichen Schluchten hausend, wo kaum Ziegen das nothdürftige Futter finden, werden end­lich entweder der Kampf in der Ebene aufnehmen oder sich unterwer­fen müssen.

Türkei. Konstantinopel, 23. Sept. DieAgence Havas" meldet: Ein serbischer Agent theilte am 21. Sept. der Pforte eine Depesche seiner Regierung mit, in welcher sich diese beklagt, daß eine Marodeursbande die Grenze überschritten habe, in Serbien eingedrun­gen sei und Lebensmittel, sowie Vieh geraubt habe. Die Pforte er­lheilte noch keine Antwort.

Der Verkehr an der serbisch-türkischen Grenze ist durch die bei­derseitigen Truppenkonzenlrirungen ganz unterbrochen. Es ist ein gereizter Notenwechsel im Zuge.

Belgrad, 23. Sept. Die von der Skuptschina angenommene Adresse enthält folgenden auf den Ausstand bezüglichen Passus: Die Nation ist tief gekränkt über das Blutvergießen, welches die beiden Brüder hervorriefen. Die Nation ist dem Fürsten dankbar für die Erklärung, daß er Mitwirken werde, um Frieden und Ruhe in Bos- nien und Herzegowina herzustellen. Die Nation stelle zu diesem Zwecke dem Fürsten alle nölhigen Mittel zur Verfügung und werde vor keinem Opfer zurückscheuen. Die Nation HM, der Fürst werde in seiner Weisheit diese hohe Aufgabe würdig erfüllen. ..

Stedigirt, gedruckt und verlegt von A. Oetfchlilger.