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zu kaufen. Es gesellt« sich ein feingekleideter Herr zu ihm und macht ihm den Vorschlag, die schöne Synagoge zu besehen. Man kam an einer Wirthschaft in der Rosenthalcrstraße vorbei und der Fremde schlug vor, erst einzukehren und ein gutes Glas Bier zu trinken. In der Wirthsstube saß eine Gesellschaft, welche Kümmelblättchen spielte. Es dauerte nicht lange, da bekam der Bauer auch Lust, mitzuspielen, verlor aber einen Hundertthalerschein nach dem andern, bis er zuletzt sein Hab und Gut verspielt hatte. Er machte zwar Versuche, denBank- Halter, der ein falscher Spieler war, festzuhalten, allein die Spielgesell' schast stob auseinander und der Bauer war arm wie eine Kirchenmaus.
— In Bezug auf den Bischof Dr. Marlin wird von mehreren Seiten daran gezwcifelt, daß derselbe wirklich die deutsche Grenze überschritten habe. Heute schreibt nun die „D. R. C.": ihr zugegangene und wie sie glaube »sichere" Nachrichten wollten wissen, »daß der ehemalige Bischof nicht nach Holland geflohen und daß derselbe bei einem ultramontanen hochadeligen Herrn im Regierungsbezirke Arnsberg latitirend sich aufhalte. Jene angebliche Flucht habe der Bischof nur fingirt, um die Behörde von weiterem Nachsuchen nach ihm abzuhalten."
Zu Fogarasch in Siebenbürgen hat es am 27. Juli g e- schneit. Die Kälte war so schneidend, daß man die Winterkleider wieder hervorsuchen und einheizen mußte.
Schweiz. In O st ermundig e n begingen am vorigen Sonnabend Abend junge Leute die Verfassungsfeier in gewohnter Weise mit Schießen und Anzünden eines Feuers. Ihr Pulvervorrath entzündete sich, und 7 Mann wurde« derart verbrannt, daß bereits 4 davon gestorben sind und für die andern nur wenig Hoffnung vorhanden sein soll.
Frankreich. Paris, 11. August. Nach den bisher bekannten Beschlüssen der internationalen Jury für die geographische Ausstellung wurde die höchste überhaupt verleihbare Auszeichnung, ein Ehrendiplom, der geologischen Landesanstalt und königlichen Bergakademie zu Berlin verliehen. Dieselbe Auszeichnung erhielten der schwedische Generalstab, das geographische Institut in Christiania, der dänisch: Generalstab, das schwedische und norwegische geologische Institut, Professor Nor- denskjöld, und Baron v. Offen. — 12. August. Bei der gestrigen Preisverthcilung des peographischen Kongresses erhielten folgende Deutsche die Medaille erster Klasse: Die Mmisterlalkommission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere in Kiel, Fritsch, Dr. Bastian, die königl. statistischen Bureaux in Berlin und München, der Buchhändler Hinrichs in Leipzig, Dr. Mayer, Baron Herrmann Schlagintweit. Außerdem erhielten Mada'llen 18 Aussteller aus Dänemark, Schweden und Norwegen und 18 russische Aussteller.
Spanien. Bourg madame, 12. Aug. Die Alfonsisten nahmen den Thurm von Solsona, ein Vorwerk von Seo d'Urgel ein.
Madrid, 12. Aug. Das Amtsblatt veröffentlicht ein Dekret, welches die Aushebung von 100,000 neunzehnjährigen Spaniern für den Januar anordnet.
Vermischtes.
In auffallender Anzahl mehren sich die Fälle der in Folge von Insektenstichen eintretenden Blutvergiftungen, die häufig tödtlichen AuSgang nach sich ziehen. Unter allen Umständen ziehe man, sobald sich entzündliche Rölhe und Anschwellung zeigen, in möglichster Bälde einen Arzt zu Rathe. Als nächste selbstständige Hilfe empfiehlt sich, sobald der Stich nachhaltigen Schmerz verursacht, eine Einreibung der betreffenden Stelle mit Salmiakspiritus, von dem man leicht ein kleines Fläschchen zu Hause vorräthig halten oder auch, besonders wenn Familien mit Kindern einen längeren Ausflug machen, mit sich führen kann. Der Salmiattpiritus muß aber, da er mit der Zeit an Wirkung verliert, öfters ei neuert werden.
. (Gefährliches Mittel.) Eine junge Ehefrau in ** mußte in letzter Zeit zu ihrem Bedauern sehen, daß ihr bisher so solider Gatte plötzlich in leichtsinnige Gesellschaft gerieth und mitunter ganze Nächte hindurch trank - und sp-elte. Eine HanSfreundin ricth der Ge kränkten, den Mann eifer'üchtig zn machen, um ihn dadurch zum Zuhauscbleibcn zu ^bewegen. Dieser Rath fand Gefallen und wurde sofort befolgt. Der Bruder der jungen Frau mußte an diese ein Liebesbriefchen schreiben, welches — in Abwesenheit der Gattin — dem Manne in die Hände gespielt wende. Sei es nun, daß der Brief etwas ungesch ckc abgefaßt war, oder daß der Gatte sehr reizbarer Natur ist: die erste Wirkung der verhängnißvallen Zeilen bestand darin, daß sie der heimkekrenden Gattin sehr empfindliche Züchtigung einbrachteu. Glücklicher Weise wurde der kruder der Letzteren durch Neugierde getrieben, den Erfolg seiner chriftstellerischen Thätigkeit mit eigenen Augen und Ohren zu luobachten, m>d kam mit seinem Besuche gerade zur rechten Zeit, um dem erzürnten Scl mager gegenüber den Vermittler und Friedensstifter zu spielen. — Die Frau
Vedimrt. «et-nickt -"»trat
aber tröstet sich heute lächelnd mit den Worten: »Ich habe zwar meinen Theil abgekriegt, aber — es hat geholfen!"
(Wie man reich wird.) Ein Modewaarenhändlcr in Balti- more — erzählt ein dortiges Blatt — der vor 10 Jahren einen Papagei lehrte, zu jeder Dame, die in seinen Kaufladen trat, zu sagen: »Reizendes Geschöpf!" ist jetzt ein — Millionär.
Ueber das im Mai d. I. stattgchabte Erdbeben in Cu cnca entnimmt die »Wes.-Ztg." einem Privatbriefe folgendes: Schon am Pfingstsonntage, den 16. Mai , Nachmittags 5Vo Uhr, wurde die ganze Stadt durch einen ziemlich heftigen Erdstoß m Allarm versetzt, durch welchen viele Häuser in Cuenca, z. B. der Laden des deutschen Konsuls R., das Haus von Jlbefonso Urguindo und die deutsche Apotheke bedeutende Risse bekamen; am Montag Morgen um 6V» Uhr wiederholte sich das Erdbeben in ebenso starkem Maße wie TagS zuvor, und diese zwei Erdstöße wurden in einer Entfernung von ungefähr 30 deutschen Meilen zu gleicher Zeit verspürt. Doch an dergleichen Erdbeben, die vor 8 Jahren schon einmal stattfanden, ohne Schaden angerichtet zu haben, gewöhnt, thaten die Einwohner nichts, um sich vor diesem schrecklichen Ereignisse zu retten; da aber Cnenca, wie es scheint, gerade im Mittelpunkte dieser vulkanischen Umwälzungen lag, so wiederholte sich das Erdbeben am Dienstag, den 18. Mai, Vormittags 11>/, Uhr. Es war Frühstückszeit und v. D. nach seinem der Apotheke gegenüberliegenden Wohnhanse gegangen, in der Apotheke war aber ein Kollege von mir, I. R., ich und C. I., welcher im ersten Stock am Fieber krank darniederlag, als wir plötzlich wieder dieses Grausen erregende, Unheil verkündende Getöse in der Luft vernahmen. In einem Nu, als ich sehe, daß von der Decke der Apotheke Kalkstücke herabfallen, laufe ich, von einer schrecklichen Ahnung ergriffen, nach der Apothekenthür, die zur Straße führte, und rufe R. zu, er möge um Gotteswillen auch kommen, damit wir uns unter dem Thürpfosten gemeinschaftlich schützen; kaum aber bin ich dort angelangt, sah ich schon, indem ich einen erschreckten Blick rückwärts werfe, die Apothekengefäße herunter- falleu und das ganze Gestell hin- und herschwanken, dann folgte ein so starkes Schwanken, daß wir beide zu Boden stürzten. Es wurde Nacht vor Staub. Ich war besinnungslos, und wie lange ich in diesem Zustande gelegen, weiß ich nicht, als ich aber aufwachte, sah ich ein schreckliches Bild der Zerstörung vor mir. Alles, was nur fallen konnte, war gestürzt, und um mich lag ein unendlicher Trümmerhaufen. Ich versuchte nun, aus meiner verzweifelten Lage mich zu befreien, aber halb zwischen Balken und Schutt vergraben, die linke Hand und das rechte Bein zwischen Balken gepreßt, sah ich mich lebendig begraben. Da erinnere ich mich meines unglücklichen Collegen und schrie aus Leibeskräften nach ihm, ob er noch lebe. Zum Tröste antwortete er. Doch auch er war festgebannt in der Erde, von Staub halb erstickt. Mit Hilfe von einigen Freunden (Eingeborenen) wurde ich aus dem Schutt und dem Labyrinth der Balken befreit. Mein Bein war nicht gebrochen und nur durch den Fall der Balken arg geklemmt. Jetzt ging es an die Rettung meines Collegen, der bis an den Leib begraben war. Das Hausthor der Apotheke war, aus den Angeln, demselben auf die Brust gefallen und Schutt noch darüber gefallen. Vermittelst Stangen hoben wir die Thür und zogen ihn so allmählig hervor. Es war die höchste Zeit gewesen, denn schon standen die Reste der Trümmer der Apotheke in Flammen. Vermuthlich hatte sich unser Vorrath von Wachs- Zündhölzern durch einen Stoß von selbst entzündet und das Feuer veranlaßt. — Der Schrecken, die Verwirrung und Angst unter dem noch anhaltenden Zittern der Erde war entsetzlich, von den Häusern, Kirchen, Magazinen u. s. w. war nichts geblieben als Schutt, der alle Straßen ellenhoch bedeckte und unbarmherzig Menschen und Thicre mit sich gerissen und begraben hatte. Hier sah man' halbverschüttete wehklagende Leute, händeringende Männer, dort ohnmächtige Weiber, unter ihrer Bürde von Ladung und Steinen ächzende Maullhiere — ein Bild, so grausam und herzerschütternd, daß es unmöglich ist, die verschiedenen Eindrücke wiederzugeben. Zum Ueberfluß stellte sich Nachmittags noch ein heftiger Wind und Regen ein und so war Alles ohne Obdach auch uoch diesem preisgegeben. Etwa die Hälfte der Bevölkerung — 5000 Menschen — mögen das Leben eingebüßt haben. Viele der um Cuenca liegenden Ortschaften sind entweder ganz oder zum Theil zerstört. Kaum war Cuenca zerstört, so fanden sich von V-ne uela, unserem Nachbarstaate, verruchte Subjecte ein, um zv plünvern, anstatt die halb vergrabenen und noch lebenden Menschen zu retten. Ocffentliche und Privalkassen sind erbrochen worden n s. w Keiner mar seines Lebens sicher und die Svitzbuben mordeten sich aeyer.sntig in ihrem Streite um die Beute. Dre ersten Tage brachte ich in einrm Lemwandzelte zu, wo mich verschiedene Eingeborene freundlich ausgenommen haben. Meine Ersparnisse und Kleidung, mein qanz-s Hab und Gut. habe ich verloren.
-w A. OeN«I8aer." -