— Wein he im, 6. Juni. ZwisMn Grvßsachsen und hier entlud sich am 5. d. M. ein heftiges Gewitter, welches in einen Wolkcnbruch auSartete. Der mit einer schweren Maschine versehene Main-Neckar- Zug konnte sich nicht vorwärts arbeiten und blieb im freien Felde stecken.
— Aus dem GroßherzogtAm Hesse», 6. Juni. Bestem Ver«
nehmen nach wird das ReichS-Civik-Ehegesetz am 1. September im Großherzogthum eingeführt,' - .
— Frankfurt, 8. Juni. Di?' Güterhalle für die ÄnkunftSgüter des Taunusbahnhofs ist nebst Inhalt heute Morgen total abgebrannt. Fährmaterial ist nicht verloren gegangen.
— München, 4. Juni. Man will hier wissen, daß der Kronprinz deS deutschen Reiches die Absicht habe, seinen ältesten Sohn, Prinzen Friedrich Wilhelm, welcher dermalen da« Gymnasium in Kassel besucht, behufs weiterer wissenschaftlicher Ausbildung an die hiesige Universität zu schicken. Auch soll die Absicht bestehen, daß der Prinz seinen EinjäbrjgzFreiwilligendienst hier durchmache.
In Baieyn berrkren sich die Mramontanen tüchtig auf die.bevorstehende Wahlkampagne vor, aber auch die protestantische Geistlichkeit bleibt, nicht zurück, wie denn neulich ein ppotestantischcr Pfarrer in, Uyterfranken äußerte, .ein guter protestantischer Christ lese kein anderes Blatt als der Pfarrer empfehle, nicht solche, die der Jud' haufiren trage" und ein katholischer Kaplan in Antzgau in Unlerfran- ken betete das Glaubensbekenntniß so vor: »Jch -laube-M einen unfehlbaren Papst" (statt an eipe allgemeine christliche Kirche/i Ms werden wir da noch erleben-' Gut, daß die Regierung die Jubiläumsprozession verboten hat.
— Zur Einweihung des Hermann-DenkmaleS (16. August) im Teutoburger Walde haben sich an 30,000 Fretnde, darunter 800 Studenten angemeldet. In und um Detmold werden Baracken zu ihrer Unterbringung errichtet werden.
— Ems, 6. Juni. Se. Mas. der Kaiser Wilhelm ist heute Morgen um 10 Uhr hier eingetroffrn. Derselbe wurde von II. MM. dem Kaiser von Rußland und dem König von Württemberg am Bahnhof empfangen, wo eine große Anzahl von Kurgästen und Einwohnern versammelt war. dir den Kaiser mit den lebhaftesten Kundgebungen begrüßten. Die Majestäten fuhren dann gemeiuschaft- lich nach den „Vier Thürmen", um Ihre Maj. die Königin von Württemberg zu besuchen. Die Stadt ist reich beflaggt.
— Ems, 7. Juni. Der Kaiser dinirte gestern bei dem russischen Kaiser und besuchte darauf mit Letzterem die Vorstellung im franz. Theater. Abcnds fand ein venetianischeS Gondelfest auf der Lahn statt. Die Stadt war glänzend illuminirt, der Villenstadttheil gegenüber dem Kursaal war bengalisch beleuchtet. Beide Kaiser promenirten am Flußuser. Die Volksmenge und die Kurgäste brachten ihnen lebhafte Ovationen dar. Der König von Württemberg wird morgen Dienstag, der Kaiser von Rußland am Donnerstag abreisen.
— Die deutsche Flotte wird in der nächsten Zeit einen Flotten- stab, ähnlich dem Generalstab der Landarmee, erhalten, der seinen Sitz in Kiel haben soll.
Spanien. Madrid, 4. Juni. Das Gerücht, daß die Vermählung res Königs Alphon» mit einer deutschen Prinzessin und die der Prinzessin von Asturien (Schwester des Königs) mit einem baierischen Prinzen vorbereitet werde, wird dementirt.
England. London, 7. Juni. Im Unterhause theilte Whal- ley mit, er werde demnächst Disraeli darüber intcrpelliren, ob ser davon unterrichtet sei, daß eine beträchtliche Anzahl Jesuiten trotz der beste- henden Gesetze in England sich ansäßig gemacht habe und ob die Regierung bereit sei, dieselben zu verfolgen, oder welche Maßregeln über. Haupt sie zu ergreifen gedenke.
Zwei junge reiche Männer aus guten Familien in Södrnßland, die lange Zeit in freundschaftlichen Beziehungen gestanden hatten, ge- riethcn wegen einer Schauspielerin, welcher beide ihre Huldigungen darbrachten, in Zwist, und verletzende Aeußerungen des Einen führten zu einer Herausforderung. Beide Rivalen hatten wiederholt Proben ihres persönlichen MutheS abgelegt, beide waren mit der Führung der Waffen vertraut, beide aber waren noch jung und lebenslustig. So kamen sie denn überein, ihr Duell nicht durch Pistolen oder Degen, sondern durch das Loos zu entscheiden, aber demjenigen, der den kürzeren Strohhalm zöge, nicht die Verpflichtung zum Selbstmord auf- zuerlcgen, sondern ihn zu verpflichten, seine Stellung in der Gesellschaft, seine Hcimath und sein Vermögen aufzugeben, um völlig mittellos auswärts sich eine neue Existenz gründen zu müssen. Die Ziehung der Loose fand statt und wenige Tage darauf hat der Verlierende nach Regelung seiner Verhältnisse und nachdem er über sein ganzes bedeutendes Vermögen zu gemeinnützigen Zwecken verfügt hatte, zn Fuß ohne Gepäck, ohne einen Kopeken in der Tasche, seine Heimath verlassen, um zunächst durch Uebernahme einer Erzieherstelle in der Nach- barschaft sich die Mittel zur Ueberfahrt nach Amerika zu erweibcn,
wg er sich eint neue gesicherte Existenz zu gründen hofft. Jedenfalls gehört eili größerer moralischer Muth dazu, aus angenehmen äußeren Verhältnissen zn scheiden und wie ein aus dem Schiffbrnche mit dem nackten Leben Geretteter sich ganz aus eigener Kraft wieder empor zu arbeiten, als sich eine Kugel durch den Kopf zu schießen oder ein Glas Cyankali zu trinken.
Gemeinnütziges.
Sachlich lsäure. Wir glauben, uns den Dank- der verehrst» chen Hau-früien zu verdienen, wenn wir sie auf ein wegen seiner einfache» UNd leichten Anwendbarkeit zum gewöhnlichen Hausgebrauch geeignetes, Fäulniß hinderndes Conservirungsmittel aufmerksam machen- Es ist dieß die, in jeder Apotheke zu habende Salicylsäure. Dieselbe schützk ist kleinern Quantitäten besser vor Fäulniß als die Carbolsägrr. lieber die die Fäulniß hindernden Wirkungen liegen die ausgiebigsten Ver» suche vor. Milch mit einem geringen Zusatz derselben wird nicht falirr; rtzickersiachtes Obst, Gemüse, Gurken beschlagen nicht, Fleisch haknst übergässen saust nicht. Selbst als Dr. Heiden im heißen Herbst vorigen Jahres sechs Stück Rebhühner erhielt, die sich in Folge einer Irrung der Eisenbahnverwaltung über 14 Tage auf der Eisenbahn herum getrieben hatten, und natürlich den höchsten Hautgout entwickelte», gelang es durch Abwaschen mit Salicylsäureauflösung, die Thierchen noch ganz schmackhaft für die Bratpfanne herzurichten. Frisches Fleisch kann iman durch, wenige Gramm Salicylsäure auf Wochen hinaus säst unverändert äufbewahren. Ein einfaches Einlegen und Abwaschen mit Wasser genügt, um das Conservirungsmittel zu entfernen. Bliebe selbst etwas daran haften, so übt es weder auf den Geschmack noch auf die Gesundheit einen schädlichen Einfluß auS.
Das Bulletin Franyais theilt eine von Dr. Maurin vorgeschlagene Methode zur Abkühlung der Krankenzimmer mit, deren Einfiche rung sich allgemein empfehlen dürfte. Dr. Maurin läßt die weit- geöffneten Fenster mit Leinwandvorhängen verhängen, die in Wasser eingetaucht sind. Das Wasser absorbirl in seinem Uebergange au» dem flüssigen in den luftförmigen Zustand Wärme. Diese Absorption ist im Stande, ein Sinken der Temperatur um 4 bis 5 Grad ein- trcten zu lassen, während gleichzeitig die im Zimmer verbreitete Feuchtigkeit das Athenen erleichtert. Auf diese Weise kann man im heißesten Sommer dem Krankenzimer fast dieselbe erfrischende Temperatur geben, die nach einem Gewitter zu herrschen pflegt.
Die Lebens-Versicherungs- und Ersparniß-Bankin Stuttgart hat laut des von ihr ausgegebenen 20. Rechenschaftsberichts pro 1874 wiederum äußerst günstige Ergebnisse erzielt.
Die Prämieneinnahme stieg von fl. 1,574,979. auf fl. 1,815,857. Die effektive Jahres-Einnahme belief sich auf fl. 2,265,798. und der Bankfonds stieg von fl. 8,998,655. auf fl. 10,031,209. Seit ihrem nunmehr 20jährigen Bestehen hat sie fl. 4,025,608. für angefallene 1901 Sterbfälle und als Dividende fl. 2,200,872. an die Versicherten bezahlt, während dermalen noch fl. 2,122,178. im Sicherheitsfonds ruhen, um in diesem und'den nächsten vier Jahren ebenfalls zur Vertheilung gebracht zu werden.
Der Zugang zur Bank zeigt seit ihrer Gründung eine stetige Zunahme. In den Jahren
1855/59 traten bei 3468 Personen mit fl. 5,702,192.
1860/64 „ . 4962 „ . . 10,404,795.
1865/69 „ . 10,950 . . „ 21,632,090.
1870/74 „ „ 10.935 „ . „ 27,812,432.
Die verhältnißmäßig etwas verminderte Zunahme in den letzten 5 Jabren beruht auf dem Einfluß der Kriegsjahre 1870/71. Während z. B. im Jahre 1870 nur 1878 Personen mit fl. 3,900,088. ausgenommen wurden, hat der Zugang im Jahre 1874 2736 Personen mit fl. 8,202.388. betragen. In gleichem Maaße hat sich jeweilig die Jabreseinnahme und das Wachstbum des Bankfonds gesteigert. Die Fonds der Bank sind pupillarisch sicher angelegt.
Das der Bank allgemein emgegengebrachte Vertrauen und ihr darauf sich gründendes Gedeihen, hat sie der strengen Einhaltung der Grundsätze ihrer Verwaltung: Vorsicht in allen Geschäftszweigen, Vermeidung aller und jeder Spekulation, Sparsamkeit in allen Ausgaben zu verdanken. Die Kosten der Verwaltung belaufen sich z. B. einschließlich aller Organiiations und Agenlurspesen im Durchschnitt von 20 Jahren aus nur 5,^ Prozent der Jahreseinnahmen.
Iw Jahre 1874 hatte die Bank 284 Slerbfälle mit fl. 594,885. zu reguliren. Als reii-er Ueberschuß ergeben sich fl. 5ü7,249. — 37,z» der Prämie und als Dividende kommen pro 1875 37"/o an die Versickerten zur Vertheilung. Der Veisickeiungtstond erreichte zu Ende 1874 26.^52 Policen mit M^rk 91.979,744.; im Jahre 1875 sollen bereits neuere 5 Millionen Mark zugewachsen sein.
Nagotdwarme am 9. Juni: 15,6» k.
Utedigrrt, gedruckt uru> verlegt von A. Oeil cdlLger.