AuS Anlaß drs Volksfestes werden auf der Eisenbahn auch Heuer "wieder an den Tagen vom 27.i.0. September Extrazüge ausgeführt; auch Calw erhält dießmal Extrazüge, u. zw. am Montag den 28. Sept. von Stuttgart (Abg. 7 Uhr 5 Min. Abds.) nach Calw (Ank. 9 Uhr 20Min. Abds.); am Dienstag den 29. Sept. von Calw (Abg. 6 N. 40 Min. Morg.) nach Cannstatt (Ank. 8 U. 57 M. Mgs.), von Stuttgart (Abg. 7 U. 5 M. Abds.) nach Calw (Ank. 9 U. 20 M. AbdS.); am Mittwoch den 30. Sept. von Calw (Abg. 6 U. 40 M. MgS.) nach Stuttgart (Ank. 8 U. 41 M. MgS.)

-fl" Zwerenberg, 20. Sept. 1874. Heute fand die Ueber- gabe der von Sr. Majestät dem König dem Herrn Schultheißen Han­selmann verliehenen goldenen Civilverdienstmedaille statt. Herr Oberamtmann Doll hob die Verdienste des Gefeierten um seine Ge­meinde, die Amtskorporation, sowie seine opferwillige Dienstbereitwil- ligkeit' für alle gemeinnützigen Interessen hervor, er schloß mit einem Toast aus den König, der auch hier, wie immer dem Verdienste die gebührende Anerkennung widerfahren laste. Herr Cameralverwalter E i- senbach von Altenstaig, zu dessen Bezirk Zwerenberg gehört, brachte ein Hoch auf den Gefeierten aus. Dieser selbst dankte in seiner be- kannten schlichten und klaren Weise, für die Ehre die ihm widerfahren, seine Verdienste bestehen in nichts Weiterem, als daß er so gut er es vermochte, seine Schuldigkeit gethan habe. Herr Schullehrer Hahn von Zwerenberg dankte seinem Ortsvorsteher für das rege Interesse, das er stets für das Schulwesen an den Tag gelegt und schloß mit einem Toast auf Herrn Oberamtmann Doll, der ein so warmes Interesse für den Bezirk an den Tag lege und zu dieser wohlverdienten Aner­kennung den Anstoß gegeben habe. Eine große Anzahl von Bürgern desselben Orts, benachbarten Ortsvorstehern, Lehrern und sonstigen Freunden des Gefeierten, worunter eine stattliche Anzahl aus Calw, fand sich bei dem Festessen ein, das in fröhlichster Weise verlief.^

Stuttgart, 18. Sept. II. MM. der König und die-

nigin werden gutem Vernehmen nach morgen, Samstag, in 8 Tagen, also am 26. d. M-, von Friedrichshofen auf der Villa Berg eintref- fcn, um über das Volksfest daselbst zu verweilen und letzterem anzu> wohnen. Stach dem Volksfest werden die Königlichen Majestäten noch­mals einige Wochen in Friedrichshafen zubringen, bevor sie für den Winteraufenthalt bleibend nach Stuttgart zurückkehren, für welche Zeit dann ein Besuch I. M. der Königin der Niederlande in Aussicht stehen soll. (N. T.)

Am 17. d. Mts. ist der Bahnwärter Je sin ger auf Posten Nr. 9 zwischen Cannstatt und Untertürkheim bei Personen­zug 23 Abends 8 V 4 Uhr verunglückt. Derselbe wollte unmittelbar vor Passiren des Zugs das Geleise überschreiten, um sich auf seinen Aufstellungspunkt zu begeben, wurde hiebei von der Lokomotive erfaßt und auf die Seite geworfen und dadurch derart verletzt, daß er sofort todt war.

Auf dem Bahnhof Landstuhl kam während der Anwesenheit des Kronprinzen folgendes interessante Intermezzo vor: Als sich der Kronprinz mit dem Publikum unterhielt, drängte sich auch ein Bäuer­lein heran, welches denselben mit den Worten:Guten Tag, Herr Kronprinz", begrüßte und hinzusetzte, daß es 7 Stunden von Lauter- rcken bis hierher gelaufen sei, um ihn zu sehen. Der Kronprinz dankte freundlich und bemerkte ihm, warum er denn nicht lieber mit der Eisenbahn gefahren sei.Das ist es eben", erwiederte unser Land­mann treuherzig,warum ich Ihne bitte wögt, es hat uns bis jetzt Alles Nichts gehols', und da Hab' ich gedenkt, mer wende uns emvl an Sie, daß mer endlich e Eisenbahn kriege." Der Kronprinz hörte lachend zu und sagte dann zu dem in der Nähe stehenden Bezirksamt­mann:Haben Sie's nun gehört? Jetzt sorgen Sie dafür, daß der Mann ein- Bahn nach Lauterecken bekommt."

In diesen Tagen fand in Berlin die erste Zusammenkunft der Kommission zur Ausarbeitung eines deutschen bürgerlichen Gesetzbuches statt.

Berlin, 18. Sept. Die neuerdings hier eingetroffenen Nach­richten über das Befinden des Fürsten Bismarck lauten recht günstig. Darnach hat sich sein Gesundheitszustand so gebessert und gestärkt, daß der Fürst täglich längere Promenaden zu Pferde und zu Fuß unternehmen kann. Von den geschäftlichen Arbeiten hält er sich noch fern, läßt sich aber über alle wichtigen Vorgänge Vortrag von dem Geheimen LegationSrath Bücher halten. Allen Anzeichen nach zu ve­rheilen wird der Fürst im Stande sein, bereits zur Reichstagserösf- nung wieder in Berlin zu sein und seine gesammte Thätigkeit wieder aufzunehmen.

Geschäftslagen (Der Prinz

tigung keinem anderen Hause zuwenden werde. Das in Spanien befindet sich einstweilen in guten Händen, ist bereits wieder abgereist, nach Dresden.)

Bonn, 18. September. Die Unionsconferenzen sind geschlossen. DieBonner Ztg." bringt eine Erklärung des Bischofs von Pitts­burg über die Ergebnisse der Confcrenz: Erreicht ist, daß eine Anzahl angesehener, einflußreicher Männer verschiedener Confessionen sich über mehrere Punkte verständigte, und die Möglichkeit erkannte, bezüglich anderer Punkte Verständigung zu erzielen.

Belgien. Als ein Ergebniß der Brüsseler Conferenzen über das Kriegsvölkerrccht wird berichtet, daß das Errichten von Freischaa- ren, eines Landsturmes, zur Verlheidigung eines Landes gestattet sei. Dieselben müssen aber durch ein äußerliches Merkmal, eine feste Feld­binde rc., erkenntlich sein und unter geordneter militärischer Führung stehen.

Frankreich. Die Fabrikation der neuen Gewehre nach dem Sy. stein Gras wird unverzüglich vorgenommen. Die Waffen werden nur in Staatsfabriken verfertigt werden. In einem Jahre hofft man ungefähr eine Million Gewehre zu fabriziren. Dann werden sich die Soldaten der Linie und der Reservisten einzig auf diese Waffe einüben. Die Chasse­pots werden eingezogen und umgearbeitet. Der letzteren Anzahl be­trägt gegenwärtig 1,800,000- Um sie alle nach dem neuen System einzurichten, ist wieder ein Jahr nöthig. Nach Verlauf von 2 Jahren wird also Frankreich, wenn es im zweiten Jahre auch noch etwa 200,000 neue Gewehre erzeugt, im Besitze von 3 Millionen Gewehren des Systems Gras sein. Später wird die Fabrikation immer noch andanern und in deni Maße vcrgenommen werden, wie es das Bud­get erlaubt.

Grasse, 15. Sept. (Prozeß gegen die bei der Entweichung Bazaines der Mithilfe Bezichtigten.) Doineau und Billette leugnen alle Betheiligung an der Flucht Bazaine's. Sie hätten nichts von den Vorbereitungen dazu gewußt. Der Präsident wundert sich, daß Billette am Morgen des 8 . August sogleich an eine Entweichung und nicht an einen Selbstmord Bazaine's gedacht habe. Billette antwor­tet, er kenne zu sehr die religiösen Gesinnungen des Marschalls, um an einen solchen denken zu können. (Murren im Publikum.) Der Präsident läßt den Saal räumen. 1k. Sept. Der Staatsproku­rator verlas die Anklageschrift, erörterte die Fluchtsetails, besonders die Frage, ob die Flucht mittelst einer Strickleiter oder durch eine heimliche Pforte bewerkstelligt worden sei und gelangte zu dem Schluffe, daß unter Mitwirkung des Obersten Billette die Flucht mittelst einer Strickleiter bewirkt, durch die Nachlässigkeit der Wächter aber er- leichtert wurde. Der Prokurator verlangt gegen den Hanptangeklag- ten Billette, sowie gegen Doineau, den Direktor Marchi, die Wäch­ter Gigoux und Plantin die Anwendung der vollen Strenge des Ge­setzes. Die Aburtheilung des Bedienten Barreau und der Wächter Leterme und Lefranyois stellte er dem Ermessen des Gerichts anheim. Der Prokurator bemerkte schließlich, die Flucht sei gerade im Interesse Bazaine's selbst bedauerlich ; die Hand, welche den französischen Mar­schallstab geführt, durfte nicht zur Strickleiter greifen. Bazaine hätte den Tod vorziehen müssen. Hierauf folgten die Bertheidigungs- Plaidoyers. Die Vertheidiger der Wächter Gigoux, Lefranyoiö, Le- terme und Plantin beantragen Freisprechung derselben. Der Berthei- diger Marchi's hebt die schmierige Lage Marchi's wegen der exzeptio­nellen Stellung Bazaine's im Gefängniß hervor, wodurch die Ver­schuldung Marcht's sich mildere. Es folgt noch das Plaidoyer des Verthcidigers von Doineau, dann wurde die Sitzung geschlossen.

Grasse, 17. Sept. (Schlußverhandlung im Prozeß Billette.) Der Vertheidiger Lachaud hebt hervor, Billette sei ein Vorbild ritter­licher Ergebenheit. Die Flucht Bazaine's vollzog sich genau, wie die Marschallin iu dem bekannten Brief an den Minister des Innern an­gegeben hat. Der Anklageakt beruhte auf uu-rwiesenen Hypothesen. Der Vertheidiger bittet um Freisprechung Villette's, empfiehlt Barreau der Weisheit des Gerichtshofes. Der Gerichtshof spricht Barreau, Marchi, Leterme, Lefranyois frei, und verurtheilt Billette, Plantin, Rull letzteren in contumaciam zu sechs-, Doineau zu zwei-, Gigoux zu einmonatlicher Einschließung (Gefängniß).

Spanien. Bayonne, <7. September. Bei Estella wird heute seine große Schlacht erwartet. Die Carlisten behaupten, sie würden, wenn siegreich, auf Madrid marschiren. Das officielle karlistische Organ veröffentlicht das Resumv eines Schreibens, welches ! Don Carlos von dem Kaiser von Rußland erhalten haben soll. Der

In Berlin ist vorige Woche ein hoher Geschäftsreisender, der^Czar versichere den Don Carlos seiner Sympathie und bedanre, daß Prinz Alphons von Asturien (Sohn der Königin Jsabella) in BeSpanien durch chronische Revolutionen und Mißachtung der Lehren der gleitung von 3 spanischen Offizieren von Brüssel eingetroffen. Wie Geschichte seinen gebührenden Rang unter den Nationen Europas ver- es heißt, hat er schon am Londoner Hofe seine Offerten gemacht und loren habe. Der Czar schließe mit dem Wunsche, daß die Spanien hofft, daß auch die deutsche Reichsregierung ihre schätzbare Berücksich-! h eim suchenden Uebel ihr Ende finden möchten.

Redigirt, gedruckt und vkltegt von A. Oetschtäger.