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nach Amerika gehen." Der Artikel schließt: Ein Feiud Bismarck's und wenn er auch nur ein fanatischer Bauernbube wäre, muß wünschen, daß dieser Mann noch ein paar Zahre länger lebe, damit er selbst noch den Zusammen­sturz seines Werkes erlebe, damit er sich krümme unter den lägen einer höheren Macht, damit er selbst doch davon später. Ein Feind Bismarck's kann seinen Tod zur Zeit, wo sein Stern in jähem Falle begriffen ist, nicht wünschen, denn jetzt wäre er eine Wohlthat für ihn, weil er ihn retten würde vor Aergerem als einer mitleidigen Kugel. Der Attentäter muß als» entweder ein als Fanatiker maskirtes Reptil oder ein Narr sein.

Berlin, 16. Juli. DieNordd. Allg Ztg." meldet: Die vorgestrige Sitzung des Staatsministeriums beschäftigte sich auch mit durch das Attentat gegen den Fürsten Bismarck angeregten Fragen. Auch gestern fand eine Sitzung statt.

Berlin, 15. Juli. Die in Folge Beschlusses des Bundesraths vom Reichskanzleramt einzuberufende Sachverständigen-Kommission, welche über die Frage der einheitlichen Regelung des Apothekerwesens berathen soll, wird, wie wir hören, in den ersten Tagen des nächsten Monats msammentreten. Die Bundesregierungen sind zu Bezeich­nung von zur Berufung in die Kommission geeigneten Persönlichkeiten veranlaßt worden.

In Eisenach haben sie Fritz Reuter begraben, Deutschlands liebenswürdigsten und genialsten Dialektdichter. Fritz Reuter, ein" flotter Mecklenburger, tollte mit seinen Commilitonen in Jena und gehörte der Burschenschaft an, wurde 1833 in die wüste Dcmagogen- hetze hineingczogen, und von den Groß-Jnquisitoren derselben zum Tode und auf dem Wege der Gnade zu 30jährigem Gefängniß ver- urtheilt. Uebrig genug, um ein Menschenleben zu ruiniren. Nach fünf Jahren lieferte ihn Preußen an sein Vaterland Mecklenburg aus, wo er noch 2 Jahre in der Festung Dömitz saß, bis ihn 1840 die Am­nestie Friedrich Wilhelm IV. befreite. Von da an widmete sich Fritz Reuter der Oekonomie, vertauschte bald den Pflug mit dem Bakel und widmete sich endlich ganz den Kindern seines humoristischen Geistes. Er rächte sich an der Schmach, die er erfahren, durch seine Dichtun­gen in plattdeutschem Dialekt, der Spräche seiner Heimath, die seinen Ruhm durch Deutschland und wo Deutsche wohnen trugen. In den herrlichen Schöpfungen seiner MannesjahrcUt mine Festungstid", inUt de Franzosentid" undUt mine Stromtid" (Aus meiner Festungszeit; aus der Franzosenzeit; aus meiner Stromzeit),Dorch- leuchting" rc^ schilderte er mit köstlichem Humor Gestalten und Em­pfindungen seiner Heimath und Jugend. Diese Dichtungen werden unter den besten fortleben. Von dem reichen Ertrage dieser Werke siedelte er sich in Eisenach an und baute sich am Abhang; der Wart­burg ein schönes Landhaus, um in beschaulicher Stille zu leben. Aber dem robusten Manne blieben die Nachwehen und Gewöhnungen der Kerkerhaft nicht erspart, er kränkelte seit Jahren, wurde unlustig zum Schaffen und starb kaum 64 Jahre alt.

Aus dem Rheingau, 16. Juli. Das Wachsthum der 1874er Trauben ist in unseren Gemarkungen ganz ausgezeichnet und sowohl quantitativ wie qualitativ können wir den Wein als gut bezeichnen. Die Beeren entwickeln sich zusehends, die Stöcke hangen voll, und ehe viele Wochen vergehen, werden wir vollständig reife Trauben genießen. Die Weinlese stedt in der letzten Woche des Septembers in Aussicht. In Rüdelsheim, Geisenheim und auch zu Bingen stehen die Wein­berge gleich trefflich und ist es eine nicht geringe Freude, sich bei den Gängen durch die Weingärten an dem reich gesegneten Wachsthum zu ergötzen. Ein erfrischender Regen dürfte recht bald erwünscht scm.

B ad G ast ein , 16. Juli. Abends 6^ Uhr. Kaiser Wilhelm ist in bestem Wohlsein hier eingetroffen und von den Kurgästen leb­haft begrüßt worden.

Ischl, 16. Juli. Fürst Milan von Serbien ist gestern Abend hier angekommen und im Hotel Elisabeth abgcsliegen. Heute Vor­mittag hat derselbe dem Kaiser Franz Josef einen Gesuch abgcstattet. Morgen Vormittag reist der Fürst nach Salzburg ab.

Wien, 15. Juli. Die österreichischen Glätter bringen aüs Temesvar, Göding, Marburg sehr günstige Berichte über die im Gange befindliche Ernte, dagegen scheint in Böhmen in mehreren Be­zirken in Folge der großen Dürre die Ernte in mannigfacher Hinsicht stark beeinträchtigt zu sein.

Die dreifarbige französische Fahne ist endlich von dem Thurm der Kathedrale in Metz heruntergeholt worden. Sie saß auf der höchsten Thnrmspitze und es war demjenigen, der sie herunterholte, eine Belohnung von 100 Thalern auSgesetzt, denn die Sache war lebensgefährlich. Wenn der kühne Steiger auf der im gothiscken Style gebauten Thurmspitze angclangt war, galt es noch, über eine große, mehrere Fuß dicke Kugel zu gelangen und dann, etwa 260 Fuß über der Erde, noch eine zweite kleinere Kugel zu erklimmen, um zu der Flaggenstange zu gelangen. Ein Pionier, ein Brandenburger, er­bot sich zu dem gefährlichen Wagniß. Mit voller Musik marschirte gestern, Soninbend, kur; nach Mittag eine Truppenabtheilung nach dem Platze vor der Kathedrale, der Pionier siegcsgewiß in dem Zuge

Der Furchtlose begann seine Arbeit, die mehrere Stunden in Anspruchs nahm. Zunächst wurden von der Gallerie aus, von welcher ab sich die gothiswe Spitze erhebt, 2 Stangen, in einem Abstand von 1 Frch: von einander, an den über der Spitze befindlichen großen Knopf ge- legt und die noch darüber hinausragcnden Stangen von Militärmann» schäften sestgehallcn. Der Pionier hatte in der Tasche große Nägel- und einen Hammer in der Hand, mit welchem er die Nägel stufen­förmig einschlug und so langsam immer höher stieg. Auf dcr^ Höhe der großen Kugel angelangt, rutschte der Tollkühne einmal aus er fällt!" tönte cs ans dem Munde der Tansende, die unten stan­den oder die aus den Fenster» das furchtbare Schauspiel beobachteten. Aber der Brandenburger siel »ich:, sondern stieg unerschrocken höher, bis er die Flaggenstange erreicht hatte. Noch einige Fuß und die Tricolore sank und an ihrer Stelle befestigte der Brave eine hinauf-- gezogene riesige schwarz-weiß-rothe Fahne. Der Pionier kletterte wie­der herunter, nachdem er noch zuvor die große Kugel nach Möglich­keit wieder blank geputzt. Dann erscheint er nach einer Zeit von- 4 Stunden wieder unten ans dem sichern Erdboden er hatte sein Werk vollendet. Ein Händedrücken der Offiziere, ein Hurrah der Deutschen empfing ihn, und unter rauschender Musik marschirte die Truppe wieder ab.

Frankreich. Versailles, 17. Juli. Die Assemblec geneh­migte mit allen gegen eine Stimme den Gesetzentwurf bezüglich der Verbesserung der Vertheidigungswerke an der Ostgrenze. Der Ent­wurf wird vom Obersten Dcnsert angegriffen, von Chanbaud Latour vertheidigt. Letzterer suchte den rein defensiven Eharakter des Entwurfs nachzuweisen; er erklärte, daß er an den friedlichen Absichten der Nachbarmächre nicht z..eifle. Die Diskussion der finanziellen Vor­lagen und Anträge, insbesondere des Antrages Woloweki, wird auf morgen vertagt.

Paris, 17. Juli. DieAgence HavaS" bestätigt, daß Four- tou in Folge der Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Kabinets- scine Demission gegeben habe, mau hoffe indessen, daß derselbe sein Vorhaben uicht vor der Diskussion am Montag ausführen werde.

Paris, 18. Juli. DieAgence Havas" meldet: Gerücht­weise verlautet, daß alle Minister ihre Demission gegeben haben. Es wird versichert, der Herzog v. Brogkie sei mW der Bildung eines neuen Cabinets betraut. Andererseits sag' man, der Herzog v. Broglie habe die Neubildung des Cabinets zurückgewiesen, und wäre der Her­zog von Dccazes damit beauftragt. In parlamentarischen Kreisen, heißt es, daß Matlhieu Godet zum Finaiizmlnister ernannt sei. Wahr­scheinlich wird der Antrag auf Vertagung der Diskussion über die constitulionellen Vorlagen bis zum Winter Angebracht werden.

Spanien. Madrid, 16. Juli. Dem Vernehmen nach steht eine Kabinetskrisis bevor. Es heißt, der Ministerpräsident Zabala und der Fiiianzminister Camacho würden zurücktreten. Die Karlisten konzentriren ihre Streitkräfle um Bilbao. Die Karlisten wurden bei einem abermaligen Angriff ans Pnigcerda wiederholt zurückgeschla­gen. Unter den Truppen des Don Aiphons ist eine Meuterei aus-- gebrochen. Die Bandeiichefs haben sich untereinander entzweit.

Madrid, 17. Juli. Regierungsnachrichlcn melden die Nieder­lage einer Carlistenabtheilung unter Marco Bella. Enenza vertheidigt. sich energisch gegen die Carlisten. Morgen gehen Ersatztruppen dort­hin ab.

Madrid, 17. Juli. Man versichert, die Karlisten hätten 1600 Personen fortgeführt, in der Absicht, sie zu erschießen, wenn sie angegriffen würden.Jmparcial" sagt, cs sei die Rede von einer neuen Aushebung von 100,000 Mann im Alter von 2335 Jahren.

Türkei. Ans Konsta n l in oP e l wird von einem bedauerlichen Straßenkampfe zwischen Juden und Griechen gemeldet, zu welchem der Umstand Aulaß gegeben, daß ein Kind griechischer Eltern getödtet und in das Meer geworfen worden war. Die Ruhe wurde durch Polizeikräfte wieder hergcstellt.

England London, 17. Juli. Der deutsche Kronprinz und der Prinz von Wales nahmen gestern an den Truppcnmanövern bei Aldershott Theil. Das Pferd des Prinzen von Wales stürzte, doch blieb der Prinz unbeschädict.

Amerika. Newyork, 15. Juli? In Chicago brach gestern Nachmittag 5 Uhr eine Feuersbrunst aus. Viele Häuser wurden ohne Erfolg gesprengt. Um 10 Uhr Abends griff das Feuer unwi­derstehlich um sich und konnte erst um Mitternacht bewältigt werden, lieber 20 Hänservierkel sind zerstört, vier Feuerwehrleute umgekommen.

Chicago, 16. Juli. Der durch die Feuersbrunst hier ange- richtele Schaden wird aus 4 Millionen Dollars veranschlagt, wovon 21/-, Millionen versichert sind.

Nngvldwärme am 18. Juli 15,2» U., am 19. Juli 16,0° U., am 20. Juli 16,50 6.

Redi.'irt. gedruckt und

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