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— Nagold, 28. Nov. Ein schweres Brrhängmß traf gestern
eine Schreinersfamilie. Ein 7jähriges Mädchen setzte sich mit ihrem 1'/2jährigen Brüderchen in einen Korb, welchen 2 Bäckergesellen kurz vorher benützt batten, um Holz auf den Garbenboden einer Scheuer zu ziehen. Um den Kindern eine Freude zu machen, zogen die Gesellen den Korb in die Höhe. Beim Garbenloch erhob sich das Mädchen , der Korb schlug um und die unglücklichen Kinder stürzten die furchtbare Höhe herab. Das jüngste Kind, welches auf den Kopf fiel, starb nach kurzer Zeit, während das Mädchen eine schwere Ver letzung an der Seite davontrug. (Schw. M
— Kirchheim, 28. Nov. In verflossener Nacht wurden einem Bauern in Oberlenningen ein Paar Mastochsen ans dem Stalle gestohlen.
— Pforzheim, 27. Nov. Eine tragikomische Scene spielte sich
gestern auf dem hiesigen Bahnhofe ab. Eine von Würm gebürtige verheirathetc Frauensperson, deren Mann sich im Jrrcnhause befinden soll, wollte mit einem Andern, der ihre Gunst erworben hatte, heimlich nach Amerika abreisen. Vorher hatte dieselbe noch ihre Habselig- kcileu veräußert und ihrem Galan den Erlös eingehändigt. Auf dem hiesigen Bahnhofe angekommen, schickte der Begleiter die Frau mit einem Auftrag in die Stadt und machte sich inzwischen mit einem eben a gehenden Bahnzuge aus dem Staube. Zurückgekehrt und von dem Ausstiegen des säubern Vogels unterrichtet, soll die Betrogene ein klägliches Lamento erhoben haben. (Pf. B.)
— Im Militär spricht mau nicht durch die Blume, namentlich nicht, wenn die vcrehrlicheu Zuhörer etwas harthörig sind. Man sagts daher in Berlin grad heraus, daß man mit der eisernen Pauschsumme für das deutsche Heer nicht mehr ausreicht, sondern mehr, viel mehr braucht und den nächsten Reichstag um dieses Mehr begrüßen wird. Der Finanzminister wagte bereits die zartesten Anspielungen im preuß. Landtag. „Das liegt ja auf der Hand, sagte er, wenn die Lebens- mittel, die Arbeitslöhne, die Materialien im Preise steigen, daß man nicht mehr mit dem Bisherigen ausreicht." ras liegt allerdings auf der Hand und ist nicht zu ändern, wenn uns nur auch das Geld auf der Hand wüchse.
— Kassel, im Nov. Die hiesigen Frauen, die eine Vereinigung zur Erzwingung billiger Marktpreise gebildet haben, erlassen einen Aufruf an Deutschlands Frauen, in dem es heißt: „ In Zeit von wenigen Jahren haben die Preise der meisten Lebensbedürfnisse eine solche Höhe erreicht, daß die noihwendigsten Nahrungsmittel kaum mehr für das große Publikuni zu beschaffen sind. Mag auch die Ursache dieses Nebels zum Theil in den socialen Verhältnissen, z. B. in der gesteigerten Entu crthung des Geldes liegen, so ist sie doch auch andererseits nicht minder darin zu suchen, daß viele Verkäufer, von dem allgemeinen Schwindel der Zeit ergriffen, auf Kosten Anderer in Kurzem reich zu rvcrdön, das Publikum nbervortheilen. T a nun nicht auzuuchmen ist, daß die Verkäufer gutwillig ihre Preise geringer stellen werden, so muß schließlich deu unbemittelten Klassen die Wahl bleiben: entweder ehrlich zu darben oder sich unehrlich zu ernähren. Nun haben die Frauen von Cgssel den Versuch gemacht, diesem Uebelstande vorznbcugen und der immer wachsenden Noch zu steuern. Es hat sich deßhalb dort ein Verein von Frauen aller Stände gebildet, welche für die nothwendigslcn Nahrungsbcdnrsuisse, als Milch, Eier, Butter rc., mäßige, aber den Verhältnissen angemessene Preise (als solche sind d'ejenigen angenommen, welche sich unter den von auswärtigen Handlnngshäusem geforderten Preisen mit Aufrechnung der TranS- p.rtkosten als die niedrigsten ergeben) festgesetzt und sich gelobt haben, nicht einen Pfennig über deu bestimmten Satz zu zahlen, um durch konsequentes, einträchtiges Vorschi eiten die Verkäufer zum Zurnckgehen zu zwingen. Obgleich der Verein ent wenige Wochen besteht, hat er doch schon erfreuliche Resultate erzielt. Um aber wahrhaft allgemein nützlich zu werden, müssen gleiche Bestrebungen in andern größeren Städten mit den mistigen Hand in Hand gehen. Dazu rufen wir die Krauen jener Städte auf und bitten sic, einen Uebeistand, der gleich alle augeht und den häuslichen Frieden zu stören droht, mit uns mnthig zu bekämpfen."
— In Frankfurt a/M. ist leider der erste Versuch von 6- bis 700 Damen aus allen Ständen gescheitert, nach dem Vorbilde des Lasseler Vereins eine Schutzwehr gegen den Marktwucher aufzurichten. Obwohl sich lebhaftes Interesse für die Sache zeigte, das kaum noch durch ausmuuternde Briefs und Telegramme von Cassel gesteigert werden konnte, so traten doch tumultuarische Scene» einer friedlichen Ver- einbarung hindernd entgegen. Mehreren Red,^rinnen sozial-demokratischer Richtung mußte das Wort entzogen und der Beschluß gefaßt werden, daß sämmtlich: Männer, soweit sie nicht dem Comite ange- hörlen, den Saal zu verlassen hätten. Selbst ein weiblicher „Tölke", eine Frau Ulrich, fehlte nicht in der Versammlung; sie fing plötzlich au, ihre Fiau Nachbarin zu prügeln. Der Vorsitzende sah sich deß> halb genöthigt, die Versammlung ausznheben, stellte jedoch für die
nächste Versammlung die Fernhaltung ähnlicher Auftritte durch dm Ausschluß der störenden Elemente in Aussicht, worauf mehr, re hundert Damen ihre Namen in die aufgelegten Listen cinschrieben und ihren festen Entschluß aussprachen, mit Ernst und Würde für die Consti- tuiruug des Vereins einzutreten.
In Frankreich ist seit dem Beschlüsse der Machtverlängcruuz des Präsidenten Mac Mahon die Zerfahrenheit und Anfeindung der Partei nicht geringer, als vorher. Die Zersetzung zeigt sich sowohl innerhalb der republikanischen Partei, als bei den Royalisten Bon zener halte ein Theil des linken Eentrums für die Verlängerung gestimmt, von den Lecitimisten ein Theil dagegen. Täglich überzeugen sich die Letzteren mehr, daß alle Machinationen des Ministerpräsideu- Broglie darauf hinausgehen, das Terrain für die Orleans vorzubereiten; dieselben sind.darum wütheud darüber, daß ihn'» in der nächsten Zeit unmöglich gemacht ist, auf legalem W.gc für ihren „König" zu wirken. Dieser, der Graf Chambord, war während der entscheidenden Tage in Frankreich und selbst in Paris anwesend, um in dem ihm günstig scheinenden Momente offen mit seinen Ansprüchen iervorzu- lrclcn. Der Verlauf der Angelegenheit war aber ein anderer, als der Prinz erwartet hatte, und getäuscht,durch die „Jr.trigue in der Kammer" — wie er in einer Conserenz mit Mac Mahon gesagt haben soll — reiste er wieder nach FrohSdorf ab mit der drohenden Erklärung, nicht 7 Jahre lang auf die Wiederherstellung der traditionellen Monarchie warten zu wollen.
Paris, 27. Nov. Die Journale sagen, daö neue Kabinet sei entschlossen, entschieden und ernstlich dem Votmn der Nationalversammlung, welches die Gewalien Mac MahonS verlängert, bei allen Parteien ohne UntersLied Achtung zu verschaffen. Dieses sei der Giund gewesen, warum de la Bouillerie und Ernonl ans dem Kabinet auSschicden. Das neue Ministerium werbe von allen konservativen Gruppen, ansgcnoimmn der äußersten Rechten, welche eine lebhafte Mißstimmung zeige, >. nt ausgenommen.
In der Nationalversammlung acht die Wahl der 30 Kommissions-Mitglieder für Berathiing der konstitutionellen Gesetze sehr langsam vorwcirrts; bei der ersten Abstimmung hatten mir 13 die erforderliche absolute Mehrheit (310 St.) erhalten, bei der zweiten Abstimmung nur 5; es werden schon noch einige Sitzungen drauf gehen, bis die Kommission ernannt rst, was bei der Zerspaltung der Versammlung in fast gleiche Hälften natürlich ist.
Trian 0 n , 27. Nov. (Prozeß Bazaiue.) General Canrobert sagt anS: „Im Monar Oktober konnte man das Feld nicht mehr behaupten, aber noch schwere Schläge austheilcn; man mußte nicht über die Kapitulation, sondern wegen einer Konvention unterhandeln. Wenn sie nicht ehrenvoll war, hatten wir an die Waffen appellirl und wären tapfer unterlegen." Die Generale Leboeuf und Ladmirauld sprechen sich in demselben Sinne ans. Ror.her sagt, die Kaiserin habe alle möglichen Anstrengungen gemacht, um die Rhemarmee zu retten. Bismarck forderte die Kaiserin auf, eine Blankovollmacht zu unterzeichnen, weiche als Grundlage der Friedenspräliminarieu dienen sollte. Die Kaiserin verweigerte Ließ unbedingt; sie wollte keinerlei Gebietsabtretung zugcben.
^ Trianon, 23. Nov. Prozeß Bazaiue. General Jarras erzählt von seinem Auftrag, über die Kapitulation zu unterhandeln. Die Deutschen verweigerten alle Zugeständnisse und bewilligten nur ein Defilc mit den Waffen, welches aber Bazaiue verweigerte. Ba- zaine hätte befohlen, alle Fahnen nach dem Arsenal zur Zerstörung zu schicken, später traf eine deutsche Note ein, die im Falle der Zerstörung der Fahnen den Abbruch des Waffenstillstandes androht:. Die Aussage von Jarras bringt eine lebhafte Aufregung hervor. Canro- bert sagt: „Warum ist Marschall Bazaiue keine große Eingebung (Inspiration) gekommen? Warum hat er, anstatt sich mit den Details der Konvention zu befassen, nicht an die Preußen geschrieben : „Durch Hunger besiegt, zerbrechen wir unsere Waffen, machet dann was ihr wollt!" Alle Zuhörer, ausgenommen Bazaiue, weinen. General Desvanx konstatirt, daß die Garde ihre Fahnen zerstört hat. Lapasset und Laveantoupet ließen ebenfalls ihre Fahnen verbrennen.
Spanien. Madrid, 26. Nov. Das Bombardement auf Cartagena wurde 6-V4 Uhr Morgens eröffnet und bis 3 Uhr Nachmittags fortgesetzt. Die „Nnmancia" ging 2 Uhr 'Nachmittags - ' dem Hafen in See._
Was die Peterspfennige dem Papste und der Clcrisei in Rom in den letzten 12 Jahren eingetragen haben, verzeichnet die Lömische Zeitung «Onita cattolics" in runden Summen. Im Iah e 1861 beliefen sich die Pfennige auf 14,184,000 Franks, 1862 auf 9,402,000, 1863 auf 7,047,0( 0, 1864 auf 5,832,000, 1865 auf <1,445,000, 1866 auf 5,937,000, 1867 auf 11,312,000, 1808 auf 11 Mill , was in 8 Jahren zusammen 71,161,000 Frs. ausmacht. Die genaue Höhe der in den letzten 4 Jahren gesammelten Beiträge istn ich t angegeben aber das bctr. Blatt sagt, Laß sie die früheren Jahre bedeutend überstiegen und glaubt, saß der Gcsammtbetrag ver bis zur Neuzeit gesammellen Peterspfennige nicht viel unter 400 Millionen betragen kann.
Nedigiri. ,-conicki nn. O» i! n-ia gcr