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Praterallee reihte sich Wagen an Wagen, daS Publikum bildete in dichten Reihen Spalier und begrüßte die beiden Monarchen mit lauten Hochrufen. Im Ansstellungsrayon war eine Menschenmenge wie noch nie. Beim Eintritt in die Rotunde richtete Kaiser Wilhelm an den Generaldirektor eine anerkennende Ansprache; die Auskünfte über die Ausstellung, über den Bau der Rotunde und über die wichtigsten Ob­jekte gab Kaiser Franz Josef seinem Gaste persönlich. Als die beiden Kaiser die Rotunde betraten, begannen die Glocken zu läuten und auf einer der Orgeln wurde dasHeil Dir im Siegelkranz" gespielt. Der Kaiser besuchte an diesem Tage den Osten des Jn- dustriepalastes und die Kunsthalle. Um 1 Uhr fand ein Dejeuner im Kaiser-Pavillon für 48 Personen statt. Fürst Bismarck war nicht im Gefolge der Monarchen.

Seit der letzten Anwesenheit des Königs von Preußen in Wien sind 9 Jahre vergangen. Es war damals nach den vereinten Waffen- erfolgen in den Herzogihümern, und innerhalb dieser Jahre lagen die Begegnungen beider Monarchen in Oos im Herbst des Jahres 1867, dann in Salzburg 1871 und zuletzt in Berlin im Herbste des ver­gangenen Jahres.

Wien, 20. Okt. Bei der heutigen vom Kaiser commandirteu Truppenparade standen 8400 Mann und 88 Geschütze in der Front. Die Parade fiel glänzend aus. Sämmtliche hier anwesende Erz- herzöge und fürstliche Personen waren anwesend. Beide Monarchen wurden von einer großen Zuschanermcnge lebhaft begrüßt. Unter den Klängen der deutschen Volkshymne fand das Abtreten der Fronten statt, worauf der Vorbeimarsch und schließlich einige Cavalleriemauö- ver folgten.

Wien, 20. Okt. Kaiser Wilhelm wird erst am 23. d. M. Abends mit der Nordwestbahn von hier abreiscn. Der Kronprinz von Dänemark wurde gestern vom Kaiser von Oesterreich und vom Kaiser von Deut'chland empfangen.

Wien, 21. Okt. Ter deutsch" Kaiser besuchte gestern den Kronprinzen von Dänemark, die Gräfin Girgenti und den Grafen Andrassy. Fürst Bismarck erhielt gestern den Besuch des Kaisers von Oesterreich und stattete seinerseits den Erzherzogen Besuche ab. Abends trafen Prinz und Prinzessin Karl von Preußen ein und wur­den auf dem Südbatmhof von dem Kaiser empfangen.

Wien, 17. Okt. Nach langem Schwanken ist gestern im Miuisterrath beschlossen worden, die Weltausstellung bis zum 2. Noo. 5 Uhr Abends geöffnet zu lassen, d. h. den Schluß um 2 Tage zu verschieben. Die mit den Erkenntnissen der Jury unzufriedenen Aus­steller, welche sich au deu Präsidenten der kaiserlichen AuSstellungskom- Mission, Erzherzog Rainer, mit der Petition um Berufung einer 2. Jury gewendet hatten, erfuhren vor einigen Tagen ablehnenden Bescheid.

Wien, 18. Okr. Unter vorgestrigem Datum ist eine Note Andrassy's nach Konstautinopel abgegangen, welche die Beschwerden des türkischen Memorandums über Bosnien Mikt für Punkt zu widerlegen sucht und des weitern ausführt, wie die ungewöhnliche Art der Veröffentlichung und Versendung an die Mächte eine Beleidigung für Oesterreich darstelle, für welche eine eklatante Genugthuung zu leisten sei. Andrassy's Note enthält keinen Hinweis auf Einzeln- heiteu der geforderten Genugthuung. Unterrichtete meinen, Oesterreich werde sich mit der Absevung des bosnischen Gouverneurs Assim Pa­scha, als des geistigen Urhebers des Memorandums, begnügen, wozu noch eine Erklärung des Großveziers, welche für den Vorgang um Entschuldigung bitte, hinzuzukommcu habe. Man hofft, daß die Pforte diesem Ausgange zur Begleichung des Konflikts nicht abgeneigt sein werde.

Schweiz. Bern, 19. Okt. Die Dlrectioneu der Central- bahn, Nordbahn und der Vereinigten Schweizerbahnen haben beschlos­sen, vom nächsten Jahre au keine Eisenbahnbillete au Wallfahrer zum halben Preis verabfolgen zu lassen.

Frankreich. Paris, !9. Okt. Die Permanenzkommission wird dem Vernehmen nach beschließen, die Nationalversammlung für den 27. Okt. einznberufe». - Die Fraktionen der Rechten werden sich am Dienstag abgesondert versammeln, um über die Einberufung der Nationalversammlnng zu berathen. Es heißt, sie meiden auf die von der Permanenzkommiffiou. beabsichtigte beschleunigte Einberufung nicht eiugeheu. - -

Trianon. 18. Okt. Prozeß Bgzairie. Verhör über den Kriegs- nk MiKon Ebanaarni-r's und Eissev's.

förmlicher Weist dem General Sokcill: den Befehl ertheilt habe, dieselben zu verbrennen. Die Nachlässigkeit der Offiziere ffci allein zu tadeln. Nach einigen anderen kurzen Fragen wird das Verhör g -schlossen.

Triaiion, 20. Okt. Prozeß Bazaine. Bei dem heute be­gonnenen Verhör der Zeugen depsmrte zunächst Marschall Loboeuf, daß Bazaine erst am 13. August früh das Oberkommando übernom­men hake. Bazaine habe vorher keine Verantwortlichkeit gehabt, habe auch kein Mißvergnügen zu erkennen gegeben, daß er bis zum 12. ein untergeordneteres Kommando geführt habe und habe selbst keinen Schritt gelhan, um seine Ernennung zum Oberkommandanten der Armee herbeizuführen. Lebrun tadelt .das Ungenügende der vorbereitenden Maßregeln, sowie die Verzögerungen, welche die Schlacht von Borny herbeigeführt hätten. Die Vertheidigung verdiene Tadel, derselbe sei aber nicht Bazaine znzurechnen. General Jarras sagt, er sei am 12. August Nachmittags zum Generalstabschef Bazaiues ernannt worden, als derselbe schon mit der Führung des Oberkommando's be- traut gewesen sei, und beklagt sich, daß er von Bazaine immer bei Seite gesetzt worden sei. Keratry erwähnt des Besuches der Mar­schallin Bazaine, um bei ihm die Ernennung Sazaine's zum Ober­kommandanten zu erreichen. Jules Favre deponirt, er habe seinerseits gegen die Ernennung Gazaine'ö inlervcnirt, während Palikao die Aussage Keratry'ö als falsch bezeichnet.

Jtalieu. Nom, 20. Okt. Die mit der Liquidation der Kirchengüter betraute Junta ergriff heute von 6 Klöstern Besitz. Die betreffenden Rectoren überreichten Proteste, welche die Junta entgegen- nahm und dafür die entsprechenden Pensions-Zertifikate übergab.

Rußland. St. Petersburg, 16. Okt. In der Nacht vom 14. auf den 15. ist unsere Stadt das Opfer einer Uebcrschwem- mung gewesen, in einem Maßstabe, wie sie seit der großen Wassers- nvth von 1824 nicht stattgefimden hat. Nach Mitternacht schwoll das Wasser der Kanäle, namentlich des Katharincnkanals (der in ziem- liai centraler Richtung die Stadt dnrchschueidet), so stark an, daß es sich bald über die Quais hinweg auf die Straßen ergoß, alle Kellerwohnungen überschwemmte und große Zerstörungen in den Waarendepots anrichtete. Um 2 Uhr Morgens hatte die Ucberschwcm- mung ihren Höhepunkt erreicht; gegen 3 Uhr begann das Wasser in der Newa und in den Kanälen zu sinken. Am meisten litten die an der Mündung des Stromes gelegenen Stadttheile und die Insel«; das Wasser stand so hoch, daß die kleineren Fahrzeuge in die Straßen hineingetragen wurden. Auch einige zentrale Stadttheiie sind stark über- schwemmt worden. Gleichzeitig wütheten an zwei Stellen der Vtadt große Feucrsbrünste. Soviel bis jetzt bekannt, scheinen keine Opfer an Menschenleben zu beklagen. Gestern und noch heute arbeiten all: Pumpen der Stadt, las Wasser aus den Kellern zu entfernen.

rakh vom 24. Oktober und die MMn Ehangarnier's und Eissey's.s Bazaine sagt, daß. als er die von dkn Deutschen gestellten harten Bc-f dlngungen erfahren habe, ein Ausfall, unthunlich gewesen sei. Er! leugnet, daß er dcmvralisireude Nachrichten habe verbreiten lassen; er habe vielmehr im entgegengesetzten Sinne gehandelt. Das Kriegsmate­rial habe er ans Besorgnis; vor der Rache des Feindes nicht zerstört. Ter Präsident fragt, ob mau noch größere Härte habe fürchten köw! ( neu. Bezüglich der Fahnen sagt Bazaine, daß er öfseu.lich und in

ge'rnckk und rerke >3

Als Friedrich Wilhelm IV. einmal nach Halle kam und sich die ! Professoren der Universität vorstellen ließ, sagte er lächelnd zu einem , der berühmtesten: Sie habe ich schon gesehen! Der Herr Profes­sor machte ein verlegenes Gesicht; denn er konnte sich durchaus nicht erinnern, jemals die Ehre gehabt zu haben, obgleich man doch so etwas nicht vergißt, und auch di- Herren Collcgcn im Kreise herum horchten hoch auf, als der König stärker lachend hinzusetzte: im Kladderadatsch, lieber Herr Professor! Alles lachte; denn es war schon da­mals eine etwas bedenkliche Ehre im Kladderadatsch neben Napoleon, ! Hassenpfliig u. s. w. abgrbildetzu werden, man mußte der Welt schon ! viel Stoff zum Lachen oder Aerger gegeben haben. Neuerdings aber I ist die Ehre noch viel unzweideutiger geworden, namentlich dann, wenn ^ die wohlgetroffene Photographie von den Gerichten in dem Inseraten- theile als Steckbrief auSgchängt wird. Diese Ehre widerfuhr z. B. neulich zwei ungetreuen Buchhaltern und Kassirern Hugo SchoepS, genannt Graf Zapsky und Boleslav Kwiato.oSki. Als diese jugend­lichen Verbrecher, die mit großen Summen durchgegangen sind, ihre Photographien für ihre Freunde und Freundinnen fertigen ließen, haben sie offenbar nicht daran gedacht, daß diese Bilder Steckbriefe werden würden, die langen Finger sind ihnen erst später gewachsen, denn auf deu Porträts ist nichts von ihnen zu sehen. Wer also ein verdächtiges Jucken in den Fingern spürt, soll sich nicht Photographie

ren lassen. _ _

Frankfurter GoldkonrS vom 2l. Okt.

fl kr.

Pistolen 9 40-42

Friedrichsd'or 9 58 '/-59',

Holland. 10 fl.-Ststcke 9 52-54 Rand-Dukaten 5 9436

20-Frankenstückc 9 2223

E»gl. Sovereigns 11 5052

Dollars in Gold 2 25'/,-26'

Gold-onrs

dcrk.w-Staatskassen-Verwattung. i Friedrichsd'or 9 fl- 57 kr. ^

Pistolen 9 39

20-Frankcnstücke 9 20

Nand-Dukatcn 5 , 33

Stuttgart, 15 Okt. 1873.

51. Ltaatskasscnvcrwaltung.

n. Ocischlagcr.