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Die neu errichtete dritte Helfcr-stelle an der Kirche zu St. Lonhardt in j Stuttgart wurde dem Repetenten Kopp an dem evangelischen Seminar in Tübingen übertragen. (St.-A.)

Calw. Tagesordnung der Sitzung des K. Kreisstrasgerichts am Dienstag den 13. Mai: 1) Bonn. 9 Uhr: Gregor Weiß, ver- heiratheter Taglöhner von Rohrdorf, OA. Nagold, wegen Diebstahls. 2) Vorm, nach 9 Uhr: Bernhard Hof wann, 19 Jahre alter Tuchmachersgeselle von Pößnek in Sachsen-Meiningen, wegen Dieb­stahls. 3) Nachm. 3 Uhr: Johann Marlin Hänle, 15 Jahre alter Bierbrauerlebrling von Oeschelbronn, OA- Herrenberg, wegen Dieb­stahls und Bestechung. 4) Nachm, nach 3 Uhr: WilhelmjSeitz, ver- heiratheter Uhrenmacher von Altcnstaig, OA. Nagold, weg» Erpressung.

- Stuttgart, 7. Mai. Wie wir vernehmen,ß ist von Seiner Mas. dem Könige dem Afrika-Reisenden Manch zur Förderung seiner wissenschaftlichen Studien und Arbeiten neben einem > eit.agc von 500 fl. aus Staatsmitteln ein socber von 300 fl. aus Königlichen Privatmittcln bewilligt worden. (St.-A.)

Stuttgart, 8. Mai. Gestern Abend hielt Herr Karl Manch im Atpenverein einen Vortrag, der die Zuhörer durch eine Mannig­faltigkeit der interessantesten Mittheilungen fesselte, und zugleich mit feinem Humor gewürzt war. Der Vortrag gefiel ungemein. Am nächsten Samstag V'/z Uhr Abende wird Herr Manch in der Lieder- Halle einen weheren Vortrag über seine Reise-Erlebnisse in Afrika hal­ten und dabei mehr auf die Einzelheiten seiner Reisen eingehen, seine Ausrüstung, besonders hervorstechende Erlebnisse, Begegnungen mit den Eingebornen, Jagden u. s. w. schildern.

Stuttgart, 7. Mai. Die hiesige Handelskammer beschloß, die Regierung zu bitten, darauf hinzuwirkcn, daß Artikel 18 des Münzgesetzcs, betreffend die Banknoten und Staatspapiere vom Bnndesralhc abgelehnt oder wenigstens eine Verlängerung des Ter­mins bis Neujahr 1878 zugestonden werde.

Pforzheim, 2. Mai. Ein Leichenzug bewegte sich heute Abend 5 Uhr von Weißenstei» durch unsere Stadt nach dem Bahnhof. Es galt, dem Geschäftsführer der süddeutschen Baugesellschaft, Geßwein, dessen Leiche naLCannstatt verbracht werden sollte. Wohl viele Hunderte von Eilenbahna, Keilern, meistens Italiener, ein großer Theil mit brennenden Grubenlampen, gaben ihrem allgemein beliebten Chef das letzte Ehrengeleit«'.

Berlin, 6. Mai. Die Rückkehr des Reichskanzlers Fürsten v. Bismarck aus St. Petersburg ist am Donnerstag den 8. d. M., zu erwarten. Der Reichskanzler gedenkt ohne Aufenthalt von der russischen Hauptstadt nach Berlin zu fahren, und nicht in der Be­gleitung des Kaisers einen Tag in Königsberg zu verweilen. Das Wiedereintreffen Sr. Maj. bleibt auf Samstag den 10. d. M. angesetzt.

Berlin, 6. Mar. Ter Reichstag erledigte in seiner heutigen Sitzung zunächst in erster Lesung de» Gesetzentwurf über den außer­ordentlichen Geldbedarf für die elsaß-lothringischen und Luxemburger Eisenbahnen, sowie den von Völk-Hinschius beantragten Gesetzentwurf über die Beurkundung des biirgerlickien Standes, indem er den ersteren an die Budgetkonimission, den letzteren an die Kommission für das Zivilehegesetz überwies. Der Reichstag trat sodann in die dritte Lesung des MünzgesetzeS. Zu Z. 2 erklärte Staatsminister Delbrück sein Einrerständniß nul der Ausprägung goldener Fünfmarkstücke unter der Bedingung der gleichzeitigen Ausprägung silberner Fünfmarkstücke, damit später nach dem Grade der Beliebtheit beim Publikum die Aus­prägung goldener oder silberner Fünfmarkstücke vermehrt oder beschränkt werten könne. Der Paragraph wird ckit einem von Delbrück accep- tirten, auf die Toleranz des goldenen Fünfmarkstückes bezüglichen Amen­dement Bamberger's angenommen. 8- 3 ruft eine lange Debatte hervor über die Beibehaltung des Zweimarkstückes, gegen welche der Minister behufs Herstellung einer korrekten Währung, welche jede fremde aus­schließe, mit der Bitte sich ausspricht, daß diese rein praktische Frage jeden politischen Charakters entkleidet bleiben möge. Das silberne Fünfmarkstück wird mit großer Majorität aufrecht erhalren, das Zwei- Markstück in namentlicher Abstimmung mit 130 gegen 102 Stimmen abermals genehmigt. Dafür stimmten die Süddeutschen, die Fort­schrittspartei, das Centrum.

_DieKöln. Ztg." erfährt über die Berathungen des Bundes-

rathS in Betreff des MünzgesetzeS: Die wichtigste Frage war die der Banknoten und des Staatspapiergeldes. Hier neigte die Mehr- Heck zu einer Trennung der beiden Fragen, welche der Reichstag gleich, mäßig behandelt hat. Mit der Einziehung der Banknoten war man im wesentlichen einverstanden, aber mit verlängertem Termin für ein Jahr, also bis zum 1. Januar 1876. Was das Papiergeld angeht, so scheint ein endgiltiger Beschluß nicht gefaßt. Es lagen verschiedene Vorschläge vor, von welchen einer dem Reiche die Emission nach Maß­gabe von einem Thaler pro Kopf der Bevölkerung zugestehcn will, also wenn man Elsaß-Lothrinpen milrechnet, für etwa 42 Millionen,

und da an 63 Millionen jetzt zirkuliren, so würden etwas über 20 Millionen Thaler eiugezogen werden. Ein anderer Vorschlag ging dahm, die Einziehung dadurch zu erleichtern, daß sie mit der Vertheilung der Kriegscoutribution kombinirt würde. Im übrigen fand sowohl die Erhaltung wie Beschränkung des Papiergeldes eifrige Vertheidiger. Mit Preußen, welches ca. 20Mill. Papiergeld hat, waren die Staaten, die wenig oder gar kein Papiergeld haben, für die Anträge des Reichs­tages; Baiern war bereit, darauf einzngehen, wenn man den Mini­malbetrag der Kassenscheine von 100 auf 50 Mark herabsetzen wollte. Sachsen dagegen legte Widerspruch ein, der begreiflich wird, wenn man sich vergegenwärtigt, daß Sachsen 13 Millionen Staatspapier- geld und 20 Millionen Banknoten hat.

Berlin, 6. Mai. Der Reichs-Preßgesetz-Entwurf behält der Vossischen Zeitung" zufolge die Ablieferung der Pflichtemplarc, die Bestimmungen über das Verbot ausländischer Zeitschriften, und die Beschlagnahme bei, bemißt aber die Fristen für die erforderliche Be­stätigung durch die Staatsanwaltschaft und die Gerichte enger als das preuß. Preßgesctz. Es verschärft die Verantwortlichkeit der Redakteure und schneidet die Einrede der Nichtkcnntuiß des Inhalts eines Artikels ab. Die Schließung von Buchdruckereieu durch richterlichen Spruch ist nicht ausgeschlossen.

Als Curiosum sei erwähnt, daß dem deutschen Reichstag eiue Petition zugegangcn ist, welche denselben auffordert, dahin zu wir­ken, daß die deutschösterreichischen Provinzen dem Reiche einverleibt werden, gleichzeitig aber verlangt, der Reichstag möge den Kaiser veranlassen, die deutsche Republik auszurusen. Das Schriftstück ist natürlich in den Papicrkorb gewandert.

In Berlin haben letzten Montag 6000 Tischlergesellen die Arbeit eingestellt, aber 4000 die Arbeit bereits wieder ausgenommen, da ihnen ihre Forderungen, 33Vo pCt. Lohnzuschlag und achtstündige Arbeit, bewilligt worden waren. 2000 Tischlergescllen sinken noch und 700 wollen abrcisen. Bis zum Sommer 1871, zu welcher Zeit der erste Tischlerstrikc stattsand, betrug der wöchentliche Durch­schnittsverdienst eines Tischlergesellen bei einer täglichen Arbeitszeit von vollen 18 Stunden ca. 4>/e Thlr.Durch erwähnten Strike wurde der Lohn im allgemeinen um 25 pCt. erhöht und die tägliche Arbeits­zeit auf 9>/e Stunden reduzirt. Im Sommer 1872 wurden durch einen länger anhaltenden Strike weitere 16^/z pCt. Lohnerhöhung er­zielt. Durch die nun zum größten Theile bewilligte abermalige Lohn­erhöhung beläuft sich der wöchentliche Durchschnittsverdienst eines Tischlergescllen bei einer täglich achtstündigen Arbeitszeit auf 99>/r Thlr. Die Preise der Möbel sind ganz außerordentlich in die Höhe gegangen. Früher waren die Berliner Möbel wegen ihrer Wohlfeil- heit berühmt, und darauf gründete sich der Umfang des Berliner Exportgeschäftes in diesem Artikel. Bei den jetzigen so hoch hinauf ge­schraubten Preisen dürste sich die MöbelanSfnhr beträchtlich verringern und dann könnte es mit dem Möbelgeschäfte gehen, wie mit dem Bijouteriegeschäfte in Genf, das durch die wiederholten künstlichen Lohnsteigerungen zu Grunde gerichtet worden ist.

Wien, 5. Mai. Der Prinz von Wales erwartete heute im Ausstellungspalaste die Ankunft des deutschen Kronprinzen an der Treppe, eilte ihm entgegen und begrüßte herzlichst die Schwester, den Schwager und Neffen und führte sie dann in das Kommissionshaus zum Dejeuner.

Pest, 6. Mai. Der von Steinbruch nach Pest verkehrende ge­mischte Zug Nr. 136 entgleiste vor der Einfahrt in die hiesige Sta­tion hinter dem Thiergarten. Auf der Strecke wurden Geleise-Aus­besserungen vorgrnommen; einige Schienen waren ausgchoben und wurden rvr Ankunft des Zuges provisorisch eingelegt. Der Train, der hievon nicht avisirt war, brauste mit voller Geschwindigkeit auf dem gesperrten Geleise heran. Die Maschine stürzte über den Damm, sich tief in das Erdreich einbohrend und sechs Waggons nachreißcnd, welche vollständig zertrümmerten. Diese Waggons führten krainerische Arbeiter, Passagiere vierter Klasse, und Lämmer. Sieben Wagen sind theils zertrümmert, theils beschädigt. Vom ZngSpcrsonale sind der Maschinenführer und zwei ZugSbeglriter gleicht, ein Heizer und ein Packer schwer verletzt. Einige Magen Schafe sind größtentheils erschlagen. Von Len krainerische» Ai beiter» wurden bis jetzt sechs, undzwanzig Todte aus den Trümmern hervorgezogen. Verwundet sinh gegen fünfzig. Der Anblick der herurnlicgendcu zerrissenen Menschen und Tdiereßist herzzerr eißend.^. Die Untersuchung ist bereits erngeleit^.

Schweiz. Bern, 6. Mai. Der Bundckralh Hot der Herzogin von Madrid, Gemahlin des Don Carlos und deren Agenten den Aufenthalt in den westlichen und südlichen Cautonen der Schweiz untersagt, da in deren Villa bei Genf zur Absenkung bereit liegendes Kriegsmaterial entdeckt und der Nachweis geliefert wurde, daß Genf zum Central- Punkt für den karlististc» Aufstand gem acht worden war.

»n «. OelschlSger. (Hiezu Nr. IkH« Unterhaltung«^^