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Dis Generalversammlung
des landwirthsch. Bezirksvereins am 30. November.
(Fortsetzung dcs Rechenschaftsberichts.)
3) Künstliche Dungmittel hatte der Verein in diesem Jahre 370 Centner bezogen und dieselben mit Hilfe eines Ver- einsbeitragtz von 100 fl. in ermäßigtem Preise an die Vereins. Mitglieder abgegeben. Der Verein wird sich bei der hervorragenden Wichtigkeit, welche die künstlichen, namentlich die an Phosphorsäure reichen Dungmittel mehr und mehr für den laudwirth- schaftlichen Betrieb gewinnen, auch fernerhin der Vermittlung des Bezugs unterziehen.
Enge verwandt mit der Frage von den künstlichen Dungmitteln sind die Versuchsfelder, die mit Vereinsunterstützung seit 3 Jahren in verschiedenen Orten des Bezirks mit verschiedener Bodenbeschaffenheit dem Zwecke dienen, sestzustellen, welche Sorten von künstlichen Dungmitteln zu den verschiedenen Cultur- pflanzen auf den verschiedenen Bodenarten besonders zu empfehlen sind. Wenn die Berichte vom Jahre 1872 vollends eingelaufen sind, so wird eine Zusammenstellung derselben erfolgen und öffentlich bekannt gemacht werden.
4) Das Fortbildungswssen weist gegen das Vorjahr wieder einen höchst erfreulichen Fortschritt nach, indem in 14 freiwilligen und 9 obligatorischen Fortbildungsschulen und 1 Abendver- sammlung, zusammen in 24 Schulen im Winter 1871/72 land- wirthschaftlicher Unterricht ertheilt worden ist, gegen 19 des Vor-! jahres. Mit Hilfe eines außerordentlichen Beitrags von 200 fl.! von Seiten der Centralstelle konnten Prämien im Gesammtbe- trage von 235 fl. an die Herren Lehrer vergeben werden, von denen diejenigen, die dem ForLbildungsuntercicht ihre Kraft schon länger widmen, außerdem aufgefordert worden sind, sich um eine von Herrn Direktor Volz in Berg gestiftete Prämie von 50 fl. zu bewerben.
5) Feldweganlagen nach einem ein ganzes Gewand in der Art umfassenden Plane, daß dadurch alle Parzellen dieses Gewandes freie Zufahrt erhalten, sucht der Verein schon seit Jahren dadurch zu befördern, daß er zeitweise Prämien von 100 fl. und 50 fl. für die best ausgeführten Anlagen dieser Art aussetzt. Um diese Preise hatten sich dieses Jahr Calw und Stammheim beworben, und wird das Resultat dieser Bewerbung weiter unten bei dem zweiten Punkte der Tagesordnung (Prämienver- theilung) besprochen werden.
6) Zur Förderung des Obstbaus werden periodisch Zöglinge mit einem Vcreinsbeitrage in die Obstbauschule in Hohenheim entsendet, um nach und nach für die obstbautreibenden Ge. meinden des Bezirks die nöthigen Baumwärter heranzuziehen» An solchen ist aber gleichwohl immer noch fühlbarer Mangel, dem die K. Centralstelle neuerdings dadurch abzuhelfen sich erbietet, daß sie neben der Obstbauschule, die immer nur eine beschränkte Zähl von Zöglingen aufnehmen kann, weitere Gelegenheit zur Ausbildung von Baumwärtern zu vermitteln, auch pecuniär die Belheiligung an den Lehrkursen zu erleichtern sich bereit erklärt. Es wäre sehr wünschenswerth, wenn von diesem Anerbieten ausgiebiger Gebrauch gemacht, und man namentlich durch rasche Beantwortung der vom K. Oberamt bezüglich der Baumwärter an die Herren Ortsvorsteher gestellten Fragen auch der Verein in die Lage versetzt würde, durch Vermittlung des nöthigen Ver- kehrs mit der K. Centralstelle das Seinige zur Vermehrung des so nützlichen Instituts der Baumwärter beizutragen.
7) Außer diesen Fragen von specieller Bedeutung hat der Ausschuß mehrfach auch Veranlassung gehabt, sich mit Gegenständen von mehr allgemeiner Natur zu beschäftigen. Hievon mögen hier Erwähnung finden die Anträge der Berliner Actien- hagelversicherungSg esellschaft und der süddeutschen allg. Hagelversicherungs gesellschaft in München, rvonnt diese Gesellschaften den Verein um seine Empfehlung bei de» Landwirthen des Bezirks gebeten haben, ohne daß jedoch der Ausschuß dieser Bitte Folge leisten zu können glaubte, weil er keine Gesellschaft auf Kosten einer andern begünstigen wollte. Die Wiener Weltausstellung mit ausgezeichneten Erzeugnissen des Bezirks zu beschicken, war ein Antrag von der K. Central- stelle eingelaufen, aber vom Ausschuß abgelchnt worden, weil er sich von einer deßfallsigen Aufforderung an die Landwirthe des Bezirks zu keinem Erfolge versah. Erst die persönliche Einladung durch Herrn Direktor von Oppel, „der Verein solle doch wenigstens em weitbekanntes Produkt des Bezirks, das dessen Namen rrägt, den Calwer Flachs, zur Ausstellung bringen", hatte die Folge, daß einige ausgezeichnete Proben desselben abgeschickt
wurden, die den alten Ruhm nicht weiden zu Schanden werde" lasten.
Endlich soll hier noch gesagt sein, daß auch das Maikäfergesetz als Entwurf der Begutachtung des VereiiisausschusteS unterbreitet war. der demselben seine Zustimmung im Allgemeinen nicht versagen konnte, obwohl sich auch Stimmen geltend mach- ten, welche statt des Zwangs den Weg der Prämiirung beim Einsammeln der Maikäfer eingeschlagen wissen wollten. Zum Glück gehört unser Bezirk nicht zu denje sigen, die periodisch ver Maikäferplage ausgesetzt sind, und können wir somit ruhig zu» sehen, welchen Erfolg d«s Gesetz, das überhaupt mehr den Eindruck eines Versuchs macht, in denjenigen Bezirken hat, die mehr als wir von dieser nur durch vereinte Kräfte einigermaßen a''. zuwendenden Heimsuchung betroffen werden. (Fortsetzung folgt.)
Calw. In den össentlichcn Sitzungen des K. KreiSstrasgerichtS kamen am 12. Nov. felgende Fälle zur Verhandlung und Aburtheilnng: 1) Jehann Schürer, verhelratheter Taglöhncr von Nufringen, OA. Herrenbcrg, verübte zwei Diebstähle. Zuerst nahm er in der Adlerwirlhschasl in Nufringen zwei Halbguldenstücke weg, welche für einen Dritten als Fuhrlehn auf den Tisch gelegt waren. Nachher stahl er auf der Straße in Hcrrenbcrg einem Betrunkenen, dem er vom Boden aufhalf, das Porlemouuaimit etwa 17 fl. aus dev Tasche. Der Beschuldigte war der That geständig. Da« Nrlheil lautet auf zwei Monate Gefäugniß, woran 16 Tage als durch die insoweit unverschuldet erstandene Untersuchungshaft abgebüßt zu betrachten. 2) Der ledige Taglöhner Johann Michael Wörncr von Sulz, QA. Nagold, hat in der Wei- merschen Wirthschastshütte bei JselShauscn, OA. Nagold, mehreren Eisen - bahuarbcitern Kleidungsstücke im Gesammtwerth von 0 fl. in diebischer Absicht wcggenommcn. Er ist schlecht pradicirt und schon dreimal wegen Vergehen wider fremdes Eigenthum bestraft und will in durch Betrunkenheit unzurechnungsfähigem Zustande gehandelt haben, was bei dem Gerichte, bas ihn zu der GefLnguißstrasc von drei Monaten verurtheilte, kernen Glauben fand, — — Stuttgart, 6. Dez. In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer wurde der RegieiuugS-Entwuif in Betreff des Baues der Mnrrthal-
thal gerichtet, die über Marbach und Bcysiugcu nach Ludwigsburg führen würde. In Betreff der Böblinger Bahn wurde die Debatte heute nicht zu Ende
Verwaltung alles im hiesigen Thal benvthigtc Areal unentgeltlich an.
— Stuttgart: 7. Dez. Das Gesetz über die weitere Ausdehnung des- Eisenbahnnetzes ist in der heutigen Sitzung der zweiten Kammer vollend« zu Ende bcrathen und ganz nach dem Regierungs-Entwurf, somit auch die directe Bahn von Stuttgart über Boblingen-Herrenbcrg-Eutingen nach Frcu- denstadt, angenommen worden. Die oben gemeldete Erklärung des Abgeordneten der Stadt Stuttgart und die wiederholte und ganz bündig abgegebene Erklärung vom Ministertisch, daß kein zweiter Bahnhof in Stuttgart — weder Personen- noch Güterbahnhof — gebaut und die Trare der Bahn nach Böblingen außerhalb des Vau-NayonS der Stadt geführt wcrdr, gaben den Ausschlag. Der dritte Artikel, welcher bestimmt, daß die neuen Eisenbahnen auf Kosten des Staats auSgeführt und wegen Beschaffung der hiezu erforderlichen Geldmittel nach Maßgabe detz Zeitpunktes der Inangriffnahme und des gort- schreilens der Ban-AÜssührung von Zeit zu Zeit durch besondere Verabschiedung werde Sorge getroffen werden, wurde mit 78 Stimmen gegen die eine Stimme des Prälaten Mehring und der ganze Gesetz-Entwurf mit 78 gegen 4 Stimmen angenommen.
— Stuttgart, 12. Dez. Der Eisenbahn-Gesetzentwurf ist in der Kammer der Abgeordneten mm zu Ende berathen. Es ist nach demselben beschlossen: 1. der Ausbau der Bahnen: 1) von Nagold nach Horb; 2) von Calw nach Pforzheim; 3) von Lentkirch nach Jöm, und 4) von Hechingen nach Balingen (Hohenzvllern-Bahn). II. Die Inangriffnahme folgender neuen Bahnen: 1) von AltShauscn nach Pfullendorf zum Anschluß an die badische Stockach- (Schwackcnrcuthc) Pfnllendviscr Bahn; 2) von Crailsheim au die württcmbergisch-baierischc LandcSzrenze, der württcmbergifchc Thcil der Bahnlinie Crailsheim-Ansbach-Nürnberg; 3) von Balingen über Ebingen nach Sig- maringcn, Fortsetzung der hohcnzvllernschen Bahn; 4) von Heidcnheim nach Ulm (bei dieser Bahn erklärte der Minister dcs Auswärtigen, daß der Vertrag mit Baicrn, der den Ban über baierisches Gebiet gestatte, nunmehr unterzeichnet sei und der Kammer dieser Lage zur Zustimmung werde vorgclegt werden!; 5) von Waiblingen über Winnenden nach Backnang. Diese letztere Bahn wird sogar in Bätoe in Ausführung kommen, die Hcidcnhcim-Nlmer Bahn aber wohl am meisten mit Energie im Bau betrieben werden. Ferner wurden sür den Bau und die Einrichtung von Dienstwohnungen und anderen Gebäulichkeiten für Zwecke der Vcrkehrsanstaltcn weiter vcrwilligt 136,000 fl., ferner für Verbesserungen und Erweiterungen an den Bahnlinien 1,635,000 fl., und zwar für diese Verbesserungen und Erweiterungen selbst 1,235,000 fl,; für die durch den Vollzug deö Bahnpo.'izei-Neglemcntö für das deutsche Reich anfallenden Kosten 230M0 fl. (im Ganzen sind dieß 630,500 fl., wovon aber das Weitere erst in der nächsten Etatspcriode zu Verwendung kommt); endlich sür den Mehraufwand des neuen PostgebLndeS 165,000 fl. Sodann wurden noch vcrwilligt eine Million Gulden zur Vermehrung des BetricbSmatc- rials der Eisenbahnen. Zn diesen Bauten sind 36 Millionen vorgesehen, aber im Laufe der EtatSperiodc bereits provisorisch vcrwilligt und grvßtenthcils auch schon verwendet worden 24,200,000 fl., somit verbleiben nur noch 11,600,000 fl., welche anstandslos vcrwilligt wurden.
— Die K. Centralstelle für die ilundwirthschaft veröffentlicht im „St.-Anz." vom 14. D.-z. einen Aufruf zur Ausbildung von Gc- meindebaumwürtkrn.
'Sirdizin, gedruckt und verlegt von A. Lei schlag er.