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Tagesneuigkeiten.
— Stuttgart, 29. Okt. Ihre Maj. der König und die Königin mit Ihr. Kaiscrl. Hoh. der Großfürstin Vera sind an: Samstag Abend um 7 Uhr 15 Min. mittelst Extrazugs von Friedrichshofen wieder hieher zurückgekehrt.
— Stuttgart, 26. Okt. Die Finanzkommission der Kammer der Abgeordneten hat gestern und heute einen von den Ministerien des Innern und des Kirchen« und Schulwesens bei den Ständen eingebrachten Gesctzes-Entwurf berathen, welcher den Zweck hat, den an den Rettungsanstalten für verwahrloste Kinder und anderen derartigen Anstalten eingestellten Lehrern und Erziehern, welche dem Volksschulstand angehören, Pensionsrechtc gleich den Dolksschnllchrern zu gewähren. Das Gesetz vom 6. Juli 1842 hat nämlich denselben nur eventuelle PensionSrcchte zugcsichert, in der Art, daß solchen Lehrern, wenn sie später einen Volksschuldicnst erlangen, bei ihrer Pensionirung auch die an gedachten Anstalten zugcbrachten Dienst- jahre gleich den Dicnstjahren an einer öffentlichen Volksschule in die pensionsberechtigte Dienstzeit eingerechnet werden sollen. Ließ Halle die Folge, daß Anstaltslehrer sich nicht ans die Dauer im Dienste der Anstalt halten ließen, vielmehr bestrebt waren, wieder in den
Volksschuldienst überzutretcn, um definitive PensionSrcchte zu erlangen.
Die Mißstände, welche hieraus für die Nettungs- und andere der- ^ Arbeitszeit ganz unverständlich wäre. Es besteht kaum ein Gl . ' en in dem nicht hier ein befähigter fleißiger Geselle durch Akkor!
artige Anstalten entstanden, wurden schon von verschiedenen Seiten beklagt und kamen auch wiederholt in der Kammer der Abgeordneten wit dem Wunsche nach Abhilfe zur Sprache. Diese soll der einge- brachte Gcsetzesentwurf treffen, dessen Annahme die Finanzkommission beantragt. Dieselbe ist hiebei noch zu dem weiteren Antrag gelangt, die k. Regierung um Erwägung zu bitten, ob nicht auch den in ähnlicher Lage befindlichen Lehrern an Privat-Töchterbildungsanstaltcn, die nicht auf Gewinn berechnet sind, also namentlich an den von Elternvereinen und Gemeinden zur Ergänzung der Volksschule errichteten Töchterbildungsnnstalten, in gleicher Weise definitive Pensions- rechte einzuräumen seien, da ähnliche Mißstände auch bei diesen aus der durch das Gesetz vom 18. Februar 1868 ihnen bloß eventuell zngesicherten Pensionsberechtigung sich ergeben und da auch die Töch- terbildungsanstalten einem öffentlichen Bcdürfniß und Interesse an der Stelle der Volksschule dienen.
— Stuttgart, 25. Okt. Der neue Wein wird dieses Jahr hier zu 15 bis 18 kr. pr. 1/2 Liter ausgeschenkt, was doch manchem zu viel ist, daher man mehr als sonst den Ankauf von Wein durch Privaten wahrnimmt. Auch die hiesigen Bierpreisc findet man all« gemein zu hoch, zumal der Hopfen billig, die Gerste nicht zu theuer und das Bier durchschnittlich sehr leicht und sehr gering ist. Die Biertrinker zahle» daher lieber noch einen oder zwei Kreuzer mehr und trinken fremdes Bier. Zur Zeit wird hier mehr fremdes als einheimisches Bier getrunken.
— Stuttgart, 25. Okt. Gestern schafften unsere beiden bürgerlichen Collegien auf den Antrag des neuen Oberbürgermeisters Dr. Hack einen alten und in vielen deutschen Städten noch bestehenden Zopf ab; nämlich die Straßenbeleuchtung nach dem Mondschein im Kalender zu regeln. Vom 1. November an werden die 1068 Gaslaternen der Stadt jeden Abend bei Einbruch der Dunkelheit angezündet, ohne Rücksicht darauf, ob Mondschein im Kalender steht oder nicht. Es ist berechnet, daß sich die Mehrkosten im Jahr nach dem bisherigen Bestand nur auf etwa 948 fl. belaufen.
— Gebrüder Benckiser in Pforzheim beabsichtigen, zwischen
dort und Brötzingen eine größere Anzahl vnn Arbeitshäusern zu erbauen, und lassen, da diese uicht schnell hergestellt werden können, um dem schon augenblicklich starken Bedürfniß an Wohnräumen für ihre Arbeiter zu genügen, gegenwärtig Baracken errichten, welche in 4 getrennten Gebäuden 15 Familien aufnehmen und noch in diesem Jahre bezogen werden können. (Krlsr. Z.)
— Münche n. In der bäurischen Armee mangelts an tüchtigen Unteroffizieren. Die Leute wollen über ihre 3 Jahre hinaus uicht bleiben, da sie sich bei einer bürgerlichen Beschäftigung weit besser befinden. Man will jetzt Unteroffiziersschulen errichten, wo junge Leute von 17—20 Jahren in emem dreijährigen Cursus, wofür sie sodann für je ein Jahr Schule zwei Jahre in der Armee u dienen hätten, unentgeldlich zu Unteroffizieren ansgebildet werden
Allein was dann? fragt der Unteroffizier; soll ich mein Leben
sei. Die Veröffentlichung der Antwort werde nächstens erfolgen. Hierauf wurde der Statutencntwnrf für den bäurischen Landesvercin durchberathen, mehrfache Modifikationen nicht prinzipieller Natur angenommen und sodann die Verhandlungen geschlossen.
— Berlin, 26. Okt. Die Reisedispositionen des Kaisers haben durch den Tod des Prinzen Albrecht zwar Abänderungen erfahren, doch wird der Kaiser nach dem Aufenthalte in Ludwigslnst sich einen Tag nach Hannover begeben und alsdann hem sächsischen Königs- paarc zur goldenen Hochzeit persönlich seine Glückwünsche darbringcn.
— Der „Mg. Ztg." schreibt man aus Berlin über die Arbeiterfrage : „Wie Prof. Gneist in Eisenach mit gewohnter Schärfe ausführte, ist die so ialc Krankheit auf dein Wege der Gesetzgebung allein überhaupt nicht zu heilen. Man kann dem Arbeiter nicht helfen, so lange er glaubt, bei stets verminderter und schlechterer Arbeit mehr verdienen und allen seinen Begierden fröhnen zu müssen. Wer heutzutag unter den Handwcrkergesellcn über schlechten und unzureichenden Lohn klagt, belügt andere und sich selbfi, es sei denn, daß er ein Stümper in seiner Profession oder ein Faullenzer sei. An Jnd vidnen beiden Kalibers scheint es leider mit jedem Tag zu- znnchmcn, weil sonst das wachsende Drängen nach Abschaffung der Akkordarbeit und nach Einführung des Taglohns mit verminderter
ES besteht kaum ein Gewerke, darbest
er
zollen.
lang mich bei der geringen Gaze eines Unteroffiziers begnügen? Das Avancement zum Offizier ist ihm durch die Vorbedingung des Gym- nasialabsolntorinms abgeschnitten.
— München, 28. Okt. Bei der gestern im Mnsenmssaalc eröffnest» Delegirtenversammlnng der baierischen Altlaiholiken waren 121 Mitglieder zugegen. Den Antrag auf Beantwortung der Denk- schrisc der deutschen Bischöfe beantwortete Professor Friedrich dahin. daß duß durch die Fölncr theolo-stsche Kommission bereits geschehen ^ fallen.
sich einen Verdienst von 8 bis 12 Thlrn. und darüber verschaffen kann, ohne sich zu sehr anznstrcngen. Aber freilich, wenn die HH. Sozialdemokraten im Winter und im Sommer schon um 6 Uhr Nachmittags Feierabend machen wolle», um sich geistig auszubilden, d. h. kostspieligen Vergnügungen nachgehcn zu können, dann reicht kein Verdienst mehr aus. Daher die steigende Unzufriedenheit der Arbeiter mit ihrer Lage, ihre zunehmende Rohheit und Verwilderung, ihr unverträgliches Wesen msterciuander und ihr trotziges herrisches Wesen gegenüber den Arbeitgebern. Wundern kann man sich da freilich nicht, wenn manche unserer Industriezweige nicht mehr im Stande sind, mit dem Auslande zu konknrriren, und wenn sich die Fälle hänfen, in lenen Fabrikherren lieber zur Liquidation schreiten, als sich länger die Anmaßungen und Ungezogenheiten ihrer Arbeiter gefallen zu lassen, nicht zu gedenken ihrer nie zu befriedigenden Ansprüche. Dieses Schicksal drohte auch eine Zeit lang der Pflng'schen Aktien- fabrik für Eisenbahnbedarf. Schon war den Beamten der Anstalt eventuell gekündigt, weil diese in Folge des fortdauernden Strikes der Hälfte der Arbeiter nicht wehr mit Erfolg wirken konnten. Schließlich hat aber doch die Noth die von den Sozialdemokraten verführten Arbeiter beten gelehrt und hat sie in die Werkstätten znrückgeführt wie wir bereits berichtet haben.
— Danzig, 23. Okt. Im Kreise Preußisch Holland nimmt jetzt, wie die „D. Z." meldet, eine ganz eigene Auswanderung überhand, gegen welche die Behörden ratheud und warnend einschreiten. Es hat sich dort nämlich das Gerücht festgesetzt, daß der Prinz Friedrich Karl die Auswanderung nach Lothringen, namentlich Metz, begünstige und den Einwanderern Besitzthum znwende. Die ländliche Bevölkerung veräußert nun ihr heimisches Eesitzthnm und zieht nach Metz. Ter Landrath aber hat in öffentlicher Bekanntmachung das Gerücht für das erklärt, was es ist, für unwahr.
— Wien, 27. Okt. Eine weitere Conscquenz der Ordnung der Dinge im neuen Deutschen Reich hat sich vollzogen : auch das König- reich Württemberg hat auf eine gesonderte diplomatische Vertretung in Wien definitiv verzichtet. Der letzte württembergische Gesandte, Baron Thumb von Ncuburg, verläßt uns in den nächsten Tagen; er hat bereits in Pest dem Kaiser sein Abbernfungsschreiben überreicht.
^— Wien, 25. Okt. Die heutige „Wiener Ztg." bringt ein kaiserliches Dekret, wonach sämmtliche Landtage ans den 5. November einbernfen «erden.
— Ofen, 27. Okt. Gestern sind hier fünf tödtlichc Chelerafällx vorgekommen.
Spanien. Wie aus Madrid gemeldet wird, hat die Dcpu- tirtenkammer mit 99 gegen 58 Stimmen einen Antrag auf Abschaffung der Todesstrafe verworfen.
Amerika. Nachdem die Republikaner am 8. Oktober in den Wahlen von Pensylvanien, Ohio und Indiana gesiegt, haben ist die Präsidentenwahl faktisch bereits zu Gunsten Grant's entschieden. — W a sh i ng t 0 n, 27. Okt. Nach einer vom Schatzamt«: veröffentlichten Nachweisung hat sich die Staatsschuld in den letzten drei Jahren jährlich um lOO Mill. Dollar vermindert. — Newyork, 26. Ost. Die von Eauada hcrnbcigedrungene beuche unter den Pferden (eine Kehlkcpfkrankheit) verbreitet sich mit außerordentlicher Schnelligkeit; in Newyork sind bereits 30,000 Pferde von ihr be«
:r'e^!g!N, eetruckt und verlegt von A. Oelschläger.