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OÄ. Nagold, seinem damaligen Dienstherrn, dem Löwenwirth Günth- ner daselbst, einen Frachtsack im Wcrthe von etwa einem Guid.n. Er wurde drßhalb zu der Arbeitöhansstrafe von sieben Monaten ver- urthcilt und zum Ersätze der Kosten verpflichtet. 3) Wegen Körperverletzung im Affekt ist vor das K. Kreisstrafgericht verwiesen woiden der Eisrnbahnarbeiter Giacomo Gasperi aus Lavis in Tyrol. Derselbe ist der deutschen Sprache nicht mächtig, weßhalb der Rechtsanwalt Schwarzmann dahier als Offizialvertheidiger der Verhandlung anwohnte und überdieß zu derselben zwei Dolmetscher beigezogcn worden sind. Nach dem Ergebnisse der Verhandlung hat der Beschuldigte am 24. Juni d. I. Abends in der Nähe der Menagehütte des Akkordanten Meinzingcr ans der Markung Althengstett dem Eisenbahnarbeiter Lalentin Johann von Dcuibach, vorsätzlich einen Stein an den Kops geworfen und ihm hiedurch eine mit einem Knochenbruch und vierwöchiger Arbeitsunfähigkeit verknüpfte Wunde an der Stirne zngcfngt, welche Folgen seiner Handlung er als sehr wahrscheinlich vorhersehen konnte. Ucbrigens ist der Beschuldigte durch besonders schwere Beleidigungen N"d Mißhandlungen zum Zorne gereizt und auf der Stelle zur That hingerissen worden. Das Urtheil lautet auf eine BczirkSgesängnißstrafe von vier Wochen, wovon jedoch l8 Tage als durch den insoweit unverschuldet erstandenen Untersuchungs- Arrest abgebüßt zu betrachten sind, sowie auf die Verp ichtung zum Ersätze der Kosten seiner Hast, der Untersuchung und des Strafvollzugs.
— Stuttgart, 25. August. Gestern feierte die hiesige Thicr- arzneischnle das 50jährige Jubiläum ihres Bestehens in würdiger Weise. Schon im Jahr 1817 faßte der verewigte König Wilhelm den Entschluß, die ihm als Thierzüchter und Thierfreund so werth- volle Menagerie aufzuheben und deren Räumlichkeiten für eine Thicr- arzneischule in Aussicht zu nehmen.
— U l m , 24. Aug. (Schwäbische Jndnstrie-Anssteüung.) Um dem fortwährend starken Andrange von Besuchern der Ausstellung kein vorzeitiges Ende bereuen zu müssen, hat die Ausstellungskom Mission in Uebereinstimmuiig mit einer großen Anzahl Aussteller sich entschlossen, die Ausstellung, deren Dauer ohnedieß kurz bemessen war, nicht schon am 3., sondern erst Ende September zu schließen. Diese Aenderung entspricht den von zahlreichen landwirthschastlichcn und Gewerbevereinen ausgesprochenen Wünschen, bei Gelegenheit des Caini- ftatter landwirthschaftlichen Festes die schwäbische Industrie-Ausstellung zu besuchen und ist auch durch die Rücksicht aus das Landvolk geboten, welches zu einem großen Tyeile bisher durch Feldgeschäfte am Besuche der Ausstellung gehindert war. Maßgebend war ferner die Thalsache, daß viele Industrielle crst später aus den Bädern und von Reisen heimkehren; aus deren Reihen wurde vielfach die Bitte an die Kommission gerichtet, die Möglichkeit zum Besuche der Ausstellung sowie zu Ankäufen und Bestellungen noch länger offen zu Hallen.
— Wie verschiedene Blätter melden, wird seitens sämmtlichcr dem- schm Eisenbahn-Verwaltungen den Ne ich smitgl Ledern freie- Fahrt während der Session auf den Strecken zwischen ihrem Wohnsitz und der Ncichshauptstadt gewährt werden. Aus Barem Hort, man dab«i von erneuten Wünschen, die Diütenfrage im Reichstage zur Sprache zu bringe».
— Cho lerafä lll e sind bereits vier in Berlin konstatirt worden, von denen zwei eiueu todtliche» Ausgang hatten. Das Polizei- Präsidium uwhnt in einer Bekanntmachung zur Vorsicht und empfiehlt:, i) Desinfektion zur Vernichtung des Anstecknngsstoffes und Sorge für reine Luft. 2) Vermeidung von Erkältungen, Durchuässungen und Diätfehlern. 3) Vermeidung unreinen Trinkwassers. 4) Schleunige Beschaffung ärztlicher Hilfe bei den ersten Anzeichen der Krankheit. 5) Unterbringung solcher Kranken, deren Hän-lichkcit uicht^alle zur Heilung erforderlichen Mittel bietet, in Heilanstalten. 6) Benutzung der Leichenhallen zur schleunigen Entfernung der Leichen aus ungeeigneten Wohnungen.
— Berlin, 24. August. Der deutsche Geschäftsträger bei der französischen Republik, Graf Waldcrsee, hat am 22. August eine Besprechung mir dem französische» Minister des Auswärtigen gehabt,, bei welcher er die ^I-iKUv «ls In «lölivranos «ls l'^Isaoe et «io la I-orrmns° zur Sprache brachte. Hr. v. Remusat erklärte, daß die französische Negierung den Verein für völkerrechtswidrig betrachte, anR bereits die Auflösung desselben angeordnet habe und gegebenen Falls gerichtlich einschreiten werde.
— Berlin, 25. August. Der „Kreiszeitung" wird ans Wien geschrieben, daß die Verhandlungen in Gastcin Len denkbar günstigsten Verlauf genommen haben.
— Wien, 24. August. Officiös wird gemeldet, daß Graf Benst sich äußerst befriedigt über den Erfolg der Gasteiuer Unterredungen, und das Entgegenkommen Fürst Bismarck's ausgesprochen habe.
— Wien, 22. August. Die Ebergeuyi hat einen Ver,uch gemacht,, aus der Strafanstalt zu Ncudorf zu entkommen, welcher aber durch die Aufmerksamkeit der Wache vereitelt wurde; sie soll dabei von Individuen begünstigt worden sein, welche dem Hanse selbst angehören.
Frankreich. Versailles, 24. August. Die Nationalver' sammlung nahm das Amendement Ducrot'ö an, welches allmölige Auflösung der Nationalgarden bestimmt. Die Vollmachten?ommission beschloß mit 10 gegen 5 Stimmen unbedingte Gleichheit der Dauer der Amtsgewalt ThierS' mit der Dauer der Nationalversammlung. Letztere setzt selbst den Zeitpunkt ihres Rücktrittes fest und setzt alsdann die Autorität ein, welche Neuwahlen eiuleitet.
Versailles, 26. August. Die Nationalversammlung nahm mit 503 gegen 133 Stimmen das Gesetz über Auflösung der Natio- nalgarde au. Es folgt die Berathung des Gesetzes über Erhöhung der indirekten Steuern.
— Berlin, 24. August. Seit heute Morgen um 6 Uhr sind die Baut.n beim neuen NeichStagsgeoäude in vollem Gange. Tie bis heute dort beschäftigt gewesenen Maurer wurden abgelohnt und entlassen. Es traten Zug um Zug 120 Soldaten, welche Maurer sind, in die Arbeit ein, und diese werden nun den Bau so fertig stellen, daß der Reichstag im Oktober in dem Provisorium tagen kann. Die Soldaten erschienen in Uniform mit Gewehr, stellien die Gewehre ans dem Bauplatze zusammen und kleideten sich zur Arbeit um. Allcrwärts werden die Maurer, wo sic bei RegierungS- bautcu noch beschäftigt waren, entlaffni, auf die Gefahr hi», daß durch die Verzögerung der Bauten späterhin UnZuträglichkeitm sich ergeben. Hier siud Soldaten nur beim Parlamentsbau angestellt worden. Sämmtliche Regimenter haben Arbeiter gestellt. Sie bekommen l Thlr. pro Tag bei unbeschränkter Arbeitszeit. In der Nacht werden sie von einer gleich großen Zahl Kameraden adgelöst. Wie der Magdeb. Zig. geschrieben w;rd, nimmt das Publikum für die strikcnden Maurer nicht Partei. Selbstredend, wünscht man jedem Arbeiter möglichst hohen Lohn, allein mau kann nicht zngebeu, daß eS richtig ist, wenn gerade der Maurer einen Normal-Arbeitstag begehrt. Er arbeitet im Winter so g»r wie gar nicht und in den übrigen JahreSzcireu nur dann, wenn das Weller die Arbeit zu läßt. So lange Sonnenschein und Regen in nnknrcchenbarcr Reihenfolge austrctcii — und das wird ja wohl so lange dauern, als überhaupt Lie Welt bestehen bleibt -—> so lange muß man diesen Naturgesetzen sich fügen und kann nicht Eivügrsctze gegen sie ins Feld führen, vie unentwirrbare Widersprüche zur Folge haben. 7 er Maurerstrike wrrd zum Schaden der Gesellen verlausen. Die Meister und Bauherren können cs länger mit mischen wie die Gesellen. Das mußten die Sinkenden von vorherein in Betracht ziehen.
Ncdigirt, gedruckt und vcrl
Türkei. Jerusalem, 3. Aug. Trotzdem, daß die Ernte- miss Reichlichste ausgefallen ist, steht das o-etreide doch noch in sehr hohem Preis, namentlich darum, daß fast die ganze Ernte sofort von reichen Händlern aufgekauft worden ist. Oliven nud Trauben gibt es auch sehr viele. An dem großen Weinstock auf einer der Terrassen des deutschen Konsulats hängen über 200 Trauben, von denen jede 2—3 Pfund schwer ist. — Die Einweihung der knutschen Kapelle auf dem Johanmterplatze hat an dem festgesetzten Tage (l5. Juli) stattgefnnden. Das Innere war schön und reich mit grünen Zwei», gen geschmückt, welch- von liebevollen Händen mit Mühe und Fleiß,' zumal von den Gräbern der Stifter, hergeschafft worden waren. In der Festprcdigt wurde im Anschluß an Ich. 4, 21—24 ansgeführt, daß das neue Gotteshaus zweierlei fördern wolle: evangelische Freiheit und evangelffche Frömmigkeit. Unmittelbar nach der Einweihung ließ der deutsche Generalkonsul ein Telegramm au den Kaiser in Ems abgeheu. ' Bereits 18 Stunden darauf erfolgte die telegraphische. Antwort," also lautend: „Mit memem Tanke sür Jh e Anzeige von der Einweihung der evangeli'chen Kapelle in Jerusalem spreche ich zugleich meine Freude aus, daß endlich der Wunsch erreicht ist, wenigstens vorläufig einen würdigen Versammmluugsort der evangelischen Glanbeusgcnsssen zu schaffen. Möge wahre Frömmigkeit dort gedeihen, die einst jene Stätte sich erwarb, wrd mögen Dankgebete zum. Himmel steigen, daß dieselbe in unfern Besitz znrückgekehrt ist. Wilhelm." — Da die Vorarbeiten zur Errichtung einer Kirche für die arabischen Protestanten (auf einem sehr schönen. Punkte zwilchen dem Jaffa- und Damaökusthor) begonnen haben,, wird m nicht ferner Zeit der Protestantismus hier durch drei Kirchen, vertreten sein. (Die"erste protestantische von einer Engländerin ge-
stiftete Kircl.e wurde im Jahr 184 9 eingewei ht.) .^_
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