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Tlistesstölnffkeiten.
—Calw. Tagesordnung der Sitzung des K. Kreisstrafgerichts am 16. Mai: Vorm. 9 Uhr: 1) Röcker, Karl, Müller von Entringen, OA. Herrenberg, led., 36 Jahre alt, wegen Körperverletzung. Verth. Rechtsanwalt Lammfromm v. Tübingen; 2) Müller, Joseph, 39 Jahre alt, Schultheiß von Unterthalheim, OA. Nagold, und Hamm, Ulrich, 62 Jahre alt, Gemeinderath von da — wegen Täu- fchung im Amte. Verth. Rechtsanwalt Becher v. Stuttgart. Nachm. 4 Uhr: 3) Hauser, Johann Michael, led. Müller von Aidtlingen, OA. Böblingen, wegen Diebstahls — In Pforzheim greift die daselbst herrschende Blatternkrank- heit immer mehr um sich, auch in Neuenbürg soll „ieselbe im Znnchmcn begriffen sein.
— In München hat, wie man der „A, Abendztg." von dort unterm 6. berichtet, eine Nknzahl angesehener Männer, Prof. Dr. Walther, Prof. Joseph Markus, Dr. Müller und Genossen, in Ergänzung der Thätigkeit des M - seumSkomite'ch folgende Erklärung veröffentlicht und in Umlauf aeoracht: „Die Unterzeichneten verwerfen die Unfehlbarkeit des Papstes ebenso"wie d:e jeder andern Kirchengewakt, und wünschen, daß die bäurische Staatsrcgiernng nicht bloß allen ungesetzlichen Handlungen geistlicher Behörden energisch cnt- gegentrcte, sondern auch so bald wie möglich einen neu gewählten Landtag cinbernfe, nm das Verhältnis zwischen Küche und Staat nach allen Beziehungen durch freisinnige, jeden Gewissenszwang ausschließeude Gesetze auf's Nene regeln zu können."
Frankfurt, 10. Mai, 2 Uhr. Der definitive Frieden ist soeben unterzeichnet worden. (Wagner's Bureau.)
.— Frankfurt, 10. Mai. Die offiziöse „s rkft. Presse" schreibt: „Nachmittag 21/4 Uhr. Soeben ist der definitive Friedensschlnß von sämmtlichen Bevollmächtigten unterzeichnet worden. Fürst Bismarck war nur in der Absicht hicher gekommen, Schwierigkeiten zu ebnen; der Verlauf der Verhandlungen war jedoch ein so günstiger, daß wider Erwarten der definitive Abschluß des Friedens erreicht wurde. Die Bürgschaften für Ausführung des Friedens sind verstärkt." MH der „Frkft. Ztg." währte die Konferenz heute von 1 l ((>—Uhr: Heute Abend gegen 6 Uhr speist Fürst Bismarck beitti Oberbürgermeister Dr. Mumm; auch die französischen Diplomaten sollen geladen sein. Wie dem „Fr. I " berichtet wird, ist mich der stellvertretende Maire von Straßbnrg, Hr. Klein hier eingctroffen, um mit dem Reichskanzler zu konferircn. Die „Presse" schreibt: „Fürst Bismarck hat gestern Nachmittags Logis im „Schwan" auf weitere 8 bis !0 Tage belegt.(?) Von Berlin und Brüssel sind weitere Konfe- renzmitglicder, darunter auch ein preußischer General, angekommen.
— Frankfurt, 1l. Mai. Fürst Bismarck reiste heute Morgen 81/4 Uhr mit der Hanauerbahn ab. Favre und Ponyer reisten gestern Abend ab.
— Frankfurt, 1t: Mai. lieber den Friedensabschluß verlautet:
Die Kriegsentschädigung von fünf Milliarden bleibt, die Zahlungs-' fristen werden verkürzt, die Okkupationsfristen verlängert. Eine Zahlung von 500 Millionen erfolgt 30 Tage nach der Einnahme von Paris. Für Abtretung der Bahnen in Elsaß-Lothringen ist eine Entschädigungssumme von 800 Millionen gefordert, schließlich wurden 300 ^ illionen vereinbart. (Fr A.)
— Berlin, 9. Mai. (Reichslagssitzung) Der Gesetzentwurf, betr. die Redaktion des Strafgesetzbuches des Norddeutschen Bundes als Strafgesetzbuch für das deutsche Reich, welches mit dem 1. Jan. 1872 in Wirksamkeit tritt, wird in dritter Lesung definitiv angenommen ebenso der Gesetzentwurf, betr. die Kriegsdenkmünze für das Reichsherr.
— Berlin, 10. Mai. (Reichstagssitzung.) Zweite Berathung des von Wiggers vorgeschlagenen Gesetzentwurfes, betreffend die Cau- tionspslichtigkeit der periodischen Druckschriften, in Verbindung mit einigen einschlägigen Petitionen. An Stelle des Wigger'schen wird ein von Volk vorgeschlagener Gesetzentwurf in längerer Debatte angenommen, welcher lautet: „Einziger Artikel. Die Vorschriften der Landesgesetze, welche die Herausgeber von Zeitungen und Zeitschriften zur Stellung einer Kaution verpflichten, die Entziehung der Befugnis;zum selbstständigen Gewerbebetrieb im Falle einer durch die Presse begangenen Zuwiderhandlung vorschreiben oder zulassen, werden aufgehoben.
— Vom 1. Juli ab sollen bei sämmtlichen Poslämte,u des norddeutschen Bundes neue „Rcichsbriefmarken eingefnhrt werden; schon jetzt sind die einzelnen Verwaltungen aufmerksam gemacht, sich nichr größere Vorrälhe von den bisherigen Briefmarken anznschafscn, vielmehr solche b.s zu jenem Tage möglichst zu verbrauchen.
Aus Wcissenburg im Elsaß enthält der „Eilbote" folgenden Brief: „3. Mai. Die Unterhandlungen wegen Ankaufs des Grundstücks auf dem Geisberge bei den drei Pappeln, wo die Offiziere des preußischen Königs-Grenadier-Negiments ihren gefallenen Kameraden ein Denkmal zu errichten beabsichtigen, haben sich zerschlagen. Das schöne Unternehmen scheiterte an der Hartnäckigkeit der Eigmthnmer, Gebrüder Volpert von hier, welche von irgend einer Abtretung durchaus nichts wissen wollen und jede in dieser Beziehung gestellte Bille rundweg abgeschlagen haben. Ja, sie sollen geäußert haben, durch
Umhanen der drei historisch gewordenen Pappeln jede Erinnerung an diesen Platz zu tilgen.
(Wölfe im Elsaß.) Obgleich während des ganzen strengen Winters hier keine Spuren von Wölfen wahrgenommen wurden, ist jetzt doch der Beweis des Vorkommens dieser unliebsamen Gäste im Elsaß dadurch geführt, daß am 2. d. M im Walde von Epfig 5 etwa vier Wochen alte junge Wölfe anfgefunden worden sind. Die Thierchen sind sofort getödtet worden. Der Mutter ist man bis jetzt nicht auf die Spur gekommen.
Frankreich. In Bordeaux hat sich ein provisorisches Könnte gebildet, um einen Kongreß der Delegirten der Städte Frankreichs zusammen zu berufen. Das Programm desselben plantet in seinen Hauptpunkten wie folgt: Art. 1 . Ein Kongreß dcr Delegirten der S-tädte Frankreichs ist in Bordeaux zusammenberufen, um über die 'Maßregeln zu berathen, die am geeignetsten sindst dem Bürgerkriege ein Ziel zu setzen, die Munizipalfreiheit zu sichern und die Republik zu befestigen. Art. 2 . Jede Stadt wird auf 20,000 Einwohner einen Delegirten senden. Alt. 3 bestimmt über die Art und Weise wie die Delegirten gewählt werden sollen Der Kongreß soll sich in den ersten zehn Tagen versammeln, welche den Wahlen vom 30. April folge» werden. Dieser Aufruf geht von einer geheimen Gesellschaft aus, an deren Spitze Gambetta stehen soll.
Rouen, 7. Mai. Der „Nouvellist" meldet, daß heute gegen Gambetta und Laurier Verhaftsbefehle ausgcsertigt worden sind.
Paris, 9- Mai. Jssy wurde gestern Abend vollständig geräumt. Meillet ist zum Gouverneur des Forts Bicölre ernannt. Point du jour leidet viel unter der Beschießung, namentlich unter dem Feuer dcr neuen Batterien in Montrctout.
Versailles, 9. Mai, Morgens. Unsere Truppen haben heute Morgen das Fort Jssy genommen und besetzt, d -' I Vi ^' 0- MM 10 U 40 M. Abends. Seit 7 Uhr hat oäs Mschutzstiier um Paris beinahe aufgehört. Eine große Entmu- thigung ist dWn Abend unter den Gruppen der Nationalgarde und- den Anhängern 8 er Commune bemerkbar. Es laufen Gerüchte von ernstlichen Zwistigkeiten zwischen Rossel, dem Wohlfahrtsausschüsse und der Commune,um. Unter der Bevölkerung von Anteuil und Point du jour ist kp Folge der Beschießung dieses Theiles der En»- ceintc durch die Batterien von Montrctout und Brimborion eine Panigiie auSgebrochen. Die Porte d'Antenil ist gänzlich zerstört. Mehrere Brände sind von Anteuil und Point du jour gemeldet.
Paris, 10. Mai, Abends 6 Uhr. D:S Journal „Justice" meldet: Geften! beschloß die Kommune die Verhaftung Nossel's. Dem Beschluß, würde bis jetzt keine Folge gegeben, da Rossel noch im Ministerium bl'cibt .,---7 Me Versailler errichten in Jssy Batterien gegen die" Pariser Wälld' und Vanvres. Der Zustand von Vanvres ist sehr schlecht, die Räumung wahrscheinlich. Das Lycenm von Jssy bildet s ie Töte der föderalen Vertheidignnzölinie rmd verbindet Vanvres mit Paris. „Nvoeil" meldet: In vergangener Nacht sicherte General Brunel die Verbindung zwischen dem Dorf Jssy und Vanvres. Montrctout feuerte heute nicht, Valöcien wenig.
Paris, 10. Mai, Abends. Oberst Rosst! ist verhaftet worden. DeleScluze wurde zum KriegSdelegirteu ernannt. Die Commune hat das Oberkommando dem General Dombrowski angeboten, der cs ohne Bedingungen annahm. — Auf Fort Jssy weht die Tricolore. Versailler Truppen sind im Bois de Boulogne. Eluseret ist heute Morgen vor Gericht erschienen; das Urtheil wird heute Abend gesprochen.
Versailles, kO. Mai, 9 Uhr Morgens. 119 Kanonen fielen im Fort Jssy, 10 im Dorfe Jssy in die Hände der Versailler Truppen, einige 50 davon werden heute nach Versailles (gebracht werden. Man fand in dem Fort Jssy viel Munition und Lebensmittel. Es bestätigt sich, daß die Besatzung durch eine bis jetzt un» bemerkt gebliebene Tranchee entwischt ist. Man versichert, daß die Einnahme von Jssy und die durch die Batterien .von Montrctout erzielten bedeutenden Erfolge unter den Insurgenten eine wahre Panik verursacht haben. Die Kanonade von Montrctout und den anderen Batterien wird kräftig fortgesetzt. Die Batterien der Föderirten antworten nur schwach. Die Annäherungsarbeiten rücken fortwährend der Umfassungsmauer näher.
Versailles, 10. Mai, 8 Uhr Abends. Fort Vanvres hat seit 6 - Uhr Abends das Feuer eingestellt, das Fort ist wahrscheinlich geräumt.
Versailles, 11. Mai. Das Geschützfener gegen die Positionen d-r Föderirten dauert fort. Die Wirkungen desselben sind außerordentlich. Fort Vanvres ist zur Zeit noch von den Föderirten besetzt. Ein Bataillon unserer Truppen nahm in der letzten Nacht mehrere Barrikaden vor Bourg-laReine. Die Föderirten hatten dabei einen Verlust von ungefähr lOO Todtcn und Verwundeten; außerdem wurden 43 Gefangene gemacht.
Gottesdienste. Sonn rag, den 14. Mai. Vorm. (Prcd.): Hr. Helfer Grill. - Nachm.: Hr. Pfr. Hochstetter von Althmgstett.
Siedigirt, gedruckt und verlegt von A. Oelschläg er.
(Hiezu Nro. 19 des Unterhaltnngsblatts.>