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deutscher Batterien zu verhindern, und es können Wochen verstreichen, ehe es gelingt, diese Forts mit Waffengewalt zu nehmen."
Die Zahl der in der Schweiz internirten Franzosen hat nach amtlicher Mitthcllung die Gesammtzahl von 80,000 überstiegen. (Bleibts nun wohl hiebei oder wird die Zahl zum fünstenmal anders angegeben werden?)
Die Kieler Zeitung enthält folgende interessante Zusammenstel' lung über die wichtigsten Ereignisse des gegenwärtigen Krieges: In dem deutsch französischen Kriege sind bis zu seinem, hofstntlich jetzt erzielten Abschlüsse dreiundzwanzig Schlachten geschlagen worden. Die Reihenfolge derselben stellt sich: Weißenburg, Wörth, Spicheren, Pange, Mars-la-Tour. Gravelotte, Beaumont, Sedan, Noisseville (vor Metz), die drei Schlachten bei Orleans, Amiens, Champigny, Bcaugency, Bapaume, Vendüme, Le Mans, Nelson, St. Quentin und als letztes Anfflammen des Kampfes, wiederum vor Paris, der große Ausfall gegen St. Clond und am Mout-Valörien. Unter diesen Schlachten haben sich in der bei Gravelotte beiderseits nahezu eine halbe Million Streiter gegenüber gestanden, nämlich 270,000 Deutsche gegen 210,000 Franzosen. Derselben zunächst kommen Sedan mit 210,000 Deutschen gegen 150,000 Franzosen und die dritte Schlacht bei Orleans mit 100,000 bis 120,000 Deutschen gegen 200,000 bis 240,000 Franzosen. Am ungleichartigsten hat sich das Zahlen- verhältniß bei Mars-la-Tour und Belfort herausgestellt, wo in erste- rer Schlacht von 8 Uhr Morgens bis gegen 4 Uhr Nachmittags höchstens 45,000 Preußen gleich von Anfang an wider 160,060 und schon gegen Mittag fast 200,000 Franzosen gekämpft haben, währmd vor Belfort höchstens 30- bis 36,000 Preußen und Badener 90- bis 120,000 Feinden die Stirn bieten mußten. Auch für Ba- paume ergibt sich nahezu ein ähnliches Zahlenverhältniß. Die größten Verluste deutscher- wie französischerseits weisen die drei Schlachten vor Metz (Pange, Mars-la-Tour und Gravelotte) ans, und können namentlich dem riesigen Verluste der zweitangeführten Schlacht, der sich aus deutscher Seite allein auf gegen 600 Offiziere und über 47,000 Mann berechnet, von allen Schlachten dieses und des vorigen Jahrhunderts höchstens nur tue Erstürmung von Planchenoi in der Schlacht bei Belle-Alliance, Borodino, Eylan und Zorndorf zur Seite gesetzt werden. Es treten zu diesen Schlachten noch 49 zum Theil ebenfalls schlachtühnliche Treffen und Gefechte, und 20 bis zur Kapitulation dnrchgeführtc Belagerungen, darunter die von Paris, der ersten Festung der Welt, und die der beiden Wasfenplätze ersten Ranges, Metz und Straßburg. Wirklich belagert ist gegenwärtig nur noch Belfort, cernirt ist Bitsch, blokirt und beobachtet siud Maubeuge,
Givet und Ca mbrai. __
Loustigc Nachrichten
Hi Calw. (Kreisstrafgerichtsverhandlungen.) Sitzung vom 7. Febr.: 1) Christian Stephan Deyle, lediger Tuchscheerer von Hirsau, wegen Betrugs schon einmal bestraft, hat sich am 28. Oktober v. I., von der ledigen Magdalene Grazc von Simmozheim, OA. Ealw, einen Regenschirm im Werthe von 2 fl. auf betrügerische Weise verschafft und solchen verkauft. — Er wurde wegen dieses seinen ersten Rück'all begründenden Betrugs zu der Bezirksgefängniß- strafe von 4 Wochen vcrurtheilt. 2) Johann Jakob Merkte, 15 Jahre alter Steinhanerslehrling von Wildbad, OA. Neuenbürg und Christian Friedrich Klotz, 15 Jahre alter Schnnedslehrling von da, haben am 20. Nov. v. I. Abends aus einer auf der Promenade in Wildbad befindlichen Bretter-Bude der Maria Magdalena Kalbfell von Reutlingen, und der Fanny Blumeuthal von Wankheim, in welche sie durch Erbrechen der Thüre eingedrungen sind, von deren in dieser Bude befindlichen Quincaillerie-Waaren, welche theils offen herumlagen, thEls in einer zugenagelten, von dem Beschuldigten Merkte durch gewaltsames Wegreißen des Deckels geöffneten Kiste sich befanden, Gegenstände im Werthe von etwa 19 fl. entwendet. — Sie wurden wegen dieses im Coinplott verübten auf erster Stufe ausgezeichneten Diebstahls, und zwar: Johann Jakob Merkte zu 5 und Christian Friedrich Kloß zu 4 Monaten Kreisgefängniß, in der Anstalt für jugendliche Verbrecher zu vollziehen, vcrurtheilt, dagegen von der Beschuldigung einer weiteren damit verbundenen Auszeichnung erster Stufe freigesprochen, rc. Merkte wurde durch Rechtsanwalt Schwarz mann und Kloß durch Rechtsanwalt Klinger vertheidigt. 3) Adam Friedrich Genth, lediger Bauernknecht von Oberweiler, OA. Calw, hat, während er als Knecht im Dienste des Gntspächters Teuscher in Königsbach in Baden war, in der Zeit vom 26. bis 31. Der. v. I. seinem Nebenknechte Ludwig Sanier von Maulbronn aus dessen unverschlossenen Kasten auf mehrere Male die Summe von 9 fl. 42 kr. und 1 Sacktuch im Werthe von 20 kr. entwendet. Er wurde wegen dieses erschwerten Diebstahls zum Verluste der bürgerlichen Ehren-
und der Dienstrechte u.,d zu der Znchtpolizeihausstrafe von 1 Monat vcrurtheilt. 4) Adam Friede ch Schlecht, lediger Schäfersknecht von Neuweiler, OA. Ealw, hat am 9. Jan. d. I. in Bmsoorf, OA. Sulz, seinem damaligen Dienstherr», dem Bauern Wenzler von da aus dessen offenen Kasten ein Zwanzigfrankenstück entwendet. Er wurde wegen dieses erschwerten Diebstahls znm Verluste der bürgerlichen Ehren- und der Dienstrechte nnd zu .er Bezirksgefängnißstrafe von 5 Wochen vcrurtheilt.
— Stuttgart, 12. Febr. Gestern Vormittag passirten 240 Mann württembergische und am Nachmittag 108 Mann bairische Artilleristen mit Geschützen, nach Belfort bestimmt.
Eigenthümliche Erscheinungen bietet der Zustand eines Soldaten in einem der Hospitäler Dresdens. Ohne daß er verwundet wurde, ist dennoch sein ganzes Nervensystem in der Schlacht vollkommen lahmgelegt worden. Er sieht und hört nichts mehr, er fühlt und riecht nichts und verharrt völlig bewegungslos in dauernder Apathie. Der Schlachtenlärm hat seine Nerve» so mächtig erschüttert, daß er sogar die Sprache verloren hat und nicht den geringsten Laut von sich zu geben vermag. In dem Hospital zu Bautzen befindet sich ein anderer Soldat ganz in demselben Zustande; nur bewegt derselbe immer die Finger, als ob er stricken wollte. Dieser ist das Opfer einer durch einen Bombensplitter verursachten Gehirnerschütterung.
— Berlin, 13. Febr. In der Sitzung des Abgeordnetenhauses wurde die Vorlage, betreffend die Gewährung eines Vorschusses von 50 Millionen a-n den Bundeskanzler für die Kriegsführung unverändert angenommen.
i— Berlin, 13. Febr. Es verlautet, der Kaiser werde Anfangs März nach Berlin znrückkehren, um den Reichstag persönlich zu eröffnen. Die Armeekomwanöanten bleiben auch in diesem Fall bis zur Beendigung des Krieges in Frankreich; unter welchen Verhält- nisten — dieß wird durch den weitern Verlauf des Waffenstillstandes und durch die Maßregeln nach seiner Beendigung bedingt sein.
— Berlin, 13. Febr. Die „Kreuzztg." sagt: Nach dem Ausfall der Wahlen in Frankreich, der eine Wiederaufnahme des Kriegs nicht erwarten läßt, dürfte an der Verlängerung des Waffenstillstands kaum zu zweifeln sein.
Belgien. Brüssel, 12. Febr. „Etoile" meldet, alle Kavallerie- und Artillerie-Abtheilungen, welche sich in Belgisch Luxemburg zur Grenzbewachung befanden, sind zurückberufen.
England. London, 11. Fcbr. Die Regierung wird eine Vermehrung des effektiven Heerbestandes um 19,980 Maun und eine Erhöhung des Armeebudgets um 2,886,700 Pfund Sterling beantragen.
tst Italien. Florenz, 11. Febr. AusNizza werden ernste Ruhestörungen gemeldet; es hat ein Zusammenstoß zwischen Volk und Militär statt- gefunden, die Präfektur wurde unter dem Rufe „es lebe Italien" umringt. Das Militär machte einen Bajonnetangriff, es fielen mehrere Verwundungen vor. Das in Nizza erscheinende Journal „Di- ritto" ist unterdrückt worden. — Privatdepeschen aus Ventimiglia, zufolge wurden in Nizza die italienischen Kandidaten Garibaldi, Fincone, Bergonza, Borriglione gewählt. Demonstrationen fanden vor dem italienischen Konsulat statt. Man rief: Es lebe ein freies Nizza.
Rumänien. Bucharest, 10. Febr. Fürst Karl hat ans Jassy von angesehenen Persönlichkeiten eine telegraphische Ergedenheits- adresse erhalten, mit der Bitte, das Land nicht zu verlassen. — 11. Febr. In Beantwortung der Interpellation Blaremberg's gach der Ministerpräsident die Erklärung ab, daß der vielbesprochene Brief des Fürsten in einem Momente der Abspannung geschrieben scheine, daß aber die darin angedeutete Gefahr bereits vorüber sei. Die Kammer ging hierauf zur Tagesordnung über, unter der Versickerung ihrer Treue gegen den Fürsten und die Verfassung.
Amerika. Washington, 3. Febr. Der Präsident sandte dem Kongreß eine Botschaft, worin beantragt wird, angesichts der wachsenden Macht und Bedeutung Deutschlands die Gesandtschaft in Berlin zu einer Mission ersten Ranges zu erheben.
Gold-CourS
der k. w StaatskafscnVcrwaltung. Unveränderlicher C»urs: Wnrtt. Dukaten 5 fl. 4b kr. Veränderlicher Cours: Rand-Dukcucn 5 fl. 36 kr.
Friedrichöd'or 9 „ 57 .
Pistolen 9 , 46 .
20-Frankenstücke 9 , 29 .
Stuttgart, 14. Febr. 1871.
K- Staatskassen Verwaltung.
Frankfurter Gold-Cours vom 14. Febr.
Pistolen S 45—47
Fricdriched'or . 9 S8-S9
Holland 10 fl-Klürkc v 54—56 Nand-Dukaicn 5 37-89
S»-Frankcnstücke 0 30—31
Engl. Kovercign» 11 SS—59
Dollars in Sold_S 27—28
lb'edrgirt, gcdrucki nnd verlegt von A. Oelschläger.