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Antrag des Reutlinger Vereins m Betreff der sog. weiblichen Frei­heiten, d. h. des im Prioritälsgesetz der Ehefrau zugcstandenen Vor­züge'.ea^es in 3. Klasse. Dem Mann stehe allein die Verwaltung des ehelichen Vermögens zn, dafür habe das Gesetz der Frau zu ihrem Schutze die ungemeine Begünstigung dieses Vorzugsrechts er- theilt. Dadurch besteht bei uns eine Ungleichheit im Rechte. Die­jenigen Frauen, welche in der landrechtlichen Errungenschafts- gesellschaft leben, haben ein solches Vorrecht, die sog. Handelsfrauen aber und diejenigen, welche in allgemeiner Gütergemeinschaft leben, haben es nicht. Dieses Privilegium sei ungerecht, weil es eine au­ßerordentliche Begünstigung und eine außerordentliche Beschwerung der Frau enthalte; cS sei unsittlich, weil die Frau den Gläuviger, der im Vertrauen aus sie kreditier habe, durch Vorwegnahme ihres Beibrin­gens in Schaden bringe, und weil die Sicherheit der Rettung des weiblichen Vermögens den Mann gar häufig zu gewagten Spekula­tionen veranlasse; cs sei endlich volkswirthschasrlich nachtheilig, weil der Kredit darunter leide. Das Fortbestehen dieses Vorzugsrechts der Frauen sei also nicht zu vertheidigen, das andere Extrem, die völlige Aufhellung aber würde die Frauen mit ihrem Vermögen ver­schwenderischen oder schwindelhaften Ehemännern allzu schutzlos preis- gebcn. Einen Mittelweg habe schon der Ges.Entw. vom Jahr 1840 eingeschlagen, wonach die Frau nur mit der Hälfte ihres Vermögens bevorzugt sein sollte. Das Gesetz kam aber nicht zu Stand. Der Reut­linger Verein stelle daher in erster Reihe den Antrag, dieWanderversamm- lnng wolle beschließen:Wir halten die Abänderung des bestehenden Rechtes der sogen, werblichen Freiheiten für zeitgemäß und dringend noth- wendig ans rechtlichen, volkswirthschaftlichen und sittlichen Gründen." Eventuell stelle er den Antrag:daß die Anrufung der weiblichen Freiheit nur die Wirkung haben solle, daß die Ehefrau sich von der Theilnahmc an der Gemeinschaft durch Aufopferung der Hälfte ihres Vermögens befreie." Kirchdörfer meinte, ein solcher Beschluß wäre eine halbe Maßregel, das Institut der weiblichen Freiheiten sei längst und allgemein vernrtheilt, man solle also gleich die volle Aufhebung beantragen. Freiöleben dagegen macht geltend, daß er gegen einen sol­chen Beschluß sich erklären müßte. Die Gründe zn entwickeln, dazu reiche die Zeit jetzt nicht mehr. Er schlage vor, den Gegenstand auf die Tagesordnung der nächsten Versammlung zu setze::. Schwarz: Ueber diesen Punkt wisse jeder schon was er wolle, man solle also nicht länger debattiren, sondern gleich abstimmen, dann reiche die Zeit wohl noch zu einein Beschluß. Dafür stelle er den Antrag: das sin­guläre Recht der weiblichen Freiheiten sei zu beseitigen. Freislebeu erklärt aber, man dürfe nicht Beschluß fassen, ohne seiner gegentheili- gen Ansicht die Entwicklung ihrer Grunde gestattet zu haben. Dazu gehöre aber mehr Zeit. Die Versammlung beschloß nun auch diesen Gegenstand auf eine spätere Versammlung zu verschieben. Der letzte Gegenstand der Tagesordnung, das Lotleriewesen, konnte nicht mehr zur Bertthunz kommen, da die Versammlung schon 5 Stunden gedau­ert hatte, und da Manche mit den Abendzügen wieder abreisen woll­ten. Als Ort für die nächste Wanderversammlnng wurde Cannstatt und als Vorstand'für dieselbe wicdervr. Ammcrmüller gewählt-(SchwM.)

Biber ach, 10. Sept. In hiesiger Gegend haben die Bauern Heuer so viel Garben und Futter bekommen, daß die Vorräthe in den Scheuern keinen Raum mehr hatten und dieselben vielfach im Freien untergcbracht werden mußten- Eines solchen futterreichen Jahrgangs, wie dieses , Jahr, weiß man sich seit langer Zeit nicht zu erinnern.

Frankfurt, 13. Sept. DieFr. Zcg." schreibt:So viel wir wissen, läuft der längste Termin, welcher den ausgewanderten Frankfurtern zur Entfernung aus der Stadt Frankfurt und dem preu­ßischen Staate von Seiten der Polizeibehörde gestellt wurde, iu der allernächsten Zeit ab. Wie wir heute erfahren, ist inzwischen die fak­tische Ausführung der Polizeimaßrcgcl auf weitere sechs Wochen ver­schoben.

Berlin, 10. Sept. Dem Vernehmen nach, so meldet die Voss. Ztg.", hat das von der englischen Armee angenommene Hen- ry-Martini-Gewehr hier eine hervorragende Anerkennung gefunden und dürften sich dein umfassende Versuche mit dieser neuen Waffe anschließen. Die Beziehungen zwischen der englischen und preußisch­norddeutschen Armee dürfen überhaupt in neuester Zeit als sehr in­nige und unmittelbare betrachtet werden. So sind englischerseits in diesem Sommer im Lager von Aldershot die Manöverübungen nach

preußischem Muster Angeführt worden, ,nnd befinden sich zur Znt nicht weniger als 27 englische Offiziere' zur Beiwohuung der ver­schiedenen preußischen Manöver theils kommandirt, theils als Frei­willige bei denselben anwesend.

Berlin, 9. Sept. In der bevorstehenden Landtagssessivn wer­den (nach derKölnischen Zeitung") der Entwurf eines Ministerver- antwortlichkcitsgesetzes, ferner die meisten der in voriger Session uner­ledigten Entwürfe wieder Angebracht werden.

Die Verhandlungen der am 17. bis 20. Mai in Berlin statt­gefundenen 18. allgemeinen deutschen Lehrerversammlung sind gegen­wärtig als besondere Broschüre (Leipzig, Klinkhardt) erschienen.

In Pos eu predigen die Jesuiten täglich dreimal acht Tage lang. Dann gibtS großen Ablaß für Alle, die wenigstens 5 Predigten der Herren angehöct haben. Wenn der hilft, müssen die Jesuiten im Him­mel besser angeschrieben sein als aus Erden.

Den Karmelirerinnen in Krakau ist nun definitiv die Staats­unterstützung entzog-n worden.

Nach der von dem Eenrral-Bureau des Zollvereins veranstalteten Abrechnung über die gemeinschaftlichen Einnahmen von Ein- und Aus- gangöabgaben für das erste und zweite Quartal dieses Jahres beläuft sich der Betrag dieser Abgaben im ganzen Zollverein nach Abzug aller Unkosten auf 10,883,849 Thlr., wovon auf das erste Quartal 5,442,684 Lhlr. und aus das zweite 5,441,165 Thlr. kommen. Es sind vereinnahmt worden: von dem Norddeutschen Bunde: 9,589,122 Thlr., Luxemburg 62,607 Thlr., Baiern 446,550 Thlr., Württem­berg 204,9l4 Thlr, Baden 404,265 Thlr., und Hessen 176,391 Thlr.- An den Einnahmen haben einen Antheil: der Norddensche Bund von 8,381,072 Thlr., Luxemburg von 56,820 Thlr., Baiern von 1,372,715 Thlr., Württemberg von 505,349ZTHlr., Baden von 407,351 Thlr. und Hessen von 160,542 Tl lr. Es haben mithin herauszuzahlen: der Norddeutsche Bund 1,208,050 Thlr., Luxemburg 5787 Thlr. und Hessen 15,849 Thlr., zu empsangen über den Be­trag ihrer eigenen Einnahmen: Baiern 926,165 Thlr. ^Württemberg 300,43ö Thlr. und Baden 3086 Thlr.

Schweiz. Der Vater einer Waadtländer Familie von Asiens hat 3 Töchter und 8 Söhne. Der 1. Sohn ist Dragoner, der 2. Geniesoldat, der 3. Artillerist, der 4. Grcnadicrwachtmeister, der 5. Sappeur, der 6. Ärtilleriefeldwebel, der 7. Artilleriewachtmeister, der 8. Grenadier. Der Vater dieses kleinen Armcecorps durchschreitet stolz die Reihen, wenn er Revüe hält. Bern, 13. Sept. Der Bau der Vorarlbergbahn bringt im Kanton St. Gallen ein bedeuten­des Eisenbahnfieber hervor in Bezug auf die Frage der Einmündung der Bahn in das Netz der Vereinigten Schweizer Bahnen. Am 9. d. hat eine Versammlung von Einwohnern des obern und Mittlern Rheinthals beschlossen, für die Einmündung der Bahn in Rüthi bei der Regierung, eventuell beim Großen Rathe Schritte zu thun. Für die Splügenbahn scheint man nun auch auf der Südseite der Alpen sich lebhafter zu interessiren. Auf die Kundgebungen in den Kantone» St. Gallen und Bünden folgten bald solche in mehreren italienischen Städten, die sich um diese Bahn im Gegensätze zum Gotthardt interessiren. Ans Thurgau und St. Gallen wird von groß­artigen Obstaufkäufcn durch deutsche Händler zum Zwecke der Berei­tung von moussirenden Obstweinen berichtet.

Frankreich. Paris, 12. Sept. Wie derFigaro" meldet, haust gegenwärtig die Tollwuth sehr heftig in der Nähe von Paris. In der Gemeinde Lachny mußten letzten Freitag allein 10 Hunde und ein Pferd, die mit der Wuth behaftet waren, umgebracht werden.

Spanien. Madrid, tl. Sept. Die an dem nächsten Bud­get bewerkstelligten Ersparnisse sollen sich auf 500 Millionen Realen belaufen.

Rußland. Petersburg, 3. Sept. Ein Ukas vom 20. Juli bringt eine Herabsetzung der Dienstzeit für diejenigen, welche sich znr Einstellung ins Heer vor Vollendung des zwanzigsten Le­bensjahres melden. Diese sollen nicht 7, sondern nur 5 Jahre zu dienen nöthiz haben und können durch gute Aufführung die Dienstzeit noch'um ein Jahr abkürzen. Mit der abgekürzten Dienstzeit wird auch das Heirathen der Soldaten das man bisher erleichterte, um dem Soldaten das Heer zur Heimath zu machen beschränkt werden und dadurch der Militärverwaltung eine große Ersparniß er­wachsen.

Kevrgirt gedruckt und verlegt von A. Oclschläg er.