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Tübingen
tag, den 16. September: Anklagesache gegen den Schuhmacher Christian Friedrich Weber von Neckarthailfingen wegen Rands. Dienstag, den 14. September und die klagesache gegen den Wcingiirtner David Schreiner von wegen versuchten Todtschlags. Freitag, den 17. September und Samstag, den 18. September: Anklagesache gegen den Schreiner- gesellcn Carl Lenze von Klcinglattbach wegen Betrugs u. a. V. Die Verhandlungen beginnen je Bormittags 9 Uhr.
—- AnS Hoheuzollern, 4. Scpt. Heute brachte uns der Tele- grapb die Nachricht von dem überraschend schnellen Ableben Sr. H. des Fürsten von Hohenzoklern Hechingen. Derselbe starb gestern Mittag »m 2 Uhr in Folge eines Schlagansalls auf seinem Schlosse
in Schlesien. Cr war gebo-
Polniich-Netko bei Rothenburg a. O
ren den 16 Febr. 1801 und übernahm den 3. Sept. 1838 die Negierung des ehemaligen FürstenthumS Hobenzollern Hechingen, allwo er wegen seines herablassenden und leutseligen Wesens stets in gutem
Andenken stehen wird.
— In Baiern haben bei den Zollparlamentswahlen vor 1867 fast 68 Prozent, bei den letzten (noch nicht direkten) Abgeordnet »wählen nur 46 Prozent der Wahlberechtigten abgestimmt, bei den letzten somit um 22 Prozent weniger. Um so viel also ist das öffentliche Interesse und die individuelle Betheilignng an direkten Wahlen (Zollparlament) größer als an indirekten (Abgeordnetenwahl).
— Weder WirthS- noch Gasthäuser, weder Bierkeller, noch Garten- wirthschaften, weder gc-ellige Casinos, noch Schützen-, Turn und andere Volksfeste 'ollen die katholischen Geistlichen des Bamb erg er BisthumS besuchen und sich durch Unterschrift dazu verpflichten. Die geistlichen Herren wehren sich aber tapfer ihrer Haut und unterschreiben nicht, sie wollen nicht beschwören, was sie ans die Länge nicht halten können.
— In dein am rechten Erdderufer gelegenen. 14/a Stunde von Fritzlar entfernten Waldeck'schen Dorfe Wegen zerstörte in der Nacht vom 29 ans 30. Aug. eine große Feuersbrunst über 40 mit rei bem Erntesegen gefüllte Höfe und Gebäude; auch ist viel Vieh und Mobiliar dabei zu Grunde gegangen. — In Mittel- buchen, einem Dorfe bei Hanau, legte in derselben Nacht ein Brand 11 Häuser in Asche.
— Fulda, 5. Septbr. Heute Morgen celebrirte der Bischof von Würzburg das Pontifikalamt im Dome. 'Nach Ablesung des Evangeliums hielt der Präses der Konferenz, Erzbischof von Köin, eine Ansprache, in welcher er die hohe Bedeutung des bevorstehenden Eon- cils, „des größten Ereignisses der letzten vier Jahrhunderte", hervorhob und die zuversichtliche Hoffnung aussprach, daß die sich in Rom versammelnden Bischöfe trotz der Verdächtigungen der Gegner der Kirche, welche während des letzten halben Jahres ihr Gilt in der Tagespresse auSgespieen batten, ihre bedeutungsvolle Ausgabe zum „Heile der Christenheit" lösen würden. Am Schluffe forderte Redner die Gläubigen „zum anhaltenden Gebete für das Gedeihen des Con- cill, sowie rür die Wiedervereinigung der durch die unselige Reformation getrennten Glieder der Kirche" aus. — Am Nachmittage bewegte sich unter dem Zudrange einer großen Volksmenge eine Pro- cession nach dem Frauenberge (jedoch ohne Betheiligung der Bischöfe), nach deren Ankunft der Bi'chos von Mainz die Predigt „über die Grundlagen der Verehrung Mariens" hielt.
— Dresden, 5. Sept. Heute fand hier eine sehr zahlreich besuchte Volksversammlung Statt, in welcher folgende Resolution angenommen wurde: „Sowohl das Kohlenbergwerk- als das Eisenbahnunglück veranlassen ein tiefes Mißtrauen ui die Gewissen.,astigkeit der betreffenden 'Verwaltungen. Es ist daher eine strenge Untersuchung ohne Rücksicht aus Personen und die eventuelle Bestrafung der Schuldigen erforderlich, sowie civilrech'lich eine schärfere Haftpflicht, wonach Unternehmer und Verwaltungen den Beweis der Schuldlosigkeit führen müssen."
— Am 8. September wird den in der Schlacht bei Kissing en am 10. Juli 1866 gefallenen Preußen und Baiern ein Denkmal errichtet. Das Denkmal, eine trauernde Germania aus. weißem Marmor darstellend, ist von dein Bildhauer Arnold und steht dicht bei dem Kircbbote au der Straße nach Rüblingen.
— Das Londoner Toryblatt Zins Iloruin-- Hornist" charakterisirt die Lage der Dinge zw.scheu Oesterreich und Preußen also: „Preußen zwei folgenden Tage: AnH hat zwar nicht so viele Gründe zur Eifersucht wie Oesterreich, aber
Diejenigen, die eS aufzuweisen hat, sind wirklich greifbarer Natur. Oesterreich ist das Hemmniß für den Fortschritt m Preußen, der Todtenschädet bei Preußens festlichen Gelagen. Oesterreich ist geschlagen, allein nicht überwunden worden, es unterlag einer Eoalition, wie sie nie mehr zu Stande komineu kann. Es ist heut ebenso stark, wenn nicht stärker, als im Jahr 1866. Es vertritt alle diejenigen Elemente, die dein Ehrgeiz des Reudens im Wege stehen: die Idee eines Bundes unabhängiger Staaten im Gegensatz zu der Idee einer preußische» Hegemonie, die Alle beherrschen würde. Es mag nicht den Wiiiiich hegen, sich in demsche Angelegeiihestcii zu mischen, aber es steht jederzeit im Verdacht der Einmischung. ES setzt den unaufhörlichen Eingriffen des Berliner EabinAS auf die Unabhängigkeit der Süddeutschen eine Art passiven Widerstand entgegen. Wollte man mit Gewalt die deutsche Einheit zu Stande bringen, so würden Oesterreichs deutsche Provinzen auf dem Spiele stehen, und so ist Oesterreichs Festhallen eine Maßregel der Sclbsterhaltmig. Wäre Preußen zufrieden mit dein, was cs heute besitzt, so könnte es für alle Zeiten mit Oesterreich aus friedlichem Fuße bleiben. Weil es jedoch einen mächtigen Ehrgeiz nährt, betrachtet cs Oesterreich als einen ständigen Vorwurf und als einen möglichen Feind. — ! Wenn das indessen schon hinreichende Gründe für die Unzufriedenheit ! Preußens sind, '0 gibt es deren doch noch bessere für die gereizte Stim- ! inimg Oesterreichs. Das Jahr 1866 ist noch nicht vergessen, und es wird lange Zeit erfordern, um LaS Andenken an die Coalstion zu verwischen, die e.ncn Angriff auf zwei 'Leiten herbciführle und, nach mannhaftem Widerstande Oesterreichs, in die Schlacht von Sadowa auslies. Wenn aber auch Alles dieß der Vergeffcuheü überliefert werden könnte, wenn Oesterreich in seinem Verlangen nach Frieden die Vergangenheit auf sich beruhe» lassen kömue, so kann mau doch kaum erwarcen, daß es nicht über die Jutrigucn sich beunruhigen sollte, die unaufhörlich Seitens der preußischen Regierung mit den deutschen Provinzen des Reichs gesponnen werden. Ist das vielleicht nicht wirklich der Fall, io glaubt man doch in Wien, daß Preußen sogar noch weiter gegangen sei, daß cS im geheimen die aufsässigen Ezechen in
men. die Polen in Galizien uud die Ungarn, welche für vollständige Trennung vom Re.che sind, ermuthigt habe. Wir fürchten, daß wenig Grund vorliegt, daran zu zweifeln, daß der preußische Premier noch g nz desselben Sinnes ist wie im Jahr 1866, als er seinen Kriegsminister iustruirte, an Lamciruiora zu schreiben: in Berlin habe mau nicht mehr und nicht weniger im Äuge, als Oesterreich als europäische Macht vollständig zu zertrümmern. Angesichts so vielfacher Ursachen zum Unfrieden zwilchen Oesterreich und Preußen ist es geradezu abgeschmackt, preußische Journalisten und ihre Freunde in anderen Ländern fort und forr behaupten zu hören: Gras Benst sei der einzige Anlaß zum Zwiespalt. Ärmliche Berliner Blätter erklären: wenn Graf Beiist nur von seinem jetzigen Posten cnlf.riit wäre, so würde keine Quelle des Streites mehr vorhanden sein. Wer aber hat das Recht, dem Kaiser von Oesterreich vvrzu- schreiben: er solle euren der bedeutendsten Männer in Denischland aus seinen Diensten entlassen, wert derselbe zufällig dein Grafen Bismark nicht genehm ist?
Frankttich. Paris. 4. L-ept. Die Kaiserin und der kaiserliche Prinz sind gestern in St. Lloud eingetroffen. — 5. Sept. Der Kaiser fühlte sich gestern ermüdet und hat dem Ministerrath nicht präsidirt. Die Müdigkeit dauerte heute diesen Morgen fort unter dem Einfluß des stürmischen Wetters.
Italien. Rom, 14. Septbr. Die Livilta cattolica versichert, daß bis jetzt 50 Bischöfe die Einladung zum Eoncil abgclehnt haben.
— Erhaltener Mittyeilnng zufolge ist die Ein- und Durchfuhr von Tabak für das ganze Gebiet des Kirchenstaats verboten. (St.A.)
Amerika. Washington, 1. Sept. Dem monatlichen Ausweise des Finanzmimsterö zufolge beläuft sich die Staatsschuld der Vcr. Stalen am heutigen Tage auf 2,626,500,000 Doll. Oie Staatsschuld ist während des Monats August um 5kJ Millionen nnd seit dem 1. Mär; um 49,500, 000 Doll, vermindert worden.
— Hier eingelaufenen Nachrichten zufolge richten die Indianer in Sonora schreckliche Verwüstungen an.
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