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Verbände sichende Dank macht cS sich zur Pflicht, müßige Gelder an die Stuttgarter Handwcrkerbank abzuliefern, welche sic mit 4 Prozent verzmst und sie täglich wieder zur Verfügung stellen wird. Der Ausschuß der Stutt­garter Handwcrkerbank ist mit dem Beginn dieser Thätigkeit als Centralbank durch acht Delcgirte von den übrigen Banken zu verstärken, die als Bcrathungs- komite in allen Frage» mitzusprechen haben, welche nicht bloß innere Angele­genheiten dieser Bank berühren, namentlich aber in allen Fragen, welche die Kreditgewährung an einzelne Banken betressen. Die letztere Bestimmung gab Veranlassung, die Frage in Anregung zu bringen, ob nicht eine solidarische Haftbarkeit sämmtlicher im Verbände stehender Banken für alle Verluste, wel­che der Stuttgarter Handwerkerbank duich Insolvenz einer auswärtigen, dem Verbände angehörigcn Bank zugehcn könnten, cinkreten soll. ES wurdehcrvor- gchobcn, daß dicß von außerordentlicher Bedeutung seie und den Vereinen einen unbedingten Kredit verschaffen würde, und beschlossen, diese Frage dem zu wählenden BcrathungSkoinitc zur weiteren Begutachtung zu übergeben. Außerdem wurde die Stuttgarter Handwerkerbank beauftragt, ein Cirkular an alle diejenigen Vorschußvercinc zu erlassen, welche dem Verbände noch nicht beigetreten sind, und dieselben unter Ausführung der Vortheile desselben zum Beitritte cinzuladen. Den zweiten Gegenstand der Tagesordnung bildete die Besprechung deö Gesetzentwurfs über die privat cchtlichen V-rhältnisse der Genossenschaften, welcher an die nächste Ständcversammlung zur verfassungs­mäßigen Verabschiedung gebracht werden soll. In der Venamm'nng gab sich die ungetbeiltc Ansicht kund, daß unsere Vorschußvereine allen Boden verlieren würden, wenn man ihnen die Solidarität nähme, und sprach sich einstimmig dahin ans, daß an dem Princip d r solidarischen Haftbarkeit als Bedingung der Anwendung des Gesetzes unbedingt festzuhalten sei. Schließlich wurde Stuttgart für da« nächste Jahr wieder zum Vorort gewählt, und werden in da« Bcra hungSkomite die Vorschußvercinc von Eannstatt, Eßlingen, Hall, Heilbronn, Ludwigsburg, Nürtingen und Ulm berufen; Tuttlingen wurde zur Stellvertretung gewählt. (StA.)

Tübingen, 12.A»g. Durch Schreiben des hochw. Erzbischofs von Köln vom 10. d. M. ist Prof. Dr. v. Hefele zu der Kon­ferenz der deutschen Erzbischöfe und Bischöfe, welche vom 1.7. September d. I. in Fulda stalthaben wird, eingeladcn worden. Ohne Zweifel wird er dieser Einladung auch folgen,

Der abgerutschte Bahndamm beiM össiirgen ist insoweit herge­stellt, daß die Züge langsam darüber fahren können, weßhalb sofort die durchlaufenden Züge wieder eingerichtet und die Abfertigungen von Gütern, Bich, Pferde und Equipagen von und nach der Mössingcn- Hechinger Bahnstrecke wieder ausgenommen worden sind.

Im Bezirke Gerabronn ist ein zweifellos wuthkranker Hund erlegt worden.

Am letzten Mittwoch bot sich den Bewohnern von Giengen das seltene Schauspiel von Sonnenschein, Regenbogen und Schneeflo­cken. Aus Ellwangen wurde von Eisspuren berichtet.

In Heidenheim ist ein UnterrichtscurS im Gebrauche des Meter-Maßes abgehalten worden. An demselben haben auch Damen Theil genommen. Eine Zahl von 8 Stunden genügte, um rin ganz befriedigendes Resultat zu erreichen.

Ulm, 16. Aug. (Die dritte Landesversammlung der württem- bergischen Feuerwehren.) Zum Empfang ihrer Gäste war die ganze Stadt prachtvoll beflaggt; am Eingang in die Bahnhofstraße erhob sich ein Trinmphbogen mit der Inschrift:

Ihr habt allzeit zum Schutz bereit,

Der Menschheit Euch zum Dienst geweiht,

D'rum Ruhm und Ehr und Gruß noch mehr,

Euch Männern von der Feuerwehr!

Vertreten waren außer der Ulmer Feuerwehr (die 185 Freiwil­lige, welche da» StcigerkorpS bilden, und 1175 Verpflichtete, zusam­men 1360 Mann zählt) vom Jnlande 105 Feuerwehren, unter denen am stärksten erschienen waren die Stuttgarter Feuerwehr mit über 400, die Eßlinger mit 190 Mann, sodann die Feuerwehren von Ehingen und Söfflingen mit je 70, von HäSlach mit 64 u. s. w. (Bon Calw und Hirsau sind es bekanntlich 15 Mann.) Da« Aus­land war vertreten durch die Feuerwehren von Augsburg, Burgau, Günzburg, Ichcnhausen, Jeltingen, Leiphcim, München, Neuulm und Wiesbaden. Leider begann am Sonntag früh - mit Tagesanbruch ein leichter Regen, der sich gegen 8 Uhr verstärkte, aber glücklicherweise gegen 10 Uhr vollkommen nachließ, so daß sich der imposante Fcst- zug vor dem Glöckler Thor ordnen konnte. Um 11 Uhr bewegte er sich durch die Hauptstraßen der alten Reichsstadt nah dem Weinhof, wo die Ulmer Feuerwehr an dem Realschulgebäude eine Schanübung ausführte. Nachmittags 2 Uhr fand die Versammlung der Delegir- ten in der einfach aber schön geschmückten Turnhalle statt. Baurath Tritschler aus Stuttgart berichtete über den Stand der Ausschußkasse, die nur durch die ihr znfließcnde StaatSunterstntzunq und Beiträge der Vororte die Kosten der Laudesversamnilunzen zu trage» im Stande st, weßhalb er den dringenden Wunsch an-sproß. daß alle Feuerweh­

ren des Landes sich an dem Jahresbeitrag von 1 fl. betheiligen möchten. Großmaun aus Eßlingen machte sodann Mittheilungen über die Grün­dung und den Stand der Ccntralkasse für Förderung des Feuerlösch­wesens, denen wir kurz entnehmen, daß die Kasse seit ihrem Bestehen bis zum 1. Juli d. I. an verunglückte Feuerwehrmänner 1457 fl., an Hinterbliebene von solchen 685 fl. Unterstützungen reichte und Gemeinden und Feuerwehren mit 1050 fl. Beiträgen zur Anschaf­fung von Löschgeräthschaften bedachte; trotzdem hatte sie außer 2200 fl. bereits bewilligten, jedoch noch nicht ausbezahlten Unterstützungen am 30. Juni d. I. bereits ein Grundstockvermögen von 7370 fl., und eS ist Aussicht vorhanden, daß dasselbe bis zum Jahresschlüsse auf 12000fl. anwachse. Der nun zur Debatte zugelassene Antrag von C. A. Bub aus Calw, der Landesausschuß möchte dahin wirken, daß die Unterstützungen aus derCcntralkassejschon bei drei Tagen Arbeits­unfähigkeit beginnen, wurde ab gelehnt, dagegen sprach sich die Ver­sammlung für den Vermittlungsantrag von Großmann aus Eßlingen aus, daß dieselbe nach 8lägiger, statt seither erst nach 14tägiger Arbeitsunfähigkeit eintreten sollte. Veranlaßt durch Buhl aus Gmünd fand nun eine längere Besprechung über die Zweckmäßigkeit freiwilliger Abtheilungen in verpflichteten Feuerwehren, namentlich für den schwe­reren, gefährlichen Dienst statt, die mit dem Beschlüsse endete, daß in Orten, wo Zwsngsfcuerwehren bestehen, so viel als möglich auf Errichtung von freiwilligen Abtheilungen hinzuwirken sei. (Schluß f.)

München, 15. Aug. DieKorrespondenz Hoffmann» schreibt: Heute wurden im Staatsministerium des Äeußercn die Urkunden über die allseitige Genehmigung der in der Liquidationskommission am 6. Juli über die künftige Behandlung des gemeinschaftlichen Feftungsmatcrial» gefaßten Beschlüsse ausgctauscht und sodann zwischen Baiern, Württemberg und Baden die Ratificationen über den Vertrag wegen Errichtung einer Festungskommission ausgewechselt.

Schweiz. In einem Steinbruch bei Villingen in der Nähe von Bern hat sich dieser Tage ein schreckliches Unglück zugetragen. Eine Felswand löste sich ab und begrub in ihrem Sturz eine Anzahl Ar­beiter. Im Ganzen sind 11 Arbeiter umgekommen; 8 sind bereits hervorgegraben, 3 liegen noch unter dem Schutt. Bier Arbeiter sind schwer verwundet, 3andere kamen noch mit geringen Verletzungen davon.

Frankreich. Napoleon III. hat den 15. August, den 100. Ge­burtstag Napoleon I., mit einer vollständigen Amnestie gefeiert. Alle politischen Verbrechen und Vergehen wurden amnestirt, auch alle Aus­reißer des Heere« und der Flotte. Marschall Niel in Paris, der französische Kriegsminister, ist gestorben. Die Curse der Papiere stiegen sofort: so populär ist in Paris der Krieg mit Deutschland, als dessen Schürer Niel galt. PariS, 14. Aug. Man versichert, daß der Kaiser jetzt nach dem Tode des Marschall Niel eS umziehen wird, den militäris chen Festlichkeiten im Lager von Chalon« nicht beizuwohnen.

B ergma »u S-L o o«.

Die Wachtel ruft im Kor»:Der Tag erwacht!»

Die Sonne hebt sich aus den Purpurdecken;

Da schleicht der Bergmann sich vom Lager sacht,

Die thcurcn Kinder nicht im Schlaf zu wecken.

Fünf Kinder, trotz der Noth wie Aepfel rund,

Rothwangig, trotz der schmalen, magern Bissen.

Ein Lächeln schwebt dem Längsten um den Mund.

Der ist zu süß! Er muß da« Knäbkein Süssen.

.Lieb' Vater bkeib' bei mir!» seufzt e» im Traum.

Da« Lächeln nm die Lippen ist vergangen llnd eine Thräne netzt der Wimpern Saum Und perlt aufs Kissen von den runden Wangen.

Er reißt sich lo«. Zum Schachte eilt sein Fuß.

Zum .Hossnungöschacht', zum Schachte.Gotte« Segen».

Nicht höret er der Wachtel Morgengruh,

Nein:Gute Nacht!» tont ihm ihr Ruf entgegen.

Bald klimmt auf schwanker Leiter er hinab;

Bald schießt er nieder aus dem Kunstgezeuge.

Ihm ist es heut, als stieg er in ein Grab,

Als ging sein Leben plötzlich ihm zur Neige.

Er kommt vor Ort. Da sieht er deutlich, klar Ein schwarzes Etwa« durch die Strecke gleiten.

Verkörpert sieht er riesig tne Gefahr Wie ein Gespenst an sich vorüberschreiten.

Er hebt den Fuß zur Flucht - da blitzt und kracht Der Hossnungsschacht! rings Flammen nur und Trümmer!

Die Wachtel ruft im Licht!Der Tag erwacht!»

Und drunten Todcsnacht für nun und immer!

R. Schlcg el.

Redigirt, gedruckt und verlegt von A. Oelschlägcr