304

trt, bei einer Conrcntionalstrafe vvn 5 Thalcrn, keinen feiernden Ge­sellen, wenn er die Arbeit nicht binnen 8 Tagen anfnimmt, inner­halb der nächsten drei Monate in Arbeit zu nehmen. Die vielen in hiesiger Stadt wohnhaften vcrheirathetm Schreinergesellen sind dadurch anfsHärteste getroffen, zumal die ihnen von Seite der Genossenschaft versprochenen Unterstützungsgelder allzu spärlich fließen.

Der berühmte Augenarzt, Geh.Medizinalrach Prof. vr. v. Gräfe, ist nicht unbedeutend erkrankt, so daß seine Reise nach einem mildern Klima vorerst aufgeschobcn werden mußte.

Berlin, 9. Juni. Im Zollparlament wurden heute die Han­delsverträge mit der Schweiz und mit Japan einstimmig angenommen.

Berlin, 5. Juni. Der Reichstag ist heute noch nicht geschlos­sen worden, und die Schließung wird voraussichtlich erst nach dem Schluß des ZollparlamcutS erfolgen, wie im vorigen Jahr. Der Reichstag hat heute in dritter Bcrathung das Wcchsclstempelsteuer- Geietz angenommen, unter Ausrechterhaltung der Verweigerung der Erhöhung der Branntweinsteuer, worauf Präsident Delbrück erklärte: daß die Bundesregierungen ans die Weiterbarathung der Steucrge- sctze verzichten.

die Verfassung!" vor dem Palaste der Cortes. Auch in den Provinzen hat die Verkündigung der Verfassung, so weit die bis hereingegangenen Nachrichten melden, unter großem Jubel und ohne Störung der Ordnung Statt gefunden. 8. Juni. Olo- zaga hat den Cortes heute das Regentschaftsgesetz vorgelegt; der Gesetzentwurf wurde ohne Widerspruch an die Bureaux verwiesen.

Asien. Alexandrien, 5. Juni. Der Engländer Powell ward mit Weib, Kindern und Dienstmagd, sowie zwei Missionären, durch abyssinische Eingeborene ermordet.

Belletristischer.

Ein Verbrecher.

(Fortsetzung.)

Der Tag, an welchem Buchen verurthcilt werden sollte, war schon bestimmt. Mit Spannung sahen ihm Alle entgegen. Man war neugierig, wie Buchen sich benehmen, ob er endlich das Geständ- niß seiner Schuld oblegen werde.

Auch Frau von Friesen hatte diesen Tag durch Zufall erfahren d!?Lk-,Iwig- »-« Pm« --kV Ächk-N, ^ich, M- ji. M-It kchi-n^.-M-»d Zimm-r,

Freitag.

Lemberg, 9. Juni. Durch Ministerialerlaß wird die polni­sche Sprache vom 1. Octobcr 1869 an als Amtssprache im inneren Dicnstvcrkchr der galizischcn Eivilbchörden eingeführt.

Das österreichische Kriegsbudget für 1870 ist wie das Wie­nerTagblatt" mittheilt, auf 75 Millionen berechnet.

Das Loos der bis dahin so schmählich verfolgten und mißhandcl- tenJudenindenD on aufürstcnthümernschcintsichmin endlich gün- stiger gestaltm zu wollen, da der Minister des Innern in der Kam­mer angekündigl hat, daß die Regierung eine Vorlage über die Juden- fraze einbringrn werde und zugleich die Erkennung einer Commission für das Studium derselben beantragte.

Frankreich. Paris, 8. Juni. Bis jetzt sind die Resultate von 58 Nachwahlen bekannt. Davon sind auf officielle Candi- dateu 25, aus Oppositionelle nnd unabhängige Candidaten 33 gefallen. Die Döbats berechnen nun als gewählt: Offizielle 199, Opposition 88 und mit den 4 Doppeltgewählten: Jules Simon in Bordeaux, Ernst Picard in Montpellier, .Bancel in Lyon und Gambetta in Marseille 92. Es finden also noch 4 Nachwahlen Statt. 9. Juni. Ein.Dekret beruft den gesetzge­benden Körper zu einer außerordentlichen Sitzung aus fden 28. Juni, um die Vollmachten zu prüfen. Der Senat ist nicht ein­berufen.

Jtal'im. Ucber die Vorbcreitungsarbeiten zum ökumenischen Coueit, di: nahezu vollendet seien, weiß ein römischer Korrespondent der Köln. Zlg. folgende zuverlässige Mittheilungen zu machen: Die Kommission, welche die Fragen der Dogmatik vorzubereilcn hat, unter Cardinal Eilio, hat alle Documente zusammengestellt, welche darauf L?ziclen, die Himmelfahrt Mariä und die Unfehlbarkeit des Papstes zum Dogma zu erheben. Bei der Kommission für kirchliche Discip- lin», in welcher Kardinal Caterini den Vorsitz hat, sind die von den Vvchöfen über die in dieses Gebiet einschlagendcn Fragen eingeforder- tcu Gutachten fast alle cingelausen; sie sprechen sich sehr cinmüthig im Sinne Roms aus. Man erwartet jedoch in wichtigen Punk­ten, wie hinsichtlich der Civilehe, der gemischten Ehe, der Zulassung jüdischer und häretischer Diener u. s. w. eine gewisse Nachgiebigkeit von Seiten der Kirche. Mit Bestimmtheit wird das Recht der Kirche a:ck Leitung des Unterrichts aufrecht erhalten. Aus der Kommission für politisch-kirchliche Fragen unter Kardinal Rcisach ist das Wichtigste von dem Wenigen, was bi« jetzt daher bekannt geworden, daß man sich mit der Abschaffung der Rechte der gallikanischcn Kirche beschäftigt.

Spanien. Madrid, 6. Juni. Die neue Verfassung ist heute unter dem enthusiastischen Jubel des zahlreich versammelten Volles feierlich publicirt und von den Inhabern der vollziehenden Gewalt beschworen worden. Deputationen aus allen Provinzen, die hiesigen Corporation«!, so wie die Vertreter der fremden Mächte wohnten der Feierlichkeit bei. Die Nationalgarde und die Truppen defilirten unter dem begeisterten Rufe:Es lebe

d.ssen Glasthür in dm Garten führte. Diese war verschlossen.

In trübe Gedanken versunken, saß sie regungslos in einem Fau­teuil. Sie dachle an ihn, über den am folgenden Tage das Schul­dig ausgesprochen werden sollte. Im Geiste sah sie ihn mit Ketten belastet, bleich im Gefängnisse sitzen. Und dieser Mann hatte ihr so nahe gestanden, auf ewig hatte sie sich mit ihm verbinden wollen. Mit dem Mörder! Und auch das Bild ihres tobten Gat­ten trat vor sie hin und schien gegen ihn zeugen zu wollen. Hatte er auch ihn ermordet?

Sie segnere in Gedanken Conradi, daß er Buchen an jenem Abende hatte verhaften lassen nicht einen Tag später denn dann wäre es jetzt ihr Gatte, über den das Urtheil gesprochen werden sollte.

Stunden lang hatte Frau v. Friesen schon in Gedanken dazeseffcn. Sie wollte sich nicht zur Ruhe legen, denn die Bilder, welche sie jetzt peinigten und erschreckten, verließen sie auch auf dem Lager nicht.

Ihr Zustand war zwischen Schlaf und Wachen. Nurjzuweilen schreckte sie aus und blickte hastig umher, um sich zu überzeugen, daß Alles ein Traum war.

Ein Geräusch an der zum Garten führenden Thür schreckte sie auf. Sie hatte nicht gemerkt, daß ein Mann davor getreten war. Leise rüttelte er an dem Schlosse. Sie wollte aufspringen, um Hilfe rufen der Schrecken hatte sie für den Augenblick gelähmt.

Fester, gewaltsam drückte der Mann an der Thür. Sie sprang aus. Er trat ein. Die schwachen Strahlen des Mondes sielen auf ein bleiches Gesicht, dessen glühende Augen die in dem Zimmer herr­schende Dämmerung zu durchdringen suchten.

Starr, regungslos hatte Frau von Friesen den Blick auf ihn geheftet. Er bemerkte sie noch nicht, trat einen Schritt in das Zimmer.

Sie erhob sich langsam. Ihr Oberkörper hatte sich etwas nach vornüber gebeugt. Erschreckt abwehrend streckte sie die Rechte aus und rief mit gepreßter Stimme:Buchen!"

Der Mann bemerkte es. Er zögerte. Hastig trat er zu ihr. Sei» Auge blickte glühend, ein höhnisches Lächeln glitt Uber die blei- chcn Züge. Hastig blickte er im Zimmer um. Er suchte etwas. Ans einem Nebentische lag ein Messer, es blinkte in dem Mondschein. Er faßte cs. Schon war der Arm, der es hielt, erhoben, das Mes­ser auf die Brust der Ohnmächtigen gezückt da warf er es zur Seite.

Schnell trat er an den Sekretär. Der Schlüssel steckte darin. Er schien mit ihm bekannt zu sein. Einige Schubfächer öffnete er und barg deren Inhalt Geld, Geschmeide und Papier in seiner Kleidung, dann schloß er ihn wieder und glitt schnell, geräuschlos durch die Thür durch den Garten.

Flüchtig eilte der Mann dem nahen Walde zu. Dort schim­merten die Strahlen des Mondes nur einzeln, flimmernd durch das grüne Laubdach. Alles ringsum warMill. Die Sckritte des Flie- henden machten das einzige Geräusch.(Forts, folgt.)

Redigirt, gedruckt uridverlsgt von A. Oclschläger.