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Tagesrrertigkeiten.

Stuttgart, 17. Nov. Gestern Abend um 5 Uhr verschied

zu Winnemhal nach langem Leiden Seine Erlaucht der Gras Al­fred von Neipperg, Gemahl Ihrer Königlichen Hoheit rer Prin­zessin Marie von Württemberg, Schwager Seiner Majestät des! Königs. (St. A.)

Siglingen, Oberamts Neckarsulm, 15. Nov. Heute wurde aus einer Treibjagd ein Wolf Lurch Oekonom Scheuster hier er­legt. Es ist ein jähriges Thier von ziemlich dunkler Farbe und 32V- Pfund Schwere, das den benachbarten Schäfern in jüng­ster Zeit viel Sorge machte. Es sollen sich ein halb Dutzend Wölfe im Odenwald und Bauland herumtreibcn und wird im Amt Mosbach rc. häufig Jagd darauf gemacht.

Die -j-Zeitung hat herausgebracht, daß die «Ltadt Frankfurt (als Sitz des Butldestags) nur eine halb souveräne Stadt und deßbalb ihre Vergewaltigung durch die Großmächte auch nur eine halbe und eigentlich ganz in der Ordnung sei. Don anderen Staaten, die diesen Trost fick als bequemes Kopfkissen dienen lassen, wird sie morgen oder übermorgen zeigen, daß sie eigentlich nur ^ souverän seien und deßhalb u. s. w. u. s. w.

Wie sehr man auf die Kinder Acht baben und sie na­mentlich nicht mit Feuerzeug spielen lassen soll, zeigt abermals folgendes Beispiel: Zum Schmied inZusmarshausen (Bai- ern) kam eines seiner Kinder in die Stube gehüpft und rief: Vater, wir haben im Stadel eiu Feuer gemacht; das brennt schön! Komm naus, wir können uns alle d'ran wärmen! Als der erschrockene Vater hinaus kam, hatte das Feuer schon so weit um sich gegriffen, daß an ein Löschen nicht zu denken war. Sta­del, Stall und Haus brannten vollständig nieder.

In der Thierarzneischule in Dresden sind seit 3 Wochen 11 tolle Hunde, meist kleine Stubenhunde, eingebracht worden. Zwei Menschen, die von ihnen gebissen wurden, sind gestorben, zwei andere liegen noch in tödtlicher Angst. Die Dresdener ha­ben sich dem Münchener Schmerzensschrei nach einer hohen Steuer für Luxushunde energisch angcschlvssen. (In Baiern soll Vom Neujahr an die Steuer für Luxushunde auf 12 fl. erhöht werden)

^Berlin, 18. ov. DieLPener'sche Ztg." bringt ein Telegramm aus Wien, welchem zufolge Oesterreich und Preußen sich über eine in der heutigen Bundestagssitzuug abzugebende ge­meinsame Erklärung hinsichtlich des mittelstaatlichen Antrages ge­einigt haben. Weiter sagt das Telegramm, der Fürst Metternich sei zu der Erklärung ermächtigt, daß Oesterreich bereit sei, mit Frankreich Verhandlungen über einen Handelsvertrag abzuschlie­ßen, und er habe deßhalb Hrn. Dronyn de Lhuys zur Ernen­nung von Commissionen eingeladen.

Berlin, 18. Nov. Die deutschen Großmächte geben Inder

heutigen Bundestagssitzung die identische Erklärung ab, daß sie für sofortige Verhandlung des mittel staatlichen Antrags seien und dessen Ablehnung beantragen. (Tel L. Schw.M.)

Die -j-Zeituugs-Partei spricht sich nun und zwar sehr stark gegen dieVerbindung Schleswig-Holsteins mit Preußen" aus. Wenn Preußen sich die beiden Herzogtümer verbinde, sagt sie, so wäre Las eine nicht geringere Veränderung der Machtverhält­nisse und der Karte Europa's als es seiner Zeit die Erwerbung Schlesiens war. Die Erwerbung Schlesiens habe einen sieben­jährigen Krieg gekostet, der Preis für Schleswig-Holstein werde kaum billiger sein. Mit dem ersten Schritte zur definitiven Ein­verleibung werde das bisherige Nebelbild der europäischen Politik plötzlich andere Umrisse annehmen und einen Charakter, welcher die sorglosen Annexions-Politiker enttäuschen werde. Kaiser Na­poleon habe sich nichts weniger als zu einem gemüthlichen Still­leben in das Altentheil zurückgezogen rc. Ist das von allem andens abgesehen nicht eine Enthüllung über den Miß­erfolg der Reise Bismarcks zu Napoleon?

DieBerliner Revue", das Organ der Militärpartci, kün­digt einen neuen Feldzug gegen das innerre Düppel in Preußen und Deutschland an. Zu dem innern preußischen Düp­pel rechnet sie ausdrücklich das Abgeordnetenhaus und die Ver­fassung, die das königliche Regiment beschränken. Wenn das ler Staatsanwalt liest, gibt's gewiß ein Unglück.

In Hedersleben bei Quedlinburg schlachtete der Metzger ein großes fettes Schwein, das halbe Dvrs holte sich Fleisch. In Zeil von 8 Tagen erkrankten 159 Einwohner an den Trichinen, 5 starben und 50 und einige sind noch in Lebensgefahr. Das ist sett einem halben Jahre der zweite Fall in demselben Orte

<Lchulze-Delitzsch hatte in der letzten Nationalversammlung in Frankfurt die Behauptung ausgestellt, die deutschen Mirtel- und Kleinstaaten fühlten sich selbst zu Preußen hingezogeu. Dafür begrüßt ihn dieLalern" mit folgendem Epigramm:

Ei Herr Schulze! Delitzschiös!

Zu dem Fresser zieht's die Kloß?

-'lein, Herr Schulz, wir wisscn's besser:

Zu den Klößen zieht's den Fresser.

In Hamburg sind in einer Stunde 3 Mordthaien verübt worden. Ein spanischer Steuermann tödtete mit einem Stilet eine Wirthstochter, die seine Liebeserklärungen abgewiesen batte. Am andern Morgen fand man außerhalb der Stadt ein älteres begüterte- Ehepaar ermordet in seiner Wohnung, Geld und Werthschasten entwendet. Der Verdacht dieser Thal ruht' ebenfalls auf dem Spanier, der auf seinem Schiffe verhaftet wurde.

An der Küste von Sylt ist ein mit Stückgütern beladenes Schiff vom Dturme zertrümmert worden und mit Mann und Maus untergegangen. Der Kapitän des Schiffes, Hansen, als Ehrenmann allgemein geschätzt, diente zur Zerr des Krieges als Lotse aus der Flotte der Alliieren.

- Wien, 11. Nov. Das Militärbudget, welches bekanntlich unter dem neuen Ministerium auf 80 Millionen angesetzl war, ist bereits überschritten und es stellt sich jetzt heraus, daß unge­achtet der inzwischen eingetretenen Reducirungen selbst die von dem Ministerium Schmerling verlangten 84'/-Million zur De­ckung der Militärauslagen nicht hinreichen. DieGeneralcor- respvndenz" theilt mit, einer der einflußreichsten Patrioten Un­garns habe erklärt, die Krönung des Kaisers als König von Un­garn könne erst erfolgen, wenn das Verhällniß Ungarns zur Mo­narchie geregelt sein werde Im Salzburger Bezirk St. Jo­hann sind augenblicklich ungefähr 600 Steuerexekutionen im Zuge.

Minister Belcredi in Wien verlangt in einem Rundschreiben an die Statthalter Abschaffung der Vielschreiberei, des schleppen­den Geschäftsganges, möglichst viel mündliche Verhandlung mit den Leuten und Anbahnung der Selbstverwaltung in den Ge­meinden. Wer die Sache nicht verstehe oder nicht verstehen wolle, werde entlassen werden u. s. «. Als ob sich so ein alter Staats­karrengaul plötzlich in einen englischen Renner auf Kommando verwandeln ließej

Schweiz. Bern, 16. Nov. Der Ständerath hat heute mit 25 gegen 13 Stimmen beschlossen, in die Bundesverfassung einen Artikel auszunehmen, durch welche« die Prügelstrafe ver­boten wird. 17. Nov. Der Nationalrath hat in seiner gestri­gen Abendsitzung mit 48 gegen 38 Stimmen beschlossen, daß dem Bunde das Recht zustehe, den Cantonen die Anwendung gewisser Strafen zu untersagen.

Italien. Finanzminister Sella's Alternative: entweder die Mahlsteuer oder Entlassung namhafter Mannschaften, hat gewirkt und Lamarmora sich gefügt, so daß die Thronrede mit der An­kündigung der Entla3ung von 100,000 Mann austreten kann. Die Entwaffnung ist in Italien nicht populär, indeß die Mahl­steuer noch weniger, und Sella hat der soliden Entwicklung einen Dienst erwiesen, als er den Parteien zurief: Entweder Geduld, viel Geduld in Betreff Roms und Venetiens, oder Geld, unge­heuer viel Geld! Neapel, 8. Nov. Seit 3 Tagen nimmt die Epidemie stark zu. Gestern hatten wir ungefähr 300 Fälle, wovon '/z tödtlich. Die Stadt fängt an. einen unruhigen un­heimlichen Charakter anzm.ehmen; Prozession an Prozession; Kon­flikte zwischen der Geistlichkeit und der Polizei. Volksmassen ha­ben gestern mit Revolvern und sonstigen Waffen Körbe voll Geld anscheinend für die Betroffenen, in Wirklichkeit aber eher für die Pfaffen erpreßt Das Santissimo wird an einen,fort unter dem Geklimper der Schellen in der Stadt herumgetragen; auch sollen heute Morgen bereits schon zwei Demonstrationen stattgesunLen haben unter dem Ruse ,viv» kranoesco II.", eben weil die Po-