'^hr Compliment machen, als hätten wir uns diesen Abend noch gar nicht gesehen. Noch einmal aber vergessen Sie die Rolle eines Stummen nicht."

Sie war verschwunden, noch ehe ich ihr antworten konnte, und im nächsten Augenblick stand der Diener in der Thür, unter dessen Führung ich dann glücklich in den Empfangssalon? ge­langte. Welche herrliche großartige Räumlichkeiten das waren, und welche unbeschreibliche Pracht dort in Dekorationen und Ma­lereien herrschte. Colossale Äpiegel wechselten an den Wänden mit großen Oelgemälven in kostbar schwer vergoldeten Rahmen ab, Gold, Silber, Edelsteine, Seide und zartsarbiger Sammt blitz­ten und leuchteten, wohin sich das Auge wandte. Es war mir in der That, als sehe ich einen Feenpalast vor mir, und mein Huß wollte fast zögern, die Schwelle zu überschreiten.

Die Gräfin saß im mittleren Salon, und ein Theil der äiäste war bereits versammelt, während noch fortwährend Andere eintrafen. Das Heranrollen von Carrossen, das Gesumme vieler Stimmen, das Rauschen schwerseidener Kleider um mich her, mit einem Worte, die Neuheit der Situation, in der ich mich befand, drohte mich völlig zu betäuben, doch ich war entschlossen, unserer schönen Wirthin den Beweis zu liefern, daß ich der Mann dazu fii, die mir von ihr übertragene Rolle durchzusühren. Der Aus­gang dieses Abends konnte mich möglicherweise nie geahntem Glanz und Erdenglücke entgegenführen oder aber alle meine jun­gen mir noch kaum ausgesprochenen ehrgeizigen Hoffnungen mit einem einzigen Schlage vernichten. So faßte ich mir denn ein Herz, ging gerade auf den Sitz der Gräfin Rosenki zu, machte ihr die für diese Gelegenheit besonders einstudirte Verbeugung, welche, wie mir der Spiegel gegenüber sagte, völlig nach Wunsch gelang, und war im Begriffe, mich nach einem Stuhle in der Nähe zurückzuziehen, als wer schildert .mein Erstaunen als sich die Gräfin Plötzlich mit einer schnellen Bewegung von ihrem Sammtpolster erhob, unter einem Ausrufe in französischer Sprache die Arme um meine r Nacken schlang, mich leidenschaftlich an die Brust drückte, und dann aus beide Wangen küßte. Man wird mir glauben, daß mir niemals in meinem ganzen Leben, weder vorher noch nachher, so völlig die Fassung abhanden gekommen ist, wie in jenem Augenblicke, in welchem ich denn auch ohne Zweifel eine beispiellos alberne Figur gespielt haben muß. Die Gräfin ließ mir jedoch keine Zeit, zu mir selbst zu kommen, Venn sie ergriff mich sofort am Arme, um mich durch alle Zimmer um- herzuführen, und allen Anwesenden, Jung und Alt, Damen und Herren, mit großer Feierlichkeit vorzustellen. Die Herrschaften schienen sämmtlich außerordentlich erfreut, meine Bekanntschaft zu machen; da sie Alle französisch sprachen, so gerieth ich keineswegs in Gefahr, aus meiner Rolle zu fallen. Ich verbeugte mich und lächelte so viel ich konnte, während die Gräfin das Wort für mich führte, und diese wies mir einen Sitz zwischen zwei sehr häßlichen aber mit einer erstaunlichen Menge von Straußfedern und Dia­manten herausgeputzten jungen Damen an. Beide waren eifrig bemüht, mich zu unterhalten, da ich jedoch kein Wort verstand, so half ich mir wiederum mit Kopfnicken und Lächeln, was ihnen denn auch völlig zu genügen schien. Inzwischen strömten fort­während neue Gäste in die Salons. Ich sah hohe Offiziere in russischer Uniform mit Ordensbändern und Sternen auf der Brust, und Dämmen in jeder Art von glänzendem P.lz, unter den Letz­teren jedoch keine einzige, deren Schönheit nicht vor der Gräfin verblichen wäre. Diese fuhr inzwischen fort, mich allen Ankom­menden vorzustellen und man verbeugte sich mit einer Ehrfurcht vor mir, als sei ich etwa ein fremder incognito reisender Prinz.

Ich folgte genau allen Anordnungen meiner hohen Protekto­rin. welche uatürllch durch Winke ertheilt wurden, spielte Karten mit drei alten Damen, tanzte mit zwei jungen, führte sie selbst zum Souper, un» mit einem Wort, ich war im Feenlande. Die glän,enden Roben, die Pracht der Zimmer, das Gesumme der Unterhaltung, die Menge von Gesichtern um mich her Alles alles war mir so neu, so ganz anderer Art, wie mein gewohntes Comptoirleben, daß ich mich wie in einem glänzenden Traum be­sang n fühlte. Die Gesellschaft bega:n sich HU zerstreuen und die Gräfin flüsterte mir in einem Winkel d en Rath zu, mich jetzt zu

entfernen, meine eigene- Kleider werde ich im Ankleidezimmer vorfinden, und der mir schon bekannte Diener mich aus dem Pa­last führen.

Ich verließ, nachdem viele der Damen und Herren einen fast zärtlichen Abschied von mir genommen hatten, die Salons, kleidete mich um, und gelangte glücklich in das Gäßchen hinter unserem Geschäftspalaste zurück, von wo aus ich eine Einfriedigung-über­stieg , endlich mein ,u ebener Erde belegenes Zimmer erreichte, dessen Fenster ich, um mir diesen Rückweg offen zu hasten, nur angelehnt zurückzelassen hatte. Doch der Schlaf floh meine Au­gen, und der Schall der großen Glocke, welche uns zum Geschäft rief, fand mich noch wachend, wofür ich mich denn im Laufe des Tages durch gelegentliches Einnicken am Pulte entschädigte. Die Arbeit ging natürlich langsam und fehlerhaft von Statten, doch Stark machte, wenngleich ihm dieß schwerlich entging. -keine Be­merkungen darüber; auch wären mir diese jetzt gleichgültig gewe­sen, denn meine Gedanken drehten sich einzig und allein um den Palast Rosenki, die elegante Gesellschaft, welche-ich dort getroffen, und die schöne Gräfin. Und sie war in Wahrheit schön, war ohne Zweifel sehr re ich, und ir großes Interesse für mich noch unzweifelhafter. Nichts in der Welt konnte mich jetzt noch aus St. Petersburg hinweglocken, wo mir ein nie geahntes Leben aufgegangen war. Die Gräfin Rosenki war das erste weibliche Wesen, dem ich Gedanken und Gefühle gewidmet hatte, und der freundliche Leser, der mir bis hierher gefolgt ist, wird es natür­lich finden, wenn ich ihrer nur mit dem vollen Enthusiasmus der Jugend gedenken konnte.

Am folgenden Tage stand Stark's Pult wiederum leer. Ich glaubte, er sitze in der Lheeschenke und wünsche es geheim zu halten. Genug, er fehlte an jenem Nachmittage aufs Neue im Comptoir, und mit demselben leisen Geknarr der Thür, demsel­ben Rauschen ihrer seidenen Robe wie das erste Mal, trat die Gräfin zu mir herein. Sie entschuldigte sich nicht mehr, fragte nicht mehr nach Herrn Stark, sondern setzte sich sogleich und be­gann fich mit mir zu unterhalten. Sie fragte mich, ob ich mich in der Gesellschaft in ihrem Palaste angenehm unterhalten habe wie mir die Damen dort gefallen ob es interessant sei zu erfahren, wie sich Diese oder Jene über, mich geäußert ob es mir Vergnügen machen würde, ihre Cirkel auch ferner zu besu­chen ?

Ich beantwortete alle diese Fragen der Wahrheit gemäß, he- sonders diejenige wegen der Damen, denn ich hatte am Abende vorher sehr wohl die Aufmerksamkeit bemerkt, mit welcher ich von ihr beobachtet wurde. Außerdem nahm ich Gelegenheit, ihr mein Erstaunen über die Art meines Empfanges von ihrer Seite und die mir vor allen ihren Gästen bewiesene ausgezeichnete Artigkeit auszudrücken. (Forts, folgt.)

(Zeichen der Zeit.) Ein Kaufmann von altem Schrot und Korn in Prag schrieb jüngst, wie dieBohemia" erzählt, einem Geschäftsfreunde auf dem Lande mit einer scherzhaften Wendung Folgendes:Heute, mein lieber Freund, gibt es eigentlich nur Ein rentables Geschäft: das Einstellen der Zahlungen. Wenn ich um zehn Jahre jünger wäre, würde ich es auch damit versu­chen. Da ich aber schon zu alt dafür bin, so erhalten Sie in der Beilage Ihr Geld, und können dafür Gott danken."

Frankfurter Gold Cours vom 23. Aug.

ü. N.

Piftoicn . . . . » 46

Friedrichsd'or - - 9 Sk^S7V-

Holland 10 st.-Ktücke 0 5l Nand-Dukntcn . 5 31-38

W^Franlrcnkücke S 30 -31

Engl. Sovereings . . 11 5V58 Nuss riaicsImpc . .0:41_

Co nrs

dcr k. w. Staatskassen-Verwaltung für Goldmünzen.

Unveränderlicher CourS: Würit Dukaten . . 5 fi. 45 kr. Veränderlicher Conrs:

Dukaten. 5 fi. 35

Prenß. Pistolen - 9 fl. 56

Andere ditto . . . . 6 fl. 44

20 -Frankenslstchr . . - 9 fl.. 27

Stuttgart, 15 . Aug. 1865 .

K. StaatskassenverwaltuM.

Gottesdienste. Sonntag, 27 . Anz. Vorm. (Predigt): Herr De­kan Le ier. Klnderlebre mit den Söh,en l. Claffe. Nachm-.ttags (Predigt): Herr Helfer Schmid t. Das Opfer ist für den Kircheabausond best mmt:-

Nedigirl, ledruck» uns verlegt von A. Welsch lag er.