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— Lieber Herr, bat ich, Sie sollten doch Nachsicht haben.
— Nicht übel. Und daran erinnern Sie mich.
— Weit ich Madame liebe.
— Wenn Sie ihrer Herrin wirklich zugethan sind, so sollten Sie, anstat', die Flamme zu schüren, sie zu löschen suchen Man weiß schon, wie Sie verfabren.
— Lieber Herr, Meta hat mich bei Ihnen verleumdet; ich habe stets die Dinge zum Besten zu kehren gesucht.
— Warten Sie!
Er las den Brief. Ich sah. daß er gerührt ward.
— Was soll ick Madame antworten? fragte ich.
— Daß ich selbst kommen werde
Dann schloß er den Brief in den Secretair, während er die andern, die ick gebracht, zerrissen und in den Ofen geworfen batte.
— Verzeihung, wenn ich Sie unterbreche, sagte der Arzt, der mit Spannung zugehört hatte. Dieser letzte Brief also rührte Herrn Simons?
— Ja.
— Kennen Sie den Inhalt desselben?
— Nein.
— Ist bei Madame Simons nichts vorgegangen, das Sie jU Vermuthungen berechtigt . . .
— Ich wüßte nicht, Herr Doktor Nur dessen erinnere ich mich, daß Hedwig acl-t Tage sehr niedergeschlagen war und oft still vor sich hin weinte und daß meine Tröstungen vergebens waren.
— Und den Brief schloß Simons in den Secretair?
— Als ob ihm viel daran läge.
— Erinnern Sie sich des Secretairs?
— O, sagre lächelnd Jungfer Beijuß, ich habe ihn oft gesehen. Es war ein schweres Mahagoni-Möbel mit vergoldeten Schlössern und Ringen Christian sagte immer, es sei ein Meisterstück, denn es enthalte eine Menge Kästen und Fächer, die nicht Jeder sehen, geschweige denn öffnen könne. Auch meinte er, lägen in diesem Secretair die Werthpapiere und Geheimbü- bücher der Handlung.
— Ich bitte, fahren Sie fort.
— Eine Viertelstuude später ging Herr Simons zu seiner Frau. Beide hatten eine lange Unterredung, von der ich kein Wort gehört habe, da ich mich entfernen mußte. Denseben Abend speisten die beiden Gatten wieder an einem Tische und am folgenden Morgen ward Franz, der damals sieben Jahre zählte, nach Hamburg in ein Pensionat gebracht Somit war nun der ehelige Frieden hergestellt, und Doris war der Liebling der glücklichen Eltern. Mera und auch ich blieben im Hause. Es mußte dieß wohl eine der Bedingungen des Friedenskontraktes sein. Man sprach nicht mehr von Franz, und alles ging einige Jahre gut, wenn auch Madame ihre frühere Heiterkeit nicht wieder gewann. Da ward meine gute Herrin plötzlich krank. Ich bleibe dabei, daß ein geheimer Kummer an ihrem Herzen genagt hat. Sie wurden zu Hilfe gerufen, und ich sehe Sie noch, wie Sie mit ernsten Mienen an dem Krankenbette standen. Der arme Mann war tief bekümmert, ich habe auch gehört, wie er geweint und gebetet hat. Eines Abends bat er die Gattin um Verzeihung «egen der Kränkungen, die er ihr zugbsügt. Ich stand hinter dem Bettvorhänge verborgen und mußte mit ihm weinen.
— Karl, flüsterte sie mit schwacher Stimme, meine letzte Stunde ist nicht fern.
— Hedwig! Hedwig! rief schluchzend der gebeugte Mann. Der Arzt hat die Hoffnung nicht aufgegeben.
— Ich fühle, wie es in mir steht!
— Du wirst genesen, die Krankheit ist langwierig.
— Wie es auch kommen möge, ich fordere ein Versprechen von dir.
— Alles gewähre ich, mein liebes Kind — fordere, fordere!
— Denke an Franz!
— Ich habe dir früher eine Antwort gegeben, jetzt bekräftige ich es durch einen Schwur.
— Dank, Dank, mein lieber Mann! stammelte gerührt die Kr anke.
— Nun beruhige dich, ich handle ganz nach deinem Willen, der mir heilig ist.
Madame Simons schlummerte ein, und der Gatte zog sich auf sein Zimmer zurück, nachdem er mir die größte Sorgfalt empfohlen halte. Meta, die mich in dem Nachtwachen ablösen wollte, durfte das Gemach nicht b>treten, die Kranke wollte die Wirthschafterin nicht sehen. Bei dem versöhnlichen Charakter, den die gute Frau besaß, begriff ich diese fortgesetzte Abneigung nicht, und sie ist mir bis heute ein Näthsel geblieben. (Forts, folgt.)
Vermischtes.
— In Leipzig wurden vor Kurzem interessante Versuche mit den „Bucher'scken Feuerlöschdosen" gemacht. Die Feuerlöschdosen enthalten in ihrem Innern Substanzen, die bei ihrer Entzündung bedeutende Masse» der Luft Sauerstoff entziehender Gase entwickeln. In einer 6000 Cubiksuß enthaltenden Stube mit einem 5 Ouadratfuß großen Fenster und einer 19 Ouadratfuß großen Thür wurden in einen eisernen Kessel etwa 10 Pfund Petroleum geschüttet, der Fußboden mit Hobelspänen bedeckt und dann Alles in Brand gesteckt. Nachdem sich eine tüchtige Glut entwickelt hatte, wurde eine Bucher'sche Feuerlöschdose von fünf Pfund in den Raum geworfen; in 3')» Minuten war der ganze Brand erstickt.
Der Effektivbestand der eidgenössischen Armee wird in dem vom Bundesrathe genehmigten Bericht der eidg Militärverwaltung ans 85,441 Mann Auszug, 45,031 Mann Reserve, 63,536 Mann Landweör, im Ganzen 194,608 Mann angegeben. Die Ausgaben für das Militärwesen, den Beitrag an die Alpcnstraßen abgerechnet, betragen circa 2'/- Will. Fr.
(Der gebannte Dampfwagen.) Einer Frau wurde nahe bei Philadelphia von einem Eisenbahnzug die einzige Kuh getödtet, welche sie besaß. Ihre Klage bei der Direktion halte ihr nichts geholfen. Da erschien Sie eines Tages an der Stelle, wo der Zug, um Wasser zu fasten, Halt macht. „Geben Sie mir nicht 40 Dollars für meine getödtete Kuh," sagte sie zu dem Zugführer, „so lasse ich den ganzen Zug nicht von der Stelle." — „Die Sache geht mich nichts an," antwortete dieser. „Meinethalben mögen Sie den Zug sesthalten," setzte er lächelnd hinzu. — „Gut", entgegnete die Frau, „so versucht jetzt, weiter zu fahren. — Der Maschinist, nachdem er sein Wasser eingenommen hatte, läßt die Maschine an. Der Zug steht still Erstaunt spannt der Maschinist die Dampskraft stärker an' die Räder sausen wie Spindeln im Kreise herum, aber der Zug geht nicht vorwärts. — Die Passagiere stürzen aus den Wagen, sehen und hören die fatale Geschichte. „Macht, was Ihr wollt", ruft die Frau, „aber den Zug lasse ich nicht fort, bis ich meine 40 Dollars Entschädigung habe!" Man legte sich ins Mittel; da Alles nichts half, den Zug in Bewegung zu bringen, zahlte der Zugführer wohl oder ubek der Frau 40 Dollars. „Nun ist's gut", sagte diese freundlich, „und ich will Euch jetzt wieder forthelsen." Mit diesen Worten nahm sie eine Schürze voll Sand und streute ihn eine Strecke entlang auf die Schienen und rief: „Jetzt fahrt zu!" In einem Nu war der Zug aus ihren Augen entschwunden. Worin lag der Zauber? In einem sehr einfachen Mittel: die Frau hatte eine Strecke von der Stelle an, wo der Zug anhielt, stark mit Fett eingerieben, so daß die schwere Lokomotive mit ihren Rädern auf Len glatten Schienen nicht fassen konnte, sondern sich die Räder nur um sich selbst bewegten. Der daraus gestreute Sand löste später den Bann.
Dor amerikanische Flottenkaiellder für 1864, welcher bis zur Mitte März d. I. fortgeführt wird, gibt die Stärke der Kriegsmarine der Vereinigten Staaten aus 622 Fahrzeuge aller Gattungen an, wovon 432 Dampserschiffe und 74 Panzer- und Widderschiffe sind. Die Zahl der seit Beginn des Krieges durch Verlust, Wegnahme, Zerstörung oder Verkauf abgegangenen Schiffe der Kriegsmarine ist 42, von welchen eilf in die Hände der Rebellen gefallen sind.
Ncdigirt, gedruckt und verlegt von A. Verschlüge r.