Kommission. — 10. Marz. Tic Ansicht bcscstigt sich, daß die Schließung des Hauses nach Erledigung der Budgetfrage und eine Auslösung im Herbst erfolgen solle. Während des Sommers soll das Land sür die Neuwahlen bearbeitet werden. Der Schluß werde übrigens vielleicht schon erfolgen, nachdem erhebliche Streichungen im Militärbudget stattgefunden hätten. (Schw. M.)
— Lemberg, 1l. März. Verbürgte Privatnachrichten melden: Langiewicz proklamirte sich gestern in Folge von Beschlüssen des Erntralkomitcs als Diktator i demselben seien Wysozli und sür Ei- vilsachen Benkowski nä latus beigegeben.
Polen. Warschau, 5. März. Der Breslauer Zeitung geht die Nachricht zu, daß Mieroslawski das Kommando abgegeben und sich, man wisse nicht wohin, entfernt habe. — Die neueste Nummer des Ruch enthält einen Ausruf an die Polen in Galizien und Posen, sich nicht zu einem Ausstand verleiten zu lassen; Rußland allein sei der Todfeind. — 6. März. Die Insurrektion tritt immer kräsliger auf. Täglich kommen jetzt Sbarmützel zwischen den Insurgenten und den Truppen in der Nähe Warschaus vor, wobei letztere den Kürzeren ziehen. Das anfängliche Kriegsglück der Russen, bevor der Ansstand regelrecht organisirt war, scheint sich gewendet zu haben. Gestern soll ein solches Tressen bei dem Dorse Wionzowno stattgefundcn und die Russen eine tüchtige Schlappe erlitten haben. Wionzowno liegt auf der Chaussee nach Lublin, 4 Postmeilen von hier. Ferner gehen heute wunderliche Gerüchte von Einnahme der Städte Plock und Kalisch durch die Insurgenten hier um, deren Bestätigung jedoch abzuwartrn ist. — In der Ciladelle von Warschau sitzen nahe an 2000 Polen aus allen Ständen. Sie sind vor eine Spezial-Unchrsuchungs-Commis- sion gestellt worden. Ihre etwaigen Anteccdentien im Auslande sucht der General Paulucci durch direkte Cvrrespondrnz mit auswärtigen Beamten scstznstellen.
Frankreich. Paris, 1l. März. Tie „France" meldet, daß Gras Rüssel an die Unterzeichner des Wiener Vertrags eine Depesche gerichtet hat, welche zur diplomatischen Intervention sür die Ausjührung des Art. 1 der Schlußakte von 1815 bezüglich Polens aussordert. Frankreich ist mit England, Schweden und Portugal einverstanden, Oesterreich ist geneigt darauf einzugehen. Preußen und Spanien haben noch nicht geantwortet. Baron Budberg hat in einer Audienz dem Kaiser L. Napoleon im 'Namen des Czaren die formelle Zusicherung gegeben, daß Rußland die Absicht habe, Polen durch ernste Garantien und Konzessionen zu beruhigen. Fürst Metternich reist morgen nach Wien ab. — Durch die Journale acht das Gerücht, daß Rußland das Ansinnen von Konzessionen vor Unterdrückung des Aufstandes in Polen zurückweise. — Die „France" versichert: Tubois de Saligny habe, in Folge einer Weisung von Paris, die politische Leitung der merikanischen Angelegenheit übernommen. — 12. März. Es ist unrichtig, daß in diesem Jahre das Lager bei Chalons Ende dieses Monats eröffnet werde, dasselbe wird, wie in den vorhergehenden Jahren erst Ende Mai bezogen werden. (St.-A.)
Italien. Turin, 9. März. Tie griechische Gesandtschaft in Turin ist von der prcviscriscben Negierung von Athen aufgehoben worden. — Ein Brics Garibaldi's an Langiewicz bestätigt die Gerüchte, nach welchen eine geheime Anwerbung zu Gunsten Polens betrieben wird. Ter immer noch in Turin weilende Klapka ist in beständigem Briefwechsel mit Garibaldi. Der Movimento wurde vorgestern wegen eines Briefes von Garibaldi an das polnische Ecmite konfiszirt. — 1l. März. Tie Anleihe ist abgeschlossen: "die Hälfte übernimmt, wie man versichert, Rothschild zu 09'/-, das klebrige bleibt ändere» Bankhäusern, den Kreditinstituten und der Subscription.
Amerika. Newyork, 25. Febr. Am 18. hat die,Beschießung von Vicksburg begonnen. — 28. Febr. Es geht das Gerücht, der Sturm auf Vicksburg sei aufgegeben und die Stadt werde regelmäßig belagert.___ - __
IlnterhaltettdeS.
Trs T o d t e n Ehr e..
Novelle von Aug. Kchrndcr. lFortscxnnq j
— Ich Will doch sehen, wie cs bei der Witlwe steht!
Mit diesem Entschlüsse, den eine Art Delirium gebor en, ging
er weiter. Er suchte das Haus der Wittwe auf und stieg zum ersten Stocke hinan. Frau Junk selbst öffnete ihm die Thür. Hätte sie ihm nicht zugerufen: „es ist gut, daß Sie kommen", der Schreiber würde nicht gewußt haben, welchen Vorwand er seinem Besuche hätte unterschieben sollen. Im Zimmer fragte er:
— Warum, liebe Frau, ist es gut, daß ich komme?
— Sie können Ihrem Herrn sagen, daß ich meine Angelegenheit einem andern Advokaten übergeben wolle.
— Verfahren Sie nicht zu rasch, Frau Junk.
— Hätte ich gewußt, daß der verstorbene Advokat und der Amtsrath gute Freunde gewesen, ich würde heute im Besitze meiner Erbschaft sein. Das Hinhalten und die kleinen Abschlagszahlungen, auch noch so manches Andere, kommen mir verdächtig vor. Ich lasse mich nicht mehr bei der Nase herumsühren. Der Amtsrath ist reich, er kann zahlen, wenn er will, und da er nicht will, muß er gezwungen werden.
— Vertrauen Sie Ihrem Rechtsanwaltei
— Ich traue keinem Menschen mehr! ries die aufgeregte Wittwe. Nach den Erfahrungen, die ich gemacht, kann sich Niemand darüber wundern. Der eigene Bruder hat mich vor Jahren schändlich betrogen. Ja, starren Sie mich nur an, ich sage die Wahrheit.
— Ihr Bruder?
— Der Vater hatte kein Testament gemacht, er hatte das kleine Handelsgeschäft, welches er betrieb, und das Wohnhaus seinem Sohne übergeben, daß er das Geschäft fortsetze und mir meinen Antheil auszahle. Ich kann Ihnen nicht alle Nebenumstände erzählen . . . der Taugenichts machte einen betrügerischen Bankerott, steckte das baare Geld ein und ging in alle Well. Der ehrliche Name „Brecht" war geschändet, und ich, die einzige Schwester deS Schurken, war ein bettelarmes Mädchen geworden. Ließ Alles hielt den braven Junk nicht ab, mich zu heirathen. Wäre ich sitzen geblieben, ich hätte um Lohn dienen müssen. Später verunglückte mein Mann und ich geriet!) zum zweiten Male in die bitterste Ar- muth. Jetzt will ich klüger sein; es wäre ja ein himmelschreiendes Unrecht, wenn ich nicht für meine Kinder sorgen wollte.
— Sie sind eine geborene Brecht? - -
— Ja.
— Und von Ihrem Bruder haben Sie Nichts wieder gehört?
— Nichts! Ter Elende hat das Zuchthaus um mich verdient. Er wird schon dahin kommen, wohin er gehört. Der Sohn schändet das Andenken seines eigenen Vaters, betrügt die einzige Schwester . . . ja, mein Herr, ich habe Ihnen die Wahrheit erzählt. Richten Sie also dem Advokaten meinen Auftrag aus und sagen Sie ihm, daß Nichts meinen Entschluß ändern würde.
Tie Wittwe ging in das Nebenzimmer und schlug die Thür hinter sich zu.
Arnold hielt sich mit beiden Händen an der Lehne eines Stuhls. Zitternd am ganzen Körper murmelte er:
— Elisabeth Brecht! Tie Ehre des Todten. Man lasse die Todten'in Ruhe... sie rächen sich fürchterlich! Das ist ein Gottesgericht!
Er schwantte aus den Vorsaal hinaus. In diesem Augenblicke ward von draußen mit einem Schlüssel die Thür geöffnet. Wilhclmine, die aus der Kirche zurückkam, trat ein. Erschreckt über das. Aussehen des Alten blieb sie stehen. Sie nahm den Hut aus, welcher der Hand des Schreibers entsank.
Was ist vcrgcfallen? fragte sie ängstlich.
— Vertrauen Sie dem Advokaten, er ist ein ehrlicher Mann!
rief Arnold. . „ ,
— Ich habe nicht einen Augenblick daran gezwerselt. Geben
Sie dieses Brieschen Ihrem Herrn.
Sie zog ein Couvert aus der Tasche ihres Kleides.
— Ihr Brief soll schnell besorgt werden.
— Grüßen Sie herzlich Herrn Brander ..... ^ ^
Arnold nickte mit dem Haupte und eilte, so viel es seine schwache Kraft gestattete, die Treppe hinab.
— Das ist ein wunderlicher Mann, dachte Wilhelmine.
Sie schloß die Thür und ging in das Wohnzimmer, wo sie nun, der erregten Mutter gegenüber, den Advokaten vertheidigtc. Wilhelmine liebte ihn ja wahr und innig. _ (Forts, folgt.)
Gottesdienste. ^
Am Sonutaq. den IS. Mär;. Vormilt. : Hr. D-km, Heber '
— Kindcrlebre mit den Töcbtcrn 1. KI — Nachm. (Miffslld.N Hr. Helf. N, c ger.
ticoigirl, gedruckt und verlegt von A. vctschlagcr.