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— Pforzheim, 2. Nov. Die von der gestrigen Nationalver-
cinsversammlung gesoßten Beschlüsse sind noch der Bad. L Z. näher felgende: 1) Erklärung Ver Zttstimmung zu dein bekannten Beschlüsse der Koburger Generalversammlung, also für Ausführung der Reichs- versassung vom 28. März 1849, stimmt Grundrechten und Weihst gcsetz und gegen Teligirtenvcrsommlung oder jede ähnliche Erfindung, durch welche die inneren Schäden nur verschleiert, nicht geheilt werden sollen. 2) Tie Persommlung, von der Ucberzengung geleitet, daß durch den Sieg der Versassü..gspartei in Preußen dem endlichen Siege der Nationalpactei die Bahn gebrochen wird: bezeugt dem preußischen Abgeordnctcnhouse ihre aufrichtige Aner- lennung und ihren lebhaften Donk für die Kraft nnd Festigkeit, mit welcher es die Rechte des preußischen Bolkcs gegen die Ueber- griffc der Regierung gewahrt hat, und rnft demselben aus vollem freudigem Herzen zu: Glück auf! der Erfolg ist Eurer Ausdauer gewiß. (Schw. M.)
— Heidelberg, 1. Nov. Gestern hielten seit längerer Zeit zum erstenmale wieder die hiesigen Mitglieder des National- Verein s eine Sitzung. Gegenstond der Verhandlungen waren die von der Generalversammlung in Koburg gefaßten Beschlüsse. Dieselben wurden, besonders bezüglich auf die Durchführung der Rcichsverfassung, auch von den hiesigen Mitgliedern ongenommcn.
— Wein hei in, 1. Nov. Auch hier fand heute eine Natio
nal v e r e i n s v e r sa m m l u n g statt, welche die Koburger Beschlüsse (Reichsverfassung rc.) annahm. ' (Schw. M.)
— Kassel, 4. Nov. In der gestrigen vertraulichen Abendsitzung
der Abgeordneten wurde die Jnstrutliou des bleibenden Stände- ausschustes berathcn, sodann ein Verfassungsausschuß gewählt und demselben der neue Wahlgesctzentwurf überwiesen, endlich wurden zehn Mitglieder und fünf Ersatzmänner zur Verstärkung des bleibenden Ständcausschusscs bei Vorschlägen für Besetzung des Opcr- oppcllationsgcriebts bezeichnet. — In der heutigen Sitzung der ^tändeversonimlung ist die von dem betreffenden Ausschüsse einbettig beantragte Äntwortsadrcsse, in welcher der recht- und verfassungsmäßige Standpunkt der dcrmaligen Stände ruhig nnd ernst gewahrt wird, einstimmig angenommen worden. (St. A.)
— Rcgensburg. Vom Gremium der Gemeindcbevollmächtigten wurde beschlossen, eine städtische Turnhalle herzustellen, welche aus 8000 fl. veranschlagt ist. Dieselbe wird 100 Fuß lang n. 60 F. breit.
— Leipzig, 2. Nov. Gestern fand hier die erste Berathung über
die nächstjährige Jubelfeier der Leipziger Schlackt statt; erschienen waren in Folge der von einer Anzahl Gelehrter und Künstler an alle Körperschaften Leipzigs ergangenen Einladung 114 Personen. Es wurde ein definitives Konnte ernannt, dem das Reckt seiner Wciterergänzung zusteht. (Schw. M.)
— Berlin, 3. Nov. Ter Landtag der Provinz Sachsen und
derjenige der Provinz Westphalen sind auf den 16. Nov. einbe- rufen; ebenso alle anderen Provinziallandtage. — Berlin, 8. Nov. Mehrere Blätter melden weitere Versitzungen von Beamten, welche während der letzten Session sich der Fraktion Bockum-Tclffs an- schloffcn und in der Militärfrage mit der Majorität des Abgeordnetenhauses stimmten. (St.-A.)
Italien. Seit einigen Tagen bemerkte man unter den emi grirtcn Ungarn eine auffallende Bewegung Tie Häupter Türr, Klapka und Teleli versammelten sich in Pallanza am Lago maz- giore »nd gestern trafen Kossuth, Klapka und Telcki in Turin ein. Man versichert, daß sie entschlossen seien, nach Griechenland mit einer guten Auswahl ihrer Landsleute abzurcistn. — Turin, 3. Nov. Aus dem rechten Ufer des Po entspann sich zwischen österreichischen nnd italienischen Soldaten ein Streit, wobei Flintenschüsse gewechselt wurden und Mann an Mann miteinander kämpfte. Tie Ocsterreicher wurden gezwungen, zu Weichen. (Nach Wiener Kl. kamen in der letzten Zeit häufige Neckereien an der Grenze zwischen den österreichischen und italienischen Patrouillen vor) — Toskana ist von 'großen Uebcrschwemmungen heimgesuckt worden. — Turin, 8. Nov. Nach dem Espero nehmen die Mord- lhaten in Sizilien ab. Während sie vom 1.--15. Aug. noch sehr zahlreich gewesen seien, seien deren vom 1.—15. Skt. in der ganzen JnsZ nur (!) 42 vorgekommen. — Turin, 4. Nov. Das Journal Monarchie! nationale widerlegt die Nachricht, als wolle das Ministerium die Kammer auslösen. Zu einer Auslösung würde es nur in dem Faste schreiten, wenn eine Coalition der oppositio- wellen Fr aktionen dahin führen^ würde, eine künstliche Majorität
Ncdistirt, gedruckt und vcr
zu bilden. Sie hofft, daß eine selche Komplikation nicht cintrctett werde, und daß die parlamentarischen Fraktionen einig bleiben werde», um den extremen Richtungen zu widerstehen.
Griechenland. Athe n, 27. Okt. DieMitglieder der provisorischen Regierung und alle Minister haben im großen Saale der Universitär dem Vaterland und den Gesetzen der Nation feierlichen Eid geleistet.
Frankreich. Paris, 2. Nov. Die griechische Gesandtschaft in Paris ist von der provisorischen Regierung in ihren Funktionen bestätigt worden. — Alle Offiziere der französ. MittelmeeHottc, welche in Urlaub waren, haben am 27. Ott. den Befehl erhalten, sich wieder aus ihre Posten zu begeben. Die Flotte setzt ihre Vorbereitungen fort. Es ist ihr aber bis jetzt kein Befehl zur Abfahrt zugelommen. (Schw. M.)
China. Kanton, 26. Okt. Es wurde ein umfangreicher Komplott entdeckt, welches den Zweck hatte, die Stadt anzuzündcn und die Mandarinen zu ermorden. Zahlreiche Verhaftungen fanden statt. Dir Behörden sind in Bestürzung. (Schw.M.) ^
Unterhaltendes.
D e s T o d t c n (§ h r- e. . !
Novelle von Aug. Kchradcr. ' !
GoitseNunst) ,
Der Arzt hatte sich entfernt. Ernst öffnete den Brief. Ec kam von der Wittwe. Tie arme Frau bat dringend um Beschleu- < nigung ihrer Angelegenheit und, wenn diese nicht zu irmöglichcu sei, um Vermittlung eines kleinen Vorschusses, da sie die Lurch den strengen Winter erhöhten Bedürfnisse nicht bestreiten könne. Der junge Mann drückte krampfhaft den Brief zusammen. Es handelte sich darum, Frist zu gewinnen. Ernst schrieb ein Billet an die Wittwe, dem er ein« kleine Summe beifügte. Tann rief er den Schreiber, welcher sich bereits in der angrenzenden Schreibstube eingefunden hotte. Arnold, ein unter Akten ergrauter Meirsch, trat ebrerbietig ein und drückte, mit Thränen in den Augen, sein innigstes Beileid wegen des plötzlichen Todes seines verehrten und geliebten Herrn aus. Ter Greis, welcher 10 Jahre treu gedient, bol einen rührenden Anblick Er weinte wie ein Kind. Ernst mußte mit ihm weinen.
— Gehen Sie, Arnold!
— Wohin, lieber Herr?
— Zu der Wittwe Jimk. Sie kennen die Wohnung der armen Frau?
— Ja, Herr.
— Uebergeben Sie ihr diesen Brief und lasten Sie sich den Empfang von fünfzig Thalern bescheinigen, die ich dem Briese bei- , gelegt habe. Gehen Sie, aus der Arbeit wird heute nicht viel werden. Später bedarf ich Ihrer Dienste zur Vorbereitung dcS Begräbnisses.
Der Schreiber hielt den Brief in der Hand und sah seine» jungen Herrn starr an.
— Warum zittern Sie, Arnold? fragte Ernst streng.
Der Greis schrack zusammen. «c
— Ich weiß kaum noch, was ich thuel stammelte er. Ter plötzliche Tod des Herrn Advokaten — ich kann immer noch nicht recht daran glauben. Mir ist, als ob der gute Herr eintreten müßte . . .
Arnold zog sein blaues Tuch aus der Tasche und weinte. Sein Schmerz war wirklich ein aufrichtiger. Tas waren keine erkünstelten Thränen, das war kein gewaltsames Schluchzen.
— Gehen Sie! Gehen Sie! ries Ernst.
Der Alte entfernte sich.
— Was ist Das? dachte der junge Mann. Dieser Schreck Arnold's, sein heftiges Schluchzen . . . sollte er mit dem A^its- rathe . . . nein, ich will diesen gräßlichen Verdacht nicht hegen! Eine Unterredung mit dem Amtsrathe wird mir wohl Aufklärung geben. Der Greis hat sich in schwierigen Fällen treu bewährt, er kann sein altes Herz nicht mit einer Schurkerei belasten. Aber vergessen will ich den Blick nicht, mit dem er mich anstarrte, als ich ihm den Brief an die Wittwe gab. Mein guter, mein armer Vater I
_ (Kortse ß »„st folgt.) _
Gottesdienste.
Sonntcist. den 9. November (brnt- »nd Dankfest). Von». (Predigt!: Hr. Dekan Heberte. — Kindeiicbre mit den Töchtern 1. Klasse. —Nachm. (Prdat):
Hr. Hclrcr Niest e r. (Opfer für arm: bedürftige Kranke bestimm t ) egt von A. Delschlä-cr.