Unterhaltendes.

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Dan Borbcck traute seinen Äugen kaum; wie hatte Lady Mary sich verändert! Ihre Wangen waren bleich geworden; statt jenes heitern, anmuthigen Lächelns, welches sonst auf ihren Lippen schwebte, zuckte ein gewisser schmerzlicher Zug um ihren Mund, und selbst ihr Äuge strahlte in einem mattern Mauze. Ihre ganze Erscheinung deutete daraus hin, daß sie viel gekämpft, viel gerun gen und schmerzlich gelitten haben müsse. Selbst ihre Stimme war verändert, sie war voller, klangreicher, metallischer geworden, aber es fehlte ihr jene jugendliche Frische, welche sonst wie die lieblichste Musik va» Brrbeck'sOhr berührte.

Als Kind hatte der Capilan sie verlassen, jetzt stand sie als Weib ihm gegenüber, als ein. Weib, welches der Schmerz eine große Leidenschaft vielleicht geläutert und gereinigt batte.

Toch van Borbeck hatte nicht lange Zeit über die Verände- rung nachzudenken, welche mit Lady Mary vorgcgangen; ein Mu­latte zeigte an, daß das Miltagsesscn servirt sei, und alle Drei versiegten sich in den Speisesaal.

Tie Speisen waren vortrefflich und der Wein exccllcnt; Glan- ville füllte fleißig die Mäser. Der Baronet zeigte sich heute von seiner liebenswürdigsten Seite; er war heiter, zum Scherz geneigt.

Man nennt den Engländer ungesellig, und man hat Recht; allein man möge auch nicht vergessen, daß der Brilte auf Jamaika, über dessen Haupt ein heiterer Himmel sich wölbt, den eine warme Sonne bescheint, und der seinen Käst unter der kühlen, grünum- laubten Veranda empfängt, nothwendig ein ganz Anderer sein muß, als der Bewohner der Londoner City, der neun Monate im Jahre in das Steinkohlenfeuer., seines Kamins starrt, und durch den Ne­bel, den er einatbmct. den Spleen gewinnt.

Und wo haben Sie geweilt, Capitän, seit wir Sie nicht gesehen?" fragte Lady Mary endlich.

Als Sie die. Hirovdelle verlassen," berichtete van Borbeck, kebrte ich nach Antwerpen .- zurück, wo ick, jedoch, durcb widrige Winde und englische Kreuzer zurückgehalten, erst in der Mitte des Jahres 1812 anlangtt. Tie'Hirondelle bedurfte bedeutender Re­paraturen, naeb deren Beendigung ich dieselbe verkaufte."

Wie?" unterbrach ihn Glanville,Sie haben die Hiron- delle verkauft?"

Allerdings I Ich war des wilden und abenteuerlichen Lebens eines Kaperkapitäns müde und sehnte mich nach einer ruhigeren, friedlicheren Existenz, nach den Genüssen des Familienlebens, wel­ches ich, der Frühverwäiste, freilich niemals gekannt. Schon da­mals hatte ich die Absicht,. Ihnen aus Jamaika einen Besuch zu machen, allein die politischen. Ereignisse hinderten mich daran. Der russische Feldzug batte Napoleons Mackt gebrochen; Deutsch­land erhob sich gegen ihn und, was Niemand zuvor geahnt, der Krieg näherte sieb unseren Grenzen Holland stand auf und auch aus Belgien strömten, dem Bülow'scben Corps zahlreiche Freiwillige zu. Ich war unter^.ihnen, treu den Traditionen meiner Väter, welche einst gegen Spaniens, später gegen Oesterreichs Despotis­mus gekämpft. Nach dem Pariser Frieden nahm ich meinen Ab­schied. Zwar ließ mir die niederländische Regierung, um mich für! ihre Marine zu gewinnen, Capitänsrang entbieten, allein ich schlug dicß Anerbieten aus', da ich es vorzog, die Bewirthschaftung mei­ner Güter zu übernehmen, deren Ausdehnung," setzte van Borbeck vielleicht nicht'ohne Absicht hinzu,ich zwar nicht nach Miles! »wessen kann, ebensowenig wie ich über eine Armee von Sklaven! verfüge, die aber trotzdem ihren Werth besitzen. Zuvor jedoch wollte i ich den Mann Wiedersehen, der mir durch ein wochenlanges Zu­sammenleben so thcuer geworden war . . .

Gyckckaiwl" unterbrach ihn hier der Baronet,das war

der gcschkidtkste Einfall, der Ihnen werden konnte. Ich danke dem Himmel tansendmal dafür!" --

Nack Discho kam Gesellschaft; Pflanzer der Umgegend mit ihren Söbnen, ältere vnd jüngere, machten dem Baronet ihren besuch; Ladv Mary zog sich auf ihr Zimmer zurück und zeigte sich nicht inehr im Lause des Ta ges. _

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Von den Sklaven- und Zuckerpreiscn sprang das Gespräch auf die Politik über; van Boibcck, der direct aus Europa kam und ! einen Theil der Ereignisse, welche noch alle Gemüther beschäftigten,

I mit eigenen Augen gesehen, war dabei natürlich der Held des ' Tages.

* *

*

Unterdessen saß Lady Mary allein in ihrem Zimmer.

Van Borbeü's unerwartete Erscheinung halte tausend blutende Wunden ihrer Seele geöffnet und sie in den Abgrund uües bittern Schmerzes zurückgeschleudert. ^

Sie liebte van Borbeck mit all der Gluth, mit der ganzen Kraft ihrer Seele, allein sie wurde sich dieser Liebe selbst erst be­wußt, als sie von seiner Seite gerissen, als sie ihn nicht mehr sah.

Van Borbeck war in ihren Augen fast das Ideal eines Man­nes: sie hatte ihn gesehen im Getümmel des Kampfes, mitten im Pulverdampse, von Gefahren umringt; ruhig, unzugänglich der Furcht, hatte er seine Befehle gegeben, während der Sturm das Meer peitschte und die Wellen haushoch sich empvrthürmten, der Blitz die Wolken zerriß und die ganze Natur in Aufruhr zu sein schien. Und wie zart, wie edelminhig war er allen ihren Würstchen entgegengekommen! Wäbrend sie sich so all' der kleinen Aufmerk­samkeiten erinnerte, welche er ihr erwiesen, jedes seiner Worte ihrem Gedächtnisse einprägte und sich sein Bild immer und immer wieder vor die Seele rief, gewann diese Liebe in ihrem Herzen von Tag zu Tag erneute Stärke.

Nun ist eine unerwiederte Liebe ein Feuer, welches zwar meist nur sich selbst, oft aber auch die Brust verzehrt, in der es glüht. Wurde sie wieder geliebt? Wenn sie sich seiner Bewegung erinnerte, welche er bei ihrem Scheiden von der Hirondelle nicht zu unter­drücken vermocht, sich erinnerte, wie seine Stimme plötzlich so Weich, sein Auge feucht geworden, wie er einen Kuß auf ihre Stirne ge­drückt, dann konnte sie nicht umhin, an seine Liebe zu glauben.

Allein wenn er sie wahrhaft liebte, warum kam er nicht, eS . ihr zu sagen, offen und frei um sie zu werben? Tage, Wochen, und Monate verstrichen und sie erhielt keine Kunde von ihm, und da bemächtigte sich ihrer ein großer und tiefer Schinerz: sie konnte nicht länger zweifeln, daß sie dem Manne, dem sie so gern siä> ^ ganz und für immer zu eigen gegeben, Nichts, gar Nichts war, " daß sie ihm höchstens ein flüchtiges Interesse abgewonnen, daß er­ste längst vergessen unter den wechselnden Ereignissen eines viel­bewegten Lebens.

Glanville sah die Wangen seiner Tochter bleicher werden, sah, daß ein Schmerz sie verzehrte, ohne daß es ihm gelang, ihr das Geheimniß dieses Schinerzes zu entreißen. Ec suchte sie zu zer­streuen, indem er sie auf Bälle und in die Assembler!, der heimi­schen Aristokratie einführte; er veranstaltete selbst-GesUlschasten in seinem Hause oder in feinem Hotel in Spanish-eTckwn, wo er, in seiner Eigenschaft als Mitglied des Parlaments övn Jamaika, all­jährlich einige Wochen zuzubringen pflegte. Ueberall war Lady Mary, ausgezeichnet durch Schönheit, und Reichthum, die Königin dieser Feste, und' .''gesämmte'-juistz'e Männerwelt lag huldigend zu ihren Füßen. Allein was kümmerte sst' der Sebwarm ihrer An­beter, fehlte ihr doch der Einzige, nach dessen Liebe sie verlangte, er, der vielleicht nicht einmal wußte, nicht ahnte, wie heiß ihr Herz für ihn s >lug, der aber dieses Herzens keinesfalls begehrte.

Lady Mary hatte nicht Kraft genug, Liese Liebe in sich zu ertödten, wohl aber schöpfte sie aus ihrem Schmerze selbst die Fähig­keit, ihr Leid mit Wrde >zu tragende, ^ie war^nsschloffei^ unyer* mahlt zu sterben; allein es ist immerhin 'eme hm^Nothwendigrdik für ein junges Mädchen, welches zu so vielen Ansprüchen an das Leben berechtigt war, einsam durch dasselbe schreiten zu'müssen.

Zuweilen übermannte sie denn auch ihr Schmerz, und es be­mächtigte sich ihrer ein Gefühl, welches man fast Mitleid mit sich selbst nennen möchte: mit heißen Thränen beweinte sie das herbe Geschick eines verfehlten Lebens.

> In ernsten Studien oder in der Lectüre der großen Dichter ihres Vaterlandes suchte sie Ersatz für das Vergnügen, welches Andere, auf Bällen und Almaks finden, und diese Beschäftigung verlieh ihrem Geiste jene Klarheit, ihrem Charakter jene Festigkeit, welche äu erlich in der fast stolzen Sicherheit ihres Auftretens

ihren Ausdruck fand._ (Forts, folgt.)

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