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Amerika. New-Bork, 15. Juli Die Sonderbündler, vor M'Clellan zurückweiwend, treffen überall Vorbereitungsmaßregcln zu energischem Widerstand. Lexington, wohin die Sonderbündler im Marsch begriffen sind, ist in Belagerungszustand erklärt.
Unterhaltendes.
Menschliches Wollen. — Göttliches Walten.
Novelle aus der Wirklichkeit von Eduard Franke.
(Fortsetzung.)
Sie hatten in ihrem Eifer ganz überhört, daß auf der Straße ein Murmeln von zusammengelausencn Personen entstanden war. Trommelwirbel weckte sie zur Aufmerksamkeit und zog sie an das Fenster. Ein Ausrufer verkündete mit lauter Simme, daß der Hauptgewinn von 200,000 Tchaler auf das Loos Nr. 16,551 gefallen sei.
„Na, da heißt's doch wieder in Wahrheit „Mehr Glück als Verstand!" rief Brauser. „Donnerwetter so was mußte Unser einen" — Er unterbrach sich in seiner Rede, denn er sah, daß Herrmann ganz blaß geworden und zusammenzubrechen drohte. Er umfaßte ihn mit kräftigem Arme. „Na, seid so gut und fahrt ab und betrügt mich so noch um den versprochenen Antheil. — Sapperment ohne mir Wort gehalten zu haben, lasse ich Euch nicht abfahren I" ries er, ihn auf einen Stuhl niederlassend, sprang nun hin, holte eine Flasche Wein herbei, schlug deren Hals in der Eile ab und wusch Herrmann's Gesicht tüchtig damit ein. „Gottlob er kommt wieder zu sich.— mein Gewinnantheil ist gerettet!" rief er und rieb sich die Hände. Fünf Procent von 200,000 Tha- ler das ist kein Hund. Ist das beste Geschäft, was ich seit lange gemacht habe und genügt um mein Wort zu halten, ein anderer Mensch zu werden: s'ist zwar freilich schon etwas spät: aber „besser spät als niemals" sagt ja das Sprichwort."
Er wendete sich nun wieder zu Herrmann. Dieser war aber noch so angegriffen, daß er nichts unternehmen konnte. Brauser schlug ihm einen Plan vor, den er aussühren wollte, indeß Herrmann sich erhole, und wodurch dieser zugleich die volle Größe von Hedwigs Liebe erproben könne. Herrmann hegte nun keinen Argwohn mehr gegen ihn und ging, da er selbst jetzt noch nicht zu handeln vermochte, darauf ein. Das nächste Kapitel wird dem Leser diesen Plan enthüllen.
19.
Hedwig Marlow saß, in düstere Gedanken versenkt, das Couvert mit dem Loose in der Hand, in ihrem Zimmer. Sie hatte bereits erfahren, daß Herrmann gestern in Alkmaa gewesen, und dort die Ladung eines amerikanischen Kauffahrers übernommen habe; da ihrem Vater dessen Ankunft und Gehalt der Schiffsladung ebenfalls hmterbracht wurde, er auf dieselbe sogleich reflektirt und den Kapitain des Schiffes durch einen Dritten darum hatte an- gehen lassen, ihm aber die Antwort geworden war, daß Herr Herrmann Lange gestern in Altmaa bereits den Auftrag erhalten, die Schiffsladung zu verwerthen, Herr Marlow sich also an diesen wenden müsse.
Herr Marlow war dadurch in sehr üble Laune gerathen, hatte in dieser die Sache ausgeplaudcrt und ward nun doppelt böse auf Herrmann, indem er vermuthete, daß dieser ihm die vortreffliche Spekulation entziehen werde. Dazu kam noch die scheinbare Entziehung des großen Loosgewinnes, welcher bereits in seinem Hause, quasi in seinen Händen war. Er polterte im Hause herum, tyrannisirte alle seine Leute und dadurch gelangte,auch Hedwig zur Kenntniß, daß ihr Geliebter gestern durch eine plötzliche Handelsspekulation, die ja dem Kaufmann über alles geht, wohl abgehaltcn worden sei, zur bestimmten Stunde am Rendezvousplatze zu erscheinen.
Ward sie nun auf der einen Seite dadurch in etwas beruhigt, so stellte sich andererseits wieder die eigenthümliche Uebersendung des Lotterielcoses durch Herrmann als um so zweifelhafter heraus, da er ja dann nicht einmal mehr Zeit gehabt hatte, ihr Nachricht geben zu können und die Wurzeln der Hoffnung, welche schon so ziemlich festen Boden in ihrer Brust gefaßt hatten, fingen wieder an zu dorren und ihre Krone zu welken.
Wo wäre aber ein Liebender, der jeder Hoffnung entsagte. Das unzählbare Meer der Möglichkeiten umgaukelt ihn ewig, mit
ihnen baut er dennoch immer Neue Luftschlösser, hall sie für Lustschlösser und sieht nicht, daß sie ohne festen Grund beim leisesten Sturme wieder in Nichts versinken.
So folgerte auch Hedwig bald, das Couvert mit. dem Loose könne auch schon gestern an's Fenster gelehnt worden sein, ohne daß es Jemand bemerkt hätte — Herrmann hatte ja keinen andern Weg gehabt aber da entstand wieder die Frage: „Warum dann ohne jede Zeile? Warum mit fremder Handschrift? Freilich konnte das wieder, dieß letzte wenigstens, um jeden Verdacht zu vermeiden, geschehen sein. Aber immer tauchten neue „Warum" auf, und in den meisten „Warum" liegt ja unendlich viel zweifelhaftes Dunkel. — Immer blieb der Zweifel, ob nicht der Zufall das Loos in Unrechte Hände geführt hätte, vorherrschend, und würde sie noch lange gequält haben, wenn nicht ganz unerwartet ertönender starker Trommelwirbel so aus ihre angegriffenen Nerven gewirkt hätte, daß sie fast ohnmächtig in einen Stuhl sank, die Augen schloß und das in Händen haltende Couvert mit dem Loose ihrer Hand entgleitete.
Indessen erfolgte draußen das Ausrufen des Hauptgcwinnstes auf das Loos 16,551 auch hier vor Marlow's Thüre und an Hedwig's Thüre pochte es fast zu gleicher Zeit. Hedwig überhörte Beides.
Nachdem sich das Pochen etwas lauter wiederholt hatte, öffnete sich die Thüre und eine mittelgroße kräftige Männergestalt mit starkem Barte, ganz angenehmen Gesichtszügen, und wenn auch nicht ganz feiner, doch sehr anständiger Kleidung trat herein. Es war der Schisfskapitän Brauser.
„Verzeihung, wenn ich so ohne weiteres hereintrete," sagte er, Hedwig erblickend, aber ihren hälbabwesenden Zustand nicht ahnend, trat dabei etwas näher, sah das von seiner Hand adressirte Couvert vor ihr auf dem Boden liegen, eilte mit raschen und lauten Schritten darnach hin, ergriff es und rief: „Aha, da habe ich ja, was ich suche."
Der starke Männertritt, noch mehr aber der laute, unerwartete Ausruf einer ziemlich tiefen Männerstimme ganz in ihrer Nähe erweckte Hedwig plötzlich aus ihrem halbabwesenden Geisteszustände; sie wurde, als sie Couvert und Loos in eines fremden Mannes Hand erblickte, sich aller Sinne sogleich wieder bewußt und mächtig. Der Gedanke, das Loos solle ihr entrissen werden, schnellte sie, wie die Bogensehne den Pfeil, von ihrem Sitze auf, spannte ihre Muskelkraft so, daß sie in größter Eile dem Gloüenzuge nahe war, diesen hastig ergriff und rief: „Mit welchem Rechte mein Herr?!"
„Soll Ihnen sogleicb klar werden," erwiederte Brauser ganz ruhig. „Deßhalb bedürfen wir keiner Hilfe, darum bemühen Sie sich nicht weiter." Er zog ein ganz gleiches Couvert wie jenes, welches das Loos enthielt, jedoch johne Aufschrift, hervor. „Ließ sollte an Sie gelangen — dieß gelangte an Sie. Tie Verwechslung war leicht, wiegt aber heute verteufelt schwer. So weit ich unterrichtet bin, wäre Ihnen dieß gestern wohl tausendmal willkommener'gewesen als jenes; heute freilich enthält es ein paarmal hunderttausend gewichtige Gründe, welche Sie bestimmen könnten, dasselbe dem Briefe des Geliebten vorzuziehen."
„Mein Herr", sagte Hedwig tief verletzt. „Sie führen sich bei mir aus eine nicht zarte Weise ein und verwunden mich empfindlich ; doch da diese Art wenig Kenntniß des weiblichen Herzens verräth, so darf man die Verletzung nicht eben allzuhoch anschlagen. Statt jeder weiteren Auseinandersetzung genügt Ihnen wohl dieß: Enthält jenes Couvert einige Zeilen von dem Manne, dem allein mein Herz gehört, vertausche ich dieses mit seinem für Sie so gewichtigen Inhalte bereitwillig gegen jenes. Aber unbillig werden Sie es nicht finden, wenn ich frage, was Sie berechtigte, jenes , Couvert mit seinem Inhalte sogleich zu usurpiren?" ,
„Sehr billig finde ich das," sagte Brauser lächelnd und beantwortete die Frage mit drei kurzen und einem langen Worte. „Es ist mein Eigenthum."
„Allerdings sehr kurz und bündig", sprach Hedwig; „wer aber . Zweifel in Andere setzt, kann nicht begehren, daß man ihm sogleich unbedingt glaubt. (Forts, folgt.)
Nagoldwärme. 1862. 26. Juli 17,0°. 27. Juli 18,4° k- 28. Juli'l8,6° k. 29. Juli 17,4° k.
Ncdigirt, gedruckt und verlegt von.A. Setschtägcr.
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