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Nachtrag.

Calw. Auswanderung.

Der ledige Jakob Friedrich Bauer, Schuster von Simmoz- heim, beabsichtigt nach Nordamerika auszuwandern. '

Da derselbe einen.Bürgen nicht stellt, so ergeht an alle Die­jenigen, welche Airsprüche an ihn zu machen haben, die Aufforde­rung, solche binnen 8 Tagen geltend zu machen, widrigenfalls sie die aus der Unterlassung entspringenden Nachtheile sich selbst zu­zuschreiben hätten.

Den 13. Juni 1862.

^ K. Oberamt. Act. Reuß, gcs St.-V.

Gewerbliches.

C a l w. Nach zuverläßigen Nachrichten wird Herr Gcwcrb e- lehrer Bcger aus Stuttgart zu Ende dieses Monats einen Kur­sus seiner gewerblichen Unterrichtsfächer, als: gewerbli- cheBuchsührung,Correspondenzrc. für Leute beiderleiG'eschlechts hier beginnen; tbir machen jetzt schon die Gewerbetreibenden der Stadt und Umgegend in ihrem wohlgemeinten Interesse auf diesen Uuterrichts-Cursus aufmerksam; wir erinnern namentlich auch da- raisi daß in einer größeren Anzahl von Städten wie erst kurz auch ausKirchheim berichtet wurde nicht nur die männlichen Angehörigen des Gcwcrbcstandes, sondern ganz besonders auch des­sen weibliche Mitglieder Frauen und Jungfrauen sich dabei betheiligten, was seit Einführung der Gewerbefrciheit um so mehr sich als Bedürfuiß Herausstellen wird, sofern der Geschäftsmann zum-geregelten schriftlichen Betrieb in vielen Fällen der Unterstü­tzung der Frau oder Tochter bedürfen wird.

Wir wünschen für den Unterricht des Herrn B.eger eine zahlreiche Betheiligung von Seilen des weiblichen und. männlichen Geschchchts, nm so mehr, als dabei die befriedigendsten Resultate erzielt worden sind.

Eine Aufforderung zur Anmeldung derer, welche am Unterricht Theil nehmen wollen, wird später erfolgen.

Der Ausschuß des Gewerbe-Vereins.

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Theater-Notiz

, So erlebten wir denn vorgestern die Aufführung der Räuber und darf diese in unserem Städtchen zu den ungewöhnlichen Er­eignissen gezählt werden. Die Vorstellung gehört zu den besten in dieser Saison, wenn auch hier und da etwas zu wünschen übrig blieb, was aber nicht den Spielenden, sondern dein kleinen Raum zuzuschreibcn ist. Tie Hauptrollen ruhten in sichern Händen und ist es namentlich Herr Giegold, welcher den Franz Moor eine Klippe für so viele Schauspieler zu einer Vollendung brachte, die ihm alle Ehre macht. Ungetheilter Beifall und stürmischer Hervorruf lohnten ihn.

Samstag, den 14. dieß, bleibt die Bühne geschlossen; soviel wir hörten wegen Vorbereitung der Sonntags-V*rstellung, welche uns etwas Neues in hjesem Genre, hier noch nie Gesehenes, bietet, nämlich:Das Volk wic's weint und lacht." Wer wäre nicht begierig in diesen Spiegel zu schauen, , der uns das eigene Ich" vor die Seele führt und uns das Herz des Volkes, die­sen uizerschöp fliehen Schatze in seiner ressten Tiefe zeigt, vom. Sturm der Freude oder des Schmerzes bewegt. Dieß ausgezeichnete Volksbild erlebte in Berlin an hundert Wiederholungen und stei­gerte sich der Andrang des Publikums mit jeder Vorstellung. Ucbt cs hier auch nur den zehnten Theil der Anziehungskraft wie überall, wo es gegeben wird, so. dürfte die Direktion doch einem gefüllten, Haus cntgcgensehen, um so mehr, da sie ihrem noch kur­zen Verweilen zufolge nur eine Aufführung beabsichtigt. Wiest allen Theaterfreunden. - ' . G. St.

Des großen Astronomen Johannes Kepler's Leben.

Schluß.)

Die angeführten Werke sind aber lange nicht alle Leistungen des großen Mannes. In feiner Optik 1604 gibt er die erste rich­tige Theorie der Wirkungen der Lichtstrahlen im Auge, untersucht zum erstenmale genau die Gesetze der Brechung und stellt die Er­scheinungen bei der Fiusterniß in ein klares Licht. In seiner Tiop- trik 1611 erklärt er die Wirkungen des Fernrohrs und gibt selbst eine neue Construktion desselben an. In derStereometrie" 1614 'begründet er auf rein mathematischem Wege die Visirkunst und

gibt darin die ersten Elemente der Lehre vom unendlich Kleinen (1618 bis 1622). Sein Handbuch der Astronomie könnte, was Gründlich­keit, Vollständigkeit und Deutlichkeit bcttrifft, manchen später« Bü­chern dieser Art zum Muster dienen. Nebenher schreibt er Streit­schriften für die Vertheidigung Tycho's, über Astrologie, über Ein­führung des neuen Kalenders, über Logarithmen; sodann chronolö- gische Schriften, Ephcmeriden und Kalender eine lange Reihe von Jahren hindurch; endlich um sich Geld zu verschaffen, Mitivitäten vornehmer Herren, die gut bezahlt wurden. Dann schreibt er, wie jedes Geschöpf von Gott Organe zur Erhaltung seines Lebens be­kommen hat. So wurde zu demselben Zwecke den Astronomen die Astrologie beigcgcben; wo sollte die hochvernünstige Astronomie sich Hinwegen wenn sie ihre närrische Tochter, die Astrologie, nicht hätte? sind doch der Mathematiker Salaria so seltsam und gering, daß die Mutter Hunger leiden müßte, wenn die Tochter nichts er­würbe rc. Außer diesen vielfältigen literarischen Arbeiten war Kepler doch trotz seines schlechten Gesichts nnd schwächlichen Körperbaues unermüolich im Beobachten der Gestirne und der Berechnung ihrer Bahnen. Endlich chatte er eine außerordentlich lebhafte Correspon- denz nach allen Seiten hin über'alle möglichen Gegenstände des Wissens mit Männern in den verschiedensten Lebcnsverhältnissen und Bildungsstufen; mit evangelischen Theologen über die lutherische, mit katholischen über ihre Konfession; mit Fürsten und Herren über Astrologie, Mathematik, Musik, Mechanik, Nautik, Meteorologie; mit seines Gleichen über die verschiedenen Weltsysteme, astronomi­schen Beobachtungen, Mangnetismus, Schwerkraft, Chronologie rc. Aus diesen Briefen leuchtet neben den obenerwähnten Eigenschaften noch deutlicher, als aus'seinen wissenschaftlichen Werken der liebens­würdige Charakter Kepler's hervor, der ihn bei allen, die mit ihm in Berührung kamen, beliebt machte. Bescheidenheit und Gefällig­keit gegen Alle neben Entschiedenheit der Gesinnung, ein köstlicher Humor, eine vorurtheilslose Unpartheilichkeit neben Milde im Ur- theil, Anerkennung fremden Verdienstes neben dem Bewußtsein seines eigenen Werthcs Alles dieß macht die Lectüre dieser Briese zu einer ebenso anregenden und belehrenden, als unterhaltenden Be­schäftigung. Nimmt man bei der Betrachtung des Wirkens von Kep­ler Rücksicht auf die vielfältig.bewegte Zeit, in der er lebte, so ist wahrhaft unbegreiflich, wie er die Ruhe des Geistes bewahren konnte, die ihm allein möglich machte, seine unsterblichen Werke zu schaffen. Bald nach.seiner Verheirathung in Gräz brachen die Verfolgungen der Protestanten in Steyermark aus; er mußte auf einige Zeit Gräz. verlassen und seine Gattin, aus einer angesehenen und vcrmögli.heu steyrischen Familie verlor den größten Theil ihres Vermögens. In Prag als kaiserliche» Astronom eingestellt (bis 1611) mußte er viele Zeit verderben, um den.Liebhabereien des Kaisers Rudolph zu dienen, und sich vielfältig Vergebens an die häufig leere Schatzkammer wenden um seine geringe Besoldung hcrauszuschlagen. Besser erging es ihm in Linz (161127), obgleich auch hier die stürmischen Zeiiell des dreißigjährigen Kriegs manches Ungemach über Kepler brachten und oft häuslicher Kummer (seine Frau und mehrere Kinder star­ben um diese Zeit) und Nahrungssorgen sein Ecmüth verdüsterten. Eine große Sorge machte ihm während seines Aufenthalts in Linz der Prozeß, in welchen scjne Mutter, die übrigens euren verschlos­senen und unverträglichen Charakter gehabt haben soll, vom Jahr 1615 an verwickelt wurde sie war bekanntlich der Hexerei ange­klagt und Kcpler^sah sich dadurch veranlaßt, nachdem er vorher in Linz (1620) die Schrecken einer Belagerung miterduldct hatte, im Herbste eben desselben Jahres nach Württemberg zu.reisen, um seiner' Mutter bcizustehcn. Seinem Einflüsse allein mag cs zuzu- schrciben sein, daß dieselbe der Strenge des Gesetzes entrissen wurde (September 1621). Nach Herausgabe der Rudolphinischcu Tafeln, die unter seiner Aussicht im Jahre 1624 in Ulm gedruckt wurden, trat Kepler in die Dienste Wallensteius (16281630), der ein großer Freund der Mathematik und Sterndeutung war, hielt sich von da an zu Sagan in Schlesien auf, vorzugsweise damit beschäftigt, die Ephemeriden, deren erstes Heft 1617 hn Linz erschien, bis zum Jahre 1637 zu berechnen. Im Jahre 1630 benützte Kepler die Ausschreibung eines neuen Reichstags nach Ncgcnsburg, um die Auszahlung seiner Forderungen bei dem Kaiser in Person zu be­treiben. Allein eben da, wo er so oft Trost in seinen Widerwär­tigkeiten gesunden, sollte er auch das Ziel scinek Mühen und Wünsche finden. Er hätte die Reise von Sagan nach Rcgensburg zu Pferde gemacht und kam am 30. Oktober bereits erkrankt daseybst an. Seine