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unreick'lich versehen war, stimmte mit rem,, gewöhnlichen Bauern" durchaus nicht zusammen. In der That ge­hörte auch der Besitzer dem aebilde- ten Stande an, unv hatte sich nur aus Liebhaberei dem Beiriede der Landwuthschaft ergeben. Sehr ver- möglich von Hanse aus, kaufte er dieses Gut etwa sieben Jahre vor dem Beginne unserer Geschichte, nicht sowohl um Nutzen daraus zu ziehen, als vielmehr um sich nach und nach einen Landsitz zu bilden, der zwar von außen bäuerlich anzusehen, aber von innen um so geschmackvoller eingerichtet sei. U-berdies wollte der Besitzer seine vielen Kenntnisse mit der Zeit auch praktisch in Anwendung bringen, denn der vorbeistießende Bach war stark genug, um Mühl­werke aller Art zu treiben und in­dustrielle Unternehmungen in begün­stigen. Doch fand Herr Fohmann, so nannte sich der Eigeutbümer, den gegenwärtigen Augenblick für größere Unternehmungen nicht günstig, denn damals lasteten die Napoleonischen Kriege schwer auf Deutschland, und cs mochte es nicht leicht Jemand wagen, viel Geld in Unternehmun­gen zu stecken, welche nur in Zeiten der Ruhe und des Friedens gedeihen können.

Allem die glänzenden Verhältnisse des Herrn Fohmann sollten sich nur zu bald ändern, und nach wenigen Jahren war er genöthigt, Den ärmlichen. Hof, aus dem er ei­nen unter ländlichem Gewände ver­steckten Adelssitz bereiten wollte, als die einzige ihm noch gebliebene Uu-> terhaliungsquelle zu betrachten. Die Jahre 1807 und l808 brachten schwere Fallimente über Deutschland und das HauS, bei welchem Herr Fohmann seine Gelder angelegt batte, war ebenfalls genöthigt, seine Zahlungen einzustellen. Auch von anderer Seite kamen Verluste über Verluste, und der Hofbesitzer mußte am Ende noch froh sein, wenigstens tiefes kleine ärmliche Gütchen geret­tet zu haben, um nicht gänzlich als Bettler dazustehen. Mit solchen Schlägen war aber das Schicksal

noch nicht einmal zufrieden, sondern der empfindlichste Verlust stand ihm erst bevor, indem seine Frau, nach­dem sie ihm einen Sohn geboren, schnell starb, möglicherweise in Folge davon, daß der herbcigerufene Arzt zu spät erschien, weil ihn durchzie­hende Franzosen am schnelleren Ein- t> essen verhindert hatten. Mas Wun­der, wenn nun der schwergeprüfte Mann, der so auf einmal in weni­gen Monaten von hohem Glücke in tiefes Elend herabgeschleudert wurde, einen gränzenlosen Haß gegen alles Franzosenvolk, absonderlich aber ge­gen den Führer jenes Volkes, faßte, welchem er all' sein Unglück auf den Hals schob? Oder war es nicht je­ner Friedensstörer von Korsika, dem er den Verlust seines Weibes, den Verlust seines Vermögens zuschrei- bcn mußte? Sein Haß schien ihm daher ein gerechter, und er schwur oft und viel, wenn einmal die Zeit der Vergeltung nahe, so wolle er seiner Rache den freiesten Lauf las­sen. Allein deswegen gab er sich dock keineswegs blos kopflose» Ver­wünschungen und unchäligec Verflu­chung des Erbfeindes hin, sondern er ging mir Energie an die Ver­besserung seiner Lage, denn er hatte ja einen Sohn, den er zu erziehen, für den er zu sorgen hatte, und in der That brachte er es bald soweit, daß er von dem kleinen Gute wenig­stens seinen anständigen Unterhalt bezog natürlich nur dadurch, daß er selbst Hand anlegte und wirkli­cher Bauer wurde. Uebrigens hätte er es ohne Zweifel noch viel weiter gebracht, wenn nicht die ewige» Durchzüge und Contributionen die sämmtlichen Ersparnisse jedes Jahr wieder absvrbirten, ein Umstand, der natürlich seinen Franzosenhaß nicht zu vermindern vermochte.

So waren sieben Jahre vergan­gen, seit Herr Fohmann den kleinen Pachthof erworben hatte, unv wir befinden uns zu der Zeit, in welcher unsere Geschichte beginnt, im Okto­ber des Jahres 1814. Es war Abends nach Sonnenuntergang: die Geschäfte des Ta ges w aren vollen- i.strt. gedrucktx. «eistet von A. L clschlä

det und der Hofbesitzer befand sich in seinem Kabinete, das, wie wir schon gesagt, auf der einen Seite an die Wohnstube, auf der andern an die Scheune ansticß. Er war ei» Mann von etliche» und dreißig . Jahren, auf dessen Gesicht Verstand und Energie geschrieben standen; seine Kleidung zeugten von dem Ge­gensatz in seinem Wesen, denn sie war halb herrisch, halb bäurisch; seine Gestalt war stark und kräftig, und man sah es ihm an, daß er an harte anstrengende Arbeit gewohnt sei. Neben ihm auf dem Boden spielte sein Knabe Wilhelm, ein sechs- oder siebenjähriger Knabe vom frischesten Aussehen, der dem Vater oft und viel Blicke der innigsten Liebe zuwarf. Herr Fohmann hatte ein Buch ergriffen, um sich die Zut, bis seine Haushälterin zum Nachtessen rufen würde, mit Lesen zu vertreiben; aber man konnte deutlich bemerken, daß seine Gedanken nicht - bei dem Buche waren, welches er in der Hand hielt, denn er blickte von Zeit zu Zeit unruhig durch's offene Fen­ster nach der Straße, welche vom nächsten Städtchen herführte. Es schien, als erwartete er Jemanden, und zwar mit großer Ungeduld. In der Tbat verhielt sich dieß auch so, denn er Halle seinen Knecht den 1 einzigen, den er zu halten vermochte < nach dem nahen Städtchen ge­sandt, um etwaige Briefschaften und > besonders die neuesten Zeitungen zu holen, da nvthwcndig in dieser Zeit wichtige Dinge Vorgehen mußten und , das Gerücht bereits von Mund zu . Munde lief, Napoleon der hinüber- ! windliche sei in einer großen Schlacht auf's Haupt geschlagen worden. .- Endlich kam der Erwartete, gerade f als auch das Nachtessen fertig war. :

Gerts, festst.)

Gottesdienste.

Sonntag, den 2. September: - Vormittags (Predigt): Herr De- s kan Heberle. - Kinderlehre mit - der 1. Clafse der Söbne. Nach­mittags (Predigt): Herr Helfer

Nie g er._ '