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Kommerzienräthin erhalten bade. Ich lebt« nicht gerade in offener Feindschaft mit der Schwester meines Vaters, deshalb beschloß ich, da meine Kasse erschöpft war, die Residenz zu beiuhrcu, wo mich Niemand kannle, und bei meiner Tanke um eine Summe nackzusu- chen, mit deren Hilfe ich nickt nur ras Ziel meiner Reise erreilcn, sondern auch den Grund zu einer bescheidenen Eriltenz legen konnte. Die reiche Witlwe, dachte ich, hat die Armenkasse beschenkt, sie wird de» armen Neffen, dessen Benno- gen sie besizt, nicht ohne Unlersüizung von sich weisen. Ich kam in der Syl- vesternackr hier an. In dem Hoiel fragte ich nach der 'Witlwe Simolii, erfuhr ihre Wohnung, und daß sie einen glänzenden BaU gebe. Es war nicht schwer, daS Haus zu finden; ich sprach meine Tante, bat, stehle, und — ward abgewicseii."
„Das ist mehr als grausam!" sagte entrüstet der Advokat. „Hätte man Dir das Vermögen Deines Vaters zukommen lassen, ich zweifle nämlich nicht einen Augenblick an der Rechimäßigkeit Deiner Forderung — Du wärst yeutc sicher in anberu Verhältnissen. Man will Dich verderben, arkner Fieund; der Erbe des Kompagnons muß ja bei Seite geschafft weidest. Das Ende Deiner Geschickte kenne ick nun: von R. aus, wo man Tick gesehen uud erkannt, wniden Du veisvlgl. Ehe Tu hier ankamst, vigiline die Polizei aus Dick, und es konnie nickt schwer werde», Dick zu cimiitelu."
„Du weißt noch nickt Alles, Julius."
Nun?"
„Die reicke Wiltwe, die der Armen kaffe Geschenke macht, ries druck eine Glocke rrack ihrer Gesellschaftsdame — denke Dir meine» freudige» Schlecken, als ick Helenen eintreten sah!"
„Jst'S möglich, Helene?"
„Sic befindet sich in dem Hause meiner Tante. Wie sie dorthin gekommen, weiß ick nickt. Ach, ick hätte ihr mögen zu Füße» fallen, denn sie erschien mir wie ein lichter Engel in der Nackt meines Elends. Aber ein.Blick von ihr, den ick verstand, hielt mich zurück. Zugleich deutete sie auf die weiße Rose an ihrer Brust, das. lezte Geschenk meiner Liebe. An ihrem Arme ver
schwand daS sorglose Weib aus dem Zimmer — die 2hür schloß sich hinter meinem Teufel und meiiiem Engel Julius, ick war meiner Sinne »ickl mehr mäcktig, und was ick nun mit Robert, meinem Vetter verhandelte, weiß ick nickt mehr Ick dackte nui an das Glück, mit ihr zu entfliehen, es gab keine Vergangenheit mehr sin mick, die Zukunft war mir Alles — da trat die Gegenwart mit ihrem gan zen furchtbaren Gewichte dazwischen — ich ward vc>haftet und sorigesckleppt Als ick aus meiner Betäubung erwachte, befand ick mick im Gefängnisse."
„Armer Freund!" seufzte der Advokat.
„Fast möchte ick glauben!" sagte Franz mit einem schmerzlich bitlern Lächeln, „daß ich meines Verstandes nickt mäcktig bi», wie die Wittwe behaup tete, als ick daS Vermögen meines Paters beanspruchte Mein Kops ist wüst, ick kann mir aus dem Ehaos von Begebenheiten keinen Begriff gestalten, und Lebensüberdruß kämpft mit de> Sehnsucht nach dem Leben!"
Franz liiß den Kopf ans die Brust herabsinken und starrte auf eine» Riua. den er am Goldfinger seiner linken Hand trug. Julius beobachtete ihn mit großer Aufmerksamkeit Plözlick, als o! er einen Entschluß gefaßt, zog er sein- Ubr und sagte:
„Die Zeit vergeht, und fide Minut, ist kostbar. Franz, Du wüst mick zu Deinem Verlheidiger wähle». Nos gebe ick die Hoffnung nickt auf, Dick zu retten Seit der Einführung dei Geschworenengerichte ist unsere Gercck- tigkeitspstcge in ein neues Stadium ge rieten, man kann nickt mehr mit einem F-Verzüge vernichten oder schaffe». Dem Kriegsgerichte fällst Du nickt anheim, da Du nickt mehr Offizier warst, als Du Dick der Sacke des Volks annabmst Ick kenne Dein Leben bis zu der Flucht, und wenn man Dir nichts weiter zur Last legen kann —"
„Nichts, nichts weiter!" flüstert- Franz.
„Verzage, nickt, und nun lebe wohl! Von jezt an komme ich nur alö Dcii Vertheidiger, wir dürfen uns ferner nickt mehr mit dem Herzen, sondern nur mü dem Verstände unterhalte». Also, Franz, hast Du dem Freunde noch etwas an
zuvertrauen, so rede jezt!"
Beide erhoben sich von dem Bette.
„Julius," sagte der Gefangene ernst und fast feierlich, „es gab eine Zeit, wo Tu Dick um die Liebe meiner Helene bewarbst, denn Du wußtest nickt, daß de, Friund schon das Glück ihrer innigen Zuneieiung genoß. Du tratest zurück. Deinen Schmelz bekämpfend, aber Du düebfr mein Fiennb, und bewahrtest Helenen die Hochachtung, die sie Dir aufgelegt. Wie mußte ick Dick lieben und achten, Julius, als ick Deinen Kamps mit bei» Geschicke sah —" «Und ick bi» aus diesem Kampfe siegreich hervorgegangen!" rief mir strahlenden Blicken der junge Advokar. „Wie Du mir ein Freund, so ist jezt mir Helene eine Freundin, deren Glück zu befördern ick für Pflicht erachte, und ick weiß, daß sie in Deinem Besize all ihr Glück findet. Ick sah im Voraus de» Verlauf der politischen Dinge, oeßhald trat ick damals zurück, als der Feuereifer zu den Waffen griff und blindlings eine gefährliche Bah» verfolgte. Aber ick habe meine Gesinnung deßhalb nickt geändert, ick wirkte »ach meiner Weise im Interesse der guten Sacke. Es mußte ein- Zeit kommen, wo man redlicher Abvotaten bedurfte, Männer, eene» es nickt an Muth und Geschicklichkeit fehlte, fick der Unterdrückten und Besiegte» anznnehmen — für diese Zeit, Fianz, habe ick mick vorbereitet, und j.zt ist sie da; aber auch ick stehe an meinem Plaze. jezt kämpfe ich f»r die, die mick damals mit scheelen, argwöhnischen Augen betrachtete». Nickt nur aus Ueberzeugung trete ich vor ' die Schranken des Gerichts, sondern auch weil cs meine Ehre erfordert."
(Fortsczuug folgt).
Vermischtes.
Nichts ist theurer in England akS ein Prozeß. Der Prozeß gegen den Giftmischer Palmer, den die betr. Grafschaft angestrengt hat; kostet zwischen 10 bis 1ö,000 Pfund. — Ein berühmter Advokat, der zuerst zu Palmers Verthcidigung aufgefordert ipur- e, verlangte 1000 Pfund Honorar. Advokat Sk'ec,' der die Äertheidlgung führte, that'S etwas billiger.