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ÜL selbst de» Titel eines Viccbürger- meisters bei und wo er komile, suchte er immer Herrn Johann W i t tenborg die AmiSgrschälle ,» er leis­ter» um dereinst sei» Nachfolger zn werde». Er war ein angehend > Vier­ziger und schon einmal verberralbel ge wesen, auch das eiste Vr'al batte er iinr Geld gesielt, und als seine reich, Gattin sammt bei» Kind ini Kinobett starb, munkilte man davon, er bade den Tod des vor ihr verstorbenen Kin deö einige Tage verschwiegen, um sich als Erben desselben daS ganze Permi) gen der Fra» zn erhalte».

Jczt batte er nicht obne Absicht seil zwei Jahren sich ein neues, schönes Wohnhaus dem dcS Vingernieisteis gerade gegenüber erbaut, und wie sei­ne Magazine allmälig sich vergrößert batten, dahinein seine Wohnung und sein Komptoir verlegt. Aber er ähnele nicht, wozu er dadurch Veranlassung gab.

Unter seinen Komptoiristc», die ge- rave in diesem Lokal beschönigt waren, befand sich ein schöner, blondlockiger junger Mann, Eri» Wieringer, deij als er nur eben nach Lübeck und zu Herrn Vertrau» gekommen, bei ei­nem Mummenscherz Katharina Wirren borg getroffen, und an jenem Tag nicht von ihrer Seite q> kommen war. Er hatte nicht gewußt, daß sie deö herri­schen Bürgermeisters Tochter nnd die fnrnehmsie Maid in Lübeck war - und auch sie kannte weder seinen Stand noch Namen. Aber .sie hatten einan­der tief in die Augen geschaut unv manches tränte Wort gewechselt, und von jenem Tage an war das Schick sal-Beider entschieden Sie wußte nicht, wer er war aber sie betete täglich ru Gott, daß er ibi> ihr möge wieder zusnhren, das holde Glück sei. »er N'he ihr genieße» lassen denn »nt. an jenem Tage hatte sie gelebt und dabei gefühlt, daß sie auch ein Herz in der Brust habe. Er batte nach ihr geforscht, und mit Schrecken erfahren: die schöne Maid sei die ei» zige Tochter des Bürgermeisters. Er hatte sie suchen wollen doch nun floh er sie.

Ein Sohn armer Eltern, hatte er »S nur seinen ausgezeichnete» geistigen Hitzigkeiten, seiner Unerschrockenheit und

Köipcistörkc zu danken, daß er über­haupt in einem Komptoir der Hansa Auinahme gesunden, und jezl schon el- run der Höhen» Grade vegleilele Aber er sah voraus, daß wen» irichr eine Gurrst des Zlilalls it»» hold war, konnte er sich irre über die Stellung eures Ko»iplvui>lcn erhebe». Als sol- -der koinue er niemals selbstnänvig werdnr, und das allein schon war Grund genug, >,de Marb zu stieben, vre einen rieseln mudiuck aus sein Herz machte. Aber das Schicksal wollte es anders. Er war von einer kühnen Seeurilcrnehmurig unv eine», langem Aufenthalt in dem Komptoir zu Ber­gen wieder zuruckgekehrt, und als ei­ner der Umsichllgsle», der eben so viel Kühnheit als Klugheit bewiesen, fand er zunächst bei Herrn Bcrtrarrv Be schäsliguirg. Wie ward ihm, als er nach Jahresfrist die holde Katharina dem Fenster, a» dem er arbeitete, ge­genüber am Fenster ihres eigene» Ge­maches stehen sah; wie er sah, daß sie erbebte, erröthete, erbleichte und das Fenster öffnete, daß die ganze herrliche Gestalt si» ihm zeigte! Geblendet fast und entzückt, wagte er einen innigen Gruß unv fand die holdeste Er­wiederung. Und so ein tägliches Se­hen, und immer neue, zwar immer verstohlene, aber auch immer kühnere Zeichen eines wachsenden süßen Per- irändnisscö wie hätte er da ver- imocht zu widerstehen und noch länger 'sich selbst zu beherrschen? Er sah bald, daß Herr Beniand zu Kalharina's Freiern gehörte und daß der Bürger­meister ihn begünstigte. Aber eben so bald halte er auch Gelegenheit, Bert rand's niedrige Denkweise unv seinen selbstsüchtigen Eharakrer zu durchschauen, um zu wissen, baß er, wenn schon von Kalharina's Schönheit sinnlich erregt, bot) zunächst aus den eigennüzigsten Motiven um sie warb, daß er diesen Demant nicht zu schäzcn wußte und daß er, iiidem er sich den Anschein gab, ihr alle seine Huldigungen zn widmen, im Stillen eS nicht verschmähte, sich mit gemeinen Dirne» zu vergnügen War es min Erich's Sehnsucht, die nur einen Vorwand suchte, sich Katha­rina zu nähern, war es die Ausiichtig keil eines edlen EharakterS, die reinste Jungfrau vor einem berechnenden Egoi­

sten. einem gemeinen Wüstling zu war­nen: als er sie eines Abends allein im Gauen gewahrte, kletterte er im Dun­keln z» chr über di Gaite,imaucr und da er vor der Erschrockene» stand wnßre er nichr, was er ihr zn sa­gen gelomme». Er sank zn ihren Fu­ßen und alle Worte, die er sprach, wurden zu einem Hymnus der Liebe. Sic hob ihn räulil' aui, und Herz an Herz giüanden sic einander Alles, was da dünne» klspste nnd glirhre. E» ward ein LicbeSbund vom reinsten Adel, die unentwelhte Seligkeit der keuscheste» Empfindlingen! Was kümmerte es sie, daß er in den Angen des bürgerlichen Herkommens ihrer nicht ebenbürtig war, baß seine Stellung ihm verbot, um sie zu werben? Wußte sie doch, daß er sie liebte, daß kein anderes Bild in seinem Herzen wohnte. Und aml) er vergaß sein düsteres Verhängniß vor dem Triumph, daß sie die Hand, die er nicht begehren duifte, auch keinem An­dern reiche» würbe! Wie leicht schien ibm nun die Entsagung, da er ihre- Herzens gewiß war! So sahen sie ein­ander »och öfter aber immer mit der äußersten Vorsicht, u*n ihr süßes Geheimniß zu wahren. Jezt aber stick­te sie ihm heimlich ein kunstreiches WammS in ihrer LiebliiigSfarde und verbarg darum die Arbeit vor den Au­gen dcS Vaters.

(Fortsezung folgt).

Vermischtes.

Am vorigen Dienstag wurde in der irischen Grafschaft RoSkommon eine reiche Gntsbesüerin, Mistreß Sarah Kelly, im ganzen Lande bekannt durch einen langjährigen berühmten Prozeß, anS welchem sie gls Siegerin hcrvor- giiig, als sie in Begleikunq ihrcS Nef­fen aus einer ihrer Besinmqen spazie­ren ging, von rwei Männern, die sich durch Gesichtsmasken unkenntlich ge­macht batte», durch zwei Pistolenschüs­se getövtet. Ob die Mordthat als agrarisches Verbrechen zu betrachten ist, läßt sich noch nicht entscheiden.

Predigen wird am Sonntag den 20. April: Dorm. Helfer Rieger, Nachm. Vikar Fischer. _

Redigirt »erlegt und gedruckt von Silvinm«,